dort Seite 17
Ein Zitat wäre nett gewesen...
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Ein Zitat wäre nett gewesen...
Aber es sind schon ein paar fallen gesponnen um sie vor den Kadi zu bekommen
Man sollte sehr sorgfältig überlegen, ob man als Lehrer Fehden beginnt - und dabei immer Clausewitz und Sun-Tsu beachten: "führe keinen Krieg, den du nicht gewinnen kannst, führe keinen Krieg, der mehr kostet, als er einbringt."
Also heute würde ich angeschrien und gefragt ob ich bescheuert bin weil ich das nicht unterschreiben will.
Von der versuchten Nötigung durch Androhung, dass Sie mich „verpetzen“ geht [sic!](O-Ton) mal abgesehen.
Das ganze wird grotesk. Und Protokolle von nicht stattgefundenen aber verfahrensrechtlich vorgesehenen Konferenzen zu fälschen, ist ein schweres Dienstvergehen; immerhin ist ein Schulverweis ein Verwaltungsakt gegen den Rechtsmittel möglich sind! Wenn die Behörde da beim Lügen erwischt wird, wird es peinlich. Und zwar für die obere Schulaufsicht.
Alles notieren, alles dokumentieren, mit Ort, Zeit, Zeugen und wenn möglich Verbatimzitaten.
Das mit den Lernertypen kann man am besten verstehen, wenn man erst die ungenutzten 90% seines Gehirns aktiviert!
Gibt mal wieder nur Gesamtschulen und Gymnasien...
"Welchen Anteil an der Gesamtnote im Fach Geschichte bemessen Sie der mündl. Note?"
Tja, kommt drauf an, sagt die APO.
"Sehr gute mündliche Leistungen zeichnen sich durch Beiträge aus, die... ...fremde Geschichtsdeutungen angemessen dekonstruieren können"
Na dann man tau!
Sagt mal, kommt mir das nur so vor oder ist das Schulgesetz gefühlt nur für Schüler der Klassen 1-10 geschrieben? Bei vielen Einzelgesetzen kommt mir das jedenfalls so vor, daß der Gesetzgeber gar nicht dara ngedacht hat, daß es auch volljährige Schüler geben kann.
Das denke ich mir an meinem Weiterbildungskolleg auch immer wieder... Ist dieses vollständige Alkoholverbot nicht noch Püppis Erbe, von vor zwei Legislaturperioden?
Macht Wissenschaft das ganzheitliche Menschsein aus?
Bei der Bibel kommt man um den Glauben nicht herum.
Die Bibel ist weder eine wissenschaftliche, historische noch eine reine Glaubenschrift.
Eben. Die Bibel ist nichts weiter als Literatur und zur Welterkenntis genau so hilfreich wie Harry Potter oder die Geschichten vom Räuber Hotzeplotz.
Es ist völlig in Ordnung, wenn man die Geschichten von Harry Potter zur zentralen Grundlage für sein Weltverständnis machen wll, aber das darf dann weder zum Schulfach werden, noch dürfen dafür Stunden in der Stundentafel verschwendet werden, noch dürfen Harry-Potter-"Lehrer" auf Stastskosten ausgebildet werden, noch dürfen diese "Lehrer" vom zentralen Harry-Potter-Verein in ihrer Ausbildung kontrolliert und zugelassen werden, bevor sie im Staatsdienst "unterrichten" dürfen.
Dass ganz allgemein so große Schwierigkeiten bestehen, die Vergleichbarkeit zu erkennen, ist natürlich auch eine Folge der frühkindlichen Indoktrination mit kirchlicher Propaganda. Die Religionsgruppen haben mit der Verführung von Menschen schließlich jahrhundertealte Erfahrung. Die wissen, was sie tun.
Hier noch ein interessanter Artikel des humanistischen Pressedienstes zum Thema.
Sie liegt bei staatlichen Gremien, halt nur in Absprache und ja, ich bin sehr froh dass wir nicht in einem laizistischen Staat leben. Sehe jetzt irgendwie auch die Vorteile nicht.
Was wären die Vorteile eines laizistischen Staates?
Man könnte natürlich mit "relativen Trivialitäten anfangen", z.B. damit, dass christliche Bischöfe nicht mehr vom allgemeinen Steuerzahler durchgefüttert würden, bloß weil es zu Napoleon Bonapartes Zeiten zu Verschiebungen von Territorialgrenzen gekommen ist.
Aber das eigentlich nicht so wichtig. Interessanter bei einem laizistischen Staat wäre, dass die Arbeitnehmer kirchlicher Institutionen nicht mehr auf verfassungsrechtlich verbriefte Grundrechte wie das Streikrecht oder den Schutz von Ehe und Familie verzichten müssten, bloß, weil es die kirchliche Ideologie anders sieht; dass es also in Deutschland keine "religiöse Paralleljustiz" wie die Scharia mehr gäbe.
Aber wenn du die Garantie von Grundrechten für die deutschen Bürger als nicht so sonderlich wichtig hältst, dann muss man das ja nicht weiter diskutieren.
Wie tut der Vatikan das?
Der Vatikan verweigert sich dem humanistischen Wertekonzept, also der Vorstellung, dass Ethik durch menschliches Denken und durch menschliche Überzeugung definiert ist. Der Vatikan will nicht auf die Überzeugung verzichten, dass Menschenrechte letztlich göttlich gesetzt sind, denn das göttliche Recht sei dem menschlichen immer übergeordnet - eine problematische Vorstellung, wie ein Blick in die Geschichte und auf das hartnäckige Rückzugsgefecht zeigt, das die christlichen Kirchen gegen jeden Fußbreit in Richtung mehr Freiheit und mehr Gleichberechtigung bekämpft haben. In einem Beitrag des Deutschlandfunks findet sich eine sehr gute, knappe Erklärung dieses Problems.
Letztendlich verfolgt der Vatikan eine Politik die äquivalent der Kairoer Erklärung der Menschenrechte im Islam verstanden werden kann. Mit allen üblen und kontraaufklärerischen Folgen. Weiß aber wieder mal keiner und den Christen in ihrer Allgemeinheit mit ihrem mangelhaften Interesse an Glaubensdingen ist es ohnehin gleichgültig.
