Was spricht aus meiner Sicht gegen einen laizistischen Staat:
1.) Religionsunterricht gehört staatlich beaufsichtigt. Es gibt sowohl im christlichen, als auch im muslimischen Bereich Menschen mit sehr fundamentalistischen Einstellungen, denen ein staatlicher, in Absprache mit den Glaubensgemeinschaften organisierter Religionsunterricht sicherlich besser tut als eine unkontrollierte potentiell-radikale Indoktrinierung.
2.) Die Zusammenarbeit mit religiösen Organisationen bietet dem Staat Kontrollmöglichkeiten auch in Bezug auf Personen ohne Schulbezug. Wenn mit der Bischofskonferenz, dem Islamrat, etc. etwas besprochen wird, dann wird das nachher auch innerhalb der Religionsgemeinschaft umgesetzt. Das passiert in laizistischen Staaten (hint: Frankreich) im Grunde gar nicht.
3.) Die größten Gräueltaten der Geschichte sind meines Wissens nach nicht unter religiösen Vorwänden begangen worden, die beiden Systeme mit den meisten Toten tragen eine recht deutliche Ablehnung von Religion in sich. Das bedeutet nicht, dass Laizismus zu Gräueltaten führte, es soll nur heißen, dass für besonders religiöse Menschen in der Regel bestimmte (von einer äußeren Instanz gesetzten) moralische Regeln gelten, die so etwas verhindern sollten. In einer radikal-laizistischen Welt besteht die Notwendigkeit, dass jeder Mensch diese Moral aus sich heraus entwickelt. Wer an das Gute im Menschen glaubt, mag das für möglich halten, wer davon ausgeht, dass eine Tendenz zum Bösen nicht abzustreiten ist, sieht vielleicht gewisse Probleme.
4.) Das betrifft eher Muslime als Christen, aber es wird von einigen Politikern (in erstaunlich dummer Manier sogar von solchen aus den Parteien mit dem C im Namen) behauptet, dass der Islam ja generell ein Problem mit Menschenrechten und Demokratie habe, d.h. Muslime sollten sich entscheiden zwischen unserem Staat und ihrer Religion. Wo ist das Glaubensfreiheit? Das ist fundamentalistischer Laizismus oder wie man auch schön sagen kann: Totalitarismus. Oder die Diskussion um die Beschneidung im Judentum und im Islam. Aus meiner Sicht ist diese Tradition Unsinn, aber was soll hier ein Verbot bewirken? Eine Beschneidung durch einen Mediziner ist ein extrem sicherer Eingriff, es gibt medizinisch sogar gewisse Vorteile und es ist nun einmal ein zentraler Glaubensinhalt dieser Religion, d.h. ein Verbot wäre ein massiver Eingriff in die Glaubensfreiheit, für was? Ein laizistischer Staat müsste und dürfte sich diese Gedanken nicht machen, er müsste diese Tradition verbieten.
Ansonsten empfehle ich als Argumentationsgrundlage gerne auch diesen Artikel hier, der doch gut das Problem des "Stammtischlaizismus" ( O. Meier) beschreibt.
P.S.: Laizismus heißt übrigens nicht, dass die Kirche keine Schulen mehr hat. In Frankreich besuchen fast 20% der Schüler in Schulen Schulen in katholischer Trägerschaft, das ist doch etwas mehr als in Deutschland.
P.P.S.: Die Bibel ist auch für Christen nicht das direkte Wort Gottes, mit ein ein paar Ausnahmen wie z.B. die 10 Gebote oder direkte Zitate Jesu. Durch dieses von Menschen geschriebene Werk spricht allerdings Gott zu den Menschen, Das ist jetzt eine theologische Problematik, aber so wie Jesus gleichzeitig vollständig Gott und vollständig Mensch ist (und eben kein Halbgott), ist auch die Bibel gleichzeitig vollständig Menschenwerk und vollständig Gotteswerk.