Beiträge von Das Pangolin

    ... Ich stelle bei mir fest, dass ich kein Verlangen danach verspüre, Fehlverhalten von SuS' über Noten zu sanktionieren. ...

    Ich bin dafür, auch Verhalten zu bewerten (in Form von Ziffernnoten), aber ich bin sehr dagegen, Verhalten und Leistung durch Benotung miteinander zu vermischen. Das würde ich viel lieber sauber voneinander trennen. Jemand kann eine schlampige Heftführung haben, aber trotzdem ein Genie in Mathematik sein.

    Mir gefallen die Varianten aus Mecklenburg-Vorpommern (Fleiß, Zuverlässigkeit, Umgangsformen, Teamfähigkeit) als auch die aus Sachsen (Betragen, Ordnung, Fleiß, Mitarbeit). Es wäre wiederum ein "Disziplinierungseffekt auf Umwegen", weil es ja nicht nur schlechte Noten für schlechtes Verhalten gibt, sondern ebenso auch gute Noten für gutes Verhalten. Allerdings ist einmal pro Halbjahr zu wenig, damit das auch einen Effekt hat.


    Dass man Menschen über "Prämien" motivieren kann, kennen wir doch aus allen Bereichen des Lebens.

    Aha und ab welchen Alter setzt dann magischerweise das politische Interesse bei einer Mehrheit ein?...


    Ich finde, es gibt eine gute Grenze für das Wahlalter (zumindest gab es sie mal), das ist die Volljährigkeit. Dabei sollte es bleiben. Wer heute 16 Jahre fordert, wird in 10 Jahren 14 Jahre fordern ... oder je eine Wahlstimme pro Kind für die Eltern (ja, auch das gab es schon als Idee).


    Schön fände ich dann noch, wenn für Wahlfunktionen (Abgeordnetenmandate z.B.) ein höheres Alter nötig ist, damit wir da nicht immer mehr Leute haben, die nie etwas anderes kennengelernt haben als Parteipolitik, Parteistrukturen, Parteiintrigen ...


    ...

    Sehe ich anders. Wer ohne Strafe demonstriert, tut dies nur um blaumachen zu können. Wer trotz z.T. extremer Folgen deomnstrieren geht, Hut ab. Und bei extremen Folgen denke ich zuerst an Klausuren, die man unentschuldigt versäumt hat, die entsprechend mit der Note 6 zu werten sind und was zur Folge hat, daß man das Schuljahr wiederholen muß.
    Leute, die solche Folgen in Kauf nehmen, Chapeau! ... Der Rest der Schüler sind nur Oportunisten.


    Das finde ich auch und ich bin sicher, es gibt unter diesen engagierten jungen Leuten viele, die auch Nachteile in Kauf nehmen würden. Dabei bin ich aber weniger für Nachteile, die man ihnen bereiten sollte, sondern dafür, "die Spreu vom Weizen zu trennen" - eben dadurch, dass ausgefallener Unterricht in einer fantasievollen Form nachgearbeitet werden muss. Dann wird man schon sehen, wem der Klimaschutz wirklich etwas wert ist.


    Engagierte Lehrer könnten sich ja dann auch mal unterstützenderweise bereiterklären, an anderen Tagen (samstags?) nachmittags ausgefallenen Unterricht mit den Schülern nachzuholen. (Dann könnte man sehen, ob sie sich nicht auch einfach nur über ausfallenden Unterricht freuen.)

    Mir gefällt der Spruch der Kinder und Jugendlichen:


    Wir sind jung, wir sind laut - weil ihr unsre Zukunft klaut.
    (Ach, Mensch, das hätte ich jetzt eigentlich sehr gerne größer geschrieben dargestellt.) :(


    Ich schätze das Engagement der Jugendlichen sehr, aber ich meine, es muss dafür nicht unbedingt Unterricht "geschwänzt" werden. Ich würde vor allem gerne wissen, wer und wie viele von ihnen an den Kundgebungen und Demonstrationen noch teilnehmen, wenn dafür kein Unterricht ausfällt. Von "Strafen wegen Schwänzens" halte ich wiederum nichts. Man sollte das auf fantasievolle Weise nacharbeiten lassen (ein Projekt, ein Treffen am Nachmittag, eine Hausarbeit zum Thema, Unterricht am Samstag ...).


