Beiträge von Meerschwein Nele

    Man kann die Frage nach dem Wert von Religion deswegen nicht beantworten, weil es für jeden ein persönlicher Wert ist.Für manche ist es eine Leitlinie, für manche Quelle der Hoffnung, für andere etwas völlig anderes.

    Vorsicht mit solchen Aussagen! Eine reine Subjektivität von Religion wird oft als Argument gegen deren üble Auswüchse ins Feld geführt aber du hast damit gleichzeitig stichhaltig begründet, warum:


    a) Religion keinerlei verbindliche Wertgrundlage darstellen kann,
    b) Religion nicht mit verbindlichen Inhalten an Schulen gelehrt werden kann,
    c) es auf keinen Fall Sanktionen der Religionsgemeinschaften für "falsches" Verhalten geben darf und
    d) es keinerlei Rechtfertigung für die privilegierte Teilhabe von Religionsgemeinschaften an gesellschaftlichen Entscheidungsprozessen gibt (z.B. in Rundfunkräten oder mit Theologielehrstühlen.)


    Niemals mit dem Denkprozess aufhören, bloß, weil die Gedanken gerade so kuschelig gefühlig werden. Auch, wenn das beim "Wort zum Sonntag" und im Religionsunterricht oder im Gottesdienst immer so vorgemacht wird. ;)


    Abgesehen davon finde ich deine Aussage, die ich in ähnlicher Form schon von einem gestandenen protestantischen Pastor gehört habe, erstaunlich... wie soll ich sagen?... kühn. Ich sage mal so, außer in den letzen ca. 30 von insgesamt ca. 1900 Jahren der Kirchengeschichte, hättest du bisweilen allerschwersten Ärger oder zumindest sehr unangenehme Konsequenzen durch solche Aussagen erlitten und heute noch würde man dich für deinen Subjektivismus in den allermeisten Gemeinden der Welt auf das übelste anfeinden. :angst: Und in Deutschland? Die Lektüre der Erzählungen Heinrich Bölls sind mit die besten Einblicke über den Komplex der Religion in den 50ern. Erst durch den Machtverlust der christlichen Kirchen im Zuge der Säkularisierung der Gesellschaft waren sie zu zumindest wässrigen Konzessionen bereit.


    Ich empfehle jedem Christen eine sehr gründliche Auseinandersetzung mit seinem Glauben, damit er überhaupt erst in die Lage versetzt wird, kritisch darüber nachzudenken. Weder Religionsunterricht noch die Kirchen in ihrer Öffentlichkeitsarbeit tragen dazu irgendwelche Bildungsinhalte bei - man frage in seinen Lerngruppen z.B. was Ostern oder Pfingsten oder Allerheiligen eigentlich ist oder was überhaupt in der Bibel steht, bzw. was die tatsächlichen Glaubensaussagen sind. Und das Ergebnis ist ein äußert kläglicher Wissensstand, selbst bei Menschen, die sich mit großer Überzeugung "Christen" nennen. Nicht selten sogar bei Religionslehrern, vor allem im Bereich der Sek I und der Primarstufe... Aber das hat eben, das muss man klar so sehen, vom PR-Standpunkt her große Vorteile für die Kirchen.


    Die Lehren der Konfessionen, die theologischen Dogmen des Katholizismus, der protestantische Katechismus und das apostolische Glaubensbekenntnis, das die Gemeinde in jedem Gottesdienst zur Verinnerlichung nachplappert, gelten selbstverständlich weiterhin und zwar genau so, wie sie da stehen. Am Ende eines langen Tages gibt es da nichts zu deuteln und man wird kirchlicherseits im Konfliktfall zwischen Individuum und Kirche, z.B. beim Entzug der Missio von Religionslehrern oder der Entlassung von wiederverheirateten Chefärzten, klare Position beziehen. Deshalb unbedingt einmal lesen! Auch, wenn es Mühe kostet! Das ist wichtig!


    Natürlich spricht nichts dagegen, dass du dir ein durch Vernunft begründetes eigenes Wertebild und eine eigene Weltsicht formst. Das ist schließlich die berechtigte Forderung, die der humanistische Atheismus nennt und für das er geeignetes Wissen und Werkzeuge bereitstellt! Aber du musst dir klar sein, dass du damit eindeutig den Boden des christlichen Glaubens verlässt. Auch, wenn die Religionsgemeinschaften da offiziell nicht so gerne drüber reden. Sonst wäre die Zahl der Vereinsmitglieder und die finanziellen Einkünfte ja noch geringer...


