Beiträge von Meerschwein Nele

    *gähn* du auch nicht, oder?

    Och... :/

    Willst du sagen, dass vielen Referendar*innen gesagt wird, sie hätten 120% zu leisten und es würde ihnen helfen, diesen perfektionistischen Anspruch zu drosseln?

    In welcher seltsamen Welt soll ich so etwas gesagt haben?


    Was ich in ziemlich klaren Worten gesagt habe, war, dass der Dummschnack mit den "120%" viel zu oft dahergeplappert wird und dass man zu einen gesunden und wirksamen Berufsverständnis nur dann kommen kann, wenn man ihn als Dummschnack erkennt und nicht zu leben versucht.

    Es gibt genug Regelschüler, die die Arme verschränken und stolz verkünden: "Ich kann halt [Fach XY] nicht.".

    Regelschüler? Erwachsene Menschen mit Hochschulabschluss klopfen sich selbstgefällig auf die Schulter, weil sie angeblich keine Mathematik können, denn sie seien der "sprachliche Typ"...


    Es ist in unserem Denken viel zu sehr verankert, dass Bildungsbiographien über Jahrzehnte in genau definierten Schienen zu laufen und genau definierte Resultate zu haben haben.

    Damit würde bei uns kein Referendar durchkommen. Jede normale Stunde sollte so sein, dass man sie auch als UB zeigen könnte. Freilich ohne die ganze Beschreibung schriftlich.

    1. Klar kann man das fordern, wird ja auch oft genug gemacht. (Der übliche, schrecklich dumme Spruch von den "Dann müssen Sie 120% geben.")


    2. Jeder, der den Job kennt, weiß, dass das nicht realistisch machbar ist, ohne sich kaputt zu machen. (Das kommt dabei raus, wenn man sich einbildet, 120% über einen längeren Zeitraum geben zu können.)


    3. Daraus entsteht dann unweigerlich das geheime Lernziel von Schule, das vernünftige Ansätze von Schulentwicklung regelmäßig so schwierig macht: jeder meint, vorgeben zu müssen, dass er größenwahnsinnige Ansprüche nicht nur erhebt sondern selber auch erfüllen kann. Jeder leidet unter Versagens- oder Minderwertigkeitsgefühlen, weil diese größenwahnsinnigen Ansprüche von niemandem erfüllt werden können. Regelmäßig rettet man sich in Blenderei.


    Schule ist nunmal leider sehr oft ein Verkaufsladen für Kaisers neue Kleider.


    Es dauert ganz schön lange, aus so einem Kreislauf rauszukommen. Guter Anfang: zu begreifen und zu aktzeptieren, dass der Lehrerberuf zu allererst mal einfach nur ein Job ist. Ein ganz normaler Broterwerb.

    Die beiden Sätze, die ich jedes Semester aufs Neue unter Androhung grausamer und ungewöhnlicher Strafen verbiete:


    • "Keine Ahnung" aka "Ich bin zu faul zum Denken, der Nächste bitte".
    • "Aber darüber muss jeder seine eigene Meinung haben" aka "Ich kastriere mich gerade endgültig intellektuell selber, so das mein Lehrer sich fragen muss, warum er eigentlich den ganzen Scheiß in der Klausur lesen musste, wenn es ohnehin egal ist."

    Ich würde dort anrufen und genau die Problematik schildern, dass Du die Nachricht erhalten hast, Du mögest anrufen, habest aber keine Schweigepflichtsentbindung und seiest auch nicht darüber im Bilde, ob er eine habe. Dann würde ich um eine Erklärung bitten.

    Ich würde überhaupt nichts schildern oder erklären. Der Arzt möchte etwas von der Schule, also muss er auch die Initiative ergreifen. Ganz konkret würde ich das Gespräch einleiten mit "Einen schönen guten Tag, Sie haben um Rückruf gebeten. Worum geht es denn?"

    Der betreffende Schüler war längere Zeit in der Kinder- und Jugendpsychiatrie und von den Erziehungsberechtigten weiß ich, dass eine Folgetherapie gesucht und evtl auch schon aufgenommen wurde. Der Arzt will mir vielleicht sagen, was ich beachten soll oder er erhofft sich sich Infos über das Verhalten des Kindes in der Schule.

    Lass das Gespräch auf dich zukommen, der Arzt wird dir schon sagen, worüber er mit dir sprechen will. Ich würde, ohne dass ich irgendetwas Schriftliches in der Hand habe, aber auf keinen Fall so eine weiteres datenschutzrelevante Informationen preisgeben. Wie immer Zweifelsfällen, halte ggf. mit der SL Rücksprache und bitte um Weisung, dann bist du auf jeden Fall dienstrechtlich auf der sicheren Seite.

    Ich sage meinen ReferendarInnen ganz grundsätzlich, dass ich ihnen zwar sehr viel beibringen kann, was Pädagogik mit Erwachsenen, Unterrichtsinteraktion, Moderation über gesprochene oder Körpersprache oder Materialerstellung angeht, dass sie aber bittebittebitte niemals den Unterricht so strukturieren sollen, wie sie es bei mir sehen. Ich mache halt schon lange Dinge so, wie ich sie wohlüberlegt und gut begründet für richtig halte, die wenig mit dem zu tun haben, was man im Studienseminar macht, bei denen mir aber der regelmäßige Erfolg meiner SuS in den Abschlussprüfungen Recht gibt.


    Es hat schon interessante didaktische Gespräche mit HospitantInnen gegeben, wenn ich ihnen nach einer wirklich schön gelungenen Stunde dargelegt habe, dass und warum die in einer Lehrprobe ein "mangelhaft", wenn nicht gar "ungenügend" gewesen wäre.

    P.S. Hospitieren darf bei mir grundsätzlich jeder und seine Oma. Bis auf Fachleiter. Ich lasse keine Fachleiter in meinen Unterricht. Ganz unironisch ohne Witz.

    Und was passiert, wenn man wegen Überlastung durch die Prüfung fällt? Zur Sicherheit vorher Überlastungsanzeige ...

    Unfähigkeit ist kein Dienstvergehen und kann nicht geahndet werden. ;) Aber was mich interessiert, ist, ob es überhaupt rechtlich möglich ist, zu so einer Art von Fortbildung dienstverpflichtet zu werden. Auf welcher Rechtsgrundlage ist das geschehen? Wurde das überhaupt vorher in einer Lehrerkonferenz beschlossen, dass das Kollegium so etwas machen will?

    Natürlich darf man das nicht. Aber wir wissen alle, wie die Realität aussieht.


    Und weshalb eine unverschlüsselte dienstlich bereitgestellte E-Mail-Adresse datenschutzrechtlich sicherer ist als Whatsapp mit Ende-zu-Ende-Verschlüsselung - das ist mir auch schleierhaft.

    Realität hin oder her: es geht mir weniger um tatsächliche Datensicherheit als darum, was Dienstvorgesetzte gerade triggert. Und genau da wäre ich mit dem Klammerbeutel gepudert, Whatsapp zu verwenden und auch noch darüber zu reden, und sei es wegen mangelnden Problembewusstseins. Vor allem als Referendar.


    Was die Email angeht: wenn mir der Dienstherr eine gibt und sagt, dass das vom Datenschutzbeauftragten abgesegnet sei, dann zucke ich die Schultern und bin mit der Sache zufrieden. Hackbar sind wir alle, das ist einfach nur eine Frage von Ressourceninvestition.

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