Beiträge von Meerschwein Nele

    In Österreich ist der Schweigefuchs auch verboten (hab ihn eh neicht gemocht).


    Wir mussten im Ref auch mal eine Stunde nonverbal halten. Meine Mitreferendarin an der Schule bastelte gefühlt 1000 Schilder, die sie hochhielt. Ich versuchte es eher mit Pantomime. Beides endete aber damit, dass wir und auch die Schüler von Lachkrämpfen heimgesucht wurden.

    Interessierte Frage: was war das Lernziel dieses Versuchs?

    ja

    Ah, es hatte mich gewundert, da ich nicht davon gehört habe, dass der sogenannte Wolfsgruß als verfassungsfeindliches Zeichen eingestuft und verboten worden sei. Es ist anscheinend so, dass das baden-württembergische Kultusministerium eine entsprechende Empfehlung herausgegeben hat, so die "schwäbische":

    Zitat

    Weil Eltern auf die Zweideutigkeit des Handzeichens hingewiesen hatten, empfahl das Kultusministerium den Schulen in Baden-Württemberg, das Zeichen nicht mehr zu nutzen. „Die Schulen werden von der Schulverwaltung informiert, dass sie den Schweigefuchs nicht mehr verwenden sollen“, sagt Florian Gleibs, Sprecher des Kultusministerium.Mit einer Abmahnung müssen Lehrer, die nach wie vor auf das Handzeichen zurückgreifen, nicht rechnen. „Es handelt sich um kein Verbot und es wurde auch nicht schriftlich herausgegeben", sagt Gleibs.

    Es ist also auch in Bawü so, wie ich vermutet hatte.

    Unter anderem hat er ein Interview mit einem Staatsanwalt des baselbieter Kantonsgerichts in Liestal geführt und ihm genau diese Frage gestellt: Warum ist eigentlich Alkohol erlaubt und Ecstasy nicht? Der Herr Staatsanwalt hat nur gelacht. Ja, so ist es halt mit der hiesigen Moralvorstellung vereinbar, einen rationalen Grund gibt es dafür nicht.


    Aus historischer Sicht finde ich das Beispiel sehr interessant und bin im Gegensatz des Staatsanwaltes sehr wohl der Meinung, dass sich diese Sachverhalte rational beschreiben lassen. "Rational" heißt aber in diesem Sinne nicht, dass es um den tatsächlichen Schaden oder Nutzen der diskutierten Stoffe ginge. Ich vermute, dass dem Staatsanwalt die historische Dimension des Rechtes nicht bewusst war.


    Unsere Rechtsprechung ist "lebendig" in dem Sinne, dass sie ein für den Moment fixes Regelsystem darstellt, das das Ergebnis eines verhandelten Diskurses über die Möglichkeiten und Grenzen des Zulässigen zu einem historischen Zeitpunkt ist. In diskurshistorischer Terminologie handelt es sich um ein diskursives Dispositiv, dass sich durch die historischen Strata hindurch verändert.


    Wir sind momentan in der Drogenpolitik und der Rechtsprechung darüber an einem Punkt der Veränderung. Die politische Auseinandersetzung, die in die Gesetze und auch in die Rechtsprechung mündet, zeigt die Perspektivverschiebung, die du nennst. Einer der Diskurse, die als Subtext Basis der politischen Auseinandersetzung sind, ist die Ethik. (Es gibt auch andere, z.B. empirisch pragmatische Diskurse, die die Wirkung von Prohibition beschreiben bzw. bezweifeln.)


    Das bringt uns dann zu dem Verhältnis von religiöser Moral und rational definierter Ethik. Letztere ist sich ihrer Natur als historischer Moment eines stetigen, dynamischen Verhandlungsprozesses bewusst. Ethik versucht immer, das bestmögliche Verhalten des Individuums im historisch jeweilig dominierenden Verständnis zu bestimmen. Die religiöse Moral ist apodiktisch. Sie geht von einem metaphysisch gesetzten System "immergültiger Wahrheiten" aus, das in der als "offenbart" verstandenen schriftlichen Niederlegung der Mythologie für jeden verständlich gesetzt sei.


    Diese apodiktische Moral führt in der Realität natürlich zu Widersprüchen und gleichzeitig ist sie wesentliches Gelingensmoment religiösen Fundementalismus'. Fundamentalistische Systeme - seien es die menschenverarchtenden Mordbanden des "Islamischen Staates", die grausame Diktatur der saudischen Wahabiten oder die frauen- und divergenzverachtende Kultur der evangelikalen Christen z.B. der Fly-Over-States in den USA sind nur durch eine absolut konsequente, wörtliche Befolgung der genannten "offenbarten immergültigen Wahrheiten" ideologisch zu rechtfertigen.


