Beiträge von tibo

    Dieses Argument


    fällt in dem Moment in sich zusammen, wenn man sich mit dem Begriff "peergroup" mal näher auseinandersetzt. Die Wikipedia-Definition lautet: "Als Peergroup (auch Peer-group; englisch peer group, kurz peers, Singular peer, dt: Gleichrangige) bezeichnet man eine Gruppe von Menschen mit gemeinsamen Interessen (Soziale Homophilie), Alter, Herkunft oder sozialem Status mit einer wechselseitigen Beziehung zwischen Individuum und Gruppe." Ja nun ... geistig-behinderte und nicht-geistig-behinderte Jugendliche sind eben keine peergroup. Also per Definition und völlig wertfrei sind sie es nicht.


    Wenn man den Artikel weiter liest ...


    Der Begriff Peergroup wird auch gleichbedeutend für „Interessengruppe“ verwendet. Teilnehmer einer Ausbildungs-, Lern- oder Arbeitsgruppe (Peer-Education) werden oft als Peergroup bezeichnet, sie praktizieren das peer learning. Sie können sozial durchaus unterschiedlichen Gruppen angehören, sind aber für eine bestimmte Zeit durch gleiche Interessen miteinander verbunden. In der Lerndidaktik (handlungsorientiertes Lernen) haben Peergroups einen besonderen Stellenwert, weil ähnliche Interessen eine lernfördernde Gruppendynamik erzeugen.


    Die Wikipedia-Definition ist doch auch passend, denn im Unterricht ist ja das Ziel, ein "gemeinsames Interesse" an einem gemeinsamen Lerngegenstand zu wecken, der dann über verschiedene Zugänge und Wege mit unterschiedlichen Zielen erschlossen werden kann. Das "gemeinsame Interesse" aus der Definition ist also in einer Unterrichtssituation gegeben.
    Darüber hinaus können Menschen mit geistiger Behinderung selbstverständlich auch zu einem Freundeskreis als peer group gehören.

    Nur zu,in der UN-Behindertenkonvention steht nämlich in Artikel 24, daß sich die Mitgliedsstaaten verpflichten "ein integratives Bildungssystem auf allen Ebenen und lebenslanges Lernen" zu schaffen. Da steht "integrativ" und nicht "inkludiert"! Integrativ bedeutet für mich, daß es eben auch für diese Schülergruppe eine Schule im Bildungssystem geben muß. Das muß aber nicht die Regelschule sein.


    Hier mal der Unterschied zwischen integrativ und inkludiert: https://www.behindertenrechtskonvention.info/inklusion-3693/
    Integration wäre dann auch das, was bei mir am Heimatort gemacht wird. Da ist die Sonderschule mit ins Gebäude der Realschule eingezogen. Die Klassen sind aber komplett getrennt und werden auch von komplett anders ausgebildeten Kollegen unterrichtet.


    Auf der von dir verlinkten Seite steht es doch auch: "In der Behindertenrechtskonvention geht es nicht mehr um die Integration von „Ausgegrenzten“, sondern darum, von vornherein allen Menschen die uneingeschränkte Teilnahme an allen Aktivitäten möglich zu machen. [...] Ziel ist also der gemeinsame Schulbesuch von behinderten und nicht behinderten Kindern in einer Regelschule als „Normalfall“ – es soll keine Ausnahme sein."


    Natürlich sollte man darauf achten, wer ein Gutachten in Auftrag gibt und finanziert, das heißt aber nicht, dass die Ergebnisse dann immer automatisch falsch sind. Dann hätten wir nämlich ein Problem bei dem steigenden Grad der Privatisierung der Hochschulen.

    Was mich bei deiner Diskussion etwas stört ist, dass du auf diesen sjw (social justice warrior)-Zug aufspringst mit den ganzen -isms. Wenn man sagt, dass eine blinde Person niemals ein Kunstwerk von Picasso oder eine taube Person die Werke Beethovens (außer vielleicht er ist genauso begabt wie Beethoven) genießen kann oder, oder, oder...dann ist das keine Diskriminierung, sondern eine traurige Wahrheit für fast alle Fälle.



    Und für NRW kann man endlich einmal Game of Thrones zitieren: "I'm not going to stop the wheel. I'm going to break the wheel."

