Beiträge von Bunterrichter

    Hatte ähnliches erlebt, an drei unterschiedlichen Schulen, wobei die 2. die schlimmste war, an der ich mich auch tatsächlich auf den Kampf eingelassen hatte. Ein Lehrervertreter hatte mir damals geraten alles schriftlich zu notieren was wann gesagt wurde und passierte - das schützt dich!
    Hatte anfangs versucht, einen Fehler in meinem Unterricht oder meiner Argumentationskette zu suchen, hatte ich den Lehrplan falsch verstanden wie mir vorgeworfen wurde? Nachdem ich den kompletten Lehrplan mehrmals durchgesehen hatte, bewies ich meiner Schulleiterin anhand des Lehrplans dass ich recht hatte, dann spielten wir das gleiche Spiel mit den Schulgesetzen durch und dann wollte sie mich mit Hilfe der ihr befreundeten Bezirksschulinspektorin aus dem Schuldienst katapultieren. Hier in Oberösterreich ist das nämlich tatsächlich ganz gut und unauffällig möglich wenn Schulleiterin und Bezirksschulinspektorin mitspielen und alles vertuschen. Der Lehrervertreter dem ich davon erzählt habe hat es dann allerdings geschafft den Landesschulinspektor (eine Ebene darüber) darauf aufmerksam zu machen, der hat versprochen sich die Sache anzusehen, war dann bei mir in der Klasse und meinte, er sei doch sehr verwundert dass er hier nicht - wie in den schriftlichen Berichten sowohl der Schulleiterin wie auch der Bezirksinspektorin zu lesen war - einen psychisch gestörten, Kinder traumatisierenden Lehrer vorfindet sondern jemand der im Grunde sehr kompetent und bemüht wirkt.


    Nach der 3. Schule in der mir ähnliches passiert ist und einem Gespräch mit dem Lehrervertreter der mir bestätigt hat dass hier in OÖ im Volkschulbereich (=Grundschule in Deutschland) 99% der Schulleiterinnen sind wie meine unglücksseligen Ex-Vorgesetzten habe ich dann den Schuldienst gekündigt und bin nun Leiter einer anderen Bildungseinrichtung geworden. Zumindest hier bei uns gibt es zwar vorgesehene "Korrektive" wenn z.B. Schulleiter durchdrehen, wenn diese aber mit der Ebene darüber gut gestellt/befreundet sind hast du kaum eine Chance.


    Ziemlich schräg war für mich dann am Tag meines Abschieds von der dritten Schule, als eine Kollegin die schon 20 Jahre dort arbeitet mir erzählt hat sie war vor 20 Jahren vor einer ähnlichen Entscheidung gestanden wie ich, sich anzupassen und zu hoffen es würde besser werden oder zu gehen, und sie hätte sich fürs Bleiben entschieden - nur verändert hätte sich im Grunde nichts.


    Aber wie gesagt, das ist Oberösterreich. Was deine Situation betrifft: eine mögliche Verbeamtung ist eine völlige Entwürdigung meiner Ansicht nach nicht wert, und wenn du wirklich motiviert bist etwas Schönes zu schaffen würde ich mich an deiner Stelle nicht hier ausbrennen lassen.


    Ein Bunterrichter

    Mögliche Problemfelder:
    - Datenschutz
    - Weniger Übersicht über Leistungen von deiner Seite
    - Sicherstellung fairer Benotung (wenn du dem "Studenten" auch ein Beurteilungsschema gibst kannst du es ja gewissermaßen fast gleich wieder selbst machen)
    - Was tun bei Reklamationen? Wie begründest du, warum du wie benotet hast?
    - Ideologische Retouren ("Wie können Sie nur!")


    Gesetzlich fällt mir zumindest in Österreich nichts konkretes dagegen ein, aber es dürfte weniger Aufwand sein, sich die Beurteilung der Klausuren vor der Klausur schon klar durchzuüberlegen und dann ein einfaches Schema zu haben diese zu bewerten, so hab ichs immer gemacht.


    Ein Bunterrichter

    - Abgrenzen: für das Verhalten welcher Kinder bist du wirklich (mit)verantwortlich, welches musst du nur "aushalten" können und kannst auch damit leben wenn sich Schüler aus deiner Sicht mal daneben benehmen? Solange das Verhalten an sich nicht gewisse Grenzen überschreitet (Gewalt, Abwertung, ...) kann ich an sich gut damit leben wenn sich Schüler selbst zum Affen machen.


    - Konflikte auswählen: außer in Notfällen (Gewalt, bösartige Abwertung, ...) suche ich mir in der Regel meine Konflikte mit Schülern sehr genau aus, und zwar nach dem Kriterium, ob ich davon ausgehe, sie "gewinnen" zu können. Den größten Teil des Verhaltens das "daneben" ist ignoriere ich mit einem Schmunzeln, dort wo ich es für notwendig halte lasse ich mich vereinzelt auf einen Konflikt ein und schaue darauf, dass ich, der/die Schüler oder/und im Idealfall alle Beteiligten wirklich etwas daraus lernen. Das kommt so pro Tag üblicherweise nicht öfter als 1-2x vor, wobei das einerseits stark schwanken kann (Wetter, Mondstand, was auch immer der Grund ist), andererseits erfahrungsgemäß auch mit der Zeit spürbar weniger wird wenn die Beziehung gereifter ist.


    - Akzeptieren, dass jeder Beziehungsaufbau ein Austesten von Grenzen beeinhaltet. An der pädagogischen Hochschule wurde uns erzählt "Wenn sie dich zum Schreien bringen, hast du verloren" - meiner Erfahrung nach ist es eher ein "Wenn sie dich einmal zum Schreien gebracht haben, sind sie zufrieden und wissen, woran sie mit dir sind". Kommt natürlich auch darauf an, wie das tatsächlich aussieht und ob dieses "Schreien" aus einer Position der Hilflosigkeit oder einer inneren Sicherheit kommt. Einige Schüler haben mir vor einiger Zeit gesagt ich sei ein sehr netter Lehrer weil ich "nie schreie". Das stimmt zwar objektiv gesehen nicht, aber offensichtlich ist es für sie nur dann "schreien", wenn sie das Gefühl haben, sie hätten es nicht verdient gehabt dass ich mich aufrege.


    - Akzeptieren, dass man selbst nicht so 100%ig perfekt "funktioniert" und manchmal einfach Blödsinn macht weil man überfordert ist. Wenn die Schüler dich grundsätzlich mögen funktioniert das für mich ganz gut ihnen auch zu sagen wann sie sich ein wenig zusammenreißen müssen um mich zu unterstützen und wann sie sich mehr gehen lassen können weil ich mehr Kraft habe das auszuhalten. Dazu muss man halt auch ehrlich zu sich selbst sein und sich auch gut spüren, um sich selbst nicht zu überfordern mit zu großen Freiräumen, die man den Schülern dann ermöglichen will, wenn man eigentlich gar nicht die Kraft hat das auszuhalten.


    Ein Bunterrichter

    Ich war in meiner eigenen Jugendzeit über einige Jahre selbst sehr zum Thema Selbstmord hingezogen. Konkrete Gründe sind im Laufe der Zeit ein wenig verschwommen geworden, teils waren verschmähte Liebe Thema, (gefühlte) Aussichtslosigkeit, auch der Wunsch, durch heroischen Selbstmord - quasi dem höchsten Opfer - die Welt zum Besseren zu verändern. Vor allem ab der höheren Schule war es dann verblüffenderweise so, dass sehr viele meiner Freunde ebenso offen von Selbstmord sprachen, wir hatten dann Methoden diskutiert, und wie wohl der größte Effekt zu erreichen wäre. Ich weiß noch, dass ich so mit 15,16 mal ein 96-seitiges (A4-Seiten in Word) Drehbuch schrieb, über eine Gruppe von Jugendlichen, die gemeinsam als politisches Statement Selbstmord begehen wollen weil sie erkannt hatten dass ein jeder für sich mit seinem Selbstmord nichts erreichen würde können. In der Geschichte kam auch ein irrer Prediger vor, der die eigentlich geplante Aussage nachträglich für seine eigenen Zwecke verfälschte. War wohl damals für mich ein Teil der Überwindung der Fantasie, dass mein Selbstmord etwas an den Zuständen ändern würde, die mich erst dazu getrieben hatten.