    Die Idee von Frau Barley unter dem Eindruck dieser Demonstrationen, das Wahlalter auf 16 zu senken (Bundestagswahlen?) halte ich hingegen für puren Aktionismus. Bei aller Wertschätzung glaube ich doch, dass es eine sehr kleine Minderheit unserer Kinder und Jugendlichen ist, die sich politisch interessiert und auch Ahnung hat, was sie da wählen (sollen).

    Das ist ein gewaltiger Unterschied, ob die Schüler sich selber schlechte Noten "erarbeiten" und das dann schwarz auf weiß haben oder ob ich sie einfach nur "reinrufe"....

    Ups, entschuldige, da habe ich dich wohl auf eine fälsche Fährte gelockt. Das war eine rhethorische Frage, wie aus dem Gesamttext hervorgehen sollte, denn danach habe ich sie ja selbst erklärt.

    Ja, grundsätzlich ist das interressant (für mich jetzt zwar nicht neu, aber es erlebt ja nicht jeder selbst in der Praxis), aber was mir doch auffällt:
    in deiner Überschrift fehlt (im Vergleich zur Überschrift des Artikels) ein Wort und das macht einen entscheidenden Unterschied....


    Darf jeder mal selbst suchen (und dann ist die spannende Frage: absichtlich weggelassen oder versehentlich?)


    Ja, da hast du Recht: kleiner, aber feiner Unterschied. ("... so nicht gelingen kann")

    Mal schaun, ob ich es noch ändern kann.

    Mal wieder ein interessanter Bericht aus der Praxis, wie ich finde:



    Ich meine, normalerweise hättest du reagieren sollen. Nicht zu reagieren bedeutet für Kinder oft: Das ist erlaubt (der Lehrer hat ja nichts dazu gesagt).


    Das Reagieren kann ganz unterschiedlich sein. Es kommt sehr auf die Situation, die Altersklasse, den Intellekt, das Gesagte oder Getane usw. an. Du musst bedenken, wer sauer ist, reagiert in der Regel auch sauer. Je nach der Situation (Satz zuvor) gelingt es jemandem besser oder schlechter, sich zu beherrschen. Kinder müssen das meist noch lernen. Von Erwachsenen erwarten wir, dass sie es können (können aber auch nicht alle).


    Gelegentlich, wenn ich so einen Unmut (mir gegenüber) bemerke, tue ich so, als hätte ich es nicht bemerkt. Wenn das nicht geht, spreche ich mindestens mit dem Schüler und sage ihm/ihr, was ich davon halte und wie ich das finde. Manchmal genügt das ja schon. Sanktionen setze ich nur bei einem gewissen Schweregrad ein (immer abhängig von der Situation, siehe Satz oben): Mitteilung an die Eltern, Tadel, Ausschluss von ... usw.

    Ich halte nichts davon, Noten zur Disziplinierung zu vergeben, aber in gewisser Weise haben sie diesen Effekt natürlich durchaus. Was ist der Unterschied?


    Wenn jemand den Unterricht stört und ich ihm deswegen eine schlechte Note gebe, wäre das eine Note zur Disziplinierung. Das darf sicherlich gar nicht (mehr) so sein. Wenn jemand den Unterricht stört und ich ihn dann zu einer Leistungskontrolle drannehme (damit er zeigen kann, was und ob er trotz Störungen etwas gelernt hat), dann ist das für mich keine Note zur Disziplinierung, aber sie hat eben doch "auf Umwegen" durchaus diesen Disziplinierungseffekt ( = lieber nicht stören, sonst kommt man zu einer LK dran). Allerdings wäre in letztem Falle ja auch eine gute Note möglich.