    Du meinst auf den Zug, der einen ganzen Wissenschaftszweig prägt, der im Lehramtsstudium bei uns Thema ist (z.B. Sprachsensibilität im Unterricht oder Prävention Gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit), der für diskriminierte Gruppen einen hohen Stellenwert einnimmt? Das ist für mich kein Zug, das ist für mich ein Wert. Ich gebe da auch ehrlich zu, dass ich keine Lust habe darüber zu diskutieren, dafür kann sich jede*r Interessierte entsprechende Texte der Soziologie oder Cultural Studies zu durchlesen. Ich habe das schon mitbekommen, was manche davon halten ("Generation Snowflake"). Da werden beide Parteien ihren Standpunkt haben und keiner wird ihn so schnell verlassen. Diese konservativen Erhaltungsmechanismen werden irgendwann im wörtlichsten Sinne sowieso aussterben.


    Weil du es im anderen Beitrag als polemische Argumentation angeführt hast, möchte ich darauf aber inhaltlich natürlich eingehen: Erstmal ist es gut, dass der Beitrag von Voldemort gelöscht wurde. Meine Kritik war nun ja nicht inhaltslos oder unbegründet, sondern ich nenne ganz klar das Kriterium, was diesen Beitrag unter ableism fallen lässt: die Pauschalisierung. Es wurde eine Gruppe konstruiert (Menschen mit Behinderung), die denen dann aufgrund vermeintlich fehlender Aussicht das Recht auf Inklusion verwehrt bleibt. Dass diese Gruppe ja aber keineswegs homogen ist, habt ihr beide bewiesen. Beethoven, der taub eines der besten Stücke der Menschheit schreibt oder manche Autisten, die durch Inselbegabungen selbstverständlich klug genug für die Uni sind.
    Die Gruppe kann also ganz klar dekonstruiert werden und da braucht man nicht mit einer biologistischen Argumentation kommen, das wäre halt einfach so. Deine Aussage, eine blinde Person könnte niemals ein Kunstwerk genießen, ist ganz einfach zu widerlegen, denn es gibt nicht umsonst Projekte zu inklusiven Museen, inklusiver Museumspädagogik und Vernissagen. Das ist genau der Punkt, der diese Pauschalisierung aufdeckt und widerlegt.
    Diese Einstellung und Haltung ("DIE geistig Behinderten schaffen es sowieso nicht") ist doch wohl unter dem Aspekt der Lehren aus der Forschung zu self fulfilling prophecies an der Schule hochgradig problematisch.



    Das Rad Inklusion kann eben nicht gebrochen werden und es wird auch nicht gebrochen. Denn gerne gehe ich auch noch auf die rechtlichen Aspekte ein, die plattyplus ja in Frage gestellt hat. Dazu gab es nämlich ein Gutachten in dem es klar heißt: "Das in der BRK anerkannte Recht steht für eine individuelle Rechtsposition mit dem Inhalt, dass im Sinne der BRK Kinder mit Behinderung einen Anspruch auf diskriminierungsfreien Zugang zum System der Regelschule haben. Wesentlich für den inhaltlichen Umfang dieses Rechts ist, dass dem Kind nicht nur ein Zugangsanspruch zusteht, sondern auch ein Recht darauf, dass die angemessenen Vorkehrungen getroffen werden, um den Anspruch wirksam zu entfalten" (Riedel: Zur Wirkung der internationalen Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderung und ihres Fakultativprotokolls auf das deutsche Schulsystem, S. 53).

    Mit der Antwort gehst du nicht so wirklich auf das ein, was ich schrieb, habe ich das Gefühl. Das sind jetzt mehr Nebendiskussionen (oder täusche ich mich?), deshalb vielleicht nur kurz:


    Ich würde eher sagen, sie halten in NRW das Rad an. Die Frage ist, ob man das rollende Rad überhaupt noch aufhalten kann. Prinzipiell hat durch die Behindertenrechtskonvention jedes Kind ein Recht auf den Zugang zu einer Regelschule. Man kann davon ausgehen, dass ein guter Teil der Eltern und Kinder dieses Recht in Anspruch nehmen wird. Eine Fortführung der Förderschulen unter der Bedingung, weniger Schüler*innen zu haben, wird vor dem Kostenhintergrund mindestens interessant. Man muss also über das wie diskutieren, denn Inklusion bleibt Realität, auch wenn das Tempo der Verbreitung vielleicht nachlässt.


    Gegenderte Sprache steht sicherlich im Spannungsverhältnis zur Leichten Sprache. Da stimme ich dir zu und da kann man bestimmt Lösungen finden. Nicht zustimmen kann ich aber bei deiner abwertenden Verwendung des Begriffes political correctness. Ich sehe die Notwendigkeit, auch die 2% der Schülerinnen in einem Text anzusprechen und nicht zu unterschlagen.