    Der "Knackpunkt" kam bei mir, als ich eines Tages zu mir selbst sagte: "So, nachdem du dich sowieso umbringen willst, warum versuchst du jetzt nicht einen Tag lang, so zu leben, als würden deine Probleme überwindbar sein. Wenn es nicht klappt, kannst du dich ja morgen immer noch umbringen." Konkret ging es damals wohl viel um Mobbing, Nicht-verstanden-Werden. Und tatsächlich änderte sich ab dem Zeitpunkt das Verhalten anderer um mich, weil ich mich erstmals traute, zu mir und meinen Bedürfnissen zu stehen.


    Erst jetzt, über 10 Jahre später, beginne ich zu verstehen, warum es damals für mich so schwer war, mich verstanden zu fühlen: ich bin wohl (emotional) hochsensibel und nehme die Welt sehr anders wahr als meine Mitmenschen. Das ist manchmal anstrengend für mich, eröffnet aber gleichzeitig zahlreiche "Extra-Kanäle", um die Welt besser zu verstehen, u.A. spüre ich unterdrückte Emotionen in anderen Menschen oder Gruppen. Eine Freundin drückte es unlängst so aus: du bist ein sehr besonderer Mensch; du erkennst Zusammenhänge die niemand anderer erkennt, aber checkst andere die jeder checkt wieder gar nicht. Tatsächlich (das fanden wir dann beim Durchgehen ihrer Beispiele heraus) verstehe ich oft Zusammenhänge dermaßen tief, dass sich dadurch ganz andere Möglichkeiten ergeben als sie sich einem fiktiven Durchschnittsmenschen auftun. Vieles ist damit für mich eben nicht selbstverständlich, was es für andere sein mag, und mein Verhalten irritiert damit (auch heute noch) zuweilen andere und führt dazu, dass ich mich unverstanden fühle (etwa wenn ich spüre dass jemand - unnötigerweise für eine Situation - seine Emotionen unterdrückt und ich überrascht bin dass derjenige ein für ihn und andere nicht zuträgliches Verhalten weiterführt, anstatt etwas daran zu ändern).


    Der Suizid ist für diejenigen, die ihn tatsächlich planerisch abwägen (was in deinem Fall zutreffen dürfte) meist kein simples "Ich habe keine Lust mehr", sondern oft auch eine Art von Handlung, aus der sie sich bestimmte Konsequenzen versprechen, etwa "wenn ich mir das Leben nehme und meine Eltern dann meinen Abschiedsbrief lesen, dann verstehen sie mich/dann merken sie erst, was sie verloren haben/..." Es sind oft erwünschte Konsequenzen, deren Eintreffen durch eine Fortführung des Lebens unwahrscheinlich bis unmöglich erscheint (wie es für mich eine Zeit lang unmöglich schien, dass sich am Verhalten meiner Mitschüler ohne meinen Tod etwas ändern könnte).


    Das mit den Eltern des Jungen ist eine schwierige Sache. Es kann sein, dass er zu dir/deinem Sohn besonderes Vertrauen hat und euch Dinge erzählt, die er sonst niemandem erzählt. Erzählst du nun etwas davon "weiter", kann es sein, dass er seine Haupt-Vertrauens-Person dadurch verliert weil er euch nicht mehr vertrauen kann. Gleichzeitig ist es auch eine enorme Verantwortung und Last, diese Person zu sein (ich habe das mehrmals durchgemacht und weiß daher, wovon ich spreche), das muss man sich schon zutrauen. Wenn du mit seinen Eltern sprichst, fände ich es am besten, vorher mit ihm zu sprechen (das kann theoretisch auch dein Sohn tun), um ihm zumindest davon Bescheid zu geben.


    Ich habe die Erfahrung gemacht, dass Kinder/Jugendliche, die von Selbstmord sprechen, ein relativ genaues Bild davon haben, warum sie diesen planen, und auch, dass die meisten Erwachsenen das Thema als Tabu-Thema wahrnehmen, was dazu führt, dass das (oft unvollständige) Bild der suizidgefährdeten sich oft erhärtet, weil es keinen kritischen Widerpart findet, der die Emotion und die Bedürftigkeit dahinter wahrnimmt und respektiert, gleichzeitig aber auch andere Wege aufzeigen kann, die Bedürftigkeit zu stillen. Ziel der darum gehenden Gespräche sollte es nicht sein, den Selbstmord zu verhindern, sondern zu versuchen, dem Kind/Jugendlichen zu ermöglichen, Verständnis für seine Bedürftigkeit erleben zu lassen. Dann kann es oft sogar reichen, dass der Suizidgefährdete erkennt, dass er mit seiner Bedürftigkeit nicht alleine ist, dass all die anderen mit den selben Problemen zu kämpfen haben wie er selbst auch, nur dass diese eben das nicht zeigen. Über Suizid zu sprechen ist auch ein Weg, über seine Bedürftigkeit zu sprechen, verbunden mit der Hoffnung, dass die jeweils anderen sich ebenso öffnen. Ich hatte damals das Glück, einige KlassenkollegInnen zu haben die mutig genug waren, mir auch ihre Innenwelten offenzulegen, so dass ich mich nicht mehr so alleine und verstandener fühlte. Der Junge sucht wohl verzweifelt eine ähnliche Erfahrung.


    Ein Bunterrichter

    Warum lässt du die Kids nicht selbst welche schreiben? Hab die Erfahrung gemacht dass die viel motivierter sind wenn etwas von ihnen selbst kommt. Ein Schüler von mir hat unlängst aus eigenem Antrieb "Überlebenstipps für die Schule" geschrieben, unter anderem:
    "In der Schule sind die Lehrer zwar nicht immer die Schlauesten, aber die Wichtigsten."
    Fand ich ziemlich witzig.


    Je nach Fähigkeiten der Kinder kann es auch sinnvoll sein, wenn du das Notieren übernimmst, damit die Ideen besser "fließen" können. Hab so mit einer 4. Klasse ein 8-seitiges Theaterstück geschrieben, einfach indem ich immer wieder Fragen stellte wie "Wie geht es eurer Prinzessin jetzt?", "Was denkt der Maulwurf wohl jetzt?", "Was wird die Hexe jetzt wohl tun?". War dann beim Auftritt der Erzähler der den Rahmen vorlas und mit der Gitarre "Stimmungsmusik" machte, die Kids spielten das Stück.


    Ein Bunterrichter

    Mögliche Lösungsansätze:


    - Die fehlenden Besetzungen erstreiten, die euch als Schule zustehen. Ich habe mal an einer freien Schule gearbeitet die in einem dreistöckigen Gebäude mit Garten aus Geldmangel pro Tag nur 4 Lehrkräfte bezahlen konnte, das bei 60 Schülern und einem relativ radikalen freien Konzept. Hat dazu geführt dass die Lehrkräfte immer wieder krank wurden weil die Belastung viel zu hoch war. Hab dann zwei Monate lang freiwillig und ohne Bezahlung Extra-Stunden gearbeitet, nach zwei Monaten wurds dann auch bezahlt, plötzlich war Geld da. Da wir leider einen etwas unfähigen Vereins-Vorstand hatten (aber ein tolles Lehrkräfte-Team), hat unsere Schulleiterin dann irgendwann nach vielen Monaten des Versuchs einvernehmlicher Lösungen den offenen Konflikt auch über die Vereins-interne Öffentlichkeit gesucht. Ich bin dann aus Gründen der Entfernung zu meiner Familie wieder von der Schule gegangen, und auch unser wirklich brillianter Supervisor wurde schwer krank, das Team hat dann die "Schlacht" verloren weil der Vorstand es durch formale Tricks geschafft hat, auch noch die Schulleiterin formal zu feuern. Wer die Rahmenbedingungen nicht bereitstellen kann, kann keine entsprechende Qualität verlangen, und zuständig dafür ist für mich der Schulerhalter.


