Ich bekomme nächstes Schuljahr (wieder) eine 10. Hauptschulklasse, von denen sich alle freiwillig dazu entschlossen haben, ihren Realschulabschluss binnen eines Jahres nachzuholen. Sie mussten sich ja bewerben.
Selbstverständlich bin ich für meine Schüler da, respektiere sie, höre ihnen zu, unterstütze sie, berate sie usw. und die Erfolgsquote liegt, wenn es gut läuft, nach einem Jahr bei 50 - 60 %.
Es gibt viele, die zuverlässig sind, alles im Rahmen ihrer Möglichkeiten versuchen, den nächsthöheren Abschluss zu erreichen und hinter denen stehe ich auf jeden Fall.
Dann gibt es ca. 25 - 35 % des Jahrgangs, die es mit Pünktlichkeit und Anwesenheit nicht so genau nehmen.
Wenn dann das Schulamt sich weigert, diese Schüler auszuschulen, obwohl sie z.T. ihre 10 Schuljahre hinter sich haben, welche Konsequenzen soll man denn dann noch ziehen? Das Zeichen gegenüber denen, die zuverlässig erscheinen, ist ja dann auch mies.
Bei Absentismus wird z.B. verlangt:
1. mehrere Schulbesuchmahnung verschicken;
2. Gespräch mit Schulleitung, Schulpsychologe, Klassenleitung, Eltern und Schüler
3. s. unter 1.
4. s. unter 2.
(und das ca 2-3 Mal)
erst nach merfachen Gesprächen
5. Antrag auf Bußgeldverfahren einleiten (Bearbeitungszeit ca. 3 - 9 Monate)
Macht alles Sinn, wenn es sich um Schüler handelt, die noch einige Jahre Schulkarriere vor sich haben. Man muss ja nicht gleich mit der Keule draufhauen. Wer weiß. aus welchen Gründen die Schule aus dem Fokus der Kinder verlorenging.
Wer aber nur für ein Jahr kommt und dann den Platz nur auf dem Papier füllt, nimmt zusätzlich anderen Bewerbern die Möglichkeit, ihren Realschulabschluss nachträglich zu erlangen.
Wenn man aber in der eigenen Klasse 5 - 10 Schwänzer hat, wie soll man sich da aufs Kerngeschäft konzentrieren, wenn derart viel Zeit für die Schwänzer draufgeht, obwohl die zuverlässig Anwesenden eigentlich die Aufmerksamkeit und Energie verdient hätten? Leider sorgen diese Kinder dafür, dass man phasenweise sehr verbittert ist, wie es in meinen vorigen Posts rüberkam.
Faszinierend bei der Sache ist die Arbeitshaltung: So negativ wie ich die Zuverlässigkeit beschrieben habe. So kann ich gar nicht ausdrücken, wie positiv die Arbeitsdisziplin während des Unterrichts ist. Daraus schöpfe ich wieder Motivation und Zuversicht.
Leider ist die Arbeit falsch verteilt. Wir dürften uns nicht schwerpunktmäßig mit den auffälligeren Kindern beschäftigen sondern versuchen eine Gleichverteilung zu erreichen. Wenn ein Kind im Unterricht sich vorbildlich verhält, Topleistungen bringt, so wird es doch eher als "problemloser Mitläufer" betrachtet und man ist dankbar für jeden dieser Art.
Wie kann man erreichen, dass man sich als Lehrkraft um jeden gleichermaßen bemühen kann?
1. kleinere Klassen
2. geringere Unterrichtsverpflichtungen
3. Arbeitszeit für Förderung und Forderung
4. Reduzierung der "sonstigen" Dienstpflichten
5. schnell zur Verfügung stehende externe Unterstützung bei Kindern, die für uns eine Herausforderung darstellen
Solange Legehennen eine stärkere Lobby haben als Kinder und für betrügende Autokonzerne und zockende Banken massig Geld locker gemacht wird, im Gegensatz zur Erziehung und Bildung, bringt die Erkenntnis nichts, dass die einzig wahre Zukunftssicherung in der Erziehung und Ausbildung unserer Kinder / Jugens ist.
Erst wenn seitens der Gesellschaft ein Umdenken erfolgt, dass unter anderem Milliarden in die Hand genommen werden müssen, damit eine Bildung und Erziehung adäquat und wertschätzend verläuft, können wir hoffen, dass wir unsere nachfolgenden Generationen gut vorbereiten können.
(Mit Wertschätzung meine ich nicht das Gehalt / die Besoldung von Lehrern, sondern das Schaffen von mehr Lehrerstellen, damit Klassen kleiner werden usw., Gebäude qualitativ ähnlich hochwertig sind, wie manche Bankentürme, das Unterrichtsmaterial modern und in ausreichender Zahl vorhanden ist, ....)