Meiner Meinung reicht es nicht aus, als Opfer mehr Selbstbewusstsein zu entwickeln.
Ich selbst hatte z.B. immer ein gutes Selbstbewusstsein. Ich habe Eltern, die sich um mich gekümmert haben, nicht komischer ausgesehen als die anderen und auch sonst war ich wie die anderen. Der einzige Unterschied war, dass ich stark sehbehindert war. Das war aber eigentlich nie wirklich ein Problem.
In der Grundschule war ich immer sehr beliebt, habe mich mit allen gut verstanden und war sogar Klassensprecherin. Dann haben sich meine Eltern scheiden lassen, wir sind umgezogen und ich musste auf eine andere Schule gehen. Das war dann eigentlich der Grund, weshalb ich gemobbt wurde. Ich war "die Neue". Ich habe die ganzen Beleidigungen an mir vorbeigehen lassen und mich bei Bedrohungen gewehrt. Die Klasse war allgemein sehr schlimm. Direkt am ersten TAg, als ich in die Klasse kam, habe ich gesehen wie ein Mitschüler eine Mitschülerin auf den Boden gedrückt und geschlagen hat bis ich ihn von ihr runtergezogen habe. In dieser Klasse wurden sogar die Lehrer von den Schülern gemobbt und eine Lehrerin ist daraufhin sogar mal heulend aus der Klasse gelaufen. Es handelte sich hier übrigens nicht um eine Brennpunktschule, sondern um eine ganz normale Grundschule und ausgerechnet die Klasse, in die ich kam, war wohl für ihr schlechtes Sozialverhalten auch schon bekannt... Das ganze ging über Monate hinweg weiter, irgendwann beleidigte ich die Mobber zurück, was aber nichts brachte, also ignorierte ich sie wieder. Ich war immer eine sehr gute Schülerin und hatte Spaß an der Schule, mit der Zeit wollte ich dort aber gar nicht mehr hin.
Als Kind wurde ich auch sehr oft operiert und zu meinem Missfallen fast jedes Jahr zu Fasching, was mein Lieblingstag in der Grundschule war. IN diesem einen Jahr, in dem ich in dieser Grundschule war, kan es zum ersten Mal vor, dass ich zu Fasching nicht im Krankenhaus war. Aber ich wollte nicht mehr hingehen. Ich habe es früher als KInd geliebt mich zu verkleiden, aber egal, was ich angezogen hätte, die anderen hätten sich über mich lustig gemacht. Zuhause bleiben durfte ich nicht, also bin ich zur Schule gegangen, ohne mich zu verkleiden. Von den Lehrern wurde ich dann dazu gezwungen, mir etwas aus der Fundkiste anzuziehen, was natürlich erst recht bescheuert aussah. Die Beleidiungen haben natürlich nicht lange auf sich warten lassen...
Vermutlich wäre das ewig so weitergegangen, hätten die Mobber (übrigens ausschließlich Jungs, die selbst entweder dick oder nicht sonderlich intelligent oder beides waren) mich nicht zufällig auf einem Schützenfest getroffen und dabei erfahren, dass meinem Onkel mehrere Karussells gehören. Da war ich dann auf einmal "cool", weil man daraus ja Nutzen für sich selbst ziehen konnte.
Danach wurde ich auch nie wieder gemobbt (und ich war danach noch auf drei verschiedenen Schulen). Meiner Meinung nach hilft eine reine Stärkung des Selbstbewusstseins nicht aus, denn wirkliche Mobbingopfer, die nicht das Klischee erfüllen, können machen was sie wollen. Egal, ob sie sich anpassen oder nicht, egal was sie anziehen, welche Frisur sie haben, ob sie Eltern haben die sich gut um sie kümmern, die Mobber werden immer einen Grund finden, um sie zu mobben - sei er noch so banal.
Kurz gesagt: Jeder kann zum Mobbingopfer werden. Dazu muss man nicht stinken, ne komische Frisur und Klamotten haben, wenig Selbstbewusstsein haben oder aus ärmlichen Verhältnissen sein.