War gerade in einer 3. Klasse, 4. Schulbesuchsjahr, die hatten großteils enorme Schwierigkeiten bei Silben (-bögen, -klatschen).
Was mir bei meinen Kooperationsklassen (Klasse 3/4) aufgefallen ist (hier waren gehäuft Schüler mit Diagnose L in der Klasse): Diejenigen Schüler, die Probleme hatten, Silben zu finden bzw. zu hören, hatten auch in Musik rhythmische Schwierigkeiten. Im Fach Musik machte ich mehrere Rhythmusübungen von unterschiedlichen Schwierigkeitsgraden, aber gerade diese Schüler bekamen oft keinen gleichmäßigen einfachen Rhythmus hin oder hörten nicht die Zusammenhänge zwischen kurz und lang.
Es ist die Frage, über welche Sinne man die Rechtschreibung übt (optisch, akustisch, Nachdenken als Konsequenz)
Früher ging man hauptsächlich auf die reine optische Ebene. Man dachte, wenn man das Wort nur oft genug anguckt, dann kann man es. Deswegen wurde geraten, viele Bücher zu lesen. Oder - vielleicht erinnert sich jemand von euch daran - es wurden solche Wortkästchen gemacht, woran rein an der Länge der Rechtecke die Buchstaben und dann das Wort erraten werden sollten.
Um 2000 haben wir in Bayern die Wörter in drei Gruppen eingeteilt:
1. Ebene: lautgetreue Wörter, die nur wenig Strategien brauchen. Wenn man hauptsächlich mit lautgetreuen Wörtern gearbeitet hat, war die Rechtschreibung fast kein Problem (außer die Groß- und Kleinschreibung), auch die L- Schüler waren in Klasse 3 kaum auffällig bei diesen Wörtern.
2. Ebene: strategiegeleitete Wörter, also Wörter mit Rechtschreibregeln - da sah es schon differenzierter aus.
3. Ebene: Merkwörter, also Wörter ohne Strategien, da brauchte es für die Schwächeren viel Übung und war in der normalen Grundschulzeit kaum zu schaffen. (bis vielleicht auf die üblichen, gebräuchlichen Wörter)
Jetzt haben wir ein Mischprinzip: Strategien und verstärkt der Einsatz der phonologischen Bewusstheit mit Hilfe von Silben.
In Klasse 1/2 wurde immer wieder mit Silbenbögen gearbeitet - teilweise so stark, dass es den Schülern schwer fiel, in 3/4 auf Trennungsstriche umzustellen. Selbstlautkönige waren auch ein Thema.
Einige Gedanken zu den Strategien:
In 3/4 macht man dann auch die Strategie mit offenen und geschlossenen Silben - doch dieses Prinzip fällt nach meiner Erfahrung vielen Schülern schwer zu verinnerlichen. Diese Strategie braucht man nicht unbedingt, zeigt aber, ob ein Vokal lang oder kurz gesprochen wird, wenn man es sonst nicht hört.
Für z.B. a--> ä braucht man eigentlich die Silbenbögen nicht (bis auf
die späteren Trennregeln). Ich frage mich so oder so, ob man das Hören
von Silben für die Wortdurchgliederung braucht. Da muss man doch eher
jeden Buchstaben deutlich sprechen. Außerdem habe ich immer bezweifelt,
ob man für die Konsonantenverdoppelung das silbische Sprechen braucht.
Wer nicht weiß, wie das Wort "Klasse" geschrieben wird, sagt Kla- sse
und nicht Klas -se. Gerade da haben die schwachen Schüler ihre Probleme
und sie machen es ohne Hilfen falsch, wenn sie sich nur auf die
Silbenbögen konzentrieren.
Jetzt habe ich etwas weit ausgeholt und dennoch nicht alles komplett beschrieben. Mein Fazit:
Wir haben ein Sprachbuch, das silben- und strategiegeleitet arbeitet und innerhalb der Rechtschreibthemen die Wörter geschickt auswählt, sodass sie als Lernwörter aufbauend wiederholt werden. Für die Strategien gibt es viele optische Zeichen, von FRESCH (RS- Strategien) und Montessori (Wortarten) übernommen. Das war ein großer Gewinn. Wichtig finde ich, dass möglichst viele Sinne angesprochen werden. Den Fortschritt bei der Rechtschreibung fand ich mit diesem Sprachbuch am besten.
In Klasse 1/2 würde ich vor allem bei lautgetreuen Wörtern bleiben und nur die üblichen strategiegeleiteten Wörter und leicht verständlichen Wörter rechtschriftlich üben (a - ä z.B.), . Im bayerischen Grundwortschatz sieht man das für 1/2 so niedergeschrieben.
Als ich noch in Klasse 1/2 war, hielt ich sehr viel davon, einige lautgetreue Wörter, die man gerade lesen gelernt hat (z.B. mit dem Lesekrokodil), auch in Druckschrift auswendig zu schreiben oder mit dem Steckkasten Buchstaben für Buchstaben nach dem Hören zu stecken. In meinen Augen hat das die Wortdurchgliederung und somit das Hören der einzelnen Buchstaben deutlich gefördert.
Es ist so oder so eine spannende Frage: Was ist wichtiger für die
phonologische Bewusstheit: Die Wortdurchgliederung oder das Silbenhören.
Früher hat man auf die Silben nur bei gewissen Strategien und der
Trennung wert gelegt. Ganz so überzeugt bin ich nicht von einem durchgehenden silbischen Prinzip.
Gerade die Mildenbergermaterialien, die mit 2 Farben arbeiten, finde ich eher verwirrend. Ich frage mich, ob bei der Nutzung unterschiedlicher Farben in einem Wort schon allein durchs Optische verursacht, zu viel Reize gesetzt werden und der Zugang zur inhaltlichen Textaussage erschwert wird.