Beiträge von vego22

    Da du ja nicht mehr als Lehrer arbeitest, solltest du dir einen Job in einer anderen Stadt suchen.

    Ganz so einfach ist es dann nicht. Meinen Job, der mir jetzt Spaß macht, kündigen, um den Halbstarken aus dem Weg zu gehen?
    Soweit gehe ich auf keinen Fall. Dann dürfte ich auch in dieser Stadt die nächsten Jahre nicht mehr einkaufen,
    niemanden mehr im Krankenhaus besuchen, kein Geld abheben ...


    Trotzdem traurig, dass man überhaupt in Erwägung ziehen muss, die Stadt zu wechseln.
    In welcher Zeit leben wird denn, wo normale Leute vor ehemaligen Schülern fast fliehen müssen,
    weil man auf der Straße mehr oder weniger gemobbt wird.

    Guten Abend!


    Ich habe mich in diesem Forum angemeldet, da ich in letzter Zeit immer wieder private Probleme habe, die aber mit dem Beruf zusammenhängen.
    Vielleicht weiß jemand Rat.


    Zur Vorgeschichte: Ich hatte, nennen wir es "Glück", dass ich nach dem Referendariat eine Stelle, wenn auch nur als KV, an einer Schule in der Nähe meines
    Wohnortes bekommen habe. Diese Stelle war auf ein Jahr befristet. Die Fächerkombination und das Bundesland sind für das folgende Problem nicht wichtig.


    Jedenfalls habe ich dort schnell gemerkt, dass ich mich in den meisten Klassen nicht richtig durchsetzen konnte. Im Gegenteil.
    Mir hat sogar mal eine Großmutter am Telefon die Hölle heiß gemacht, was mir einfallen würde, ihrem Enkel eine Strafarbeit zu geben.
    Solche Geschichten habe ich haufenweise erlebt. Wenn ich nicht streng genug war, haben mir die Schüler auf der Nase herumgetanzt. Wenn ich streng sein wollte, auch.
    Wenn ich noch strenger wurde, gab es prompt Beschwerden von den Eltern an die Schulleitung und an den jeweiligen Klassenlehrer.
    Von besagten Personen bekam ich also regelmäßig Vorträge darüber, dass mein Verhalten nicht tragbar sei.


    Das haben natürlich auch die Schüler gemerkt, dass ihnen nie etwas "passiert". Sie brauchten sich nur beim Klassenlehrer zu beschweren, daraufhin wurde ich gemaßregelt und die Schüler "durften" mir weiter auf der Nase herumtanzen. Wenn die Schüler über Tische und Bänke gehen, ist stets der Lehrer Schuld, der sich dann leider Gottes nicht durchsetzen konnte. Das sehen die Schüler so (wurde mir auch so von manchen gesagt), die Eltern sehen das so, die Kollegen, die Schulleitung.
    Mein Argument, dass ich von Haus aus ein gutes Verhalten erwarte, wurde von allen Beteiligten mit Füßen getreten. Die Eltern sagten: "Mein Gott, es sind halt mal Kinder" und die Kollegen meinten, dass gute Verhalten sei heute nicht mehr selbstverständlich, man müsse sich eben durchsetzen und sich Respekt erarbeiten.
    Wer das nicht kann, hat eben Pech.


    Im Referendariat war es nicht so tragisch. Dort gab es auch problematische Klassen, aber vielleicht waren meine Prüfungklassen zufällig sehr angenehme.
    Die KV-Zeit hat mir jedoch gezeigt, dass ich keine Lust habe, mich die nächsten 35 Jahre lang durch hunderte von Klassen zu kämpfen, tausende Schüler, tausende Eltern.
    Jeden Tag immer wieder kämpfen müssen. Das wollte ich nicht. Das ist nun 2 Jahre her.


    Kurzum, ich habe mich trotz eines nicht schlechten Referendariats nach der KV-Zeit nicht auf eine Festanstellung beworben, sondern arbeite heute etwas anderes.