    - Hier in Oberösterreich warten rund 800 Grundschullehrer verzweifelt auf eine Einstellung. Vielleicht werbt ihr mal auch großflächiger um neue KollegInnen.


    - "Singuläre Verantwortung", wie es unser brillianter Supervisor ausdrückte. Wer sein Herzensprojekt weiterführen oder ein neues anfangen will, ist alleinig (!) für die Durchführung verantwortlich. Andere können dazukommen und helfen, aber wenn die ausfallen bleibt der Hauptverantwortliche derjenige der es durchziehen muss. Sollte nach einigen Monaten zu einer natürlichen Anpassung an tatsächliche Energiereserven führen.


    - Einbindung Freiwilliger. An freien Schulen ist es üblich, auch willige Eltern oder andere externe Personen einzubinden. Natürlich muss dabei rechtlich und organisatorisch einiges geklärt werden, aber wenn das gut gemacht wird kann einerseits das Kollegium entlastet und andererseits eine spannende Wechselwirkung erzeugt werden. Dies gilt wahrscheinlich weniger für das Kerngeschäft des Unterrichtens (auch wenn es an freien Schulen auch dabei gute Erfahrungen gibt), aber vor allem für diverse Projekte kann es durchaus sinnvoll sein, auch mit Freiwilligen zu arbeiten. In meiner aktuellen Arbeit übernehmen etwa Freiwillige (großteils Stundenten, Pensionisten) den Löwenanteil der Lernhilfe, ich bin der einzig hauptamtlich angestellte als Leiter, das klappt ganz gut so.


    - Einbindung der Kinder. Auch an einer Grundschule können die Kids schon relativ viel selbst leisten und profitieren neben einem gesteigerten Selbstbewusstsein auch in vielen anderen Bereichen davon, auch für andere mitzuarbeiten, solange es freiwillig passiert (sonst kratzt du gefährlich an Kinderarbeit). An der freien Schule an der ich bisher am längsten war hätten die Kids zu 70-80% die Schule auch alleine führen können.


    Ein Bunterrichter

    Wenn es um einen Fall geht, wo jemand offensichtlich schriftlich festgehaltene (!) Regelungen oder sogar Gesetze bricht, bist du auf Sach-Ebene im Vorteil. Wenn du das klar ansprichst (im Idealfall in einer 4-Augen-Situation weil Menschen erfahrungsgemäß in der Gruppe viel mehr auf ihr Ego achten und weniger zugänglich sind), können mehrere Dinge passieren:
    - der andere akzeptiert, dass er tatsächlich einen Fehler gemacht hat (selten, aber doch)
    - er kann dir nachweisen, dass du einen gemacht hast (kann ja auch passieren)
    - man kann gemeinsam feststellen, dass Formulierungen unklar sind und man sie unterschiedlich interpretieren kann. Logische Folge für mich wäre dann, die Formulierungen so zu überarbeiten dass sie unmissverständlicher werden. Erfahrungsgemäß wehren sich da viele Autoritätspersonen gerne dagegen. Meine Vermutung ist dass sie diese Unsicherheit gerne haben weil unklare Verhältnisse tendenziell eher Autoritäten nutzen. Zumindest in zwei konkreten Fällen bin ich mir ziemlich sicher, dass meine jeweilige Schulleitung sich weigerte etwas (schriftlich) zu konkretisieren weil sie dann "festgenagelt" werden könnte. Einfache Strategie, da Druck aufzubauen: "Solange die Formulierung nicht klargestellt ist, agiere ich (!) so wie ich sie verstehe". Zwingt die SL fast zum Konflikt, entweder akzeptiert sie deine Auslegung, sie muss konkretisieren wenn sie einheitliche Regelungen will oder sie wird versuchen, dich loszuwerde. Passiert letzteres kannst du dich auch gleich nach einer anderen Schule umsehen. Zumindest hier in Österreich sind die SL üblicherweise bis in mehrere Hierarchieebenen freundschaftlich vernetzt, da hast du als einfacher Lehrer völlig unabhängig davon ob du im Recht bist oder eine SL sogar nachweislich illegal handelt kaum Chancen. Wie gesagt, ich habe das einmal durchgezogen (und gewonnen), aber im Nachhinein betrachtet ist für mich fraglich ob es die 4 Monate Psychoterror von Seiten der Schulleitung und ihrer Verbündeten im Kollegium wie auch auf Inspektorebene wirklich wert waren, das war durchaus eine traumatische Erfahrung derart (und an sich grundlos) gehasst zu werden.


    Ich finde es interessant, dass du einerseits über deine Kollegen schreibst dass sie die Prozesse nicht übersehen würden wie du, sie andererseits aber auch verteidigst. Immerhin hat unabhängig aller formalen Machtverhältnisse jede Führungskraft nur so viel Macht, wie ihr die ihr Untergebenen "überreichen". Ich kann mir - deiner Beschreibung nach - kaum vorstellen, dass keiner in deinem Kollegium diese Prozesse mitbekommt, was für mich eher darauf schließen lässt dass deine Kollegen nicht allzu mutig sind was Veränderungsprozesse anbelangt. Alleine hast du faktisch kaum Chancen. Such dir Verbündete, sprich am besten davon wie es dir geht und über systemische Schwierigkeiten, nicht über Personen, dann erhöhen sich die Chancen dass sich tatsächlich etwas "rührt", und fang bei den "einfacheren" Fällen an, es ist leichter Wackelkandidaten zu überzeugen wenn schon mehrere "im Boot" sind. Im Idealfall hast du auch jemandem im Außen, der mit der Materie vertraut ist aber nicht direkt im System ist, der dir/euch hilft, Perspektive zu bekommen. Dass Supervision "zu teuer" ist mag die SL behaupten weil sie auch ein Eigeninteresse daran hat dass sie nicht stattfindet, faktisch ist Supervision als Gruppe relativ einfach auch selbst zu organisieren und zu bezahlen wenn es sein muss. Die paar Euro sollten euch eure (psychisch/seelische) Gesundheit wert sein. Ich glaube, dass es zumindest in Österreich auch Fördertöpfe für Supervision für Lehrer gibt, vielleicht auch in Deutschland? Auch Lehrervertreter könnten da Ansprechpartner sein, wobei es da möglicherweise schlau wäre zu den "kleineren" Lehrervertretungen zu gehen. Die Inspektoren hier in Ö zumindest sind sowohl mit SL als auch mit den Lehrervertretungen gut vernetzt, da werden rasch mal Informationen ausgetauscht. Kleinere Lehrerverbände haben eher ein Eigeninteresse an kritischen Stimmen als die Großen, die ja (als Partei) zumindest hier in Österreich auch Inspektoren und Direktoren stellen.


