Ich würde vielleicht noch was anderes mit einbeziehen, was ich bisher noch nicht gelesen habe:
Unsere aktuellen Fünftklässler sind eine Katastrophe (alle mit 1-2 in Mathematik zu uns gekommen), bei den schriftlichen Rechenarten sitzt die Addition sicher, die Subtraktion zumindest ansatzweise (von Umkehraufgaben und Zusammenhang zwischen Addition und Subtraktion wollen wir nicht anfangen, ich hab meine alten Hefte hier, das haben wir ab der 1. Klasse gemacht, so weit können die Anforderungen ja nicht gesunken sein), Multiplikation und Division sind schon beim Kopfrechnen eher Glückssache, in der schriftlichen Variante das seltsamste was ich je gesehen habe. Die Schülerinnen und Schüler haben zu >75% massive Probleme mit dem sinnentnehmenden Lesen und rufen sofort nach Hilfe, wenn da so komplizierte Dinge stehen wie "Übertrage die Punkte A-D sowie die Geraden g und h in dein Heft (s. Abb.1)," Schreibschrift kann in den Jungenklassen fast keiner lesen und einen Tafelanschrieb abzupinnen dauert bei manchen locker 15 Minuten (für 6 Zeilen).
Jetzt könnte ich mich darüber aufregen, dass die Grundschulen offenkundig ihr ureigenstes Ziel, den Kindern Lesen, Schreiben und Rechnen beizubringen völlig in den Sand gesetzt haben und ich das jetzt nachholen darf.
Alternativ schaue ich mir meine Neuntklässler an, die ich schon etwas länger im Unterricht habe und die auf einmal Sachen nicht mehr können, die sie Anfang der 8. Klasse definitiv noch konnten und hervorragend verstanden hatten, die unglaubliche Probleme haben sich auf Aufgaben zu konzentrieren und durchzuarbeiten und nicht mehr den geringsten Schimmer haben, wie man sich anständig auf eine Klassenarbeit vorbereitet. Schaut euch mal die Effektstärke von Sommerferien auf den Lernertrag an (wohlgemerkt: 6 Wochen Sommerferien) und dann überlegt mal was passiert, wenn man im März die Schulen dicht macht und sie effektiv erst seit Ende August wieder auf sind. Je jünger die Klassen sind, desto krasser merkt man, wie ihnen Corona und die Schulschließungen das Lernen versaut haben. Das Problem müsste doch auch an den Grundschulen auftreten (ansonsten frage ich mich nämlich wirklich, was mit unseren 5ern passiert ist).
Dieses pauschale Bashing des Gymnasiums aufgrund anekdotischer Evidenz hier in dem Thread ist toll. Ich kenne auch Grundschullehrer die in die "singen und klatschen"-Fraktion fallen, allerdings kenne ich auch deutlich bessere.
BTW: Wie man "Gymnasiallehrer" an der Kleidung erkennen will, ist mir völlig schleierhaft..die Fächer erkennen ist relativ leicht (Kunst und Sport sind super einfach, Naturwissenschaften geht meistens auch klar, Sprachen sowieso)...die Primimäuse konnte man früher auf dem Campus auch ganz gut identifizieren (da gab es bis auf die Sportlerinnen auch wenig Differenzierungsmöglichkeiten), allerdings weiß ich nicht, ob der Kleidungsstil bis zur Pensionierung trägt.
@samu: Was das Handy angeht...wir haben die Wohlstandsverwahrlosung, die Frage nach der Mediennutzung und der Gestaltung des Arbeitsplatzes ist fast immer zentral, wenn es um Probleme bei den Hausaufgaben geht. Die pikierten Blicke, wenn man eine Reihenfolge für daheim empfiehlt (Essen - Hausaufgaben unter Aufsicht - Freizeit mit meinetwegen so viel Konsole spielen bis das Kind viereckige Augen hat), die voraussetzt, dass man sich für ~60 Minuten am Tag mit seinem Kind beschäftigt, kommen häufiger als du dir vorstellen kannst. Und ja, irgendwer sollte für so ein Kind zuhause da sein nachmittags (mir ist auch völlig Wurscht ob Vater, Mutter oder Großeltern, aber wenn ein Kind bis 18:00 dann alleine zuhause hockt, wundert mich nicht, dass da nicht alle Hausaufgaben fertig sind. Das bezieht sich explizit nicht auf die Threaderstellerin, da habe ich keinerlei Informationen. Aber als ich hörte, dass jemand an meinen Aufgaben (Wochenplan mit ~8 Aufgaben) jeden Tag zwei Stunden säße, bin ich beim letzten Elternsprechtag vom Glauben abgefallen. Ich gehe in der Regel davon aus, dass auch schwächere Kinder die Hausaufgaben kognitiv packen können (Differenzierung in 3 Schwierigkeitsgraden, Pflicht- und Wahlaufgaben, etc.) und dass man die mit 15 Minuten pro Tag (oder halt 2 Stunden gebündelt auf die gesamte Woche) gut erledigen kann. Wenn ein Kind 3 Stunden am Tag an den Hausaufgaben sitzt gibt es in der Regel drei Möglichkeiten:
- massive inhaltliche Überforderung (sehr selten)
- fehlende Arbeits- und Lernstrategien & mangelhafte häusliche Organisation
- der Lehrer hat einen an der Murmel (gibt es natürlich auch, würde ich aber auch unter sehr selten packen)
Damit ist Punkt 2 fast immer relevant, selbst wenn es hauptsächlich an 3 liegt, kann man da mit 2 extrem viel abfangen...