    Auch bei deinem letzten Absatz möchte ich dir nicht unbedingt zustimmen. Es ist aber auch wenig relevant für mein Argument für die Inklusion, dass nämlich Inklusion eine Förderung aller Kinder bedeutet und für mich damit auch die Förderung besonders begabter Kinder einhergeht, die Wertschätzung für diese Förderung für alle also steigt. Korrigier mich bitte, wenn ich dein Gegenargument nicht gefunden / verstanden habe.

    Ich finde, man sollte bei dieser Aussage von Lord Voldemort schon klare Kante zeigen - mehr als nur eine Nicht-Zustimmung. Auch wenn man nicht dafür belangt werden kann, entspricht das für meine Begriffe nicht den Werten unseres Grundgesetzes und der Behindertenrechtskonvention. Das ist eine abwertende Pauschalisierung gewesen, die unter dem Phänomen ableism zu fasssen ist!



    Die empirische Lage zur Inklusion in der Schule ist, wenn ich das richtig im Kopf habe, wie so oft einerseits umstritten und andererseits von der Interpretation abhängig. Aus der Uni habe ich mitgenommen, dass es in Deutschland Studien gab, welche ganz klar für die Inklusion sprachen. Diese wurden allerdings insbesondere dafür kritisiert, dass sie 'raisin picking' betrieben haben sollen, sprich: Es wurden Gruppen betrachtet, bei denen besonders gute Voraussetzungen vorlagen (kleine Klassen, hohe Motivation der Schüler*innen und dauerhafte Begleitung durch Förderschulkräfte zusätzlich zu den 'normalen' Lehrkräften). Internationale Studien und Metastudien kamen jedenfalls zu kritischeren Ergebnissen.


    Heute erst gab es einen Artikel der taz, in dem es auch um eine Studie geht, die auf Rügen stattfindet. Das Projekt, bei dem es auf der Insel mittlerweile gar keine Förderschulen mehr gibt und alle Kinder gemeinsam unterrichtet werden, wird dort wissenschaftlich begleitet:
    http://taz.de/Regelschule-vs-Sonderschule/!5426787/



    Meiner Meinung nach, auch wenn es zugegebenermaßen eine Floskel ist, sollten wir uns weniger über das ob als viel mehr um das wie streiten. Ich sehe die Umsetzung in einem unter dem Paradigma des Konstruktivismus konzipierten Unterricht auf jeden Fall als möglich und förderlich für alle Kinder.
    Ausgewählte Argumente wären meinerseits, dass die Inklusion einen wesentlichen Beitrag zum sozialen Lernen und der Prävention der Radikalisierung (Stichwort: individuelle Handlungsstrategie -> Kontakt mit Minderheiten oder diskriminierten Gruppen) leisten kann. Es werden quasi nebenbei Werte vermittelt ("Menschen mit Behinderung sind Normalität in dieser, unserer, Gesellschaft").
    Im Sinne eines peer-to-peer Learnings bietet es ebenso das Potenzial, dass die Kinder gegenseitig Verantwortung füreinander übernehmen und dass bekanntlich der höchste Lerneffekt im Unterrichten Anderer besteht.
    Ein inklusiver Unterricht heißt aus meiner Sicht auch, dass es nicht nur um I-Kinder geht, sondern dass insgesamt differenziert wird, dass Hilfen auch schwächeren Schüler*innen zu gute kommen. Bestes Beispiel dafür ist das Konzept der Leichten Sprache. Dieses ist im Fachgebiet Behinderungen entstanden und kann gerade in der Grundschule Schüler*innen mit Sprachschwierigkeiten (zum Beispiel Kindern, denen nicht irgendetwas diagnostiziert wurde, sondern die kleinere Probleme mit Sprache haben, oder auch geflüchteten Kindern) helfen. Aus der Leichten Sprache wird auch ein Konzept der Einfachen Sprache entwickelt, dass sich zwischen Leichter Sprache und Standardsprache einordnen lässt. Anhand dieses Beispiels sieht man, dass Inklusion eine Differenzierung für alle ermöglichen kann. Gleichzeitig bedeutet das natürlich, dass alle Kinder gefördert und gefordert werden sollen, womit auch die Notwendigkeit einer Begabtenförderung (und alles was in diese Richtung geht) einen höheren Stellenwert bekommen sollte.
    Schaut man sich das inklusionsdidaktische Netz zum Beispiel nach Kahlert an, hat ein inklusiver Unterricht auch das Potenzial, insgesamt mehr Lernkanäle und Lernwege, mehr Zugänge zu Themen für alle zu schaffen (zum Beispiel in Form eines sensomotorischen oder emotionalen Zugangs).
    Das alles ist natürlich auch nur ein Ideal, für welches die richtigen Voraussetzungen gegeben sein müssen.