    Ich hatte damals das Glück, einen Lehrervertreter einer kleinen Lehrergewerkschaft kennenzulernen der mich durch den Prozess begleitet hat und v.A. auch als Rückfragemöglichkeit gedient hat was Schulrecht usw. angeht, weil ich teilweise gar nicht glauben konnte was da an deutlich Illegalem abging und ich mir nicht sicher war ob ich mich nicht irre weil es gar zu dreist wirkte. Er hat mir damals auch den Tipp gegeben, alles was passiert ist mit Datum und wo vorhanden auch Uhrzeit aufzuschreiben, und zwar in einer Form die nicht anfechtbar ist (also keine Interpretation, nur - nachweisbare - Fakten). Hab dann an einem Wochenende 15 Seiten anhand meiner Aufzeichnungen zusammengeschrieben und das Ergebnis mit dem Wikipedia-Artikel über Mobbing verglichen, da ging mir dann ein Licht auf. Ich glaube bis heute nicht, dass es eine persönlich gegen mich gerichtete Intention meiner SL war damals, sondern dass rein systemisch an jener Schule (und auch an allen anderen Regelschulen an denen ich bisher war) Mobbing die fast logische Konsequenz der schulinternen Strukturen und Hierarchien sein musste, sobald es sich um eine eher unreflektiertere SL handelt die dies nicht erkennt und aktiv angeht. Deine Beschreibung klingt auch sehr ähnlich was das anbelangt. Mir hat es damals sehr geholfen, die SL (für mich, ich habe das ihr gegenüber natürlich nicht so angesprochen) nicht als bösartig sondern nur als sehr, sehr unfähig zu betrachten. Das nimmt die persönliche Betroffenheit ein Stück weit raus - und entspricht in den meisten Fällen wohl auch mehr der Wahrheit.


    Ein Bunterrichter

    Wer sich nicht in völliger Isolation befindet, dessen Handeln hat immer auch Konsequenzen auf die Situation und damit die Handlungsspielräume anderer. Als Einzelperson oder Gruppe können die Konsequenzen der Handlungen anderer bis zu einem gewissen Grad durch eigenen Einsatz ausgeglichen werden, aber eben nur bis zu einem bestimmten Punkt, ab dem man selbst in Überforderung gerät und dann (oft auch versehentlich) Handlungen setzt, die wiederum andere den Handlungsspielraum einschränkt und damit konstruktives Handeln erschwert. Was nun sehr oft passiert, wenn Gruppen zusammenkommen, ist dass die Unfähigkeit eines Einzelnen, mit Druck umzugehen, durch eine Art Domino-Effekt auf andere ausgelagert wird. Interessanterweise wird die Verantwortung für die notwendige Selbst-Disziplin, die diesen Effekt verhindert, üblicherweise nicht auf diejenige Personen zurückgegeben, die Verursacher der Miserie sind (in dem Fall wohl eure SL). Oder - wie in diesem Fall - es wird ihr eine Verantwortung von euch Lehrern zugewiesen, der sie offensichtlich nicht nachkommen kann oder will, und ihr setzt keine Konsequenzen durch euer eigenes Handeln. Ich habe unlängst für mich einen schönen Begriff dafür geschaffen: "Die Tendenz zur Machtlosigkeit".


    Wenn eine Gruppe oder eine Einzelperson der Tendenz zur Machtlosigkeit erliegt, so ist es immens wichtig, dass sie an der Wiederherstellung ihrer eigenen Handlungsfähigkeit arbeitet, anstatt - vergeblich - darauf zu hoffen, dass jemand anderes sich erwartungsgemäß oder notwendig verhält. Das kann etwa bedeuten, sich mehrere mögliche Lösungsstrategien zurechtzulegen und diese dann nach Wenn-Dann-Schematas abzuhandeln. Wichtig sind konkrete Zeiträume, etwa nach dem Muster von "Ich versuche X, wenn sich mein Kontakt Y nicht bis zum (Datum) bei mir zurückgemeldet/seine unterstützende Aufgabe erledigt hat, werde ich Z tun". Dabei ist es essentiell, dass vorgesehene handelnde Personen in diesem "Plan" auch tatsächlich verlässlich handeln, auch oder vor allem wenn es bedeutet dass als handelnde Person am Ende nur man selbst übrig bleibt.


    Das kann in letzter Konsequenz auch bedeuten, dass du "kündigst, wenn Person X nicht bis (Datum) Y erledigt", und die Ankündigung für deinen eigenen Seelenfrieden auch durchziehen wirst. Wenn du es schlau angehst und die betroffenen Personen auch vorher schon mehrfach durch das Durchziehen deiner Ankündigung zu verstehen gibst dass du es ernst meinst, sollte das jedoch gar nicht notwendig sein.


    Logischerweise macht es Sinn, sich auch selbst rechtzeitig die Voraussetzungen zu schaffen, die eigenen angekündigten Handlungen auch umsetzen zu können.


    Für die spezielle Situation zusätzlich: Nein sagen lernen. Wenn die SL verlangt, dass du bei Kollegin B hospitierst und dich einspannen will, schädigendes Verhalten an den Tag zu legen - gewaltfreier Widerstand. Für mich war die rote Linie immer dort erreicht, wo ich nicht nur ein Verhalten anderer nicht guthieß, sondern gezwungen werden sollte, selbst zum Täter zu werden. Hat mir mehrere Anstellungen gekostet, aber das war mir meine eigene Integrität wert. Oft reicht es, wenn ein Mensch in einer Gruppe dies umsetzt, um das schädigende Verhalten innerhalb kürzester Zeit ganz aus der Gruppe zu verbannen. Nicht so mutige müssen die Erfahrung machen, dass andere sich wehren und sich ihre irrationalen Ängste was dann wohl passieren könnte eben nicht bewahrheiten. Eine Warnung: du machst damit auch die Machtlosigkeit der SL (oder allgemein der Autorität) sichtbar, deine Freundin wird sie dadurch nicht werden. Aber das ist eben der Unterschied zwischen dem Wunsch zu gefallen und dem Wunsch, das Richtige zu tun.


    Ein Bunterrichter


    P.S.: Ich habe diese Prinzipien an einer Schule bis zum Landesschulinspektor durchgezogen (und Recht bekommen), an einer anderen Schule bis zu meiner eigenen Kündigung - und bin froh darüber. Mittlerweile bin ich selbst Leiter einer Sub-Organisation die mit Kindern und Jugendlichen arbeitet.

    Wenn du davon ausgehst, dass es auch viel mit Schüchternheit oder Unsicherheit zu tun hat und du auch selbst im Sinne des Stoffdrucks entspannt bist: Paradoxe Intervention. Frage nach Wegen, wie man eine Aufgabe so richtig falsch lösen kann, frage nach absurden Antworten, stelle die Aufgabe, sich nicht als erster zu melden, wenn man eine Antwort weiß (wie lang hält jeder nichts-tun aus?), da sind der Kreativität kaum Grenzen gesetzt. Positiver Nebeneffekt: über das Ausloten absurder und falscher Lösungsansätze a) lernen die Kids a) kreative Zugänge und nebenbei auch noch b) dass es mehr gibt als richtig/falsch.


    Ist halt möglicherweise auch typsache ob du sowas bringen kannst, aber ich und die Kids hatten da immer Freude dran. Eine Abwandlung davon war das "lustige Fehlersuchen", bei dem ich aus Texten der Kinder die absurdesten Fehler 1:1 (nebst ihrer Anzahl/Satz oder Wort) rausgeschrieben habe und sie durften dann gemeinsam die Fehler entdecken und darüber gemeinsam darüber lachen wie absurde Sachen man manchmal schreiben kann. Wichtig ist dabei natürlich dass ein jeder versteht dass es nicht darum geht, die Autoren auszulachen sondern ein Bewusstsein für Sprache zu entwickeln. Humor ist - richtig angewendet - nämlich die rascheste Rechtschreibprüfung. Hab innerhalb kürzester Zeit sogar einen Legastheniker (laut Befund) dazu gebracht, über seine eigenen Fehler lachen zu können (und sie damit selbst zu entdecken und auszubessern).


    Wie schon von anderen geschrieben wurde: das Aufdecken der realen Leistungen ist nicht gleichbedeutend mit einer Bloßstellung, sondern was du dann mit dieser "Wahrheit" anfängst bzw. zulässt dass die anderen damit anfangen.


    Ein Bunterrichter

    Ich habe auch die Erfahrung gemacht, dass Kinder unterschiedlich gut darauf anspringen, jedoch auch jene dass dies (nach bisheriger Erfahrung) offenbar zu einem guten Teil an ihren eigenen Vorerfahrungen mit Selbst-Disziplin und Selbst-Ständigkeit liegt - wer darin geübter ist, kommt besser damit zurecht. Das heißt nicht, dass es nicht ein jeder bis zu einem ausreichenden Grad erlernen kann.