    P.S. Ich kann mir sogar vorstellen, dass ich mit meinen Aussagen über die Verbindlichkeit religiöser Glaubenssätze ausnahmsweise mit @Valerianus einig bin. ;)

    ´Ein Kommentar dazu: Das sehe ich anders, denn die Bestimmungen innerhalb der Länder scheinen extrem voneinander abzuweichen.

    Dann wiederum gibt es aber auch Verwaltungsprinzipien und -gepflogenheiten, die überall die gleichen sind und die man als Berufsneuling vielleicht noch nicht so verinnerlich hat: dazu gehört ganz bestimmt, dass im Öffentlichen Dienst nur das zählt, was man schwarz und weiß auf Papier hat; mündliche Aussagen sind u.U. sehr interessant, aber eben in Verwaltungsvorgängen irrelevant.

    Grundsätzlich stimme ich dir zu, aber es gibt auch hier im Forum (und sogar im Thread) Deutschkollegen, die konsequent jeden Beitrag klein schreiben. Da wird sich auch nicht drüber aufgeregt.

    LehrerInnen sind im Schnitt der Bundesbürger leicht erhöht gebildet. Ich würde da wenig Aufmerksamkeit investieren.

    Hallo zusammen,


    seit Anfang des Schuljahres unterrichte ich Deutsch als Quereinsteigerin an einem privaten Gymnasium. Ich bin sehr zufrieden und glücklich. Ich habe die Klassleitung einer Klasse in der Mittelstufe inne und treffe da immer auf ein Phänomen von einem Kollegen. Nur von diesem Fach wird mir berichtet, dass manche "Probleme" machen. Entweder machen sie nicht mit, schreiben nicht mir, haben ihre Sachen nicht beisammen etc. Ich bekomme täglich nur von dieser einen Person solche Meldungen. Dann ging das sogar soweit, dass ich privat am WE damit konfrontiert wurde und bei Elternmails cc gesetzt wurde und dann kam die Kritik ich soll doch dem Elternteil antworten.
    Ich verstehe den Frust, aber langsam nommt mir das komisch vor und ich frage mich, wann ich als Klassenleitung da wirklich einschreiten muss, denn manchmal wirkt es nur wie Beschwerden ohne, dass dieser Fachlehrer da selbst Maßnahmen ergreift und selbst aktiv wird.

    Naja, an Privatschulen sind wegen ihrer Arbeitsbedingungen und Bezahlungen am unteren Ende der Attraktivität für LehrerInnen (wirre Idealisten mal ausgenommen.) Du arbeitest da halt mit KollegInnen zusammen, die aus verschiedensten Gründen den Wettbewerb um die Stellen staatlicher und damit interessanterer Arbeitgeber verloren haben. Das erklärt im statistischen Mittel vielleicht die Probleme, die du hast.


    Wie sollst du darauf als Klassenleiter reagieren? Das hängt von den Gepflogenheiten deiner Schule ab. An staatlichen Schulen würde ich empfehlen, den Rat erfahrener KollegInnen einzuholen. An Privatschulen würde ich dir das Gespräch mit deinem Chef empfehlen. Der wird dir dann sagen, was gewünscht ist, egal, ob es Sinn macht oder nicht. Das setzt du dann um.

    Ich weiß nicht, ob das wirklich off-topic ist, denn im Ausgangspost ging es ja auch darum, ob fachliche Inhalte lehramtsbezogen sind. Deswegen möchte ich mich gerne auf deinen Beitrag hier beziehen, denn ich bin ganz grundsätzlich anderer Meinung. Ich verwende jetzt den Begriff "Fachwissen" in deinem Sinne, also im Sinne von "wissenschaftlichem Fachwissen der Disziplin der Unterrichtsfächer".


