Generell denke ich immer, dass es nur Sinn macht, eine Diagnostik zu erheben, wenn es auch Kapazitäten gibt, um die Folgerungen daraus umzusetzen. Auch muss die Diagnostik zur Lernmethode , die angewendet wird , passen.
Ja absolut, sonst bringt es kaum etwas und ist nur eine Arbeitsbeschaffungsmaßnahme für die Lehrkraft.
Damit meine ich: Als ich zum ersten Mal mit dem Stolle testete (früher: Metze: Stolperwörterlesetest) unterrichtete ich noch 1:1 nach Lesen durch Schreiben von Reichen - laut lesen, war kein Thema, Lesetraining überhaupt auch nicht - Lesen kommt durch das Schreiben. Nur nach dem ersten Jahr in einem schwachen Umfeld lasen nur die 3 Kinder im befriedigenden Bereich, die zu Hause Begleitung erfuhren. Mit dem Schnell-lesen hatte keiner jemals vorher Berührung - also waren die Ergebnisse ganz klar geschuldet, dass die Diagnose nicht mit der Methode zusammenpasste. Ich schaute in die Tobi Fibel, die der Begründer des Stolle-Testes herausgab und siehe da, im Übungsmaterial tauchten schon Vorübungen und Übungen zum Stolperwörtertest auf, so dass es klar war, dass die Kids besser abschlossen als die nach der Lesen durch Schreiben Methode.
In dem Fall ist es ja weniger die Methode als die Inhalte und Ziele. Die Methode nach Reichen scheint die Leseflüssigkeit anscheinend als nicht so wichtig zu erachten. Ich denke aber, heute ist man sich über die Wichtigkeit einig. Hinzu kommt, dass eine Diagnostik reliabel, objektiv und valide sein soll - das ist sie mMn nicht, wenn ein Lehrwerk extra auf eine Diagnose vorbereitet.
By the way frage ich mich, wann wird wieder erst das Lesen, dann das Schreiben vermittelt (in der Schweiz gibt es diesen Ansatz und er wird wohl erfolgreich praktiziert (Leseschlau - die Verbindung von Lesen und phonologischer Bewusstheit, bevor geschrieben wird). Das passt bestimmt gut zu einem Einzugsgebiet mit hohem Anteil an Kinder mit einer anderen Herkunftssprache.
Wie sinnvoll die Trennung von Lesen und Schreiben ist, möchte ich anzweifeln, aber angesichts der Unterschiede, mit denen die Kinder eingeschult werden, scheint es mir auch sinnvoll, ein wenig vor dem Lesen und Schreiben und damit mit phonologischer Bewusstheit anzufangen. Ich habe mir Leseschlau und den Lernserver kurz angeguckt und mit Christa Röber ist da ja eine profilierte Didaktikerin dabei, die auch ein - noch nicht zugelassenens -, online kostenlos verfügbares Lehrwerk mitenwickelt hat: Die Kinder vom Zirkus Palope. Bei beiden von dir genannten Angeboten, findet man Aspekte wieder, die mir für den Anfangsunterricht gefallen. Eine enge Verbindung zwischen Buchstaben, Lauten und Mundbildern zum Beispiel habe ich ebenso noch nicht umgesetzt wie die gebärdenunterstützte Einführung der Buchstaben. Das kommt auf jeden Fall in meine persönliche Evaluation meiner aktuellen Klasse in der Schuleingangsphase.