Ich kann (leider) viel von euch unterschreiben, leider auch die Entwicklung, dass viele junge Kollegen verzweifeln, wenn sie mal eine Stunde komplett analog unterrichten müssen. In den vergangenen Jahren habe ich einige Refis betreut und zumindest in meinem Fall sehe ich eine Verschiebung des Fokus weg von Inhalten und Fachkompetenzen hin zum "smarten Speicher".
Mein aktueller Ref sitzt mir bei Besprechungen mit dem Smartphone gegenüber, tackert irgendwas ein, fotografiert wie wild meine Tafelbilder, Skizzen etc. Zwei Tage später fragt er genau den Kram nach, den ich mit ihm besprochen habe.
Auch beim Schulrecht habe ich schon mehrfach mit ihm bestimmte Passagen besprochen, die Inhalte landen aber nicht in seinem Hirn, sondern lediglich als pdf auf seinem Smartphone.
Und dieses Phänomen zeigt sich eben auch bei den Schülern. Wissen ist heute nur einen Klick entfernt, aber wirkliches Lernen und Verstehen scheint für viele unnötig zu sein.
Als wirkliches Problem sehe ich auch die Haltung, dass man ständig erreichbar sein sollte [sic!] Nicht nur mein Ref schickt mir sonntags Nachrichten, sondern auch Schüler glauben wirklich, dass ich ihre Email von vor 5 Minuten gelesen habe. Soooo alt bin ich nun auch nicht, aber ich hätte mich nicht gewagt meinen Mentor sonntags anzuschreiben oder von meinem Lehrer zu erwarten, dass er ständig verfügbar ist.
Ich möchte auch nicht alles verteufeln. Ich freue mich, wenn ich in einem Raum mit Internetanschluss, Beamer und Dokumentencam bin und nutze sie auch regelmäßig.
Mittlerweile bin ich aber davon abgekommen, z.B. mein Buch darunter zu legen, nur damit die Schüler ihre eigenen nicht mehr mitbringen müssen. Nennt es spießig, oldschool oder wasweißich, ich versuche meine Schüler damit zu einer gewissen Arbeitshaltung zu erziehen. Die Anzahl der Schüler und Schülerinnen, die nur noch mit einer kleinen Handtasche oder ohne alles außer Smartphone in die Schule kommen, war bei uns in den letzten Jahren so stark angestiegen, dass ich auf solche Methoden zurückgreife. Auch das Fotografieren meiner Tafelbilder akzeptiere ich nicht (außer in Ausnahmefällen).
Im aktuellen Schuljahr unterrichte ich eine Klasse, in der viele Schüler eher dörflichen Usprungs sind. Die Eltern sind interessiert, kamen fast vollständig zu den Elternabenden (trotz Sek II !). Alle haben ein Handy, aber ich musste ungelogen erst 2 mal in diesem Schuljahr jm wegen der Nutzung im Unterricht ermahnen. Auch lange Tafelbilder werden ohne Murren abgeschrieben und die Heftführung der meisten ist ein wahrer Lehrertraum.
In der Parallelklasse sieht es ganz anders aus: Ständiges Ermahnen wegen Handynutzung, widerwilliges Benutzen der Hände zum analogen Schreiben etc.
Bei ähnlichen Klausuren hat die erste Klasse einen besseren Schnitt von mehr als einer ganzen Note. Ein Zusammenhang mit dem Arbeitsverhalten ist für mich ganz deutlich erkennbar, zumal gerade in Deutsch in der Sek II Routine im Schreiben eine große Rolle spielt. Wird dies im Verlauf des Schuljahres verweigert bzw. als nicht wichtig empfunden, kann es eben auch bei den Klausuren kaum was werden.
Ich will meine Schulzeiten nicht beschönigen. Ich war mit Sicherheit auch kein Musterschüler und für damalige Verhältnisse bestimmt auch mal frech. Ich habe mit Freunden über Lehrer gelästert und zu Hause geschimpft. Lehrer waren aber definitiv Respektpersonen. ICH habe Ärger bekommen, wenn ich schlechte Noten geschrieben habe, nicht der Lehrer wurde für meine Leistungen verantwortlich gemacht. Meiner Auffassung nach hat sich dieser Aspekt enorm gewandelt.
Würde ich nochmal Lehrer werden? Nein