ZitatHier, Bedarf angemeldet
Wissenschaft ist - gleichgültig ob "hard science" oder "soft humanities" - in strenger Definition ein methodisch-logisches Werkzeug, das angewendet wird, um weiterführende Erkenntnisse über die Realität zu gewinnen, die intersubjektiv überprüfbar und nachvollziehbar sind. Wissenschaft muss dem Goldstandard genügen, einerseits in ihren deduktiven Aussagen überprüfbar zu sein, andererseits überprüfbare induktive Aussagen über neue Sachverhalte zu tätigen. In den Geisteswissenschaften wird diese strenge Definition seit dem "linguistic turn" der 80er und der postmodernen Relativierungstendenz leider zunehmend und ohne Not verworfen. Die klassische Philologie und die strenge historische Methode verlieren auch bei der kritischen Reflektion des Master Discourse nicht ihren Wert, was aber oft genug nicht mehr gesehen wird, wenn Geisteswissenschaftler ihr Handwerk nicht mehr sicher beherrschen. Denn bei ihnen gilt weiterhin das Primat der Empirie und das Eichmaß der definierten und falsifizierbaren wissenschaftlichen Begrifflichkeit. Bei den Naturwissenschaften ist dagegen dieser Komplex selbstredend kein wissenschaftstheoretisches Problem, denn naturwissenschaftliche Aussagen führen zu funktionierenden oder zu nichtfunktionierenden Experimenten, was die Diskussion dann beendet. (Glückliche Naturwissenschaftler...)
Die Theologie ist seit jeher anders. Dramatisch anders. Weil sie seit jeher mit der Interpretation einer besonderen Kategorie von Texten, nämlich den "heiligen Schriften" befasst ist, ist sie so anders, dass einige Denker im Vergleich von Wissenschaft und Theologie als von "non-overlapping magistera" sprechen, also von Formen des Weltverständnis, die nicht vereinbar aber dennoch gleichermaßen gültig seien. Meiner Meinung nach ist das und die Vorstellung, dass die Theologie eine Wissenschaft ist, ein apologetisches Konstrukt. Warum?
Die Theologie basiert wie andere historisch diskursive Zweige der Geisteswissenschaft auf der Hermeneutik, d.h. der Analyse und Interpretation textlicher Aussagen im erweiterten Textbegriff. Der Hermeneutikerin liegt ein Text als als empirische Material vor und sie gewinnt durch die Anwendung geeigneter wissenschaftlicher Methoden daraus über ihre Fragestellung neue, intersubjektiv belastbare Erkenntnisse. Das grundlegende Konzept aller hermeneutischer Textbetrachtung nach modernen wissenschaftstheoretischen Vorstellungen ist das der Lesarten - d.h. dass die Bedeutung eines Textes nicht außertextlich fixiert ist, sondern in der diskursiven Dynamik zwischen Text, Leser und Kontext konstruiert wird. Die so entstandene Textbedeutung ist also etwas, was in ihrer konkreten Ausformung vom Kontext abhängig ist. Diese Textbedeutung mag nach jeweiligem historischen Kontext subjektiv zu unterschiedlichen Lesarten führen, diese Lesarten sind aber jeweils objektiv analysierbar und empirisch herleitbar. Die Hermeneutik ist nicht mit der Wahrhaftigkeit dieser Lesarten befasst, sie betrachtet und analysiert die Lesarten nur in ihrer Ausformung.
Da, wo die Theologie nur mit der wissenschaftlichen Betrachtung von Lesarten ihrer "heiligen Schriften" befasst ist, kann sie wissenschaftlich arbeiten. Ohnehin kann der Theologe da wissenschaftlich arbeiten, wo er als Historiker, als Philologe, eventuell als Archäologe tätig ist und die Anforderungen und Grenzen dieser Wissenschaften beachtet. Das sind allerdings Zuträger der Theologie - so wie der Historiker die Numismatik, Chronologie, Paläographie, Diplomatik etc. als Hilfswissenschaften kennt und schätzt. Dort, wo die Theologie ihren Kernbereich berührt und zur "Wissenschaft des Göttlichen" wird, was ihr Name ist und repräsentiert, da beginnt sie allerdings die Auseinandersetzungen der potenziellen Lesarten zu verlassen, denn sie betritt das Areal des "Glaubens", d.h. einer vorgegebenen Systematik von Begrifflichkeiten und Vorstellungen, die per definitionem nicht zu hinterfragen sind. Denn wie ließe sich eine Aussage wie "Jesus ist der Erlöser" hermeneutisch überprüfen, außer, wenn die entsprechenden Aussagen des Evangeliums dogmatisch als "wahr" definiert werden? Verstöße gegen die Dogmatik werden von den Religionsgemeinschaften hart sanktioniert. Nicht wenige Hochschullehrer wurden in ihrer bürgerlichen Existenz vernichtet, weil sie autoritativen Dogmen nicht mehr folgen wollten.
Glaubensinhalte sind nicht hermeneutisch ermittelt sondern historisch und diskursiv tradiert. Glaubensinhalte formen ein gedankliches, narratives System, dass eine metaphysische Struktur beschreibt, die als Basis des Weltverständnisses und deraus erwachsenden Konsequenzen dient. In anderen Worten, Glaubensinhalte definieren eine Mythologie, die jenseits rational kritischen Verständnisses verortet ist. Das führt allerdings zu einem Problem, nämlich der Schwierigkeit, dass die diskursiven Kontexte einer Mythologie nur mit Schwierigkeiten mit der hermeneutisch historischen Bedeutung einer textlichen Aussage der "heiligen Schrift" in Einklang zu bringen ist. Es ist nun einmal so, dass eine Aussage wie "die Hexe muss verbrannt werden" oder "die Frau schweige in der Gemeinde" oder "alle Wesen und Tiere der Natur sind dem Menschen zum Nutzen" nicht von Menschen aus einer zivilatorisch entwickelten Gesellschaft geteilt werden können. Im heutigen Deutschland sind solche Äußerungen nicht zu ertragen - hermeneutisch sind sie allerdings ohne jeden Widerspruch aus den "heiligen Schriften" abzuleiten.
