Ich war eine Woche aus dem Forum weg und gehe mal wieder zurück zu den Mohrenköpfen. Da das Thema gender jetzt auch noch mit drin ist, möchte ich einen größeren Bogen schlagen.
Ich finde, zwischen Begriffen wie Kanacke, Itacker und Konsorten, die sehr gezielt genutzt werden, und einem Mohrenkopf, Negerkuss und Zigeunerschnitzel einen erheblichen qualitativen Unterschied. Damit möchte man niemanden beleidigen. Leider sehe ich, dass diese Betroffenheitsrhetorik ("Wie würdest du dich denn fühlen, wenn ...") ständig verwendet wird oder man das Wort "Diskriminierung" benutzt, um irgendetwas ohne eine Diskussion durchzudrücken. Dass es gute Argumente der Gegenseite gibt, interessiert da häufig leider nicht, denn man wähnt sich ja auf der richtigen Seite. Der Zweck heiligt schließlich die Mittel.
Zwei sehr aktuelle Beispiele:
Unisex-Toiletten
Wir haben aktuell den Fall, dass wir uns mit Transgender beschäftigen (müssen). Die Schülerin wird mittlerweile mit einem Jungennamen angeredet, was ich gut finde. Ob er eine Geschlachtsanpassung machen lassen will, weiß er noch nicht. Ich kenne ihn nur wenig, aber ich mochte ihn in meiner Vetretungsstunde gerne. Recht unkompliziert. Die Toilettendebatte ist dafür jedoch schon entbrannt und nimmt meiner Meinung nach deutschlandweit bizarre Züge an. Eine echte Lösung sehe ich da noch nicht. Zwei Kolleginnen tun sich da jedoch gerade sehr stark hervor und fordern, dass er (phänotypisch aber noch eindeutig weiblich) auf jeden Fall die Wahl haben sollte, ob er jetzt bei den Jungs oder zu den Mädchen geht. In der Klasse ist auch noch ein stark autistischer Junge (aufgrund seines Verhaltens wird er einzeln zur Schule gebracht und hat permanent eine Schulbegleitung!), der diese ganze Thematik nicht wirklich verarbeiten kann. Wenn der am Urinal steht und seine frühere Mitschülerin kommt vorbei, wüsste ich nicht, ob das auf Dauer gutgeht. Da kann auch keine Schulbegleitung wirklich eingreifen. Das wurde als Argument nicht gelten gelassen und ich hatte nicht das Gefühl, dass man an einer pragmatischen Lösung interessiert war, die auch das Interesse der anderen einbezieht.
Auf nationaler Ebene finde ich es auch reichlich obskur. Wegen transsexueller Menschen - sprich 0,0x% Prozent der Bevölkerung (eine sehr kleine, zahlenmäßig nicht genau bezifferbare Gruppe) - wird das gesamtdeutsche öffentliche "Verrichtungsgeschäft" in Frage gestellt. Bin ich da der einzige, der das alles in einem völligen Missverhältnis sieht? Nicht, dass ich diesen Wunsch nicht nachvollziehen könnte, aber steht das Ganze folgenmäßig in einem vertretbaren Verhältnis?
In einem Artikel habe ich mal gelesen, dass es früher im Kaiserreich Toiletten für alle gab, aber dies wohl nicht so gut funktionierte. Frauen wurden dort häufiger belästigt und eine eigene Toilette sollte ihnen einen Schutzraum geben. Das soll, wenn es nach manchen "Vorreitern" geht, wieder abgeschafft werden. Ich sehe noch nicht, dass das eine Lösung für irgendetwas ist. Meine Kollegin meinte, in GZSZ gebe es schon seit Jahren in der Kneipe eine Unisex-Toilette. Auch in Schweden gebe es das und es würde funktionieren. Ich lebe nicht in GZSZ und auch nicht im kleinen beschaulichen Schweden. Ich halte ihre Ansicht für gutgläubig-naiv.