    Wie seht ihr das persönlich, wenn man immer wieder von Jungs als Bildungsverlierern liest: Ist da was dran? Sind das alternative Fakten? Sind die Jungs selber schuld? Muss/ sollte man da etwas tun?


    Ich denke schon, dass da etwas dran ist, wenn man natürlich auch nicht pauschal davon sprechen kann. Bevor aber der Feminismus abgeurteilt wird, sollte man eine Sache im Hinterkopf behalten, die hier ganz gut erklärt wird:


    Das ist wahr – es gibt auch Benachteiligungen für Männer. (Und ja, es gibt Femistinnen, die das leugnen oder für total unwichtig halten. Siehe den vorigen Punkt.) Männer haben größere Schwierigkeiten, das Sorgerecht für ihre Kinder zu bekommen, Männer sind häufiger obdachlos und landen häufiger im Gefängnis (und begehen generell mehr schwere Straftaten), männliche Servicekräfte bekommen oft weniger Trinkgeld als weibliche, männliche Opfer von häuslicher Gewalt sind zwar seltener als weibliche, haben aber mit besonderen Problemen zu kämpfen, um nur ein paar relativ willkürliche zu nennen. [...] Sollte man dagegen nicht auch etwas tun? Ja, sollte man. [...] Und die Punkte, bei denen Männer benachteiligt werden, haben ihre Ursache interessanterweise in denselben patriarchalen Vorstellungen, die zur Benachteiligung von Frauen führen: Frauen sind schwach (deswegen dürfen Männer keine Schwäche zeigen), Frauen sind emotional und kümmern sich gern um andere (deswegen lieber kein Sorgerecht für Männer), Frauen gehören an den Herd (deswegen muss der Mann für das Geld sorgen, notfalls eben auch durch kriminelle Handlungen) usw. Feminismus hilft also auch Männern, wenn er dazu führt, dass solche Vorstellungen aufgebrochen werden. Das klassische Zitat dazu lautet “patriarchy hurts men, too”. (Auch wenn der Satz unter Feminstinnen durchaus umstritten ist – Feminismus ist eben kein monolithischer Block von Meinungen.)


    Meine Thesen wären also:
    Einen Bildungsnachteil der Jungs gibt es in manchen Bereichen.
    Dieser ist auch zurückzuführen auf patriarchale Strukturen.
    Gegen diese kämpft der Feminismus.
    Erfolgreicher Feminismus somit hilft auch den Jungs.

    Meine Erfahrung widerlegt das aber ganz und gar nicht.

    Ich habe in meinem Zitat nochmal das "generell" hervorgehoben, denn darum ging es mir.
    Ich schreibe in Druckschrift schneller als in Schreibschrift. In der Debatte um Druck-, Grund- und Schreibschrift ist auch immer wieder zu hören und lesen, dass ein bedeutender Teil der Erwachsenen in Deutschland nach der Schule die Schreibschrift nicht mehr nutzt und dieser Trend sich auch schon in der weiterführenden Schule abzeichnet. Interessanter als Einzelerfahrungen sind natürlich wissenschaftlich fundierte Tests und Erfahrungen:


    Hier ein Test, in dem das Ergebnis war: gemischt-überwiegend Schreibschrift > gemischt-überwiegend Druckschrift > reine Druckschrift > reine Schreibschrift von der Schreibgeschwindigkeit her. Ebenfalls in der Quelle der Nachweis über die zunehmende Abweichung von der Schreibschrift im weiteren Verlauf der Schulzeit.


    Außerdem hier die Einschätzung eines Grundschulpädagogen:


    Ich glaube, die Debatte dreht sich vor allem um ästhetische Aspekte. Darüber kann man wundervollstreiten, aber es gibt kein Richtig oder Falsch. Unsere Aufzeichnungen von Stiftbewegungen belegen, dass gute Handschreiber dynamisch zwischen schnellen und langsamen Bewegungen abwechseln. Das ist das, was die meisten als flüssiges Schreiben bezeichnen, obwohl das Fließen von Wasser ja beispielsweise eine gleichförmige Bewegung ist: Das ist das Schreiben nicht. Für den einen Schreiber ist es dabei besser, wenn er den Stift auf dem Papier lässt, für den anderen, wenn er den Stift anhebt und neu ansetzt. Es gibt keine Regel, die für jeden Schreiber zutrifft. Aus motorischer Sicht ist es gut, wenn man den Stift ab und an abhebt. Dann können sich alle Muskeln, die daran beteiligt sind, einmal kurz entspannen, wieder durchblutet und mit Sauerstoff versorgt werden. Je länger hingegen ohne Abhebungen geschrieben wird, desto größer wird der Druck auf den Stift und das Papier und der Griff wird auf Dauer verkrampfen.