Hier setzt die Tätigkeit der Theologie ein. Denn es geht im Anspruch der Theologie nicht darum, eine intersubjektiv falsifizierbare Lesart der "heiligen" Schrift anzubringen, die ggf. mit den geltenden Werten der Gesellschaft kontrastiert werden könnte. Die Aufgabe der Theologie ist, eine Lesart zu konstruieren, die die Aussagen der "heiligen Schrift" als Begründung der jeweiligen Überzeugungen der Gesellschaft rechtfertigt: mit den "christlichen Werten" ließe sich eine Gesellschaft analog des IS genau so rechtfertigen wie eine tolerant pluralistische Gesellschaft, die durch die rational humanistische Aufklärung definiert ist. Da die Theologie also beliebige Wertesysteme bedienen kann, definiert sie sich als nichts anderes als als Werkzeug einer aktuell gewünschten Lesart der "heiligen Schrift" - in anderen Worten, sie ist ein textliches Instrument, die ursprünglich verstörenden Aussagen der "heiligen Schrift" durch eine neugestaltete Narrative in eine gewünschte Form umzuwandeln.
In anderen Worten: die Theologie wandelt eine primitiv autokratische Textbedeutung, die einzig mögliche historische Lesart, der "heiligen Schrift" in eine scheinbar modern tolerante Lesart für eine Freiheitsideologie um. Wenn dies die heutige Funktion der Theologie angesichts der heutigen Leitdiskurse in Westeuropa ist, so ist die gleiche diskursive Funktion in allen möglichen historischen Kontexten zu zeigen: in der protestantischen und katholischen Theologie des 16. Jh. ist die Absolutismuskritik und -affirmation je nach landesherrschaftlichem Bedarf zu finden, in der amerikanischen Theologie des 19. Jh. ist eine Affirmation und Ablehnung der Sklaverei zu finden. In der Theologie des 20. Jh. ist eine Ablehnung und Bestätigung des politischen Widerstands gegen Diktatoren zu verorten oder heutzutage die Ablehnung und Toleranz gegenüber Homosexuellen. Theologische Wertung von Ethik ist immer und überall willkürlich und an die Bedürfnisse eines politischen Diskurses gebunden.
Das ist eine narrative Neuerzählung, mit Wissenschaft, Kritik und Rationalismus hat das nichts zu tun.
Man kann in deinem Satz aber Zyklon B einfach durch "Christentum" ersetzen.
Bei allem Respekt, aber weder habe ich das geschrieben noch kann man es meinem Text entnehmen, dass das Christentum ein Mittel zur Einführung des Totalitarismus sei. Und wenn man ihn genau liest und die angesprochenen Kontexte gebührend zur Kenntnis nimmt, kann man auch nachvollziehen, wo von den relevanten Wesensmerkmalen des Christentums die Rede ist, die auch genau auf den Punkt gebracht und historisch gezeigt sind..
ZitatIch würde mich daher weiterhin einer Pauschalkritik gegen das Christentum verwehren.
Auch darum geht es in meinem Text nicht. Er behandelt die sehr genau eingegrenzte Frage, inwieweit zentrale und konfessionsübergreifende Anteile der christlichen Ideologie in den Totalitarismus leiten.
ZitatEs gibt genug zu kritisieren. Als Christ kann man sich natürlich für vieles aus der kirchlichen Vergangenheit schämen.
Es geht nicht um Scham, es geht um Verantwortung - das ist genau der gleiche Anspruch, dem man als Deutscher angesichts der jüngeren deutschen Geschichte gerecht werden muss. Und diese Verantwortung sehe ich - weder z.B. bei der Lutheraufarbeitung durch die Protestanten noch bei der Aufarbeitung der eigenen Geschichte durch die katholische Kirche noch bei dem Umgang mit der Theologie - ganz und gar nicht. Ich sehe nur Relativierung, wie z.B. hier:
ZitatUnd das was du zu den eigentlichen christlichen Werten schreibst ... trifft vielleicht mal und in Teilen zu. Aber nicht grundsätzlich. Nicht an der christlichen Basis.
Nur mal die Werte "Furcht und Gehorsam": das letzte mal bin ich dem Begriff "gottesfürchtig" noch als sehr positives Attribut für einen gläubigen Christen begegnet. Und den Wert des Gehorsams findet man jedes mal bei der Rezitation der Zehn Gebote und des Glaubensbekenntnisses. Oder sind die Zehn Gebote und das Glaubensbekenntnis "an der christlichen Basis" nicht mehr gültig? Übrigens, ist eine evangelikale und freikirchliche Gemeinde, die ganz bestimmt eine sehr klare Position zu Furcht und Gehorsam Gott gegenüber hätten, nicht "die Basis"? Wäre mir ehrlich gesagt neu. Oder ist das jetzt auch etwas anderes?
Sind Menschenrechte denn nicht doch ein christliches Konzept? Wieso verweigert dann der Vatikan die Ratifikation der UN-Menschenrechtscharta aus theologischen Gründen? Und wieso stützen in den USA die konservativ-evangelikalen Christen, d.h. die Mehrheit der praktizierenden Christen dort, mehr oder weniger unisono prinzipiell jede Menschenrechtsverletzung durch die US-Regierung mit religiöser Begründung von den Kanzeln ihrer Gotteshäuser? Sind das weltfremde Autoritäten, die ihren andersdenkenden Gemeinden "an der Basis" ihre Vorstellungen aufzwingen?
Alle Werte, die ich als eigentliche Werte des Christentums genannt habe, klingen ungewohnt und verstörend, weil ich die Terminologie des Christentums verweigere, die man für die identischen Inhalte aus dem Religionsunterricht kennt und gewöhnt ist, die ich aber sehr viel treffender als Euphemismen wie das "ewige Leben" finde. Von der Sache ist meine Aufzählung wohlbegründet, ich kann sie mit der historischen und gegenwärtigen Praxis ebenso wie mit Rückgriff auf die Theologie begründen und tue das auf Nachfrage selbstverständlich.