    Unterscheiden muss man hierbei denke ich allerdings sehr stark zwischen einem selbstständigen Abarbeiten von trotzdem vordefinierten Aufgaben (also wieder einem Re-Produzieren) und einer Nutzung der erlernten oder zu erlernenden Fähigkeiten, um produktiv etwas zu schaffen/tun, was subjektiv und intrinsisch bedeutsam ist. Ich arbeite aktuell gerade nicht in einer Schule aber trotzdem mit Kindern und Jugendlichen, und es ist für mich sehr interessant zu beobachten, dass die meisten dieser Kinder offenbar überhaupt nicht verstanden haben, dass sie die in der Schule verlangten Werkzeuge auch einsetzen könnten, um subjektiv Bedeutsames zu schaffen. Geschichten zu schreiben ist für sie gleichbedeutend mit Geschichten zu schreiben, die sie eben nicht betreffen. Ich habe unter diesen Kindern beispielsweise auch zwei noch sehr junge Brüder aus Syrien, der ältere hat den jüngeren auf der Flucht vor dem Ertrinken gerettet, der jüngere der beiden wäre beinahe auf einen Panzer zugerannt und wollte ihm sein selbst-erfundenes ein Panzer-Lied vorsingen. Langsam beginnen die nun, das Schreiben, Erzählen usw. auch als eine Möglichkeit des produktiven Ausdrucks für sich selbst zu entdecken, und eine für mich sehr häufige Erfahrung wiederholt sich: sobald dieser Zusammenhang von Kindern erkannt wurde, fangen sie früher oder später von sich aus an produktiv zu werden und sind oft kaum mehr aufzuhalten. Ab dem Zeitpunkt brauchts kaum mehr externe Motivation, die beißen sich durch die schwierigsten Probleme durch wenn sie es für notwendig halten. Aber zu dieser ersten elementaren produktiven Erfahrung, zu der muss man ihnen manchmal eben verhelfen.


    Ein Bunterrichter

    Ich habe mich während der Ausbildung immer gewundert, was da von Individualisierung erzählt wurde, und wie von einem als Lehrer mittlerweile fast verlangt werden würde, man müsse für jedes einzelne Kind individuell individualisieren. Meine Verwunderung kam daher, dass für mich jedes einzelne Kind ohnehin ein Individuum ist, für das nicht mehr individualisiert werden braucht.


    Das Grundproblem liegt für mich in einem hemmenden Rollenverständnis des Lehrers: er produziert/beschafft, was die Kinder re-produzieren sollen. Damit steigt natürlich der Arbeitsaufwand ganz massiv, je mehr unterschiedliche Aufgaben usw. er beschaffen/produzieren muss. Ich habe das Problem für mich auf zwei ganz einfache und nebenbei arbeitssparende Arten gelöst:


    - es gibt einen großen und übersichtlichen Pool an Arbeitsaufgaben über alle Klassen hinweg, außerdem eine Art Übersicht des Stoffs über alle Klassen hinweg und durchdefiniert als Prüfungen. Fühlt sich ein Kind kompetent genug, eine Prüfung anzustreben, kann es sich an der Prüfung versuchen, schafft es sie, super, wenn nicht, auch kein Problem. Da die Prüfungen allgemein durchdefiniert sind kann ich anhand dieser "Blaupausen" jederzeit innerhalb von wenigen Minuten neue, ähnliche Prüfungen erstellen, so dass zahlreiche Versuche leicht möglich sind. Wer das will kann über das Jahr gewisse Prüfungen auch verpflichtend und gemeinsam (zusätzlich) verlangen, um irgendwann alle auf den gewollten Stoff zu bringen.


    - die Kinder mitproduzieren lassen! Die haben ziemlich viel Freude dran, sich gegenseitig Aufgaben zu erfinden, und da sie - wenn man sie als Individuen betrachtet - ohnehin alle unterschiedlich gut in allem sind, gibts im Grunde auch immer jemanden, der als "relativer Meister" für den anderen dienen und ihm eine fordernde Aufgabe erfinden kann.


    Als ich so ein System zum ersten Mal ausprobiert habe hatten die Kids verschiedener Klassenstufen (es war eine gemischte Klasse) innerhalb eines Monats den jeweiligen Jahresstoff ihrer Klasse in Mathe durch (ich hab damals nur in Mathe so angefangen). Nur so als Ausblick drauf, was da möglich wird.


    Ein Bunterrichter

    Meine Stiefmutter war früher Religionslehrerin und hat sich nach Jahrzehnten von ihrem Ex-Mann scheiden lassen, der massiver Trinker war und sie und ihr schwerstbehindertes Kind regelmäßig (auch körperlich) misshandelt hat (Ich kenne ihn nicht, nur ihre Perspektive). Daraufhin hat sie nicht mehr als Religionslehrerin unterrichten dürfen, weil sie sich scheiden lassen hat. In jener konkreten Situation etwa kann ich durchaus verstehen, warum man die Auslegung der Reglungen seltsam findet.


    Das Argument, dass man sich ja für den Beruf als (Religions-)Lehrer entschieden hat ist ein etwas problematisches, da die Bereitschaft, Religion so zu unterrichten "wie man sollte" sich ja mit den Jahren und den eigenen Lebenserfahrungen ebenso ändern können wie die Bereitschaft, den Partner "in guten wie in schlechten Zeiten" zu lieben. Bin ich als Ehefrau auch dann noch an mein Gelübde gebunden, wenn man Partner mich regelmäßig vergewaltigt? Bin ich als Religionslehrer auch dann noch gebunden an die Lehre, wenn ich aufgrund meiner Lebenserfahrung Lücken oder gefährliche Aussagen entdeckt habe?


    Im Grunde betrifft die Problematik ja nicht nur den Religionsunterricht, sondern alle Lehr-Inhalte oder vielmehr Lehr-Gebäude, die man sich zu unterrichten erklärt, da sie in gewisser Weise alle auf Glaubens-Sätzen basieren. Viele davon sind erfahrungsmäßig "nachprüfbar", aber wie viele Mathematik-Lehrer a) haben alles, was sie unterrichten, zumindest einmal selbst nachvollzogen und b) können mit Sicherheit nachweisen, dass das was sie tun aus dem Grund funktioniert, aus dem sie glauben, dass es funktioniert?


    In gewisser Hinsicht bewegt sich jeder Lehrer ein Stück weit immer innerhalb einer Art von Ideologie, die er nur bis zu einem gewissen Punkt hinterfragen kann, ohne seine Existenzberechtigung als Vermittler dieser Ideologie aufzugeben (freiwillig, indem er kündigt, oder unfreiwillig, indem er entlassen wird).


    Auch wenn das an vielen Schulen meiner Erfahrung nach nicht allzu gern gesehen wird, den Kindern unabhängig vom Fach kritisches Denken und das wertfreie Wechseln in verschiedene Perspektiven zu lehren und vorzuleben, schützt sie ganz gut vor hirnloser Indoktrination in jeder Hinsicht. Das kann man im Deutsch-Unterricht, im Mathematik-Unterricht wie auch in Religion und allen anderen Fächern machen. Und dann eben in Religion beispielsweise ein Dogma das man selbst in Frage stellt mit Perspektiven anderer Religionen oder Philosophen wertfrei nebeneinander stellen und dann diskutieren warum verschiedene Menschen das verschieden sehen (und damit ganz glücklich sein) können wo es doch angeblich nur einen Gott und eine richtige Lehre gibt. Die Kids kommen da meist selbst auf ganz interessante Fragestellungen, und wenn du ihnen erstmal beigebracht hast schwierige Fragen zu stellen hast du (und haben sie) gewonnen.