    Deine Aufzählung zeigt eine einseitige Fixierung auf die materialen Inhalte der Fachwissenschaft. Literarische Werke und ihre Einordnung in die Literaturgeschichte, Sprachgeschichte als genetischer Prozess, Semantik und Etymologie etc. In meinem Fach Geschichte wären das z.B. die Gründe der Industrialisierung, die Rechtstitel, mit denen die Nazis die Gleichschaltung forcierten, die Namen der mittelalterlichen Kaiser, wichtige Jahreszahlen etc.


    Was ich dagegen nicht sehe, ist die eigentliche wissenschaftliche Arbeit an diesem Material und die historisierende, theoretische Reflexion über diese Arbeit. Was ich nicht sehe, ist, das "warum" - sowohl das "warum" der Veränderung als auch das "Warum" der wissenschaftlichen Betrachtung an sich aber auch der Art und Weise, wie diese Betrachtung erfolgt. Wissenschaft, vor allem Geisteswissenschaft, ist theoretische Durchdringung des Komplexes von Wissen und Umwälzung des Wissens, d.h. der Dynamik der Diskurse.


    Ist dieses Wissen für die Lehrertätigkeit wichtig? Du sagst, es wäre ein "zuviel" an Theorie. Ich meine, nein. Ein "zuviel" an empirisch und diskursiv gesicherter Theorie kann es niemals geben, denn theoretisches Wissen ist Wissen um die Hintergründe. Sowohl der Sachverhalte als auch der Einordnung der Sachverhalte in die Bildungsvermittlung. Nur, wenn ich das habe, kann ich die Entscheidungen nachvollziehen, die hinter den gezwungenermaßen eklektischen Inhalten der Lehrpläne stehen. Nur dann kann ich selber solche Entscheidungen ad hoc treffen, um meine eigenen Unterrichtsinhalte sinnvoll zu machen und mit anderen Fächern zu vernetzen. Nur dann kann ich in Englisch, Deutsch etc. vernünftigen Literaturunterricht machen; nur so kann ich vernünftige Wissenschaftspropädeutik in der Sek II (und in Ansätzen in der Sek I) betreiben und den Lernern transparent machen; nur so kann ich neue Lernplaninhalte spontan in den Bildungskomplex einordnen und sinnvoll vermitteln.


    Wissenschaft ist ein Handwerk und Lehrer sind wissenschaftlich gebildet und vermitteln dieses Handwerk in der Schule an Lehrlinge. Und wie in einem Handwerk muss die Ausbildung letztlich durch den Meister des Faches erfolgen; Geselle zu sein reicht nicht.


    Abgesehen davon, ganz trivial, gibt es noch einen anderen, pädagogischen Grund, dass man ein wirklich breit ausgebautes wissenschaftliches Fachwissen jenseits der eigentlichen Lehrinhalte braucht. Man muss als Lehrer immer in der Lage sein, über sein Fach auf zufällig auftretende Fragen der SchülerInnen zu extemporieren. Und sogar über die Inhalte anderer Fächer korrekte Aussagen zu machen. SchülerInnen merken verlässlich und schnell, wieviel Ahnung ihr Lehrer hat. Man muss einfach arschviel wissen. Und das ist ein wichtiger Aspekt, was den Respekt angeht, den die SchülerInnen ihrem Lehrer entgegenbringen. "Den kannst du fragen, was du willst" ist ein hohes Lob, das man als Lehrerin an der Schule erfahren kann.

    @Valerianus:
    Ich gehe dir zu Gunsten wirklich davon aus, dass du das Problem mit deiner Rabulistik nicht sehen kannst, weil du die Sache einfach nicht gut genug durchdacht hast. Ich habe jetzt keine Lust, dir das genau zu erklären, gebe dir aber einen Tipp, mit dem du selber auf die intellektuelle Reise gehen kannst, wenn du das lieber tun willst, anstatt dich mit Theologie zu beschäftigen:


    Nimm diese zwei Sätze und den semantischen Unterschied zwischen ihnen:
    1. "Ich glaube nicht, dass es einen Gott gibt" und
    2. "Ich glaube, dass es keinen Gott gibt."


    Und jetzt frisch in die Hände gespuckt und mit dem Nachdenken begonnen. Schaffst du schon...


    P.S. Über positive Realität kann nicht per Abstimmung entschieden werden. Wo hast du denn den Quatsch her, hast du dir den ausgedacht? :D

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