    Das bedeutet, dass die "gemäßigte" Theologie, d.h. das für den historischen Moment gültige Regelsystem zur Anpassung der Mythologie an die historisch momentanen diskursiven Verhandlungsergebnisse, genau die ethische Entwicklung nachvollzieht, die religiöse Vertreter gleichzeitig gerne als "moralischen Relativismus" und als "Zeitmode" denunzieren. Anders ließe sich der grundlegende Widerspruch, der zwischen dem wortgetreuen Verständnis der "heiligen" Schriften und ihrer vollständigen Aufgabe nicht lösen. Mit der Überbrückung dieses Widerspruchs eingekauft wird offensichtlich eine Verlagerung des Konflikts auf eine niedrigere Ebene, womit der ganze Komplex zwischen "Sünde" und "Vergebung" entsteht: im diskursiven Dispositiv als akzeptabel vereinbartes Verhalten wird vom Gläubigen befolgt, obwohl es im retardierenden Moment der Religion als verboten deklariert ist: z.B. die Ehescheidung und anschließende Wiederverheiratung bei Katholiken. Oder das Glas Bier am Abend bei Muslimen. Oder die schwule oder lesbische Existenz, die nur im Verborgenen ausgelebt wird. Religiöse Autoritäten haben natürlich nichts gegen diesen Komplex, denn sie sichert ihnen Macht durch die Unterwerfung in Hoffnung des "Sünders" auf Absolution.


    Zusammengefasst: in einer rationalen, toleranten Gesellschaft stellt die religiöse Moral schon aus diskurstheoretischen Gründen, ohne überhaupt auf eine inhaltliche Diskussion abheben zu müssen, einen schädlich, gesellschaftlich retardierenden Faktor dar. Aus diesem prinzipiellen Grund muss der Einfluss religiöser Machtorganisationen wie z.B. der katholischen Kirche zurückgedrängt werden und ihr Denken dem Rechtstaat - anders es jetzt der Fall ist - unterworfen werden. Abschaffung des Religionsunterrichts, Abschaffung der Kirchenprivilegien.

    Ja, vielleicht muss man erst mal die Schrift erfunden haben, bevor man etwas aufschreibt.

    Deswegen meine Präzisierung mit Palästina. Es gab bronzezeitliche Schriftkulturen - Ägypten und mesopotamische Kulturen - z.B. ist die Vorlage der Sintflut-Geschichte das bronzezeitliche Gilgamesh-Epos, das tatsächlich auf zeitgenössischen Tontafeln gefunden wurde.

    Mikromanagment ist immer ein Symptom für eine überforderte Schulleitung. Die Freiheit des pädagogischen Handelns im Rahmen der Gesetze und Vorschriften ist rechtlich verbrieft.


    Als Praktiker finde ich, dass jede Methode und Kommunikationsform ihre Zeit und ihren Ort hat. Manchmal ist das eine passend, manchmal sein Gegenteil. Es kommt halt immer drauf an. Prinzipiell falsch ist, kategorisch eine Methode zu wählen und andere auszuschließen.


    darum geht's ja gerade, das kann ich so nicht. Jeder Versuch in diese Richtung wird untergraben, stattdessen kommen völlig sinnlose, chefgeschmiedete, zeitraubende Aktivitäten dazu. Das nimmt ja gerade die Energie.

    Deswegen sollst du ja auch nicht deine Vorgesetzten um sinnvolle Tätigkeiten befragen sondern sie dir selbst suchen und vorgesetzte Arbeitsauftraäge gegebenenfalls torpedieren.

    Klassenarbeiten verloren? Kann vorkommen. Lösung: den Schülern wird eine neutrale Gelegenheit gegeben, die Leistung zu wiederholen. Der Lehrer muss die Mecker über Unfähigkeit und Schlampigkeit einstecken.


    Fertig.


    Nele


    P.S. Für das nächste Mal: die Abgaben der Schüler anhand der Namensliste abhaken, die abgegebenen Klausuren in einen Klarsichtschieber einfügen (oder sonstwie sicher sammeln.)


    P.P.S. Ich habe auch schon einmal einen Satz Klausuren in der U-Bahn gefunden und kollegial freundlich an die Kollegin zurückgeführt. Kann alles vorkommen. Ist mir noch nicht passiert, aber davon freisprechen kann sich keiner!

    Meine AG hab ich selbst begründet - und, natürlich macht dieden Mädels Spaß, aber uneigennützig ist die auch nicht, ich nehme da für mich auch wieder mit, etwas zu erreichen.

    Und das ist ein extrem wichtiger Punkt: eigene Investitionen in die Arbeit dürfen niemals uneigennützig sein, denn im Normalfall wird eigene Initiative nicht finanziell oder durch Sachmittel honoriert. Wenn du Arbeit leistest, dann muss dir diese Arbeit irgendetwas geben - ansonsten ist das sinnlose und für das eigene Wohlbefinden schädliche Extraarbeit.

