Ich finde, man sollte bei dieser Aussage von Lord Voldemort schon klare Kante zeigen - mehr als nur eine Nicht-Zustimmung. Auch wenn man nicht dafür belangt werden kann, entspricht das für meine Begriffe nicht den Werten unseres Grundgesetzes und der Behindertenrechtskonvention. Das ist eine abwertende Pauschalisierung gewesen, die unter dem Phänomen ableism zu fasssen ist!
Die empirische Lage zur Inklusion in der Schule ist, wenn ich das richtig im Kopf habe, wie so oft einerseits umstritten und andererseits von der Interpretation abhängig. Aus der Uni habe ich mitgenommen, dass es in Deutschland Studien gab, welche ganz klar für die Inklusion sprachen. Diese wurden allerdings insbesondere dafür kritisiert, dass sie 'raisin picking' betrieben haben sollen, sprich: Es wurden Gruppen betrachtet, bei denen besonders gute Voraussetzungen vorlagen (kleine Klassen, hohe Motivation der Schüler*innen und dauerhafte Begleitung durch Förderschulkräfte zusätzlich zu den 'normalen' Lehrkräften). Internationale Studien und Metastudien kamen jedenfalls zu kritischeren Ergebnissen.
Heute erst gab es einen Artikel der taz, in dem es auch um eine Studie geht, die auf Rügen stattfindet. Das Projekt, bei dem es auf der Insel mittlerweile gar keine Förderschulen mehr gibt und alle Kinder gemeinsam unterrichtet werden, wird dort wissenschaftlich begleitet:
http://taz.de/Regelschule-vs-Sonderschule/!5426787/
Meiner Meinung nach, auch wenn es zugegebenermaßen eine Floskel ist, sollten wir uns weniger über das ob als viel mehr um das wie streiten. Ich sehe die Umsetzung in einem unter dem Paradigma des Konstruktivismus konzipierten Unterricht auf jeden Fall als möglich und förderlich für alle Kinder.
Ausgewählte Argumente wären meinerseits, dass die Inklusion einen wesentlichen Beitrag zum sozialen Lernen und der Prävention der Radikalisierung (Stichwort: individuelle Handlungsstrategie -> Kontakt mit Minderheiten oder diskriminierten Gruppen) leisten kann. Es werden quasi nebenbei Werte vermittelt ("Menschen mit Behinderung sind Normalität in dieser, unserer, Gesellschaft").
Im Sinne eines peer-to-peer Learnings bietet es ebenso das Potenzial, dass die Kinder gegenseitig Verantwortung füreinander übernehmen und dass bekanntlich der höchste Lerneffekt im Unterrichten Anderer besteht.
Ein inklusiver Unterricht heißt aus meiner Sicht auch, dass es nicht nur um I-Kinder geht, sondern dass insgesamt differenziert wird, dass Hilfen auch schwächeren Schüler*innen zu gute kommen. Bestes Beispiel dafür ist das Konzept der Leichten Sprache. Dieses ist im Fachgebiet Behinderungen entstanden und kann gerade in der Grundschule Schüler*innen mit Sprachschwierigkeiten (zum Beispiel Kindern, denen nicht irgendetwas diagnostiziert wurde, sondern die kleinere Probleme mit Sprache haben, oder auch geflüchteten Kindern) helfen. Aus der Leichten Sprache wird auch ein Konzept der Einfachen Sprache entwickelt, dass sich zwischen Leichter Sprache und Standardsprache einordnen lässt. Anhand dieses Beispiels sieht man, dass Inklusion eine Differenzierung für alle ermöglichen kann. Gleichzeitig bedeutet das natürlich, dass alle Kinder gefördert und gefordert werden sollen, womit auch die Notwendigkeit einer Begabtenförderung (und alles was in diese Richtung geht) einen höheren Stellenwert bekommen sollte.
Schaut man sich das inklusionsdidaktische Netz zum Beispiel nach Kahlert an, hat ein inklusiver Unterricht auch das Potenzial, insgesamt mehr Lernkanäle und Lernwege, mehr Zugänge zu Themen für alle zu schaffen (zum Beispiel in Form eines sensomotorischen oder emotionalen Zugangs).
Das alles ist natürlich auch nur ein Ideal, für welches die richtigen Voraussetzungen gegeben sein müssen.