    Mein Fazit deshalb: Schreiben ist sehr individuell und jede*r entwickelt und sollte entwickeln eine individuelle, möglichst schnelle und leserliche Handschrift ohne einen Zwang zu genau der einen, vermeintlich richtigen Schreibweise.




    P.S.
    Oh ja, sorry fürs off-topic, hast Recht.

    "Moderne Grundschullehrer" sagen dann wohl: Ist halt so. Oder: Wir können nicht alle retten.

    Ich ziehe mir den Schuh mal an und sage als "moderner [zukünftiger] Grundschullehrer": Warum soll ich den Kindern vorschreiben, wann sie trinken oder sich die Nase putzen, wann sie auf die Toilette gehen oder den Bleistift anspitzen? Natürlich und selbstverständlich unter der Voraussetzung, dass es nicht ungewollt oder sogar gewollt den Unterricht stört. Aber ansonsten möchte ich doch eigenverantwortliche und selbstständige Kinder erziehen.


    Ich schreibe die Zahlen auch bis heute noch von hinten nach vorne und kann für mich nur sagen, dass ich so auch sehr gut durch Leben und Schule gekommen bin. Als ausgewiesene nicht-Fachkraft auf diesem Gebiet (Mathematik und deren Didaktik) erinnert mich das doch sehr an längst vergangene Zeiten, in denen den Kindern auch "ausgetrieben" wurde, mit links zu schreiben. Würde mich aber tatsächlich interessieren, was es da an fachwissenschaftlichen und fachdidaktischen Erkenntnissen zu gibt.
    Auch die Causa Druckschrift ist keineswegs so eindeutig, wie du es darstellst. Dass Druckschrift generell langsamer zu schreiben ist, ist zum Beispiel eindeutig zu widerlegen. Nicht umsonst wird (meiner Meinung nach berechtigterweise) darüber diskutiert, die Schreibschrift nicht mehr zu unterrichten.
    Weitere Aussagen von dir sind natürlich total verallgemeinernd, was dir sicherlich bewusst ist. Ich kann z.B. die Erfahrung gar nicht teilen, dass Kinder mit mir reden, wie sie gerade möchten. Natürlich nicht mehr so formell, wie es früher mal war, aber die sprachliche Distanz ist den meisten Kindern meistens sehr bewusst. Deine Darstellung der Grundschule ist ebenso verallgemeindernd und ärgerlich.
    Insgesamt klingen in deinem Beitrag für mich sehr konservative Ansichten durch, die sich zum Glück einfach geändert haben: Selbstständigkeit statt Disziplin und Gehorsam sowie Individualität statt Konformität.

    Abiturnoten & Fachwissen, Fachdidaktik, Pädagogik


    Ist immer wieder eine Freude. ;)


    Also der NC für das Grundschullehramt liegt in NRW bei den Unis, die ich mir mal stichprobenartig angeschaut habe, allein schon über diesem Durchschnittswert bei Grundschullehrkräften und ist auch im Vergleich zu den Studiengängen für das Gymnasium höher. Klar, kein hartes Argument, u.a. da darunter auch große Unis wie Köln dabei sind, aber prinzipiell könnte sich ja seit der Erhebung der Daten was geändert haben.


    Bei den Vorlesungsfolien finde ich die Grundschullehrkräfte auf einen schnellen Blick gar nicht als Vergleichsgruppe. Wäre dann auch noch die Frage offen, ob da alle auf das gleiche Fachwissen oder immer - in einem gewissen Rahmen - bezogen auf ihre Schulform hin getestet wurden.

    Ich bestreite keineswegs die Wichtigkeit der fachwissenschaftlichen Inhalte im Studium und kann SchmidtsKatze nur voll und ganz zustimmen. Fachdidaktik lässt sich auch gar nicht wirklich von der Fachwissenschaft trennen.
    Das Niveau des Unterrichts meines Zweitfaches war meines Empfindens nach wesentlich höher, weil ich auf fachdidaktisches und -methodisches Wissen zurückgreifen konnte, wo ich im Erstfach im Studium an dieser Stelle stattdessen beispielsweise Sprachkritik anhand des Chandos-Briefes behandelt habe. Und wenn ich statt zwei weiteren solcher fachwissenschaftlichen Modulen (im Gegensatz zu den sehr sinnvollen Modulen beispielsweise in Orthografie) im Master stattdessen die Praxisphase habe, dann bringt mir das mehr auf dem Weg zu einem guten Lehrer. Auch weil man dort praktisch gemerkt hat, wie wichtig die Fachwissenschaft ist und was davon man braucht, also eine Wertschätzung für das Studium entwickelt. Darum ging es mir doch, als ich auf Valerianus' Beitrag eingegangen bin und nicht darum, in irgendeiner Form in die Richtung zu argumentieren, dass ich nicht mehr als Dingwörter, Tuwörter und Wiewörter (Begriffe denen ich aufgrund des Studiums übrigens sehr kritisch gegenüber stehe) im Studium lernen müsste.

