Dem Kind zu glauben, schnell zu erkennen, dass es sich um Mobbing handelt und sich entschlossen hinter das Kind zu stellen, ist richtig und superwichtig. Ich hatte das Problem auch. Meine sehr freundliche, empathische Tochter wurde in ihrer Schulzeit zweimal von verschiedenen Mädchen(gruppen) angetestet, ob sie sich als Opfer eignet. Das erste Mal in der Grundschule konnte sie ihren Aktionsradius woandershin verlegen und war dann uninteressant. Es werden ja tatsächlich "Freundinnen" mal hingehalten, mal ausgegrenzt. Die Macht der Mobberinnen besteht auch darin, die Hoffnung des Opfers, doch dazuzugehören, und seine entsprechende Beißhemmung auszunutzen. Neue Freundschaften kann man als Eltern von Grundschulkindern ja auch gezielt unterstützen.
Das zweite Mal, wie bei deiner Tochter in der Fünften, nach dem Schulwechsel, war es dann ernster, sie konnte nicht ausweichen und hatte ganztags mit der Mobbergruppe in der Schule zu tun. Als Lehrerin hatte ich immer wieder die Erfahrung gemacht, dass Interaktionen über die Erwachsenen ein seeehr schwankendes Brett sind. Manchmal, wenn früh (quasi sofort) eingegriffen wird, kann man Glück haben. Aber fast nie ziehen die Erwachsenen an einem Strang. Selbst wenn die KL informiert, geschickt und entschlossen ist, was schon selten der Fall ist, wird es KuK geben, die kontraproduktiv agieren, werden die Eltern der "Unbeteiligten" nicht mitziehen, um ihre Kinder herauszuhalten, werden die Tätereltern das Opfer beschuldigen, wird die SL abwiegeln, mit false balance die Stellung des Opfers schwächen, wird das Mobbing unterschwellig weitergehen. In jedem Fall erhöht das die Dynamik immens.
Deshalb war mir das für meine Tochter zu riskant. Ich habe sie stattdessen darauf vorbereitet, sich kraftvoll durchzusetzen, körperlich klarzustellen, dass sie kein Opfer ist, ohne dass jemand sein Gesicht verliert und ohne dass sie sich angreifbar macht. Wir haben vorher Gespräche geführt, was Freundschaft ist, wie Mobbing genau funktioniert, was der Unterschied zwischen einem Konflikt und Mobbing ist, was Tit for Tat ist. Die Aktion selbst haben wir zuhause geübt und einen passenden Zeitpunkt festgelegt. Sie hat das dann durchgezogen und es wurde direkt verstanden. (Sie ist im Sport, als alle zusammenstanden, "aus Versehen" rückwärts fest gegen die Mobberin gerempelt. Hat dann deutlich und selbstbewusst "sorry" gesagt, nichts weiter. Die Mobberin hat natürlich laut protestiert, aber es war ja "keine Absicht".) Meine Tochter hatte anschließend eine sehr gute Stellung in der Klasse und konnte es sich leisten, mit dem Mädchen locker befreundet zu bleiben. Von weiteren Mobbingattacken gegen sie oder andere habe ich nichts mehr gehört - vorher gab es einiges.
Schulen kommen nicht um effektive Antimobbimgmaßnahmen herum, und es gibt gute Konzepte. Darauf verlassen würde ich mich aber nicht, grade auch in der gegebenen Konstellation mit dem Lehrerkind. Aber du kannst auch Glück haben. Ich drücke dir und deiner Lütten die Daumen! Mach sie stark.