Ich frage die, die mit OberstufenschülerInnen zu tun haben.
Ich unterrichte in der Sekundarstufe II junge Erwachsene. Bin ich für eine Meinung qualifiziert?
Ich frage die, die mit OberstufenschülerInnen zu tun haben.
Ich unterrichte in der Sekundarstufe II junge Erwachsene. Bin ich für eine Meinung qualifiziert?
Und die Schulbüchereien? Ehrlich? Das ist doch ein trauriger Witz...
Unsere Gemeinde hat 40 000 Einwohner und eine Bücherei die jeden Tag bis 19 Uhr auf hat. Bis 18 Jahre kostenlos, danach kostet es 20 Euro im Jahr! Wenn man wenig Geld hat (Hartz4, Elternzeit etc.) nur die Hälfte.
Das mag regional unterschiedlich sein, aber ich kenne hier in der Gegend nur solche Angebote. Außerdem hat zumindest nahezu jede Grundschule eine eigene Schülerbücherei.
Ich bin auf einem Kuhdorf im oldenburger Münsterland aufgewachsen. Es gab eine Dorfbibliothek, deren Auswahl offensichtlich aufgrund der eng begrenzten Möglichkeiten erbärmlich war. Schlimmer noch, die Bibliothek lag in der Verantwortung der katholischen Kirche, was die Auswahl der Titel ebenso offensichtlich in eine bestimmte Richtung drängte.
Für mich als kleinen Schüler war die Bibliothek zwar ein Bildungsansatz: sie eröffnete mir die Möglichkeit überhaupt Bücher über den persönlichen Besitz hinaus zu rezipieren und einzusehen. Meine Eltern waren nicht das, was mit dem Begriff "Bildungsbürgertum" verbindet, und es gab keine umfangreiche Privatbibiliothek, wie ich sie heute selber besitze. Ich habe aber damals diese Dorfbibliothek sehr geliebt und bin am Samstag morgen, wenn sie geöffnet hatte, gerne dahin gegangen.
Für wirkliche Information und Recherche, die mit wachsender intellektueller Reife notwendig wird, wäre diese Bibliothek völlig ungeeignet gewesen. Was hätte ich tun können? Den fünfmal fahrenden Bus zur nächsten kleinen Kreisstadt nehmen, um da in einer nur wenig größeren städtischen Bibliothek meine Bedürfnisse zu stillen? Oder gar den zweimal fahrenden Bus zur einzigen näheren Universitätsbibliothek in Oldenburg zu nehmen, alternativ über 30km mit dem Fahrrad zu fahren, was mich beides einen halben Tag gekostet hätte?
Für mich wäre das heutige Internet und die digitale Möglichkeiten der Recherche und auch der gebildeten Unterhaltung das wahre Paradies gewesen.
Das Ganze findet dann seine Fortsetzung in der gymnasialen Oberstufe, wo Schüler nicht dazu in der Lage sind, unbekannte Texte selbstständig zu erschließen, die relevanten Informationen zu entnehmen, den Text zu analysieren und ggf. dort angesprochene Sachverhalte zu beurteilen.
Ich glaube, dass die Digitalisierung in allen Schichten Einzug gehalten hat und das klassische Lesen zunehmend auf digitalen Geräten - wenn überhaupt - stattfindet.
Den ersten Teil kann ich bestätigen. Im zweiten Bildungsweg ist die systematisch Schulung der analytischen Lesekompetenz tatsächlich die erste und wichtigste Aufgabe der Schule. Damit steht und fällt nämlich alles auf dem Weg zum Abitur, wie ich in häufigen Gesprächen mit Kolleginnen und Kollegen aller Fächer immer wieder feststelle.