    Zu viel fachliches Wissen gibt es denke ich nicht. Man muss es natürlich zu vermitteln wissen. Es ist ja nicht so, dass mit dem Fachwissen die pädagogischen oder fachdidaktischen Fähigkeiten sinken oder anders herum.


    Stichwort Niveauabsenkung: Das Ziel ist es, das Niveau des Unterrichts zu steigern. Das Fachwissen ist nunmal kein Selbstzeck. Da ist es jetzt wohl Ansichtssache und vermutlich genau der Punkt an dem sich die Geister scheiden: Die eine Seite meint, das Niveau des Unterrichts könne durch mehr Fachwissen gesteigert werden und die andere Seite meint, das Niveau könne durch mehr pädagogische oder (mMn viel eher) fachdidaktische Inhalte gesteigert werden. Es ist für meine Begriffe also keineswegs ein Totschlagargument, es geht auch nicht um schwarz oder weiß. Es ist eine Abwägung, wie viele fachwissenschaftliche, wie viele fachdidaktische und wie viele pädagogische Inhalte in das Lehramtsstudium gehören und das Ganze unter dem Aspekt der Knappheit der Zeit.

    man braucht wohl Mathematiklehrer [Hervorhebung durch mich].

    Richtig, und um den Satz noch ein wenig mit spitzer Zunge zu ergänzen: Man braucht Mathematiklehrer und keine Fachidioten.


    Wie gesagt, das war jetzt überspitzt. Aus der Praxisphase bin ich gerade raus und kann aus meiner Perspektive, nach Meinung der Lehrkräfte (mit denen ich darüber gesprochen habe) und Mentorinnen an der Schule sowie der Meinung der Lehrbeauftragen für die Praxisphase (ihres Zeichens Studienseminarleiterin für das Referendariat) nur sagen: Nichts wäre richtiger gewesen, als die Praxisphase so einzurichten. Über die Praxisphase an sich kann ich nur Positives berichten und habe auch nur Positives gehört. Ich denke, da würden alle genannten Personen zustimmen, dass sie wesentlich sinnvoller ist als noch zwei weitere fachwissenschaftliche Seminare oder Vorlesungen.
    Ob der wissenschaftliche Anspruch überhaupt so stark gesunken ist, ist die Frage, denn hast du mit einberechnet, dass zu der Praxisphase zumindest in Niedersachsen auch ein Forschungsbericht gehört, in dem man eben einen Bereich der Schule wissenschaftlich erforschen muss?

    Zur dritten Frage: Ist ein generelles Handynutzungsverbot eigentlich rechtens? Natürlich kommt es hier auch wieder auf das Bundesland an (siehe z.B. bayrisches Landesrecht), aber bei einer Fortbildung zum Thema Schulrecht hat der renommierte Schulrechtsexperte Dr. Hoegg erzählt, dass Handys und deren Nutzung nicht prinzipiell auf dem Schulgelände verboten werden dürften. Klar, im Unterricht logisch, in den Pausen sei dies eine Einschränkung der Grundrechte der Kinder, wenn ich mich da recht entsinne. Man könne die Nutzung wohl auf bestimmte Gebiete des Schulgeländes beschränken und bei konkreten Vorfällen wie Cybermobbing an der Schule weiter einschränken. So habe ich es im Kopf.
    Das Verbot des bloßen Mitführens des Handys ist denke ich recht klar nicht vereinbar mit dem Gesetz. Es geht wirklich um die Nutzung auf dem Schulgelände. Würde mich interessieren und ich wäre da auch voll bei Herrn Hoegg.

    Der Faktor was man vermittelt ist aus meiner Sicht der der entscheidende. Und damit verbunden ist natürlich auch die benötigte Qualifikation.
    Um als Erzieher zu arbeiten muss ich nicht viel lernen, und als Grundschullehrer muss ich bei weitem nicht so tief in die Mathematik einsteigen, wie es ein Gymnasiallehrer muss, der in der Lage sein muss einen Leistungskurs zu führen. Dessen mathematische Kompetenz muss wiederrum nicht so groß sein wie die von jemandem, der auf Uni-Niveau unterrichtet.