Mit deinem Verweis auf die Basis der Gemeinde gegenüber den Kirchenautoritäten begehst du einen Denkfehler und ich bin der Meinung dass dieser Denkfehler ursächlich mit der Praxis des Religionsunterrichts verknüpft ist. Deine Vorstellung impliziert einerseits, dass es ein "richtiges Christentum" gäbe, das man von fehlerhaften Vorstellungen des Glaubens differenzieren könne, was mit der Bibel begründbar sei. Gerade letzteres ist aber nachweislich nicht der Fall. Dass man jede beliebige Position genau wie ihr Gegenteil theologisch schlüssig belegen kann und dass dies auch in Geschichte und Gegenwart geschieht, daran kommen ja nicht einmal die Christen vorbei - sonst gäbe es ja keine Exegetik. Das bedeutet gleichzeitig, dass objektiv nicht "wahre" von "falscher" Religion unterscheidbar ist und deshalb stehen auch verschiedenste in Glaubensgemeinschaften verfolgte Glaubenspositionen völlig gleichberechtigt nebeneinander. Was das Christentum ist und was nicht, lässt sich nicht theologisch bestimmen sondern nur empirisch erkennen - das Christentum ist, was es ist, nämlich die Bandbreite dessen, was von christlichen Gemeinden gesagt und getan wird. Die Grenzen nach außen sind diffus, aber zumindest recht genau beschreibbar. Was bei der Streichung aller Widersprüche als Konsens übrig bleibt, ist der gemeinsame Satz von Überzeugungen und Werten - die Vorstellung Christi als Erlöser gehört sicherlich dazu, aber eben auch der Satz von Werten, den ich genannt habe. Menschenrechte, Demokratie und Freiheit dagegen nicht.
Dein Denkfehler trifft in diesen Kern. Selbstverständlich haben du und deine Gemeinde ein festes Wertesystem, das mit den toleranten, säkularen Werten unserer Gesellschaft übereinstimmt. Der Irrtum liegt darin, dass du diese Werte als christlich versteht, bloß, weil du sie in christlichem Kontext erlebst. Das wiederum resultiert daraus, dass du nicht die Bandbreite christlichen Denkens zur Kenntnis nimmst und deshalb nicht erkennen kannst, dass die Haltung deiner Gemeinde - und überhaupt die des progressiven deutschen Christentums - die einer verschwindend kleinen und jungen Minderheit der weltweiten und historischen Christenheit darstellt. Du befindest dich in einer klassischen Echokammer bzw. Filterblase, die dir bei der realistischen Einschätzung deines Glaubens im Weg steht. In letzter Konsequenz bist du derjenige, der pauschalisiert und eine für das Christentum unbedeutende Randmeinung verallgemeinert.
Und daran ist der Religionsunterricht, der Christen von früher Kindheit an prägt und emotional bindet, unmittelbar beteiligt. Er betont, ein "positives Christentum" zu vermitteln und zielt vorsätzlich auf erlebte Emotionen und nicht auf kritische Zweifel. Sogar in der Sekundarstufe II wird zur Erfüllung wissenschaftspropädeutischer Verpflichtung theologisches Denken herangezogen, was im Gegensatz zur Hermeneutik aber nicht wissenschaftlich sondern eine narrative Fortschreibung des Mythos ist. (Kann ich bei Bedarf erläutern) Von vorne bis hinten regiert den Religionsunterricht der Wunsch, wie Dinge sein sollen, aber nicht die Realität, wie die Dinge stattdessen sind; es findet eine Verkaufsveranstaltung statt, in der die Kirchen Errungenschaften anderer als ihre eigenen verkaufen. Gesetzt wird dieser Unterricht durch Religionsgemeinschaften, für die kritisches Hinterfragen und Wissen niemals im Mittelpunkt stand, vermittelt durch Lehrer die durch diese Haltung geprägt sind.
Neutral ist daran nichts, gleichgültig, was die Religionslehrer glauben. Deshalb Religionskunde statt Religionsunterricht.
(3/3)
Dass es um die Shoah geht, also um den im Antisemitismus begründeten Massenmord, ist ein weiterer Punkt. Die Feindschaft Juden gegenüber in der Form der Feindschaft einer ganzen religiös definierten Gesellschaft wurzelt im Christentum, daran gibt es keinen Zweifel. "Sein Blut komme über uns und über unsere Kinder" ist nicht umsonst einer der bekannteren Aussprüche des Evangeliums. Diesen Teil ihrer unseligen Geschichte relativieren die christlichen Apologeten gerne damit, dass sie einem religiösen Antijudaismus der Voraufklärung einem schein-rational begründeten Antisemitismus der Moderne geegenüberstellen. Die nähere Betrachtung erweist aber auch hier eine fragwürdige Aussage. Wenn es sich um unabhängige Formen der Judenfeindschaft handelte, hätte dies in einer breiten innerchristliche Debatte dieser Zeit verhandelt und in der Lehre nach außen getragen werden müssen, ebenso wie eine Distanzierung gegenüber dem "rassisch" begründeten Antismitismus des 19. und 20. Jh. von christlicher Seite hätte erwartet werden können. Beides ist aber nicht der Fall, gerade im 19. Jh. gab es sehr laute antisemitische Stimmen im katholischen Lager und die antisemitische Tradition im katholischen Polen ist bis heute ungebrochen, wie man z.B. in Medienberichten zur Rolle der dortigen Kirche im Kontext des Holocaust-Gesetzes entnehmen kann.
