Beiträge von Captain123

    ich bin aus bayern. wir haben einen lehrplan und der ist zu erfüllen, auch in reli (und wenn man das nicht tut, bekommt man hoffentlich von der fachbetreuung druck). hier kann man nicht einfach mal so über die flüchtlingskrise reden; die exemplarische inhalte, an denen die vorgegebenen kompetenzen zu erarbeiten sind, sind ebenfalls größtenteils vorgegeben. oft ergeben sich anknüpfungspunkte zu aktuellem, aber im mittelpunkt stehen die vorgegeben inhalte, und die sind (wie auch die von dir vorgestellte liste) eben theologischer natur. das ist nichts falsches, ganz im gegenteil. wenn reli draufsteht, sollte auch reli drin sein. aber mit philosophie hat das eben nur am rande zu tun.


    hell, selbst die jesuiten lassen ihre leute neben theologie immer auch noch philosophie studieren, um (o-ton) "eine andere art des fragens auszuprobieren und auch zu verinnerlichen". das sind priester, ordensleute, und trotzdem (oder gerade deswegen), sind sie sich sehr sicher, was sie intellektuell da tun bzw. jeweils gerade nicht tun: es ist letztlich eine frage der intellektuellen redlichkeit, die eigenen prämissen offenzulegen und ihnen dann treu zu bleiben. theologie hat ganz andere prämissen als philosophie, und dementsprechend sollte man reflektieren, was man gerade tut (oder unterrichtet).

    Religion ist natürlich immer Interpretation. So auch der Lehrplan im Religionsunterricht! Uns Lehrern ist in diesem Fach deutlich mehr Freiheit gegeben, als in anderen Fächern - Eben weil Religion nicht exakt und konkret unterrichtbar ist. Und zumindest im evangelischen Reliunterricht nutzen ich und meine Kollegen diesen Freiraum, um kritisch, sachlich, wissenschaftlich und vergleichend zu unterrichten und dabei auch immer einen Bezug zu aktuellen Themen herzustellen, eben weil das für die Kinder der beste Zugang zu religiösen/ethischen/moralischen Inhalten darstellt.

    ich fürchte, da werden dir fast alle religionswissenschaftler widersprechen. ich weiß schon, dass theologen - vor allem die evangelischen - viel freude an (selbst-)dekonstruktion haben, und das ist ja auch zeitgemäß, wichtig (kritik, mündigkeit, selbsterflexion, aufklärung lebe hoch) und üblich, aber das macht aus theologie noch lange keine religionswissenschaft und schon gar keine philosophie. es gibt für alle diese disziplinen an der universität nicht ohne grund eigene fakultäten und nicht ohne grund wird dich die evangelische kirche wohl schnell loswerden wollen, wenn du öffentlich für den agnostizismus aktiv wirst, oder? vocatio und missio haben ja durchaus einen sinn, sind berechtigt, wenn man reliunterricht haben will.
    (die frage ist, ob man ihn haben will.)


    zudem: was steht denn in eurem lehrplan? im bayerischen lehrplan - und auch in der praxis des bayerischen reliunterrichts - geht es letztlich um didaktisch reduzierte theologische inhalte (ich bin mir sicher, da ich immer schon eng mit den entsprechenden kollegen im fach ethik zusammenarbeite), was in ethik eben gerade nicht der fall ist. dort geht es um entsprechend reduzierte philosophische inhalte. vergleiche mal mit dem ethiklehrplan.


    die grundhaltung zu den inhalten, die art des fragens, die gelernt werden soll, ist eine grundlegend andere.

    • "Schülerinnen und Schülern Möglichkeiten zu eröffnen, die christliche Wahrnehmung des Menschen zu entdecken, zu entfalten und zu gestalten
    • elementar in die biblische Tradition des Alten und des Neuen Testaments einzuführen
    • die Lebenswirklichkeit der Schülerinnen und Schüler und die biblisch-christliche Tradition in Beziehung zu bringen sowie wechselseitig zu erschließen und zu vernetzen
    • den Schülerinnen und Schülern Orientierung auf der Suche nach einer eigenen Lebensausrichtung zu geben
    • Perspektiven für Verständigungsbereitschaft, Offenheit, Toleranz und Respekt zwischen Menschen verschiedener Konfessionen und Religionen zu eröffnen
    • auf der Grundlage evangelisch-christlicher Wertmaßstäbe Impulse für verantwortungsbewusstes ethisches Handeln zu geben
    • evangelische Tradition in Beispielen und Ausdrucksformen gelebten christlichen Glaubens zu vermitteln."