    Für mich völlig unverständlich, wie man da überhaupt ernsthaft darüber nachdenken kann eine Gleichbesoldung einzuführen.


    Master-Studiengänge sind prinzipiell gleichwertig. Man absolviert in der Regel die gleiche Anzahl an Creditpoints (Arbeitsaufwand tlw. auch LP genannt) und am Ende sollte sich jemand, der*die Erziehungswissenschaften studiert ebenso gut mit Erziehungswissenschaften auskennen, wie Master-Studierende der Mathematik sich in Mathe auskennen. Eine Wertung im Sinne von "Dieser Master stellt eine geringere Qualifikation dar als ein anderer", ist mMn nicht vereinbar mit dem Prinzip des Bologna-Systems.
    Habe ich einen Master of Education für die Grundschule, sollte ich mich auf diesem Gebiet genau so gut auskennen, genau so damit beschäftigt haben und natürlich auch den gleichen Workload haben, wie jemand mit dem Master of Education für das Gymnasium auf seinem*ihrem Gebiet es hat. Daraus folgend sollte die Bezahlung auch gleich sein. Dein Argument des Lernaufwandes kann also widerlegt werden, denn im Zuge der Harmonisierung der Studiengänge durch den Bologna Prozess ist es recht klar geregelt, dass der Workload für den Master in der Regel insgesamt (inklusive Bachelor) 300 CP beträgt - egal ob Gymnasium oder Grundschule, der Arbeitsaufwand ist prinzipiell derselbe.
    Deine Argumentation reiht sich für mich ein in die Schwanzvergleiche zwischen der Wertigkeit von Naturwissenschaften und Geisteswissenschaften oder zwischen Fächern wie Geowissenschaften und Physik.


    Dazu kann dann noch ergänzt werden, dass ich in meinem Fall an meiner Uni praktisch den Bachelor in der Fachwissenschaft Germanistik gemacht habe. Dieser Bachelor qualifiziert mich gleichermaßen auch für einen Master für das Lehramt am Gymnasium oder einen Master der Germanistik (Linguistik/Literaturwissenschaft). Das Gleiche gilt auch für Mathe, Englisch etc. an unserer Uni. Ich habe somit fachwissenschaftlich eine mindestens ähnliche Expertise wie Deutschlehrer*innen am Gymnasium, wenn man voraussetzt, dass der Master of Education in erster Linie nicht mehr dazu gedacht ist, fachwissenschaftlich viel mehr zu lernen.
    Ebenso in der praktischen Umsetzung habe ich die exakt gleiche universitäre Laufbahn genommen wie Kommilitoninnen und Kommilitonen, welche den Master of Education für die Haupt- und Realschule gemacht haben. Abgesehen von der Praxisphase, die eben an einer anderen Schulform absolviert wird, und ich glaube einem Modul im Optionalbereich, saß ich in den gleichen Veranstaltungen. Für die Grundschule musste ich im Master beispielsweise (unnötigerweise?) ebenso den Chandos-Brief behandeln - das war in meinem Jahrgang auch noch Oberstufen- und Abiturstoff.
    Das nur mal so als kleiner Einblick in die Qualität der Qualifikation.


    P.S.
    Mit dem Master hätte ich auch die Qualifikation, an der Uni zu dozieren und zu lehren.

    Ich finde es klasse, die Interessen der Kinder wie alias in den Unterricht einzubauen, wenn es sich anbietet.
    Wir haben in Deutsch einen Wochenplan erstellt. Eine der letzten Aufgaben ist verbunden mit einem Wettbewerb auf Zeit (Verben in die Vergangenheitsform bringen). Zeitmesser ist der Fidget Spinner und so haben wir auch die Aufgabe auf dem Wochenplan genannt. Die Motivation war riesig, es auch bis zu dieser Aufgabe zu schaffen. Die Idee stammt von und ist nochmal genauer nachzulesen (in dem Beispiel auf den Matheunterricht bezogen) hier: https://grundschulteacher.blog…-unterricht-sinnvoll.html

    Auch eine Form des Sprachwandels:
    Ich habe gehört, manche haben Probleme dabei, Brathering zu lesen und zu verstehen.


    Bei meiner letzten Klausur habe ich eine versteckte Überwachungskamera installiert [...].
    Dass uns eine Leibesvisitation untersagt ist, weiß die Klientel geschickt auszunutzen. [...] Leider können wir wenig dagegen unternehmen, auch die Aufnahmen der Überwachungskamera sind als Beweis unzulässig. Letztendlich ist die Entwicklung politisch gewollt, damit mehr Schüler/innen ihren Abschluss erreichen. [...] Andere gutmenschliche Kolleginnen und Kollegen verschließen lieber weiter die Augen.