Im vergangenen "Luther-Jahr" wurde die herausragende Bedeutung dieses Religionsgründers für die kulturelle Entwicklung hin zur Moderne wieder und wieder beschrieben. Zu Recht. Ebenso wurde der brachiale Antisemitismus dieses Mannes zumindest als Randerscheinung betrachtet. Von protestantischer Seite wurde er allerdings als mittelalterlicher Überrest von Antijudaismus relativiert, der ja nichts mit dem eigentlichen Protestantismus zu tun habe. Dies ist sachlich falsch, wenn man Luthers antisemitische Hauptschrift "Wider die Juden und ihre Lügen" tatsächlich detailliert zur Kenntnis nimmt. Der gleitende Übergang der beiden Phasen des Antisemitismus im christlich geprägten Denken wurde oben genannt. In Luthers Schrift zeigt sich tatsächlich eine Übergangsstelle zwischen Antijudaismus und moderneren Formen des Antisemitismus. Wenn der Antijudaismus die Aspekte von "Rasse" und "jüdischem Charakter" nicht zeigt, liegt das daran, dass diese Konzepte im Mittelalter nicht vorhanden waren. Biologisch begründeter Rassismus konnte erst mit der Biologie als Naturwissenschaft entstehen; die Vorstellung eines Nationalcharakters begann sich in der Frühmoderne zu formieren. Erstmals enstand eine Idee davon, was "den Deutschen" im Unterschied zu "dem Franzosen", "dem Engländer", "dem Italiener" ausmachte - Diskurse, die sich ganz wunderbar in zeitgenössischen Theaterstücken zeigen. Luthers Schrift fügt sich ohne Bruch in diese Entwicklung - seinen Hass den Juden als "Mörder Christi" erweitert er, indem er einen "Nationalcharakter" der Juden in Deutschland konstruiert, der mit dem "der Deutschen" in einem Konflikt steht, der nur durch ihre Ausmerzung und Enteignung, durch die Vernichtung ihrer Kultur gelöst werden könne. Hier ist tatsächlich ein Schreibtischtäter zu sehen, der späteres vorwegnimmt. Die Luther-Verehrung nicht nur durch Hitler sondern auch quer durch die protestantischen Kirchen der NS-Zeit spricht Bände. Eine tatsächliche Aufarbeitung ihres Luther-Bildes haben die Protestanten bis heute nicht zu Stande gebracht - im Religionsunterricht spricht man sehr viel lieber von der Bekennenden Kirche".
Um die Ausführungen zu Ende zu bringen: die eigentlichen christlichen Werte - denn unser Verständnis von humanitären und rationalen Menschenrechten ist nicht christlich - sind Gehorsam und Furcht, unhinterfragter Glaube an die unbedingte Wahrhaftigkeit der Lehre, Überwindung der eigenen Bedürfnisse im Leiden im ergebenen Dienst eines Höheren und Besseren, die Verehrung des Todes als eigentlichem Ziel des diesseitigen Lebens. Und davon ist die christliche Theologie niemals abgerückt! Sie sind die tatsächlichen Tugenden, "mit denen man ein Konzentrationslager führen kann", wie Oscar Lafontaine so schön sagte. Da steckt der Kern in der Sache, den Steven Weinberg auf den Punkt bringt: "With or without [Religion] you would have good people doing good things and evil people doing evil things. But for good people to do evil things, that takes religion."
Summa summarum - vom religiösen "credo quia absurdum" auf gedanklicher Ebene zum totalitären "facio quia nefas" im Handeln ist nur ein winziger Schritt. Der fanatische Glaube ist der Weg zu den Öfen von Auschwitz. Und das ist ins Extreme gehoben nichts anderes als das, was Krababbel schrieb.
(2/3)
Das, was die totalitären Ideologien von Nationalsozialismus und Kommunismus bei allen faktischen Unterschieden zunächst einmal in Gemeinsamkeit ausmacht, ist die Totalitarität von geschlossenem ideologischen Denkgebäude, eine im Metaphysischen verortete, eschatologische Weltsicht und die unbedingten Unterwerfung unter eine in allen Lebensbereichen als verbindlich gesetzte Idee. Dies ist als Dogma konstruiert und wird durch eine geschlossene, mit ideologischer und institutioneller Autorität versehene Personengruppe vermittelt sowie gegebenenfalls mit Gewalt nach innen wie außen durchgesetzt. Zeigt diese Perspektivverschiebung auf einer abstrakten Ebene der Definition Gemeinsamkeiten zwischen Kommunismus und Nazismus, die überall dort in der Gesellschaft material umgesetzt werden, zeigt sich aber gleichzeitig eine frappierende Verwandschaft zu in voller Ausbildung befindlichen fundamentalistischen abrahamitischen Religionsformen.
Kann man also von einem totalitären Christentum sprechen, wie es von "militanten Atheisten" regelmäßig getan wird? Nein, natürlich nicht, das wäre eine ebenso dumme Polemik wie der Anlass dieses Textes. Der Totalitarismus ist ein staatliches Phänomen der Moderne und es gibt in der Moderne nur eine einzige christliche Theokratie, den Vatikanstaat, der aber frühmodern und absolutistisch formiert ist. Auch islamische Herrschaftsformen wie Saudi-Arabien oder der IS oder die ultra-orthodoxen Viertel in Jerusalem lassen sich nicht unter den Totalitarismus subsumieren, obwohl sie die genannten kategorialen Bedingungen erfüllen, da ihnen wesentliche Aspekte des modernen Staatskonzeptes abgehen.
Entscheidend ist aber, dass monotheistischen Religionen, d.h. allen drei abrahamitischen Religionen die genannte ideologischen Merkmale als zwar nicht hinreichende aber notwendigen Bedingungen zur Formierung eines totalitären Staates haben - sie haben das Potenzial, sie erfüllen wichtige Gelingensbedingungen für eine allumfassend kontrollierende Obrigkeitsgesellschaft. Und das lässt sich auch überepochal im Christentum (wie in den anderen beiden abrahamitischen Religionen) - ausgehend schon von der Unfähigkeit des Christentums sich von der Gewaltrhetorik des Alten Testaments zu lösen, was lückenlos in die autoritären Vorstellungen des Apostel Paulus übergeht. Die "Civitas Dei" des Augustinus heißt nicht umsonst so. In der Frühmoderne gab es in den radikaleren Spielarten des Protestantismus frappierende totalitär erscheinende Formen von Protostaaten - und zwar nicht nur im ungeordneten münsteraner Widertäuferregime, einer Art IS avant la lettre, sondern sehr wohl auch durch religiöse Führer, die noch heute als Denker des protestantischen Mainstreams gewürdigt werden - die gängelnde Kirchenzucht des Calvin in Genf, welche von brutaler Verfolgung von Andersdenkenden und "Hexen" begleitet war, steht neben der Bereitschaft Zwinglis im Sinne der Sache freudig als Märtyrer zu sterben, eine Haltung, die auch Hitler und Stalin von ihren Soldaten forderten.
