Wie würdest Du das hier denn interpretieren?
"Ich verpflichte mich, nach dem Studium unter Einsatz meines ganzen Wissens und Könnens an der Stelle tätig zu sein, wohin mich die Organe unseres Arbeiter-und-Bauern-Staates gemäß den Erfordernissen des sozialistischen Aufbaus stellen."
Quelle: https://www.kas.de/c/document_…604ade3f36&groupId=252038
Damit erklärte man sich bei Aufnahme eines Studiums in der DDR einverstanden. Nach freier Berufswahl klingt das jedenfalls nicht.
@plattyplus, so eine "Verpflichtung" musste man vor oder zu Beginn des Studiums unterschreiben. Sie besagte, dass man - soweit ich mich erinnere - für 3 Jahre nach dem Studium dort arbeitet, wo man gebraucht, also hingeschickt wird. (Ist das nicht vergleichbar mit dem Weisungsrecht gegenüber bzw. der Versetzung von Beamten heutzutage, die ihnen auch nicht immer gefallen?) Anscheinend gab es auch damals schon Probleme, Lehrer für bestimmte Regionen zu finden. Verpflichtungen ähnlicher Art werden auch heutzutage für verschiedene Berufe diskutiert, um den Mangel an bestimmten Berufsgruppen im ländlichen Raum zu mildern. Nicht nur an Stammtischen.
Man muss dabei daran denken, woran niemand heutzutage mehr denkt, dass nämlich die gesamte Ausbildung damals wie heute vom Staat finanziert wird, also von den Steuerzahlern, also auch von jenen in den ländlichen Gegenden, in denen Mangel an bestimmten Berufsgruppen herrscht. (Wobei ich es absurd finde, den ländlichen Raum "verwahrlosen" zu lassen [Schließung von Schulen, Kiosken, Polzeistationen, Arztpraxen, Kindergärten, Freizeiteinrichtungen, öffentlichen Nahverkehrsverbindungen, Bahnhöfen ...] und dann mit Buschlagen oder Verpflichtungen Leute dorthin zu locken/bringen, wo keiner mehr wohnen mag, weil es nicht mehr attraktiv ist.)
Es war auch nicht so, dass man, um studieren zu können/dürfen, auf irgendeine Art nachweisen musste, dass man "pro-sozialistisch" ist. Es war eher umgekehrt: Man durfte "nicht negativ aufgefallen" sein. Damit will ich das nicht schönreden, nur ein bisschen zurechtrücken. Ich kenne etliche Lehrer, die keine glühenden Verfechter des Sozialismus waren und die nicht in der SED, sondern in einer anderen Partei, meistens jedoch eher in gar keiner waren. Es gab immer solche und solche. Aber ja, wer offen gegen die DDR auftrat, hatte Probleme.
Ich finde es immer wieder erstaunlich, wenn sich Leute äußern, die es nicht erlebt haben und dennoch alles wissen.
...
Da aber Diskussionen zu solchen Themen immer unschön verlaufen, werde ich mich nicht mehr dazu äußern.
Nebenbei: Das war schön. Mit 22 in der Klassenstufe 10 Mathe, Physik und Astronomie unterrichten und Klassenleiter. Damals haben mich meine Schülerinnen noch angehimmelt.
Warum ist das heute nicht mehr so?
LG Steffen
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Ja, so ist es leider immer noch oft. Die Westdeutschen erklären den Ostdeutschen, wie ihr Leben in der DDR war. Solche Diskussionen verlaufen meistens unschön. Es wird leider viel zu wenig differenziert und immer sehr schnell pauschalisiert. Meine Mitschülerin Anke, die damals vom Direktor angeschnauzt wurde, weil sie mit einer Plastetüte mit Westwerbung drauf zur Schule kam, feiert sich heutzutage als Widerstandskämpferin. (Sie erzählt es bei jedem Klassentreffen.)
Wie an anderer Stelle gesagt (und ja immer wieder zu beobachten), je länger man widerspricht, desto unfreundlicher die Reaktionen. Es ist fast eine Regel. Man kann die Uhr danach stellen.