    Mittels Noten stelle ich den Leistungsstand eines Schülers fest. Das sehe ich nicht als "direkte" Disziplinierung an.

    Es gibt Neuigkeiten zu dem oben Erwähnten. Die SPD Sachsen will die Verbeamtung bundesweit abschaffen; die SPD Berlin will sie wohl mehrheitlich in Berlin wieder einführen (die Koalitionspartner Grüne und LiPa sind aber dagegen). Die Berliner Jusos sind auch dagegen, haben aber eine interessante Idee geäußert für alle Lehrer, die nicht verbeamtet werden:



    Berlin -
    Geradlinige Politik sieht anders aus: Die SPD hat die Verbeamtung von Lehrern in Berlin seinerzeit abgeschafft. 15 Jahre später aber wächst die Anzahl der SPD-Politiker, die zur Lehrerverbeamtung zurückkehren wollen. Am 30. März wird der SPD-Landesparteitag über diese Frage abstimmen. Aus Reinickendorf liegt, wie berichtet, ein Antrag pro Beamtenstatus vor. Die Jungsozialisten sind dagegen und wollen angestellten Lehrern lieber eine Maximalzulage von bis zu 450 Euro zahlen, damit Berlin im bundesweiten Wettbewerb attraktiv bleibt.


    https://www.berliner-zeitung.d…beamtete-lehrer--32102014


    Das ist doch eine akzeptable Idee.


    Das finde ich eigentlich eine gute Idee. Allerdings frage ich mich, ob ich so eine Auffanggruppe beaufsichtigen möchte und was ich die dann in dieser Zeit machen lasse, damit kein Chaos ausbricht. Das ist ja kaum vorzubereiten, weil man nie weiß, wer und wie viele kommen und dort hat man dann ständig diese Störungen, weswegen die Gruppe eingerichtet wird, denn alle paar Minuten kann ja jemand neu hinzustoßen. So bin ich denn nun also doch skeptisch bzw. nur dafür, wenn ich diese Auffanggruppe nicht beaufsichten muss. ;)

    Mir ist noch ein aktuelles Beispiel für die positive Rolle der Kirche und des Christentums eingefallen: die Theologie der Befreiung.


    Ja, das ist nicht DIE KATHOLISCHE KIRCHE, aber sie ist auch Teil der katholischen Kirche, in ihr verankert, von etlichen ihrer Priester getragen und ich lese gerade, dass Papst Franziskus sämtliche Sanktionen gegen den nicaraguanischen Befreiungstheologen Ernesto Cardenal aufgehoben hat.


    Nach dem Scheitern des Kommunismus in Europa nahm das Medieninteresse an der Befreiungstheologie ab. Allerdings fand die „vorrangige Option für die Armen“ verstärkt Niederschlag auch in der lehramtlichen Sozialverkündigung der Kirche. Mit der Wahl des Lateinamerikaners Jorge Mario Bergoglio zum Papst rückten die Themen Armut und Ausgrenzung neu in den Fokus. (KNA)


    https://weltkirche.katholisch.de/Themen/Befreiungstheologie


    https://de.wikipedia.org/wiki/Befreiungstheologie


    (Es geht mir darum, dass nicht alles an und in und "aus" der katholischen Kirche schlecht ist.)


    Ich finde schön, dass du dich für vernünftige und erwachsene Umgangsformen einsetzt. Danke dir.

    Ich sags meinem Papa, dass du gesagt hast, der Papa hat Unfug geredet. Mein Papa denkt immer für mich und hat ganz viele Bücher geschrieben. Dadran kann man sehen, dass mein Papa immer Recht hat.


    Typisch (wir) Lehrer, würde ich sagen. Nur nie nicht einen Irrtum zugeben. :D


    Naja, jetzt schweige ich lieber, als mich mit Moderatoren zu streiten.