    Diese Arbeit ist jedoch in der gleichen Stadt wie die Schule, an der ich vor 2 Jahren tätig war. Auch wenn nicht arbeite, bin ich regelmäßig in dieser Stadt,
    sei es zum Einkaufen oder für Behördengänge etc.


    Nun kommt es öfters vor, dass mir ehemalige Schüler dieser Schule in der Stadt oder im Supermarkt über den Weg laufen.
    Sie begrüßen mich nicht, sondern fangen sofort an zu lachen, wenn sie mich sehen.
    Letztens habe ich in einem Elektronikmarkt einen Schüler mit seiner Mutter gesehen. Ich kannte den Schüler nicht mehr, er war ja nun auch älter,
    aber er mich. Er schaute aus einer gewissen Entfernung zu mir, drehte sich zu seiner Mutter um und hat ihr etwas zugeflüstert.
    Daraufhin drehten sich beide erneut in meine Richtung und lachten nun beide, schauten sich wieder an, drehten sich wieder zu mir gingen lachend weiter.


    An einem anderen Tag traf ich eine Gruppe von Schülern im Supermarkt.
    Diese fingen fast an zu gröhlen als sie mich sahen und rannten schnell mit lautem Gelächter an mir vorbei.
    Die anderen Kunden haben die Situation nicht verstanden, aber ich wusste, dass es mir galt.
    Einer hatte mich zuerst "entdeckt" und rannte daraufhin zu seinen Kumpels um ihnen zu sagen, dass hinter dem Regal der ehemalige Lehrer steht.


    Wieder ein paar Tage später lief ich zu meiner Arbeitsstelle und musste dafür ein Stück zu Fuß laufen. Es überholten mich zwei ehemalige Schüler, einer sagte dabei etwas Unverständliches zum anderen, daraufhin drehten sie sich so oft zu mir um, bis sie selbst außer Sichtweite waren.


    Das waren nur Beispiele, aber es passiert immer wieder. Auch nach zwei Jahren wird auf offener Straße über mich gelacht, man schaut mir nach, man flüstert sich etwas zu und lacht dann noch mehr, letztens lacht sogar wie gesagt die Mutter zusammen mit ihrem Sohn.


    Die häufigen Scherzanrufe habe ich durch die Unterstützung des Telefonanbieters abgestellt, diese kamen auch regelmäßig, vor allem in den Ferien oder an Feiertagen (wohl aus Langeweile).


    Ich weiß keinen Rat mehr. Angesprochen habe ich noch niemanden darauf, aber ich weiß nicht, ob das nützlich wäre.
    Was sollte ich auch sagen? "Hört bitte auf zu lachen?" Dann würde es erst recht weitergehen.


    Auch das gute alte "Ignorieren" ist keine richtige Lösung. Wenn ich mich wegdrehe, hört das Gelächter auch nicht auf.


    Mich verletzt das so sehr, dass diese ehemaligen Schüler sich so verhalten. Ich kann nicht in den Supermarkt, zur Tankstelle oder in die Metzgerei,
    ohne befürchten zu müssen, dass ich heute wieder einmal auf offener Straße ausgelacht werde oder zumindest angeschaut werde, als wäre ich von einem anderen Stern.


    Ich möchte jedoch auch nicht alles in einer anderen Stadt erledigen, da ich dadurch große Umwege hätte und ich mir meinen Alltag auch nicht von ehemaligen Schülern
    vorschreiben lassen möchte. Schließlich arbeite ich auch dort.


    Nach über 2 Jahren immer noch "nachzutreten" empfinde ich als riesige Unverschämtheit und es bestätigt mir die Richtigkeit meiner Entscheidung,
    nicht länger in diesem Beruf zu arbeiten.


    Doch was tun? Haben welche von euch ähnliche Erfahrungen, unabhängig davon ob ihr aktiv im Schuldienst seid oder in Rente.
    Was tut ihr dagegen?


    Ich bin keineswegs paranoid, diese Vorfälle sind real. Sobald ich ehemaligen Schülern begegne, geht der Zirkus los ...


    Danke für euren Rat!

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