Deinem Verweis auf die Digitalisierung kann ich allerdings nicht folgen. Digitale Medien sind Medien - wie man damit umgeht und wie man sie nutzt, ist eine andere Frage. Wenn ich als im gesellschaftlichen Durchschnitt überdurchschnittlich gebildeter Mensch (so wie alle in diesem Forum!), digitale Medien benutze, dann bedeutet das, dass ich deutlich mehr reflektierend schreibe, als ich es ohne Internetforen, Facebook etc. täte. Wer nähme schon in Briefen an nationalen und internationalen Debatten teil, wie es in der Frühmoderne der sehr exklusive Kreis der Humanisten tat? Dank digitaler Medien wird so viel geschrieben wie noch niemals zuvor. Und es wird auch so viel und so gründlich nachgeschlagen und -recherchiert wie noch nie zuvor. Auf dem Sofa "eben mal was nachgucken" ist eben mit Google, Online-Lexika und Wikipedia viel bequemer und viel niedrigschwelliger als früher der Griff zum eher unbefriedigenden enzyklopädischen Eintrag im Brockhaus oder so. Mal abgesehen davon - wer hat schon die einschlägigen wissenschaftlichen Hilfsmittel wie das grimmsche Wörterbuch, etymologische Lexika, das Zeit- oder Spiegel-Archiv etc. zu Hause? Einfache Frage, einfache Antwort: keiner.
Andererseits kann man digitale Medien natürlich auch rein passiv nutzen. Das passiert genau so häufig. Das unterscheidet sich aber auch nicht vom Fernsehen. Fernsehen macht schlaue Leute schlauer, weil sie gezielt Dokumentation und intellektuell ansprechende Formate rezipieren. Fernsehen macht aber auch dumme Menschen dümmer, weil die Zuckerwatte von Reality-Shows und Unterschichtenfernsehen den Geist verklebt und jede Herausforderung negiert.
Kann man die faktisch beobachtbare "Radikalisierung" zwischen völliger Bildungslosigkeit und hoher Informationskultur also tatsächlich der Art der Medien zu Lasten legen? Ich meine, nein.
Hmmm. Es gibt Massen an Juristen und Medizinern, die durch das 1. Staatsexamen fallen und dann in Österreich (erfolgreich) weiterstudieren, das dortige Examen bestehen und dann anschließend in Deutschland arbeiten. Sind das jetzt alles schlechte Juristen und Ärzte?
Deswegen rede ich doch vom endgültigen Durchfallen und sage, dass man sich dann sehr kritisch selbst überprüfen sollte. So schwierig das bei einer solchen narzisstischen Kränkung ist.
Und was die Fachkompetenz angeht - ich kann das Grundschullehramt mangels Erfahrung und Wissen nicht beurteilen, aber ich kann mir schon vorstellen, dass man ein gerüttelt Maß an fachwissenschaftlicher Kompetenz braucht, um die abstrakte Ebene hinter dem offensichtlichen "Stoff" sinnvoll zu vermitteln.
Und was meine Fächer und meinen Lehrbereich angeht: nein. Jemand, der kein fundiertes Wissen über Literaturwissenschaft, Kulturwissenschaft, Sprachkenntnisse und Linguistik verfügt, kann kein guter Englischlehrer sein. Wer kein guter Philologe ist, kann kein Latein unterrichten. Und vor allem - und das ist mir persönlich am wichtigsten! - wer nicht über wirklich solides historisches Wissen verfügt und die historische Methode nicht aus dem Effeff beherrscht, kann niemals guter Geschichtslehrer sein. Und dazu kommt dann noch, dass man ohne Verständnis der wissenschaftlichen Methode keine Wissenschaftspropädeutik unterrichten kann.
Die oft gehörte Aussage von Studenten, Referendaren und Junglehrern, "warum muss ich den Quatsch studieren, das brauche ich nicht in der Schule", ist da schon ein schlechtes Zeichen...
...es kommt ja auch auf die Güte der Schrift an. Ob sich der gemeine Gymnasiast e-Books runterlädt?
Warum sollte er nicht? Ebooks sind ein ganz normales Unterhaltungsmedium. Warum sollte der "gemeine Gymnasiast" das nicht nutzen? Spricht da vielleicht die leider übliche Lehrerarroganz? Wie man sie leider Gottes gerade von Gymnasialen kennt?
Ich glaube, dass die Digitalisierung in allen Schichten Einzug gehalten hat und das klassisches Lesen zunehmend auf digitalen Geräten - wenn überhaupt - stattfindet.