Interessanterweise wird von den Kirchen, vor allem im Religionsunterricht, gerne der Widerstand der Kirchen gegen totalitäre Regimes ins Feld geführt, mit dem Anspruch, der Religion läge eine besondere Widerstandskraft und ein besonderer Drang zu Freiheit und Menschenrechten inne. Genannt wird die tiefe Feindschaft gegen den Kommunismus und der Widerstand gegen den Nationalsozialismus. Bei näherer Betrachtung quer durch die Geschichte relativiert sich dieses Bild. Sicherlich gibt es Individuen wie Clemens August Graf von Galen, Dietrich Bonhoeffer und seine Mitstreiter oder ganze Episoden von individuellem oder sogar organisierten Widerstandes gegen totalitäre Diktaturen. Auch die in Kirchen verortete Bewegung gegen das DDR-Regime kommt in den Sinn. Erweitert man die Perspektive, zeigt sich allerdings, dass beide Konfessionen wenig Schwierigkeiten hatten, sich mit totalitären oder diktatorischen Staatssystemen zu arrangieren, solange diese nicht die Kirchen als unliebsame Konkurrenten ausschalten wollten, wie das die gesamte Geschichte des Kommunismus über der Fall war. Mit rechtsradikalen Regimes konnten sich beide Konfessionen immer gut arrangieren, sei es die Komplizenschaft der Protestanten mit dem Nationalsozialismus, der Schulterschluss zwischen der katholischen Kirche und Franco oder den südamerikanischen Diktatoren, sei es die Zusammenarbeit zwischen Pius XI. und Mussolini. Der Machtkampf zwischen der katholischen Kirche und Hitler war eine Neuauflage des Kirchenkampfes im zweiten Kaiserreich, es ging kaum um ideologische Fragen - das Reichskonkordat von 1933 entstand ohne große Probleme und der Vatikan hatte keine Skrupel, nach dem Krieg die NS-Verbrecher auf den Rattenlinien ins Exil zu schleusen. In allen momentanen Gesellschaften, die in Richtung autoritärer Regimes "starker Männer" tendieren, sieht man Religionsgemeinschaften aller Konfessionen in einen engen Schulterschluss mit den Autokraten rücken.
Man muss nicht annehmen, dass das jetzt irgendeine neuartige Idee ist. Bertrand Russell beschrieb die diskursive Ähnlichkeit zwischen Christentum und Kommunismus schon in den 40ern in der "Philosophie des Abendlandes" und, je länger man über die Frage nachdenkt, desto klarer werden weitere Äquivalenzen zwischen der säkularen und der metaphysischen Buchreligion, ihren Säulenheiligen und ihren hermetischen Zirkeln. Der deutsche Faschismus steht etwas abseits dieses Aspekts der Frage, anders als die Systematiken der christlichen Theologie und der in der deutschen systematischen Philosophie wurzelnden Kommunismus war der deutsche Faschismus niemals ein kohärentes Gedankengebäude gewesen, wenngleich diese Ideologie ganz explizit aus dem mystischen Gedankengut des Christentums schöpft. Wenn Hitler sich als Werkzeug der "Vorsehung" sieht, die er in "Mein Kampf" völlig unkodiert als Hand der christlichen Gottheit beschreibt, dann ist er in der Rolle eines charismatischen christlichen Predigers. Der Mystizismus des 3. Reiches ist weit und oft beschrieben worden, wobei er ganz und gar nicht so "germanisch" war, wie Himmer und sein "Ahnenerbe" es gerne gehabt hätten. Den auch in die SS wurden Atheisten nicht zugelassen und auf allen soldatischen Gürtelschnallen stand "Gott mit Uns". Die katholischen Bischöfe und die protestantischen Landeskirchen sahen keine fundamentalen Widersprüche und keinen Anlass, den Nationalsozialismus als "unchristlich" zu bezeichnen. Man könnte auf viele Einzelheiten eingehen, mir fiele jetzt spontan z.B. die rituellen Nähe der "Blutfahnenweihe" zum Reliquienkult, z.b. bei den Trierer "Heiliger-Rock-Tagen" ein, aber das würde hier zu weit führen. Es reicht die Feststellung, dass das Christentum und die totalitären Ideologien sehr viel größere diskursive Gemeinsamkeiten haben, als sich ihre Vertreter im Religionsunterricht wohl eingestehen würden. Und abermals, um einer geistesschlichten Reflexreaktion vorzubeugen, ich sage damit nicht, das Religionen totalitäre Ideologien sind, das wäre eine dumme Verkürzung von Diskursgeschichte. Geschichte ist in allen Zusammenhänge eine komplexe Dynamik - so auch hier.
Aber betrifft das den Massenmord? Denn der Vergleich von Zyklon B mit der Religion war ja derAusgangspunkt des Textes. Wenn wir die konkret angesprochene Shoah betrachten, sieht man zwei ideologische Notwendigkeiten, um diese Untat in die Welt zu bringen. Einerseits braucht es die Überzeugung, dass Menschen, die mit dem ideologischen bzw. religiösen Gedankengebäude in Konflikt geraten, mit ideologischer bzw. religiöser Begründung physisch vernicht werden müssen. Zweitens bedarf es der Überzeugung, dass die Juden ein gefährlicher Feind des "deutschen Volkes" bzw. der "christlichen Nation" sei. Trifft dies zu?