    Natürlich steht hier das Christentum im Mittelpunkt - Aber die Grundsätze ähneln doch dem Fach Ethik sehr stark, zumal Ethikunterricht=/=Philosophie!


    Es kommt immer darauf an, wie man seinen Unterricht auslegt.
    Ich z.B. bespreche in der Sek1 zu ungefähr 50% aktuelle Themen (Syrienkrise, Flüchtlingskrise, Rassismus) und versuche daran anlehnend Brücken zum Christentum/Zur Bibel etc. zu bauen.
    In der Sek2 geht es dann darum, äußerst anspruchsvolle, durchaus von Philosophen verfasste, Texte zu lesen, zu interpretieren und Bezüge zu z.B. biblischen Erzählungen herzustellen- Aber immer (zumindest in meinem Unterricht) mit dem Anspruch, entsprechend kritisch etwaige Aussagen zu bewerten.

    nein. theologie ist nicht philosophie und auch keine religionswissenschaft, sondern operiert logischerweise mit offenbarungswissen (oder -glauben). religionsuntericht basiert auf theologie. vgl. mission bzw. vocatio, zustimungspflicht der kirchen zur teilnahme bei nicht-getauften kindern bzw. kindern anderer konfessionen usw. das ist alles in sich recht stimmig, aber es ist mit sicherheit keine philosophie und noch viel sicherer keine (vergleichende) religionswissenschaft.


    dafür muss man (zumindest in bayern) schon in den ethikunterricht wechseln.

    Da muss ich dir widersprechen. Ich habe evangelische Theologie an einer staatlichen Universität studiert und da ging es nicht darum, die Bibel nachzubeten oder etwas Derartiges. Wir haben uns wissenschaftlich und sehr kritisch mit dem Protestantismus/Katholizismus auseinandergesetzt und haben dabei auch vergleichende Religionswissenschaft betrieben (selbstverständlich!). Und so unterrichte ich das Fach auch! Ich bin sehr kritisch, was Religion angeht, ich bin mir noch nicht einmal sicher, ob es Gott gibt (ja, das gibt es unter Relilehrern) und ich halte in meinem Unterricht auch keinen kleinen Gottesdienst ab.


    Alle, die das denken, sollten einmal im Religionsunterricht hospitieren!

    Bei uns wählen derzeit bei der 1. Fremdsprache mehr SuS Latein als Französisch, auch bei der 2. Fremdsprache kommt i.d.R. immer ein Kurs zustande (der meist sogar größer ist als der Zweitsprachen-Französisch-Kurs). Unsere Lateinkollegen machen aber auch viel Werbung dafür und stellen die Vorteile vor. Auch wählen es immer wieder Schüler in der Oberstufe als Abifach (obwohl sie das Latinum schon mit dem Ablauf der EF hätten).

    Das freut mich zu hören.
    Ja, Latein im Abi ist ein super Fach! Man muss verhältnismäßig echt wenig lernen und profitiert sehr von einem konsequenten Lernen in der Sek 1.
    Das ist es ja, was ich meinen Schülern immer versuche zu verklickern - Latein ist super-easy, man muss nur die ersten 3 Jahre gut am Ball bleiben, dann ist ein Sehr Gut in der Oberstufenklausur fast vorprogrammiert!

    Hallo liebe Kolleginnen und Kollegen,


    ich bin neu hier und hoffe, nichts falsch zu machen.


    Mich interessiert Ihre Meinung zu folgendem Thema: Der Zukunft des Lateinunterrichtes an deutschen Gymnasien. Wir hatten im Kollegium eine intensive Diskussion über eben dieses und da ich selbst Latein bis zum Abitur unterrichte, hoffe ich natürlich, dass Schüler auch in Zukunft mehr oder weniger fleißig ;) Latein lernen möchten.
    Allerdings gibt es ja immer wieder Meinungen, die sagen: Latein wäre überflüssig (tote Sprache etc.), Latein hätte keine Zukunft usw.



    Was mich interessier ist: Was ist Ihre Meinung zum Lateinunterricht? Und vor allem: Glauben Sie, dass der Lateinunterricht als ordentliches Schulfach in Deutschland Zukunft hat?

    In der Hoffnung, dass Sie sich alle momentan gut erholen und Ihnen ein angenehmes Osterfest wünschend


    Captain123.

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