    ... Aber Nele wird's genau wissen.


    Ist @Meerschwein Nele also Geschichtslehrerin? Nun, dann kann ja die Geschichtslehrerin Nele mal mit dem Geschichtswissenschaftler Peter Dinzelbacher, Autor zahlreicher Bücher zu diesem Thema (siehe Link), in einen wissenschaftlichen Disput darüber treten, dass seine Aussage Unfug sei.


    Leben und wissenschaftliche Arbeit


    Nach der Matura studierte er Geschichte, Kunstgeschichte, Philosophie, Volkskunde und Klassische Philologie an den Universitäten Graz und Wien. 1973 wurde er an der Universität Wien mit der Arbeit Die Jenseitsbrücke im Mittelalter promoviert, 1978 habilitierte er sich im Fach alte und mittelalterliche Geschichte an der Universität Stuttgart. 1985 wurde er dort zum außerplanmäßigen Professor ernannt. Es folgten Lehrtätigkeiten in Deutschland, Frankreich, Österreich, Italien, den USA und Dänemark, an der École des Hautes Études en Sciences Sociales in Paris, den Universitäten Wien, Augsburg, Hannover, Bergamo, Florenz, Trient, Triest, Salzburg, Innsbruck, Klagenfurt und Esbjerg sowie 1999/2000 die Mitgliedschaft an der School of Historical Studies am Institute for Advanced Study in Princeton. Von 1988 bis 2011 war Dinzelbacher Herausgeber der Zeitschrift Mediaevistik, die er auch begründet hatte. Seit 1998 ist er Honorarprofessor für Sozial- und Mentalitätsgeschichte an der Universität Wien.
    Peter Dinzelbachers Forschungsschwerpunkte sind Mentalität und Mentalitätsgeschichte, Mystik und Religiosität, Visionsliteratur, Frauengeschichte, Geschichte der Sexualität sowie Kultur- und Sozialgeschichte des Mittelalters. Neben seinen in zehn Sprachen übersetzten Monografien hat er mehr als 400 Aufsätze und Artikel verfasst und mehrere Sammelwerke herausgegeben.


    https://de.wikipedia.org/wiki/Peter_Dinzelbacher


    Ich bin gespannt, wie das ausgeht. Bitte berichte uns, Nele.

    So ein Unfug.

    Wahrscheinlich aus der theologischen...


    @pepe, @Meike., @Krabappel, @Meerschwein Nele, @Conni, @jotto-mit-schaf, @Wollsocken80 (und ggf. noch andere, die sich der Unfug-Aussage anschließen).
    Ich zitiere genauer:


    "Aber anders als heute brachte das Streben nach sozialer Anerkennung in der hochmittelalterlichen Epoche Probleme mit sich. Diese Periode war, wie bemerkt ..., eine der Durchsetzung der christlichen Gebote und Werte auch in der nicht der Amtskirche oder dem Mönchtum zugehörigen Bevölkerung. Verständlicherweise kam es damit besonders bei den Laien zu einem Normenkonflikt: Einerseits galten in der sozialen Praxis nach wie vor als traditionelle "Tugenden" u.a. Aggressionsbereitschaft, rücksichtslose Stärke, Familiensinn vor Gerechtigkeit, Anhäufung von Reichtum. Andererseits verlangten die Normen des Christentums Kanalisierung der Gewalt, Demut, Selbstheiligung, Armut ... "


    Peter Dinzelbacher: Europa im Hochmittelalter. Eine Kultur- und Mentalitätsgeschichte. - S. 103


    Bitte mal die Aussage "Unfug" am besten direkt an Herrn Dinzelbacher weiterleiten und die eigenen Forschungsbelege gleich mit anfügen.


    Siehe: https://de.wikipedia.org/wiki/Peter_Dinzelbacher

    Halt nur nicht in den eigenen Reihen. Und wenn die Sache mit den Kreuzzügen nichts mit "Aggressionsbereitschaft" zu tun hatte, dann weiss ich auch nicht recht.