    Meiner Erfahrung nach ist die beste Methode gegen die Ödnis der Routine, sich in seiner Berufstätigkeit entwickelt, sich geistig rege zu halten. Das heißt, sich immer zu hinterfragen, wo man in seinem Wirkungsbereich Dinge verändern und gestalten kann. Arbeitszufriedenheit entsteht in erster Linie dadurch, dass man einen Sinn in seiner Arbeit gestaltet. Den Sinn gestalten heißt, dass man nicht darauf wartet, dass einem der Sinn von anderer Stelle aufoktroyiert wird. Wenn man die Initiative in der Hand behält und seine eigene Arbeit so gestaltet, wie man es für sinnvoll einschätzt, dann wird man auch Arbeitszufriedenheit erringen.

    "bronzezeitlichen Texten"

    Stimmt. Die grundlegenden "heiligen" Schriften des abrahamitischen Religions-Triplets, d.h. der Pentateuch, wurde nicht in der Bronzezeit verfasst sondern sind das Ergebnis einer Redaktionsarbeit im 5. Jh. v. Chr. Es handelt sich dabei also um antike Texte, die auf unbekannten früheren Vorläufern basieren oder aber völlig neu verfasst wurden. Dass schon in der Bronzezeit in Palästina mythologische Texte verschriftlicht wurden, halte ich für sehr unwahrscheinlich.


    Die Vorstellung von der Bronzezeit rührt daher, dass die fiktive Urgeschichte des jüdischen Volkes, die in den Büchern Mose gesetzt wurde, bei der Rückrechnung der Generationen in der Zeit ankommen würde, die wir heute als Bronzezeit verstehen. Da die biblischen Erzählungen aber samt und sonders ahistorisch sind, ist es unzulässig von den alttestamentarischen Texten als von "bronzezeitlich" zu sprechen. (Das scheitert schon daran, dass im Pentateuch selbst Eisen erwähnt wird.)


    Ich würde statt von "bronzezeitlichen Texten" von "archaischen Texten" oder "primitiven Erzählungen" reden.

    Ich finde grundsätzlich, dass die Kommunikation über Whatsapp im besten Fall zu einer stilistischen Degeneration führt. Im Normalfall führt sie aber zu einer völligen Abwertung der deutschen Sprache, da diese auf grausamste Art und Weise missbraucht wird.

    Also ich glaube, dass meine Deutschkenntnisse unter meiner meiner ausgiebigen Benutzung von Messenger-Anwendungen nicht allzusehr gelitten hat. Und missbrauchen tu ich die arme deutsche Sprache nur dann, wenn es einem lustvollen Zweck dienlich ist. :D


    Vielleicht solltest du deine grundsätzlichen Überzeugungen angesichts konträrer Realität überprüfen? ;)

    Zitat

    verwende ich Whatsapp nur sehr zaghaft und akzentuiert.

    Ich glaube nicht, dass du wirklich "akzentuiert" sagen wolltest...


    Die Kirche des Mittelalters drängte in allen Bevölkerungsschichten gemäß der christlichen Werte auf Selbstbeherrschung und Milde, auf Zurückhaltung und auf Bescheidenheit, auf Verzicht, auf Vergebung und auf Barmherzigkeit und kämpfte gegen die Aggressionsbereitschaft, die rücksichtslose Härte und das Streben nach maximalem Reichtum der vorchristlichen Zeit.

    So ein Unfug.

    Zitat

    (sinngemäß aus Fachliteratur zitiert)

    Wahrscheinlich aus der theologischen...

    a) man will keine fachwissenschaftlich qualifizierten Lehrkräfte ausbilden und einsetzen (weil das Aufwand und Geld kostet)

    Das verstehe ich nicht. Wenn "Digitalkunde" ein ordentliches Schulfach in der Stundentafel wird, dann müssen doch Studiengänge eingeführt und Lehrer ausgebildet werden, was hohen Aufwand und Kosten bedeutet.

    Das ist aber eben nur mein Fachunterricht und hat erstmal noch überhaupt nichts mit einem möglicherweise oder auch nicht sinnvollen oder notwendigen Fach "Digitalkunde" zu tun.

    Ich stimme da voll und ganz zu - man muss immer alle neuen Ideen differenziert von allen Seiten betrachten. Und da sehe ich persönlich die Schlussfolgerung, dass man eben kein neues Fach "Digitalkunde" braucht, sondern dass die mediale Welt mit all ihren Möglichkeiten und Problemen Teil des Fachunterrichts sein muss, so wie sie eben Teil der wirklichen Welt um uns herum ist.


    Es ist (in historischer Perspektive) noch gar nicht so lange her, dass man im Unterricht regelmäßig Texte aus der Tagespresse verwendet. Oder authentische Videodokumente. Das sind heutzutage ganz normale Medien, die alltäglich im Fachunterricht verwendet werden. Auf die Idee ein Schulfach "Presselektüre" oder "Filmmedien" einzuführen, käme keiner. So, wie ich das über die Jahre beobachtet habe, verstehe ich die Forderung nach neuen Schulfächern eher als einen ersten, etwas hilflosen Reflex, wenn neue Herausforderungen an die staatliche Bildung wirklich sichtbar werden.

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