Nunja, das heißt ja nicht, dass die Lesekompetenz zwangsläufig abnehmen müsste. Schrift ist Schrift.
Die unterentwickelte Schrift- und Lesekultur scheint mir doch eher ein schichtenspezifisches Problem zu sein.
Ich fände es im Zusammenhang mit solchen Untersuchungen immer mal interessant, die mit Untersuchungen zur Lesekompetenz von Erwachsenen zu korrelieren.
Da bin ich nämlich genau so wenig optimistisch.
Man kann gar nicht unterschätzen, welche Rolle die Haltung des Lehrers auf die Stimmung in der Klasse hat. Bin ich der Fels in der Brandung, der unverrückbar ist und dem man sich reiben kann, wird die Klasse im Laufe der Zeit ruhiger. Bin ich nervös und ängstlich, wird die Klasse unruhig und schwer zu händeln.
Der Witz der Story ist ja der, dass sich Kretschmann, als jmd. der nur Haarscharf und aufgrund seiner Prominenz dem Berufsverbot entging, sich später stets gegen die Aufarbeitung solcher Fälle und weiterhin für das Berufsverbot eingesetzt hat, das er früher so kritisiert hatte.
Das ist durchaus typisch für das Verhalten der 68er-Elite, nachdem sie erst einmal ihre Pfründe sicher hatten. Man betrachte nur die politische Entwicklung des ehemaligen Innenministers Schily.
Landlehrer: Gut, ist ein Punkt. Aber: Auch diese Generation lebte ja nach den 70er Jahren irgendwie weiter. Hat sich besagter Herr in irgendeiner Form nach den 70er Jahren noch irgendwie auffällig verhalten, gerade im Schuldienst? Wenn dem nicht der Fall war, wäre ich da ehrlich gesagt nicht ganz so streng ... Nach dem Motto: jung und unerfahren!
Kann man zumindest drüber Reden. Immerhin wurde auch ein Hilbert Meyer, nachdem er nach seinem Referendariat vermutlich aufgrund seiner Verfassungsferne aus dem Schuldienst entfernt wurde, der deutsche Didaktikpapst. Warum auch immer.
Jeder, der endgültig durch das 1. Staatsexamen gefallen ist, sollte sich allerdings meiner Meinung nach auch kritisch überprüfen, ob es eventuell für die Fachwissenschaft vom Potenzial her einfach nicht reicht.
Und wenn das der Fall ist, ist es ebenfalls meiner Meinung nach, wirklich keine gute Idee, dieses Fach in der Schule unterrichten zu wollen.
1. Wenn es nicht wirklich weh tut und der Erziehung zuträglich ist, ja.
Gewaltausübung ist menschliche Erniedrigung. Willst du im Ernst menschliche Erniedrigung zum pädagogischen Prinzip erheben?
Abgesehen davon, gerade an den gesellschaftlichen Gruppen, in denen elterliche Prügelerziehung aus kulturellen Gründen oder aus pädagogischer Unfähigkeit gepflegt wird, sieht man, dass Prügel zu einem generell enthemmten Verhältnis zu körperlicher Gewalt führt. Willst du das wirklich in unserer Gesellschaft?
Nele
Es ist nicht ohne Ironie, wenn ausgerechnet Lehrer versuchen, die Prinzipien betrieblicher Mitbestimmung und vor allem der Durchsetzung von Arbeitnehmerrechten zu unterrichten. Unser Berufsstand ist schließlich ein Berufsstand von Lakaien, wenn man es mal hart ausdrücken will.
Ich sage einfach mal nur meine persönliche Meinung zu meinem "Urheberrecht" auf die von mir produzierten Unterrichtsmaterialien.
Mein Prinzip: alles, was ich produziere, ist nach der Creative Commons-Lizenz CC BY-NC-SA 3.0 DE lizensiert. Das heißt:
Warum das? Erstens bin ich der Meinung, dass eine freie Informationsgesellschaft einzig und allein durch freie Weitergabe von Daten und Inhalten funktioniert. Lehrerarbeit wird dadurch erleichtert, dass Lehrer ihre Gedanken und Materialien frei weitergeben. Bildung funktioniert nur durch den freien Zugang auf Wissen; die Weitergabe von Bildung funktioniert nur durch den freien Zugang auf Wissen und Materialien zur Weitergabe von Bildung. Ich bin insofern utopischer Idealist, dass ich zutiefst von dem Ideal der Wissensfreiheit überzeugt bin. Wäre ich das nicht, wäre ich weder der Wissenschaftler, der ich bin, noch der Lehrer, der ich bin.
