Ich möchte gerne das Thema "Alt werden im Lehrerberuf" aufwerfen, weil ich das Bedürfnis habe, mich mit Gleichaltrigen (Mitte 50 und aufwärts) auszutauschen und Fragen nachzugehen wie etwa:
Hat die Arbeitsbelastung zu genommen oder fühlt es sich nur so an?
Vor 2 Jahren bin ich ganz normal ohne Altersteilzeit o.ä. in Pension gegangen. Ich war bis zum Schluss ziemlich aktiv im Beruf, wie man auch bei meinen Beiträgen z.B. auf dieser Seite sehen kann. Über die Entwicklung der letzten beiden Jahre kann ich also nicht mehr mitreden.
Warum habe ich diesen Beruf bis zum Schluss ausgeübt?
Um es auf einen Nenner zu finden: Die Punkte, wo mir der Beruf Spaß gemacht hat, waren mehr als die negativen und nervigen Seiten.
Wenn ich die Stresspunkte im Laufe des Berufes anschaue:
Zuerst hatte ich Stress und ließ Nerven aus Unerfahrenheit, aber die zeitlichen Anforderungen vom Beruf hielten sich im Rahmen. Ich war froh, dass ich in den 90igern einmal eine längere Auszeit wegen der Kinder hatte.
Um 2000 fing ich wieder an - da hat sich allmählich einiges an Anforderungen geändert. Dokumentationspflicht, Zeugnisberichte, Schulprofil usw. Der zeitliche Aufwand wuchs dadurch immer mehr. Durch den damaligen neuen Lehrplan kamen ganz neue Ideen in den Unterricht, die mich faszinierten, aber auch größeren zeitlichen Aufwand bedeuteten. Ab hier habe ich viel in Fortbildungen usw. investiert, weil ich von den Ideen der Unterrichtsgestaltung fasziniert war. Zudem arbeitete ich in meiner Schule in vielen Teams mit, weil ich die Arbeit sinnvoll fand und für mich und meiner Arbeit mit der Klasse einen Profit gesehen habe.
Zeitmanagement:
Da ich leider perfektionistisch (gründlich) veranlagt bin, hat mein zeitlicher Aufwand für den Beruf bis zum Schluss nicht abgenommen. In den letzten Jahren hatte ich Altersermäßigung, das fand ich gut. Ich habe ab 2000 ca. ein 3/4 + Deputat gehabt, davon die meisten Stunden in meiner Klasse in fast allen Fächern der Grundschule. Das empfand ich für mich passend. Für mich war es gut, dass ich die letzten paar Jahre dann kaum mehr Stunden in anderen Klassen hatte. Die letzten beiden Jahre habe ich mich aus der aktiven Mitarbeit in Schulteams immer mehr zurückgezogen.
Obwohl ich im Schnitt 24 Stunden unterrichtet habe, habe ich dennoch ca. 50 Stunden oder mehr in der Woche für die Schule investiert. (Als ich noch freiwillig viel in Teams mitgemacht habe, viele multiprofessionellen Gespräche zu bewältigen hatte, wahrscheinlich mehr.)
Die Korrekturen der Hausaufgaben, schulischen Arbeiten, Nachkontrollen der Selbstkontrollen bei offenen Unterrichtsphasen usw., Aufsätze und manchen umfangreichen Arbeiten empfand ich als lästig und zeitraubend, aber als notwendig und für die Förderung der Schüler gut.
Der andere Part, also, was den Unterricht betraf, hat mir größtenteils Spaß gemacht und fand ich persönlich interessant. Ich war immer auf Suche nach kleinen Veränderungen und habe mich gerne mit anderen und auch Referendaren über neue Unterrichtsideen ausgetauscht.
Schöne Ergebnisse und gelungene Unterrichtsstunden haben mich beflügelt.
Das Problem war aber seit den Wechseljahren, dass ich nicht mehr so gut schlafen konnte, ständig Hitzewallungen hatte und aus der Haut fahren konnte und öfter als mir lieb war, unausgeschlafen war.
Was mich in Bezug auf Zeitmanagement zusätzlich genervt hat, waren einige unnötige von oben her verordnete Aufgaben (Schulleitung, Schulamt, Ministerium, unnötige Aktionen, "politische" Veränderungen des Lehrplans, teils nicht durchführbar und dazu aufoktroyierte Zwangsforbildungen, usw.). Da hätte ich meine Zeit besser für das Schulsetting zu nutzen gewusst. Das empfand ich dann tatsächlich als Stress, weil es mir keinen Spaß gemacht hat und ich es aufgedrückt empfand. Solche Dinge haben seit 2000 enorm zugenommen. Da war es diesbezüglich vor 2000 richtig entspannt.
Problemfelder:
Es stimmt, dass sich die Schüler allmählich ändern und geändert haben. Allerdings muss ich sagen, dass ich auch schon in den 80iger Jahren sehr schwierige Klassen und Eltern hatte. Vielleicht war es damals meine Unerfahrenheit, dass ich es damals nicht so handeln konnte. Ich hatte vor über 10 Jahren eine meiner schwierigsten Klassen, die mich an den Rand eines Burnouts gebracht hat. Irgendwann - zu dieser Zeit oder etwas vorher - habe ich angefangen an Supervisionsgruppen teilzunehmen. Das hat mir sehr geholfen und mir nachhaltig Gelassenheit gebracht.
Mit meinen letzten beiden Klassen hatte ich Glück, von der Disziplin her lief es okay. Allerdings war ich auch immer intensiv am Arbeiten mit den Kindern, was
das Verhalten betraf und habe mich mit erziehlichen Maßnahmen
auseinandergesetzt. Das war immer notwendig. Man musste vieles
aufarbeiten. Dinge, die früher eher einmal selbstverständlich waren im
Umgang miteinander und mit Lehrern, waren einigen Schülern nicht mehr
klar. Respektlosigkeit habe ich immer angesprochen.
Von der Heterogenität (unterschiedliche Leistungsniveaus) her waren die letzten drei Klassen ziemlich herausfordernd. Die letzte Klasse war am größten (29 Schüler) und mit am heterogensten.
Mit Eltern hatte ich zuletzt so gut wie keine Probleme, vermutlich durch meine gewonnenen Erfahrungen und was ich von den Supervisionen mitgenommen habe. D.h., den Schlaf geraubt haben mir Schulprobleme die letzten Jahre so gut wie nicht mehr (sondern das Alter).
Ich glaube, es muss jeder für sich entscheiden, wie er die letzten Jahre handelt. Für mich war der Beruf eine Sache, die zu mir passte und die Aufgabe mir Spaß gemacht hat. Die lästigen notwendigen Dinge habe ich aus Pflichtbewusstsein gemacht und die nicht notwendigen lästigen Sachen habe ich oberflächlich gemacht.
Um empfundene Angriffe auf die eigene Psyche abzuwenden, habe ich an Supervisionesgruppen teilgenommen. So bin ich einigermaßen "gesund" durch den Beruf gekommen.
Was ich aus Zeit- und Erschöpfungsgründen vernachlässigt habe, war, noch besser auf meinen Körper zu hören (Sauna habe ich regelmäßig gemacht, aber Dinge, wo man aktiv sein musste wie Sport, Ernährung habe ich teilweise sträflich vernachlässigt) - das habe ich dann gleich zu Beginn meiner Pension verstärkt in Angriff genommen.