Gendergerechte Sprache
Die nächste Baustelle, an der schon seit Jahren rumgewerkelt wird, und eine echte Lösung ist nicht in Sicht. Da werden auch wieder sehr viele abstruse Vorschläge gemacht: Redeliste statt Rednerliste, Gender-Sternchen - man kann das ja alles nachlesen. Dass da viele Leute etwas gegen haben, können die entsprechenen Vertreter nicht nachvollziehen: Es koste ja nichts. Das ist wohl wahr, Geld muss man dafür kaum welches ausgeben. Dafür verhunzt man unsere Sprache mit irgendwelchen Worten wie Studierenden, die eben nicht genau in diesem Moment studieren, was die grammatikalische Funktion davon ist, oder benutzt das Konstrukt Schüler*innen, von der niemand weiß, wie man sie wirklich ausspricht. Mir wurde gesagt, man macht eine kurze Sprechpause beim Sternchen, was einfach völlig unnatürlich klingt. Ich kenne keine Sprache, in der so etwas vorkommt. Wo der Effekt sein soll, weiß ich auch nicht. Im Englischen gibt es sehr viele geschlechtsneutrale Bezeichnungen. Trotzdem werden die meisten Menschen bei doctor an einen Mann denken und bei nurse an eine Frau, obwohl beide Geschlechter damit gemeint sind. Wo will man also eigentlich im Deutschen hin, wenn es woanders doch auch schon nicht funktioniert? Egal, ab durch die Wand mit dem Kopf!
Was ich allerdings deutlich gravierender finde und ich bei meinen SuS merke: die verstehen diese Texte einfach nicht (gut). Natürlich habe ich ein spezielles Klientel mit sprachlichen Problemen, aber wir haben auch welche, bei denen das nicht ausgeprägt ist. Die LE-Schüler kapitulieren häufig sowieso vor diesen aufgeblasenen Texten mit den Doppelnennenungen für Männlein und Weiblein. Mit diesen Begriffsneuerschaffungen brauche ich da gar nicht erst ankommen. Auch ein Sprachwissenschaftler hat sich mal an diese gendergerechten Texten mit den Doppelnennungen herangewagt. Das Verhältnis von Inhalt zu Wortumfang ist bei den gendergerechten Texten deutlich schlechter und somit verwässert. Das ist ein riesiger Nachteil! Es macht das Lesen ineffizienter und zeitaufwendiger - es kostet also doch etwas!
Man will mit dieser Art zu schreiben, mehr Menschen ansprechen, tut es aber in Wahrheit nicht. Die große Merhehit der Bevölkerung (also auch diejenigen, die sich dadurch eigentlich angesprochen fühlen sollen!) lehnt diese Sprache ab: https://www.faz.net/aktuell/po…-sprache-ab-16119532.html . Eine gemeinsame sprachliche Grundlage hat unbestritten eine gesellschaftlich integrative Funktion, die man aufgibt, wenn alles zu einer Mühsal und einem Eiertanz wird. Das interessiert die entsprechenden Vertreter aber sicherlich auch nicht. Für mich sind das zum Teil Debatten völlig weltfremder Akademiker, die aber ganz genau wissen, wie alle zu leben haben. Wie sehr sie in ihrem Elfenbeinturm hocken, bekommen sie aber auch nicht mit, sondern sind nur verwundert: "Das haben dann eben nur noch nicht alle verstanden." oder "Wir müssen mehr dafür werben.", hört man da gerne in dem Zusammenhang. Leider liegt es meist nicht daran, sondern dass sich diese Vertreter zu idealistische Ziele gesetzt haben. Utopia wird nicht kommen.
Das war jetzt der große Rundumschlag. Ich sehe für mich, dass sich kein (Sprach-)Gebrauch durchsetzen wird, der nicht irgendwem auf die Füße tritt oder durch seine Unverständlichkeit schadet. Ich kann nicht auf jede Befindlichkeit (teilweise ist es auch nicht mehr als das!) Rücksicht nehmen.
Ich bin ja letztendlich bei Diskriminierung auch auf meine eigene Weise betroffen. Ich als so von der Natur geschaffene 2-Meter-Mann finde auch überall nicht gerade ideale Bedingungen vor. Ich finde, ich hätte einen Platz mit mehr Beinfreiheit im Flugzeug ohne Aufpreis verdient sowie eigentlich überall passende Möbel, wo ich gehe und stehe. Bekomme ich aber auch nicht und es interessiert witzigerweise keine Sau, obwohl es nicht gerade wenige größere Menschen gibt. Bei so manchem muss man sich einfach abfinden, dass es das nicht gibt und vermutlich auch nie geben wird.