Zweitens gibt mir mein Dienstherr, der Staat, jeden Monat einen Sack voll Geld, damit ich die Bildung in der Gesellschaft verbreite und verbessere. Als Beamter bin ich dazu angehalten, meinen Arbeitseinsatz der Allgemeinheit zur Verfügung zu stellen. Ich finde das ehrlich gesagt gut. Der Staat sichert meinen Lebensunterhalt und ich sorge mit meiner Arbeitskraft für Volksbildung. Ich sehe keinen Grund, warum das auf meine reine Schultätigkeit und mein Unterrichtsdeputat beschränkt sein sollte. Ich finde es sogar ziemlich dubios, wenn Lehrer die Erträge ihrer durch den Staat finanzierten Arbeit an private Unternehmer in Form von Schulbuchverlagen verkaufen. Ich finde das nicht gut. Ich kann zwar verstehen, dass diese Vertriebsmechanismen in früheren Zeiten, vor der digitalen Revolution notwendig waren. Aber heutzutage wissen alle Kolleginnen und Kollegen, durch welche rechtlichen Reifen man springen muss, um als Lehrer die Materialien von Schulbuchverlagen im Unterricht zu nutzen. Ist das die paar Kröten wert? Für mich nicht. Ich umgehe die Schulbuchverlage als Multiplikatoren und mache das Leben für andere Kollegen leichter.
Und was ist, wenn jemand meine Materialien kommerziell verwertet? Ja, dann tut er das eben. Scheiß drauf. Werde ich dadurch ärmer? Nein. Also, so what.
Wenn es darum geht, dass eine Kleingruppe jemanden für eine Funktion auswählen zu lassen, gibt es eine kurze und unterhaltsame Methode: "jeder zeigt auf den in der Gruppe, der es werden soll. Der, auf den die meisten Finger zeigen, wird es."
Andere, mehr oder weniger zufällige Wahlmöglichkeiten:
- die jüngste in der Gruppe
- die mit den meisten Konsonanten im Nachnamen
- der, der am weitesten weg wohnt
und anderes nach dem Muster
Für eine Kleingruppenbildung beim ersten Kontakt einer neuen Lerngruppe habe ich mal in einer Fortbildung zu kooperativem Lernen bei Norm und Kathy Green was putziges gemacht. Ganz zu Beginn die Aufgabenstellung, sich dem Alter nach aufzustellen. Jeweils drei Leute in der Reihe bilden eine kleine Gruppe. Der Clou bei der Sache - das muss völlig stumm und ohne Reden, ohne ein einziges Wort geschehen. Habe ich mal in oder zwei mal in meinem Unterricht gemacht. Man muss aber Schüler haben, die tatsächlich den Sabbel halten können.
Ich habe keine Sachen aus dem Referendariat mehr. Ich mache sowieso regelmäßig Dinge neu und die Art und Weise, wie ich im Referendariat die Arbeit und die Anforderungen an Materialien gesehen habe, haben nichts mit dem zu tun, wie ich die Arbeit heute sehe.
Welcher Handwerksmeister benutzt noch die aufgehobenen Materialien aus seiner Lehrzeit?
Klar. Als Lehrer muss man die Welt erziehen und natürlich auch den Kassierer in irgendeinem Supermarkt. O.o
Beschäftigt euch doch einfach mit euren eigenen Aufgabenbereichen, das ist doch wirklich Arbeit genug...
Als naiver noch-nicht-Referendar muss ich dann doch mal fragen: Ist das so ? Ich dachte, dass gerade der Aufwand im Referendariat dazu dienen soll, dass man später noch lange Zeit von den im Referendariat erarbeiteten Materialien Gebrauch machen kann ...
Hahahah! Das ist wirklich lustig!
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