    Ein Bunterrichter

    Mir ist irgendwann aufgefallen, dass in jeder Schulklasse, in der ich unterrichtet habe, mindestens ein Kind drin saß, dass ich als emotional hochsensibel bezeichnen würde. Das bedeutet - in einfachen Worten erklärt - dass das Kind die Emotionen anderer Kinder (und Erwachsener) mit einer Art 6. Sinn spüren kann. Das Problem ist, dass ein kleines Kind die Herkunft dieser Emotionen normalerweise noch nicht zu unterscheiden gelernt hat und damit sehr rasch mit Emotionen "überladen" wird. Was dann passiert: so eine Art emotionales Zentrum im Gehirn (?) schaltet sich - aus Sicherheitsgründen - ab und das Kind zieht sich entweder sehr in sich selbst zurück oder rastet (möglicherweise auch als Vorstufe) völlig aus, verletzt andere usw. Besonders problematisch sind eigene und fremde Emotionen, die noch weitgehend im Unterbewusstsein dahindämmern, weil v.A. andere nicht bereit (oder fähig) sind, diese als ihre anzuerkennen. Emotional hochsensible Kinder fühlen sich in den meisten Fällen völlig unverstanden, weil sie sich nicht vorstellen können, dass andere nicht nachvollziehen können was sie wahrnehmen, und dass es neben "den 5 Sinnen" die sie in der Schule lernen noch weitere geben mag die ihre schwierige Situation auslösen.


    Ich habe ca. 25 Jahre gebraucht, bis ich mit der Hochsensibilität ein Vokabular gefunden habe, zu beschreiben, was ich auch als Kind schon immer wahrgenommen habe. Emotionale Hochsensibilität ist ein Riesen-Geschenk, eine Gabe, wenn man lernt, sie zu nutzen, aber auch ein für den Durchschnittsmenschen kaum nachvollziehbarer Fluch.


    Vor einigen Monaten hatte ich in einer Klasse wieder mal einen 1.Klässler, der andere Kinder ständig schlug (auch wirklich brutal), bei dem Gespräche mit der Mutter (laut der Klassenlehrerin) nichts fruchteten, der tagtäglich ermahnt und zurechtgewiesen wurde. Mir ist dann aufgefallen, dass er sich oft unter den Tisch gesetzt hat und dort dann ruhig wurde. Die Klassenlehrerin hat ihn dann immer zurechtgewiesen er solle gefälligst normal sitzen, aber ich habe ihn da unten gelassen. Von dort aus fühlte er sich offensichtlich sicherer, abgegrenzter, und konnte auch dem Unterricht folgen. Die anderen Kinder haben längst wahrgenommen, dass er besonders war, und haben es rasch akzeptiert. Irgendwann habe ich ihn mal am Gang draußen für eine kleine Aufgabe alleine gehabt und hab ihn gefragt, ob es für ihn anstrengend sei, unter vielen Menschen zu sein, und er sah mich völlig aufgelöst an und nickte. Möglicherweise hat er damals zum ersten Mal in seinem Leben jemanden getroffen, der ihn wirklich verstanden hat.


    Solche Kinder (wie auch Erwachsene) brauchen Möglichkeiten, sich abzugrenzen, dann können sie sich konzentrieren. Sie sind - bei "artgerechter Haltung" oft die sozialsten Menschen, die man sich vorstellen kann, weil sie ganz genau spüren, wie es den Menschen um sie geht, und oft aufgrund dieser Empathie, die sie gar nicht abstellen können, besonders bemüht, für Harmonie und gute Gefühle in ihrer Umgebung zu sorgen. Üblicherweise haben sie auch den Hang, sich für das Wohlergehen alle anderen um sie verantwortlich zu fühlen, was natürlich gerade bei kleinen Kindern sehr schwierig sein kann wenn sich etwa die Eltern ständig streiten. Sie sind oft - im Einzelgespräch, wenn sie sich emotional genügend abgegrenzt fühlen - auffallend erwachsen und reflektiert in ihren Ansichten.


    Natürlich muss das nicht heißen, dass dein Fall ähnliche Ursachen hat, aber es lohnt sich möglicherweise, auch diese Möglichkeit auszuloten.


    Ein Bunterrichter

    finde ich einen guten Ansatz. Aus meiner eigenen Schulzeit weiß ich noch, dass ich meistens Spickzettel für die Klasse geschrieben habe. Habe die dann aber - meiner Erinnerung nach - nie bei einer Klausur benutzt weil ich alles, was ich auf so geringem Raum zusammenfassen musste, dann ohnehin verstanden habe, bzw. habe ich mir irgendwann eine "Schaun wir mal was passiert"-Haltung angewöhnt und Klausuren mehr als persönliches Feedback für mich selbst angesehen denn als schlimme Situation die jetzt über mein Leben entscheidet.


    Wenn jetzt bestimmte einzelne Schüler schummeln ist das eine Sache, wenn aber der Großteil einer Klasse regelmäßig versucht sich durchzuschummeln so stellt sich die Frage ob es wirklich an den Schülern liegt. Einige Ansatzpunkte:
    - es wird ihnen zu leicht gemacht zu schummeln. Dazu wurde weiter oben schon viel geschrieben.
    - sie haben das Gefühl, es ohne schummeln gar nicht schaffen zu können. Lässt Rückschlüsse auf die Effizienz des eigenen Unterrichts bzw. mangelhafte Feedback-Kultur zwischen Schülern und Lehrern zu, bzw. auf die Angst der Schüler, dass für ein Zugeben des Noch-nicht-verstanden-Habens kein Platz ist.
    - Sie haben noch nicht verstanden, warum es sinnvoll sein kann, auch ohne zusätzliche Hilfsmittel (Handy usw.) etwas zu können. Ist ja im Grunde eine gesamtgesellschaftliche Diskussion gerade ob es überhaupt noch Sinn macht, so vieles auswendig zu lernen/zu können wenn man ja bei Bedarf auch später alles über Google/How-To-Anleitungen nachlernen kann. Also die Fragestellung von "Warum soll ich das genau jetzt lernen wenn es mich a) nicht interessiert/nichts angeht und b) ich es ohnehin jederzeit nachlernen kann wenn ich es doch mal brauchen sollte?" Ist für mich an sich eine sehr berechtigte Fragestellung, die - wie ich vermute - bisher in der Klasse noch nicht thematisiert wurde.


    Ein Bunterrichter

    Was in solchen Situationen immer sehr gut ist: aufschreiben, was passiert ist. Erstens für dich, andererseits aber auch um etwas in der Hand zu haben wenn der Konflikt dermaßen eskaliert dass eine Instanz von außen zu beurteilen hat was passiert ist und wer denn nun Recht hat. Im Idealfall mit Datum und - wo möglich - sogar Uhrzeit.


    Ich habe das nach einigen Monaten Psychoterror mit einer Kollegin/Direktorin/Inspektorin auf Anraten eines (mittlerweile) befreundeten Lehrervertreters gemacht und dann zufällig - weil ich mich gerade mit dem Thema beschäftigt habe - mit dem Wikipedia-Artikel über "Mobbing" verglichen: war im Grunde 1:1 die gleiche Geschichte. Der Artikel war auch sehr aufschlussreich weil darin beschrieben wurde welche Strukturen Mobbing begünstigen bzw. wie sich die Opfer fühlen, und ich habe da sehr viel wiedererkannt. Spannend war für mich auch, dass die Beteiligten in meinem Fall meines Erachtens nicht aus Bösartigkeit so agiert haben sondern aus Unfähigkeit und Überforderung.


    Als das ganze dann völlig eskaliert ist hatte ich eine Art Dokumentation des Ganzen bei der Hand und gewann - überraschenderweise - den Kampf, der sich bis zum Landesschulinspektor hinaufzog.


