Ich stimme allen Vorschreibern zu, besonders wichtig finde ich, was Kathie schreibt.
Ich unterrichte in einer mittelgroßen Stadt und mir ist diese geballte Situation, was das Verhalten betrifft bisher - auch als ich mobil war bei uns im Landkreis - noch nicht begegnet. Eine ganze Klasse benimmt sich so? Das ist schon stark. Wir hatten und haben vereinzelte Schüler, die sich im Verhalten Erwachsenen gegenüber versuchen weit über die Grenzen zu lehnen, aber da wird etwas dagegen getan.
Oft stellt sich heraus, wenn Grundschüler sich gegenseitig mit den übelsten Worten beleidigen, dass sie gar nicht richtig wissen, was das, was sie sagen, eigentlich bedeutet. "Hurensohn" ist bei uns gerade auch so ein Modewort bei gegenseitigen Beleidigungen. Wie oft muss ich in der Aufsicht dort eingreifen. Die Aufgabe der Erwachsenen ist, diese Beleidigungen aufzuarbeiten und in Richtung Konfliktlösung zu arbeiten. Vor ein paar Jahren waren einige auf 180, wenn jemand "schwul" zu ihnen sagte, ist jetzt kein Thema mehr.
Ich finde es allerdings total inakzeptabel, dass LehrerInnen sich das gefallen lassen und nichts dagegen tun. So wie du das geschildert hast, sind das anarchische Zustände. Das hätte schon im Vorfeld unterbunden werden müssen und man hätte diesbezüglich mit den Schülern am Verhalten arbeiten müssen. Was ist denn das für ein Quatsch mit "Ehrenfrau"?
In der Grundschule haben wir einige Möglichkeiten, wie wir das Classroommangement betreiben können. Das wäre jetzt meine erste Botschaft an dich: Man ist dem Ganzen als Lehrkraft nicht so ausgeliefert, wie es in diesem Praktikum ausgesehen hat. Es gibt über dieses Thema Bücher mit unterschiedlichen Lösungsansätzen und auch Fortbildungen.
Das ist tatsächlich ein schwieriges Klientel, das du da schilderst. In meinen 3. Klassen binden sich vielleicht noch 2 Schüler langsam die Schuhe und die analoge Uhr können so ca. 5 Schüler nicht. Bei der Uhr: Tendenz steigend, da viele zuhause nur noch digitale Erfahrungen machen. Können echt viele Schüler noch nicht einmal den Nachnamen schreiben? Dann haben sie im 3. Schuljahr nichts verloren. Oder sind das inkludierte Kinder GE ? Mein Downkind konnte im 3. Schuljahr den Nachnamen schreiben. Ich hatte aber auch schon mal Kinder, die bei ihrem schwierigen Nachnamen schon mal einen Buchstaben vergessen hatten.
Bei der halbschriftlichen Subtraktion hoffe ich, dass der Lehrkraft nicht noch mehr Fehler unterlaufen. Diesen Fehler machen nämlich Schüler in der 3. Klasse, die meinen, dass der Weg der Subtraktion analog zur Addition geht. Wenn solche Dinge öfter vorkommen, finde ich diese Person dann für den Matheunterricht ungeeignet.
Nett finde ich, dass die Lehrkraft bereit war, trotz schwieriger Klasse dich als Praktikantin zu nehmen.
Fazit: Ich glaube, du hast hier eine krasse Ausnahmesituation erlebt. Diziplinmäßig sind viele Grundschulen kein Spaziergang, aber man lernt damit umzugehen. Es gibt Hilfen dazu. Die Rolle, in die man sich hineinfinden muss, ist, dass man als Lehrkraft das Sagen hat und den Schülern über pädagogische Kniffe Grenzen setzen muss (was je nach Zusammensetzung mehr oder teilweise gelingt, aber man macht ständig kleine Fortschritte). Außerdem sollte irgendwann der Leidensdruck im Kollegium so hoch sein, dass man sich gemeinsame Strategien überlegt.