    Liebe @Wollsocken80, du weißt selbst, dass du meine Äußerungen inhaltlich entstellst (verfälscht)?!? Du zitierst einen Teil und lässt einen anderen weg, der eigentlich deine Aussage bzw. deinen Einwand bereits beantwortet oder besser gesagt ad absurdum führt.

    Ich bleibe dabei, dass mir das Christentum im Allgemeinen und die römisch-katholische Kirche im Besonderen hier zu einseitig und zu hasserfüllt und zu sehr aus heutiger Sicht angegriffen wird. Obwohl im weitgehend "unchristlichen" Osten aufgewachsen und wohnend, stellt für mich das Christentum und seine "Verwaltungsorganisation", die Kirche, einen großen zivilisatorischen Fortschritt da gegenüber dem, was vorher war, auch wenn uns das heute nicht mehr ausreicht.


    Das kann man nicht begreifen, wenn man das Vorher nicht kennt oder ignoriert oder kleinredet und wenn man nur auf die Verfehlungen und Irrwege und Grausamkeiten, die Mitglieder dieser Kirche begingen und begehen, schaut. Das ist einfach eine typische Pauschalisierung. Selbstverständlich ist es aber das Mindeste, was man erwarten kann, dass Verfehlungen und Irrwege und Grausamkeiten im Namen der Kirche und im Namen des Christentums zugegeben werden. Das geschieht ja auch.


    Die Kirche des Mittelalters drängte in allen Bevölkerungsschichten gemäß der christlichen Werte auf Selbstbeherrschung und Milde, auf Zurückhaltung und auf Bescheidenheit, auf Verzicht, auf Vergebung und auf Barmherzigkeit und kämpfte gegen die Aggressionsbereitschaft, die rücksichtslose Härte und das Streben nach maximalem Reichtum der vorchristlichen Zeit. (sinngemäß aus Fachliteratur zitiert) Damit war sie nicht von einem Tag zum anderen erfolgreich, ja nicht einmal von einem Jahrhundert zum anderen. Damit ist sie ja bis heute nicht zu jedem einzelnen Christen zu 100% durchgedrungen, aber sie hat diese neuen Werte als neue Orientierung für ein gutes Leben aufgestellt - und ja, ihre Mitglieder haben selbst immer wieder dagegen verstoßen und tun es immer noch (aber sie wissen auch, was sie deswegen erwartet).


    Der Kern der christlichen Botschaft ist gut und der gegenwärtige Papst Franziskus ein Hoffnungsträger, dass die Kirche wieder mehr dahin zurückkehrt.

    "Die Westdeutschen" - "die Ostdeutschen" - Wie wäre es mit uns Bundesdeutschen nach immerhin 29 Jahren Wiedervereinigung?!?


    Mitglieder meiner Familie sind erst von den Nazis als Widerstandskämpfer ins KZ geworfen worden, haben das überlebt, nur um dann in der ehemaligen DDR enteignet und erneut enrechtet zu werden, ehe sie schließlich geflohen sind. Ich habe selbst einige Jahre im Osten gelebt und kann mit derartiger Geschichtsklitterung absolut nichts anfangen. Schön wenn es euch möglich war eure angepasste kleine Nische zu finden im Rahmen einer Didaktur. Das ihr heute frei über dieses System diskutieren könnt ist Menschen zu verdanken die mutiger und weniger angepasst waren und die oft einen sehr hohen persönlichen Preis für diesen Mut bezahlt haben!


    Sage ich doch, Westdeutsche erklären Ostdeutschen, wie das Leben in der DDR war und wie sie es zu bewerten hätten.