Bei der Betrachtung des Blutes, das an den Händen der christlichen Kirchen klebt, wird immer wieder auf die Hexenverfolgungen und die Inquisition hingewiesen, leider oft aus falschem Beweggrund. Es ist nicht die Tatsache, dass diese Frauen und Männer gefoltert und auf dem Scheiterhaufen verbrannt oder gehenkt wurden, die diese Erscheinungen in diesem Zusammenhang relevant macht, genau so wenig wie es ihre Zahl wäre; rein numerisch ist die Menge dieser Mordopfer gering gegenüber anderen Gewaltopfern dieser Zeit, im Krieg wie im Frieden. Es ist ein anderer Aspekt, der die Hexenverfolgungen und die Inquisition auf dem Weg zur Shoa so wichtig macht - beiden Prozessenformen liegt eine ideologisch formierte und theologisch geführte Begründung vor, die dem Gericht in Form einer Prozessordnung eine religiös sanktionierte Grundlage gibt, Menschen als Häretiker auszugrenzen und sie Folter und Tod zu unterwerfen. Dass die Ausführung dieser Justizmorde dem weltlichen Arm überlassen wird, tut dabei nichts zur Sache - entscheidend ist, dass die christliche Kirche an Tötungen verantwortlich ist, die nichts mit den Taten eines mittelalterlichen wütenden Mobs zu tun haben, sondern in früher Form planvolles staatliches Handeln darstellen; die karolinische Halsgerichtsordnung ist in diesem Zusammenhang entstanden, die Vorläuferin der modernen Strafprozessordnung. Der nationalsozialistische Massenmord und seine ideologische Begründung sind Phänomene der industriellen Moderne - und eben kein Rückfall in eine vorzivilsatorische Zeit. Und in der Entwicklung dieses Konzeptes hatte die christliche Strafjustiz Abweichlern gegenüber ganz entscheidenden Anteil.
AAARGH!!! Soll ich? Muss ich?
Nein, jetzt nicht...
(1/3)
Ok, der Beitrag altersmüffelt, ich habe ihn vor mir hergeschoben, hätte wohl auch besseres zu tun, z.B. in Abiturverfahren prüfen und gutachten, aber antworten muss ich doch. Keine Lust, aber trotzdem. Einerseits, weil eine sachliche Richtigstellung der Aussage sowohl auf fachlicher als auch auf argumentativer Ebene dringend notwendig ist, andererseits, weil ich mittlerweile von Alias erfahren habe, dass meine Reaktion anscheinend "unwürdig" sei, was ja nun auch nicht stehengelassen sollte. Aber das kostet Mühe, nicht nur für mich, sondern auch für den Leser - es ist halt um Zehnerpotenzen schwieriger, vierteldurchdacht aus der Hüfte geschossene Slogans schlüssig zu beantworten, als sie in die Welt zu setzen. Fehlendes Nachdenken erhöht immer die Mühe für das Publikum deshalb habe ich die Arbeit der Antwort gescheut. Nun denn... *Stöhn* Weil es mich eben einfach ärgert:
Erstens: Zyklon B wurde nicht zur Ermordung von Menschen erfunden. Es handelte sich bei dieser Substanz um ein von der Firma Degesch Anfang der 20er Jahre entwickeltes Mittel zur Schädlingsbekämpfung, das sowohl zur Befreiung von Kleidungsstücken von Schädlingen in großer Menge Verwendung fand als auch für die Ungezieferbekämpfung ganzer Gebäude verwendet. Beide hygienische Problemfelder waren in der wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Situation nach dem ersten Weltkrieg von großer Bedeutung. Dadurch, dass man die Wirksubstanz auf ein Granulat aufbrachte, war Zyklon B leicht zu transportieren und zu lagern und sehr sicher in der Anwendung. Soweit war es also ein sinnvoller Beitrag zur allgemeinen Hygiene geleistet, ein positiver Beitrag der chemischen Wissenschaft.
Das änderte sich natürlich in dem Moment, als das Mittel von den nationalsozialistischen Schlächtern als Mordwaffe entdeckt wurde und sich die Firma Degesch zum Komplizen machte. Der Lagerkommandant von Auschwitz, Rudolf Höß, betonte in einem Schreiben, wie stolz er auf seine persönliche Entdeckung gewesen sei, die endlich als unzureichend empfundene Mittel zum Massenmord wie Massenerschießungen, systematisches Verhungernlassen, Vergiftung durch CO aus Gasflaschen oder durch Autoabgase abgelöst hätte. In anderen Zusammenhängen sinnvolle wissenschaftliche und technische Möglichkeiten wurden ebenfalls durch die Nationalsozialisten zum Genozid missbraucht. Missbrauchen kann man jedes Werkzeug und sei es ein Hammer oder Paracetamol - warum also die Rancune gegen die "Wissenschaft"? (Ich verwende ebenfalls Anführungszeichen, aber aus anderen Gründen als Alias.) Steven Novella hat es sehr schön auf den Punkt gebracht: "What do you think science is? There's othing magical about science. It is simply a systematic way for carefully and thoroughly observing nature and using consistent logic to evaluate results." Wo da jetzt Zyklon B als Massenmordwerkzeug bleibt, muss wohl ein Geheimnis bleiben.
Aber machen wir zweitens hier nicht halt - es geht um die Schrecken in der Welt und die Frage nach der Religion im Vergleich zu totalitären Ideologien und ihren Verbrechen. Handelt es da um "nonoverlapping magesteria", wie Stephen Jay Gould über das Verhältnis von Religion und Wissenschaft postuliert? Nein, das ist nicht der Fall. Ist es der Atheismus, der die sittliche Enthemmung, die zum Verbrechen führt, überhaupt erst ermöglicht? Auch das ist zwar ein Mythos, der immer wieder von Apologeten, die es eigentlich besser wissen müssten, verbreitet wird, wie z.B. Kardinal Ratzinger, der in Theologenkreisen als intellektuelles Schwergewicht gehandelt wird; und ein Mythos, der wieder und wieder von Politikern, Journalisten und (leider!) hier auch Lehrern nachgeplappert wird, die oft genug ein zu unzureichendes Wissen um Ideengeschichte und einschlägige Quellen haben, um sich ein differenziertes Urteil zu bilden. Aber es ist eben nur ein polemischer Mythos. "Fake News" würde man heutzutage sagen.
- Für Geschichte: erstelle eine chronologische Reihenfolge der zentralen Ergebnisse in Stichpunkten. Das Wissen hakst du wahrscheinlich bei einem Fließtext auch nur auf deinem Erwartungshorizont ab.