    Eine versteckte und vermutlich unangekündigte Videokamera (?) während einer Klausur in der Schule sowie das Bedauern darüber, dass sowas dann nicht gerichtlich genutzt werden kann und auch Leibesvisitationen nicht möglich sind, tritt Bürgerrechte mit Füßen. Ich kann es echt kaum fassen. Dazu dann die irrsinnige These, dass Schummeln politisch gewollt sei. Die Kirsche auf der Torte ist der von mir hervorgehobene Begriff im letzten Satz. Aus dieser Perspektive wirkt dann die Nutzung der Wörter "Kopftuch-Muslima" und "Klientel" mindestens alarmierend.


    Erstaunlicherweise gibt es doch noch einen mMn ganz guten Vorschlag von dir: den Störsender als eine Lösungsmöglichkeit. Des Weiteren könnte man als ersten einfachen Schritt und einfachere Lösung abseits solcher Vorschläge wie Leibesvisitationen darum bitten, die Smartphones vorne am Lehrerpult abzulegen. Und wenn der Dozent, der uns damals die Einführung in die Praxisphase gegeben hat, Recht hatte, dann ist man als Lehrer*in eigentlich ganz gut mit Rechten ausgestattet, auch bei der Annahme eines Schummelversuches die Konsequenzen zu ziehen. Dafür möchte ich jetzt aber nicht die Hand ins Feuer legen.

    Damit kannst du auch einen Umtrunk/Drogenparty etc. mit deinen Schülern rechtfertigen.

    Sorry, muss hierzu noch kurz was einwerfen: Es wurden ja schon Gründe genannt, warum dieser Vergleich hinkt.
    Mir wäre es noch wichtig, einen Aspekt zu betonen. Das Nutzen eines Handys und ich erweitere das mal auf den Umgang mit den neuen Medien ist ja nicht per se schädlich. Bei Drogen ist es wohl recht egal (ausgenommen medizinischer Nutzen), wie ein Kind sie konsumiert, die Folgen möchte ich nicht miterleben. Bei den neuen Medien allerdings hat man ja gerade die Chance, dass sie produktiv eingesetzt werden können. Den produktiven Umgang mit eben diesen Medien kann und soll man also üben.
    Ich mag diese kulturpessimistische, neue Medien generell ablehnende Einstellung nicht. Die neuen Medien sind ganz real Teil der Lebenswelt vieler Kinder und sind für jede Altersklasse eine Chance für die individuelle Entwicklung - sofern richtig eingesetzt und richtig damit umgegangen wird. Letzteres kann man eben erlernen. Ich finde es demnach gut und lobenswert, dass die TE das Thema in der GS behandeln will.


    Ich hoffe das war jetzt nicht zu sehr am Thema vorbei, da es ja erst um WhatdApp ging und ich jetzt generell neue Medien miteinbezogen habe.

    Gewerkschaften sind wohl klassischerweise links. Man kann deswegen natürlich eine bzw. die Ideologie kritisieren, aber für mich und nach meinem Verständnis des Begriffes Ideologie ist es nicht sinnig zu kritisieren, dass eine Organisation eine Ideologie hat. Auch ver.di vertritt ja aktuell linke bildungspolitische Ziele wie gemeinsames Lernen bis zur 10. Klasse z.B. oder kostenfreie KiTa-Plätze. Jede*r hat eine Ideologie und das an sich ist auch nicht schlimm (wie es die AfD bspw. in ihrem Parteiprogramm den anderen Parteien immer wieder zum Vorwurf machen will). Ich möchte auch gar nicht in einer Gewerkschaft sein, die kein Profil hat und sich nicht mit dem Großen und Ganzen beschäftigt. Der GEW vorzuwerfen, dass sie unter dem Deckmantel Gewerkschaft andere Ziele verfolgt, halte ich für nicht haltbar, da die weiteren Interessen nicht nur im Kleingedruckten der Satzung stehen, sondern auch auf der Website beschrieben und öffentlich immer wieder vertreten werden. So sehe ich die GEW als Glücksfall, da ich mich dort einerseits sehr gut repräsentiert fühle, was das Bild von Schule angeht (ganz im Gegensatz z.B. zum politisch konservativ eingestellten Deutschen Lehrerverband), und andererseits gleichzeitig auf rechtliche Unterstützung und Rückendeckung und damit der Kernaufgabe einer Gewerkschaft zählen kann.
    Eine Gewerkschaft hat somit das Mandat, was ihr durch ihre Mitglieder erteilt wird.

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