    Es gibt für die meisten beruflichen Rollen Definitionen die Anforderungen usw. begrenzen, wobei sich - vor allem überforderte Menschen - dann auch mal nicht daran halten können. In manchen Fällen reicht es, da klare Grenzen für sich selbst zu setzen, manchmal führt das aber auch nicht zum Ziel weil es nur dazu führt, sich ständig abgrenzen zu müssen und damit kaum mehr Energie für irgendetwas Anderes übrig zu haben. Eine ehemalige Freundin von mir dürfte Borderlinerin sein, und die Dame ist auf Dauer für ich einfach zu anstrengend. Sie kann sich gegenüber Entscheidungsträgern in Unternehmen usw. jedoch meist sehr gut darstellen was es schwer macht, solche Menschen aus ihren Machtpositionen zu entfernen. Es kann sein, dass du es bist, der seine Position verändern muss, um aus dem Schmarrn herauszukommen. In meinem Fall bin ich damals nach wenigen Wochen aus unserer gemeinsamen Wohnung ausgezogen weil ich nicht wahnsinnig werden wollte. Hat mich finanziell, emotionell usw. Unmengen gekostet, aber war notwendig. Die eigene (psychische) Gesundheit ist ein nicht zu unterschätzendes Gut - pass dir gut darauf auf.


    Ein Bunterrichter

    Ich hab das damals so gelöst dass ich den Schülern wie den Eltern ziemlich zum Anfang vom Jahr genau aufgeschlüsselt habe, was wie viel zur Note zählt, und zwar so, dass sie das sogar selbst nachrechnen können - abgestimmt mit der Schulleitung.


    Jeder benotete Test und jede Schularbeit wurde von mir im Vorfeld durchdefiniert nach Aufgaben und Bewertungsschlüssel, und dann gab es jeweils mindestens einen Testlauf schon bevor wir die jeweiligen Themen/Fähigkeiten überhaupt durchgenommen haben. Damit wussten die Kinder immer was sie erwartet und auch wie dieser Test/diese Schularbeit bewertet wird. Sie konnten damit auch schon vor dem eigentlichen Test auf mögliche unlogische Beurteilungskriterien hinweisen.


    An einem Elternabend haben die Eltern das System sehr gelobt weil sie meinten es wäre das erste Mal dass sie das Gefühl hätten die Notengebung sei nachvollziehbar (ich kam damals neu an die Schule). Beschwerden gab es genau von einer Mutter, die die Parallelklasse leitete und ihren Sohn in meiner Klasse hatte. Sie meinte, ein Teil des Benotungssystems bei einer jener Ausprobier-Schularbeiten sei unlogisch und ihr Sohn sei doch nur 1 Punkt von der besseren Note entfernt und er wäre so traurig, ich solle ihm doch die bessere geben um ihn zu "motivieren".


    Ich habe ihr dann in einem Punkt Recht gegeben dass ein kleiner Teil der Beurteilung noch nicht gut nachvollziehbar war und den geändert sowie am nächsten Tag die Kinder, die davon betroffen sein könnten, gefragt ob sie eine Neu-Beurteilung nach dem aktualisierten System wollen (diese Ausprobier-Schularbeiten zählten zwar nichts zur tatsächlichen Note aber trotzdem wollten 3 Schüler dass ich das bei ihnen mache, was ich auch gemacht habe). Dass ich einem Schüler mehr Punkte schenken soll weil er "traurig ist" oder ihr Sohn ist oder wasauchimmer habe ich freundlich abgelehnt weil ich mir nicht Tür und Tor für Beeinflussung und Ungerechtigkeit öffnen wollte, und tatsächlich hatte auch der Schüler selbst überhaupt kein Problem mit der Benotung wie ich später herausfand, da es sich ja ohnehin um eine Beurteilung handelte die gar nicht zu irgendeiner Note zählen wurde. Bei der richtigen Schularbeit (nach 5-6 Probe-Durchläufen, 1x/Woche) war die ganze Klasse bei gleichem Beurteilungsschema dann massiv besser geworden.


    Die Mutter/Kollegin schaffte es dann tatsächlich, bei meiner Schulleitung derart gegen mich Stimmung zu machen dass ich von der Schule flog ohne dass ich überhaupt mitbekam dass das von ihr ausging (sie grüßte mich tagtäglich freundlichst). Aber da halte ich die Schulleitung für etwas unfähig mit der Situation umzugehen, nicht mein Verhalten gegenüber der Kollegin/Mutter.


    Wenn es ein klares und transparentes System zur Notengebung gibt hast du damit eine Art Sach-Ebene, auf die du dich als gemeinsame Basis beziehen kannst. Konstruktive Kritik an dieser Sachebene kann dann zur Weiterentwicklung führen, und Kritik an deiner Person ohne erkennbaren sachlichen Hintergrund kannst du damit gut an dir vorbeirauschen lassen.


    Ein Bunterrichter

    Hallo und vielen Dank für eure Rückmeldungen!
    Erst mal - es geht um die Bildungsgangleitung, also jemanden, der mir gegenüber eigentlich wohl nicht weisungsbefugt ist, wie ich letztens erfahren habe. Das Team besteht aus ca. 8 Lehrerinnen. Die sind ruhig, da sie auch z.T. sehr wenige Stunden in dem Bildungsgang haben. Mit einer Kollegin bin ich im Austausch, der geht es genau so, die macht auch manchmal den Mund auf (super, die Frau!!). Leider wird sie den Bildungsgang verlassen... ich kenne die Gründe nicht, ich vermute aber nicht, dass es an meiner Chefin liegt, denn die Kollegin fühlt sich sehr wohl bei uns.
    Ja, den Mund aufmachen ist richtig. Aber es ist unglaublich schwer, weil ich ganz oft überhaupt nicht weiß, was rechtens ist und was nicht. Wenn ich werweißwas ausdrucken muss, um der Konferenz gut folgen zu können, kann ich mich dann dagegen wehren? Darum geht es aber eigentlich gar nicht - es geht eher um ihre Überzeugung, dass alle anderen diesen Arbeitsaufwand mit tragen. Die ganzen Kopien und Aufgaben etc. sind ja nur die Folge daraus.

    Finde als erstes heraus, was rechtens ist oder nicht. Damit gewinnst du eine Sachebene, auf die du dich im Zweifelsfall berufen kannst. Betriebsrat/Lehrervertretung sollte da helfen können, wenn du dich mit (Schul-)Gesetzen an sich alleine überfordert fühlst. Die meisten meiner ehemaligen Studienkolleginnen werden von ihren Vorgesetzten schikaniert weil sie eben auch nicht wissen was eigentlich erlaubt ist und was nicht, und (unfähige) Vorgesetzte versuchen gerne, wie weit sie mit dir gehen können.


    Allerdings ist die Rechtslage auch mit Vorsicht zu genießen. Ich habe mehrmals gegenüber Schulleiterinnen mit Rechtslage/Lehrplan argumentiert woraufhin ich bisher in allen Fällen massive Probleme bekommen habe weil diese die Rechtslage nicht akzeptieren wollten. Hab das einmal über 4 Monate bis hin zum Landesschulinspektor (3 Hierarchieebenen über mir selbst) durchgekämpft, bis endlich mal jemand aufgetaucht ist der das Schulrecht nicht nur als Waffe sondern auch als Verhandlungsbasis zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer angesehen hat. Habe am Ende auch gewonnen weil ich von Anfang an im Recht war, aber hatte dafür 4 Monate massiven Psycho-Terror durchzustehen.


    Es hilft übrigens ganz massiv, wenn du dich innerlich frei machen kannst von der Angst, keine Alternative zur aktuellen Arbeit finden zu können. Niemand kämpft gut und fair, wenn er um seine Existenz zu kämpfen glaubt.


    Ein Bunterrichter

    Anmerkung: Ich bin Österreicher, möglicherweise lässt sich nicht alles 1:1 auf Deutschland umlegen.