    Mitglieder meiner Familie saßen in Bautzen, wurden vom Westen freigekauft und konnten keine Kinder mehr bekommen ... Ich habe trotzdem mein eigenes Urteil aus meinem eigenen Erleben und aus meinem Wissen (damals und in der Rückschau) und maße mir nicht an, den moralischen Zeigefinger zu erheben und anderen Vorschriften zu machen, wie sie etwas zu bewerten hätten. Schon gar nicht aus der bequemen "Schreibtischperspektive".

    Wie würdest Du das hier denn interpretieren?
    "Ich verpflichte mich, nach dem Studium unter Einsatz meines ganzen Wissens und Könnens an der Stelle tätig zu sein, wohin mich die Organe unseres Arbeiter-und-Bauern-Staates gemäß den Erfordernissen des sozialistischen Aufbaus stellen."
    Quelle: https://www.kas.de/c/document_…604ade3f36&groupId=252038


    Damit erklärte man sich bei Aufnahme eines Studiums in der DDR einverstanden. Nach freier Berufswahl klingt das jedenfalls nicht.


    @plattyplus, so eine "Verpflichtung" musste man vor oder zu Beginn des Studiums unterschreiben. Sie besagte, dass man - soweit ich mich erinnere - für 3 Jahre nach dem Studium dort arbeitet, wo man gebraucht, also hingeschickt wird. (Ist das nicht vergleichbar mit dem Weisungsrecht gegenüber bzw. der Versetzung von Beamten heutzutage, die ihnen auch nicht immer gefallen?) Anscheinend gab es auch damals schon Probleme, Lehrer für bestimmte Regionen zu finden. Verpflichtungen ähnlicher Art werden auch heutzutage für verschiedene Berufe diskutiert, um den Mangel an bestimmten Berufsgruppen im ländlichen Raum zu mildern. Nicht nur an Stammtischen.


    Man muss dabei daran denken, woran niemand heutzutage mehr denkt, dass nämlich die gesamte Ausbildung damals wie heute vom Staat finanziert wird, also von den Steuerzahlern, also auch von jenen in den ländlichen Gegenden, in denen Mangel an bestimmten Berufsgruppen herrscht. (Wobei ich es absurd finde, den ländlichen Raum "verwahrlosen" zu lassen [Schließung von Schulen, Kiosken, Polzeistationen, Arztpraxen, Kindergärten, Freizeiteinrichtungen, öffentlichen Nahverkehrsverbindungen, Bahnhöfen ...] und dann mit Buschlagen oder Verpflichtungen Leute dorthin zu locken/bringen, wo keiner mehr wohnen mag, weil es nicht mehr attraktiv ist.)


    Es war auch nicht so, dass man, um studieren zu können/dürfen, auf irgendeine Art nachweisen musste, dass man "pro-sozialistisch" ist. Es war eher umgekehrt: Man durfte "nicht negativ aufgefallen" sein. Damit will ich das nicht schönreden, nur ein bisschen zurechtrücken. Ich kenne etliche Lehrer, die keine glühenden Verfechter des Sozialismus waren und die nicht in der SED, sondern in einer anderen Partei, meistens jedoch eher in gar keiner waren. Es gab immer solche und solche. Aber ja, wer offen gegen die DDR auftrat, hatte Probleme.



    Ja, so ist es leider immer noch oft. Die Westdeutschen erklären den Ostdeutschen, wie ihr Leben in der DDR war. Solche Diskussionen verlaufen meistens unschön. Es wird leider viel zu wenig differenziert und immer sehr schnell pauschalisiert. Meine Mitschülerin Anke, die damals vom Direktor angeschnauzt wurde, weil sie mit einer Plastetüte mit Westwerbung drauf zur Schule kam, feiert sich heutzutage als Widerstandskämpferin. (Sie erzählt es bei jedem Klassentreffen.)


    Wie an anderer Stelle gesagt (und ja immer wieder zu beobachten), je länger man widerspricht, desto unfreundlicher die Reaktionen. Es ist fast eine Regel. Man kann die Uhr danach stellen.

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