Nein, so sieht meines Erachtens kein Klausurbestandteil aus, in dem in der Qualifikationsphase im Fach Geschichte historisches Kontextwissen überprüft wird. In den Klausuren geht es immer um die konkrete Verknüpfung einer Quelle mit historischen Sachverhalten, die die Schüler zur Erläuterung heranziehen müssen. Das ist mehr als ein Abspulen von Stichworten und man muss es schon gründlich lesen, um sinnvolle und sinnlose Ausführungen richtig zu würdigen.
Und dann bei der Darstellungsleistung schön Punkte abziehen!
Wobei es natürlich pädagogisch sehr viel besser ist, bei positiven Leistungen Punkte zu vergeben als bei negativen Leistungen Punkte abzuziehen; man sollte die Erwartungshorizonte entsprechend gestalten.
Der Grund für ausufernde Textmengen in Oberstufenklausuren liegt bei Lernern ganz regelmäßig darin, dass sie noch nicht ausreichende Kompetenzen in Textstrukturierung und Vorplanung erworben haben. Auch fehlt es ab und an noch an der sprachlichen Präzision und Klarheit im schriftlichen Ausdruck.
Das sollte man als Lehrer schon im Vorfeld antizipieren, eine Kultur des "Viel hilft nicht viel!" einführen und frühzeitig entsprechende Arbeitsformen in den Unterricht einführen.
Nele
P.S. Ich habe eine regelmäßige, ganz unpädagogische Randbemerkung, die ich mir aber in der Erwachsenenbildung leisten kann: "Sie sollen nicht faseln!"
hat jemand Erfahrungen im medialen Einsatz während des Unterrichts?
Reichlichst.
ZitatDamit meine ich, welche Apps - Programme via Handy oder PC habt Ihr schon im Unterricht eines geisteswissenschaftlichen Faches der Oberstufe genutzt?
Ich werde heute abend mal ein wenig schreiben, das wäre jetzt zu umfangreich.
ZitatDie Schüler verfügen ja alle über ein Internetfähiges Handy, sowie der Klassenraum über einen PC und ein Whiteboard bzw. eine Dokumentenkamera...
Du lebst in einer schönen Welt...
ZitatVielleicht etwas "vielfältigeres", klar es hängt vom Unterrichtsinhalt u.ä. ab, als "Wortwolken" oder "mentimeter".
Lasst eurer Kreativität freien Lauf
Ich weiß nicht, ob das angekommen ist: in Thüringen passiert genau das gerade. Die Beförderungsmöglichkeiten sind im Zusammenhang mit der Anhebung der anderen Besoldungen de facto gestrichen wurden.
In Thüringen geht die Gehaltsanhebung mit dem Wegfall der funktionslosen Beförderungsstellen einher. Das finde ich auch ehrlich gesagt ganz in Ordnung so, denn dabei handelt es sich um einen Anachronismus aus der Zeit, als es noch Regelbeförderungen zum Oberrat gab, wenn dem Lehrer aus biologischen Gründen genug Runzeln am Arsch gewachsen waren und er keine silbernen Löffel geklaut oder dem Direktor nicht eine Beule ins Auto gefahren hat. Diese Beförderung hatte nichts mit Leistung zu tun sondern nur mit der Dignitas und dem Privileg, bei Abiturprüfungen das Protokoll nicht schreiben zu müssen, oder so. Wofür sonst hat man Assessoren?
Heutzutage sind die funktionslosen A14-Stellen nicht nur ungerecht, weil es von ihnen viel zu wenige gibt, um alle Lehrer zu honorieren, die im Beruf gute Leistung zeigen, sondern ein extrem ärgerlicher Flaschenhals bei der Personalentwicklung. Die Direktoren haben an einer großen Schule, zumindest, wenn diese richtig geführt wird, wichtige Koordinierungsaufgaben, haben Zeichnungsrecht und müssen im Zweifelsfall Schulleitungsaufgaben erfüllen oder die Schulleiterin in deren Abwesenheit im Krisenfall vertreten. Nicht jeder Lehrer, der aus guten und verdienten Gründen Oberrat geworden ist, ist für solche Tätigkeiten geeignet. Ist ja auch nix schlimmes dran, ich möchte so einen Job auch nicht machen! Aber da Sprungbeförderungen immer noch eine extrem schwierig zu planende Ausnahmebeförderung darstellen, muss für einen sinnvollen Personalaufbau jeder vorgesehene Direktor in Spe zunächst A14 werden. Über Jahre Personal und Führungsstrukturen aufzubauen, auch mit zukünftigen Pensionierungen im Blick, ist auch keine Klüngelei sondern das, was ein verantwortlicher Personalchef in einem gutgeführten Unternehmen tut. Wer wird also zuerst befördert, wenn eine der raren A14-Stellen verteilt werden?
Aber wie sieht das im Zweifelsfall für das Kollegium aus? Kolleginnen und Kollegen fühlen sich zwangsläufig ausgebremst, der Vorwurf von Günstlingswirtschaft steht im Raum, auch wenn ganz andere personalpolitische und strategische Überlegungen zur Schulentwicklung dahinter stecken.
Die funktionslosen Beförderungsstelle sind keine gute Sache - es müssen andere Formen des Anreizes gefunden werden!
Ich glaube nicht an das Zusamnenstreichen von Beförderungsmögöichkeiten.
Übrigens allein schon deshalb nicht, weil die gesamte Laufbahnregelung die Existenz von Beförderungsämtern, der Verweildauer darin und von Laufbahngruppen voraussetzt. Da kann man nicht einfach so im Rahmen einer Haushaltsvereinbarung dran gehen, da müssen komplexe Rechtsgefüge geändert werden; und das ist beim Beamtenrecht extrem schwierig, wie leidvoll aus der Diskussion um Leistungsanreize für Beamte wissen. Mal ganz abgesehen davon, weil da nicht nur die Lehrerschaft dran hängt, sondern die ganze Landesbeamtenschaft. Ich halte es für recht unwahrscheinlich, dass es keine Polizeioberräte mehr gäbe, weil Grundschullehrer A13 bekommen.
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