    Als erstes möchte ich hier mit einigen "Mythen" aufräumen:


    - Es ist keineswegs so, dass jemand, der als Lehrer mit seiner Rolle unglücklich war, in einer anderen, verwandten Rolle unfähig sein muss. Natürlich kann es durchaus Sinn machen, die Praxisarbeit des zu beratenden selbst kennengelernt zu haben, damit man weiß, wovon man redet, aber das ist laut dem ersten Post ja gewissermaßen der Fall. Ich bin z.B. (soweit man das nach einigen Monaten beurteilen kann) eine ziemlich kompetente Führungskraft, hatte aber als "normaler" Lehrer ständig Schwierigkeiten mit meinen eigenen Vorgesetzten. Man muss eben einen passende Rolle oft auch erst finden.


    - Burnout oder andere Schwierigkeiten im Schulalltag hängen nur zu einem gewissen Teil von persönlichen Fähigkeiten und Energiereserven ab. Es gibt gewisse Menschen, die an einer Art Helfer-Syndrom leiden und daher gerne in die Selbstaufopferung fallen, um andere zu "retten". Das sind selbst-schädliche Verhaltensweisen, die man aber durchaus umlernen kann (ich kann das behaupten weil ich den Prozess durchgemacht habe/durchgehe). Werden diese Verhaltensweisen nicht reflektiert, ist das Arbeitsumfeld weitgehend irrelevant, man wird mit großer Wahrscheinlichkeit die Prozesse wiederholen, selbst wenn es sich um eine stupide Förderband-Arbeit handelt (dann eben mit Arbeitskollegen). Es gibt allerdings ebenso auch institutionelle/organisatorische Strukturen, die Burnout-Prozesse massiv fördern können, allen voran eine unfähige Führungskraft an einer Schule oder eine langfristige Unterversorgung an Ressourcen. Ich war jetzt an 2 Freien Schulen und an 3 Grundschulen in Österreich, und nur an einer Freien Schule war die Führungskraft kompetent (bzw. hat sich im Zweifelsfall auch von kompetenten Ratgebern beraten lassen), wobei dort die Versorgung mit Ressourcen wiederum katastrophal war.


    Nachdem mir ein befreundeter Lehrervertreter gesagt hat dass es im Grundschulbereich hier in Oberösterreich extrem unwahrscheinlich ist, eine wirklich kompetente Führungskraft als Direktorin zu bekommen, habe ich den Schuldienst gekündigt und bin nun seit gut zwei Monaten Leiter einer sozialen Einrichtung, die mit Kindern und Jugendlichen (hauptsächlich mit Migrationshintergrund) arbeit und die ich mittelfristig in eine Art Freie Schule am Nachmittag umgestalten kann/darf/soll. Der Verdienst ist mit dem Lehrergehalt nicht zu vergleichen (vieeeel weniger) aber ich komme aus, zudem habe ich jeden Freitag frei, (fast) Schulferien und bin vor allem endlich vollends selbst verantwortlich dafür ob die Gruppe funktioniert oder nicht bzw. habe ich um einiges mehr Spielräume als an einer Schule. Wenn du bereit bist, dein Gehalt ein gutes Stück runterzufahren, gibt es im Sozialbereich auch einige interessante Optionen. Gibt auch viel Schall und Rauch was mir so erzählt wird, aber hin und wieder auch Perlen an Jobs.


    Ein Bunterrichter

    Ich habe mich auch als Jugendlicher (und mache das immer noch) sehr viel mit verschiedenen Glaubensrichtungen beschäftigt, gerade unlängst habe ich zufällig auf der Straße zum ersten Mal Mormonen kennengelernt die mir das Buch Mormon geschenkt haben. Hab das dann durchgelesen, war irgendwie extrem anstrengend zu lesen aber ich kenn mich gerne aus bei Themen drum wollt ich das machen. Ist ziemlich lustig weil im Buch Mormon explizit steht dass die Vielweiberei verachtenswert ist und bekanntlich diverse Mormonenführer in der Geschichte das ein wenig anders gesehen haben (auf Befehl Gottes natürlich).


    Im Grunde herrscht bei uns in Österreich (vermutlich auch in D) weitgehende Gedanken- und Religionsfreiheit, und das ist auch gut so. Ich darf auch jemand anderem davon erzählen, wenn ich etwas (auch eine Religion) für mich gut finde - solange ich niemanden dazu zwinge, meine Meinung zu teilen.


    Da im Grunde so ziemlich jede Glaubensrichtung ihre blinden Flecken hat und oft erst im Vergleich mit anderen Glaubensrichtungen diese blinden Flecken sichtbar werden, halte ich es für sehr sinnvoll für jeden Gläubigen (welcher Richtung auch immer), sich intensiv mit diversen Varianten zu beschäftigen. Die Frage "Was ist innerhalb dieser Ideologie undenkbar oder unaussprechbar?" kann, bei gegebener Liebe zur Wahrheit, durchaus hilfreich sein (da entlarven sich viele Sekten und ideologisierte Glaubensrichtungen sehr rasch, wenn man ihren Vertretern Fragen stellt, die auf die Auslotung jener Grenzen abzielen. Sie weichen dann nämlich gerne aus).


    Ganz allgemein: mit Schülerin selbst reden. Vielleicht lernst du etwas Interessantes dazu. Und nebenbei kannst du auch für dich persönlcihe Grenzen kommunizieren, was du tolerieren wirst und was nicht.


    Ein Bunterrichter

    Da du deine "besondere" Beziehungsform erwähnt hast - ich hatte bis vor kurzem immer wieder sorgenvolle Gesichter und ängstliches Nachhaken von Familienmitgliedern, ob denn meine aktuelle Beziehung wirklich zielführend sei und ob es sich denn überhaupt lohne zu "investieren" wenn doch alles so unsicher sei wie es ausgehen werde.. (ich führe - studienbedingt auf ihrer Seite und arbeitsbedingt auf meiner - gerade eine Fernbeziehung mit einer Frau die ich sehr liebe und wir haben beide jeweils einen anderen Menschen "lokal" gefunden mit dem wir uns auch glücklich fühlen ohne wirklich eifersüchtig darüber zu sein). Details wussten bis vor etwa 3 Wochen nur einige sehr enge Freunde und meine Schwester (alle anderen wussten nur von meiner Freundin). Irgendwann wurde es mir zu dumm und ich habe einigen weiteren engen Familienmitgliedern mehr Details erzählt, und warum ich es für richtig halte was ich tue und "zulasse". War denen ziemlich unangenehm anfangs, aber gleichzeitig hat sich die Situation auch ein bisschen gedreht und mittlerweile bin ich sowas wie "Ansprechpartner" für Fragen in die Richtung. Im Grunde mache ich offensichtlich etwas das viele meiner Mitmenschen interessiert aber es traut sich halt niemand wirklich umzusetzen.


    Ich schätz mal ähnliches gilt auch für Kinderwunsch ja oder nein. Seit mein Bruder 2 Kinder hat halt ichs für ziemlich realistisch dass ich auch welche haben werde (vorher wars mehr so "jaaa, könnt ich mir gut vorstellen"), aber es ist wohl sehr wahrscheinlich dass mein Familienleben eine ganz andere Form annehmen wird als das meiner Verwandten und Freunde.


    Wenn man für sich selber akzeptiert hat dass man möglicherweise einfach anders tickt als seine Mitmenschen und dazu steht, lösen sich viele Schwierigkeiten von selbst, weil andere nichts Peinliches mehr "aufdecken" können. Die blöden Fragen sind ja nur so lange spannend, wie sich der Gefragte windet, etwas zu verstecken.


    Natürlich gelten fürs Berufsleben noch einmal andere Vorsichtsmaßnahmen, da ist vornehmes Schweigen oft hilfreicher. Oder emotional unerwartete Reaktionen wie "Wollt ihr nicht mal Kinder haben?" -> ein fröhliches, zufriedenes "Nein" :)


    Ein Bunterrichter

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