P.S.: Religion zu diskutieren ist vor allem deshalb schwierig, weil die Aussage "Gott existiert (nicht)" eine Prämisse ist. [etc.]
Ach, du Scheiße... Mit dem epistemologischen Denken ist es leider wie mit dem historischen; da sind schreckliche Unfälle vorprogrammiert. Und auch hier will man eigentlich so gerne wegsehen aber kann es irgendwie nicht.
Aber interessant ist dieser Beitrag wirklich, denn er exemplifiziert sehr schön eine theologische Argumentation und erhellt, warum Theologie keine Wissenschaft ist; denn in ihr steht im Gegensatz zur Wissenschaft nicht im Kern der Zweifel sondern der Glaube. Theologische Argumentation dient dessen Reaffimierung nicht der Begründung und Falsifikation von Hypothesen zur Nachvollziehung von Realität. Dazu gehört u.a. die rhetorische Strategie, eigentlich triviale Sachverhalte so lange rabulistisch komplex zu zeichnen, bis letztlich der fälschliche Eindruck entsteht, man könne ja eigentlich gar nichts sagen und wissen, wenn man nicht mindestens 500 Semester Theologie studiert hätte. Das ist natürlich nicht so, wie immer ist Religion eigentlich sehr einfach zu verstehen.
Hier geht es darum, die lästige Frage der Beweispflicht zu verdrängen, die jedem metaphysischen Gedanken solche Kopfschmerzen bereitet, sei es Religion, sei es Homöopathie, sei es Astrologie. Valerianus greift zu einem oft verwendeten Trick, nämlich aus der Existenz zweier Positionen, hier "gibt es", "nö, gibt es nicht", herauszulesen, dass für beide Seiten eine 50/50-Chance besteht, dass sie zutreffen, und dass an sie deshalb per se die gleichen Anforderungen gelten würden. Dieses Vorhaben wird darüber verfolgt, dass man mit höchst komplizierten Begriffen und Verfahren aus Logik und Hermeneutik um sich schmeißt, um Verwirrung zu stiften.
Eigentlich ist die Sache völlig einfach. Wenn ich als geistig gesunder Mensch in tiefer Enrsthaftigkeit sage, "mich umtanzen allzeit unsichtbare Elefanten im rosa Tütü, die nur ich sehen kann und mit denen ich jeden Morgen spreche und die mir Ratschläge für den Tag geben" und ein anderer sagt, "du hast doch ein Rad ab, das glaube ich nicht", dann wäre es eine sehr seltsame Welt, in der sich beide Aussagen gleichberechtig gegenüberstünden. Ganz bestimmt ist das auch in Valerianus seiner Welt nicht so. Carl Sagan hat das sehr klug mit "extraordinary claims require extraordinary evidence" ausgedrückt und ganz bestimmt ist der Zweifler an meinen unsichtbaren Elefanten in keinerlei Verpflichtung, irgendwas zu beweisen.
Christen, die behaupten, sie würden bei der Frage der unsichtbaren Elefanten die gleichen Maßstäbe ansetzen, wie bei der Diskussion um die Existenz ihrer außergewöhnlichen Gottheit (ihre Bezeichnung, nicht meine), die können das meinetwegen Leuten erzählen, die sich den Hut mit einem Kran aufsetzen. Da wir unter Lehrern sind, würden sie die Erklärung "meine Hausaufgaben wurden durch ein UFO entführt" ernsthaft durchdenken?
Wie gesagt, die Rede über die Nichtexistenz von Gottheiten ist weder kompliziert noch nur mit Fachkompetenz zu führen; überhaupt ist es etwas verwunderlich, dass Christen immer behaupten, so große konzeptuelle Schwierigkeite zu haben, sich die Nichtexistenz ihrer Gottheit vorzustellen. Es gibt ca. 3300 Götter in Geschichte und Gegenwart, insofern ist jeder Christ, der aus guten Gründen die reale Existenz von Zeus, Thor, Crom, Cthuluh, des fliegenden Spaghettimonsters etc. ablehnt, zu 99,997% am Atheismus dran. Was sollte schwierig daran sein, das letzte Stückchen zur Vernunft hin auch noch zu gehen?