Das Bundesverfassungsgericht hatte mehrfach über die Zulässigkeit der Briefwahl zu entscheiden und hat festgestellt, dass die Briefwahl die Wahlrechtsgrundsätze der Freiheit, Geheimheit und Öffentlichkeit einschränkt. Als Gefahr bei der Briefwahl wird allgemein angesehen, dass bei dieser nur schwerlich kontrolliert werden kann, ob die Wahlberechtigten ihre Wahlscheine tatsächlich selbst ausfüllen und ob sie dabei unbeobachtet und unbeeinflusst gewesen sind.
Die geltenden bundesrechtlichen Regelungen zur Briefwahl beurteilt das Bundesverfassungsgericht gleichwohl als verfassungskonform, da sie dem Ziel dienen, eine umfassende Wahlbeteiligung zu erreichen und damit dem Grundsatz der Allgemeinheit Rechnung tragen. Nach Ansicht des Bundesverfassungsgerichts bringt es die „Natur der Sache“ mit sich, dass nicht jeder der Wahlgrundsätze stets in voller Reinheit verwirklicht werden kann. Dem Gesetzgeber steht ein gewisser Ermessensspielraum bei der Umsetzung und Konkretisierung der Wahlrechtsgrundsätze zu. Differenzierungen bei der Gestaltung des konkreten Wahlrechts bedürfen zu ihrer Rechtfertigung nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts stets eines besonderen, sachlich legitimierten Grundes.
Der Grundsatz der Allgemeinheit der Wahl stellt nach Ansicht des Bundesverfassungsgerichts jedenfalls im Zusammenhang mit der Briefwahl eine zu den Grundsätzen der Freiheit, Geheimheit und Öffentlichkeit der Wahl gegenläufige verfassungsrechtliche Grundentscheidung dar, die grundsätzlich geeignet ist, Einschränkungen anderer Grundentscheidungen der Verfassung zu rechtfertigen. Das Gericht hat aber darauf hingewiesen, dass eine deutliche Zunahme der Briefwähler mit dem verfassungsrechtlichen Leitbild der Urnenwahl, die die repräsentative Demokratie in besonderer Weise sichtbar und erfahrbar mache, in Konflikt treten könne. Das Bundesverfassungsgericht betont, dass der Gesetzgeber dafür Sorge zu tragen hat, dass keiner der Wahlrechtsgrundsätze unverhältnismäßig eingeschränkt wird oder in erheblichem Umfang leerzulaufen droht.
Die mit der Reform des Wahlrechts im Jahr 2008 einhergehende Erleichterung, wonach für die Briefwahl lediglich ein Antrag des Wahlberechtigten ausreicht (§ 25 Abs. 1 Bundewahlordnung), hielt das Bundesverfassungsgericht für zulässig, da der Gesetzgeber dafür nachvollziehbare Gründe angeführt habe und es nicht erkennbar sei, dass die geltenden wahlrechtlichen Bestimmungen keine ausreichende Gewähr für den Schutz vor Gefahren böten, die bei der Durchführung der Briefwahl für die Integrität der Wahl, das Wahlgeheimnis und die Wahlfreiheit entstehen könnten.Vor allem hebt das Bundesverfassungsgericht in seiner Entscheidung aus dem Jahr 2013 hervor, der Gesetzgeber habe ausreichend begründet, dass ein erheblicher Anstieg der Briefwahlbeteiligung durch den Wegfall der Glaubhaftmachung von Antragsgründen nicht zu befürchten sei. Es macht damit deutlich, dass die Briefwahl nicht zum Regelfall werden darf und der Gesetzgeber das verfassungsrechtliche Leitbild der Urnenwahl zu achten hat.