Nun gut, und was ist dann das Beste für die Kinder?
Ein strikter Notenschnitt wie bei uns in Bayern, der schon nach der 4. Klasse exakt festlegt wer wohin darf und wer nicht?
Oder der freie Elternwille wie z.B. in Niedersachsen, dem ja wahrscheinlich die Überlegung zugrunde liegt, dass man jedem Kind die gleichen Bildungschancen zukommen lassen und man niemandem etwas verbauen möchte. Was die Kinder dann aus der sich ihnen bietenden Chance machen, bleibt ihnen (und ihren Eltern) selbst überlassen.
Auf den ersten Blick scheint die Auslese in Bayern zutiefst ungerecht.
Ich kann und darf einem Schüler mit einem Schnitt von 3,0 nur eine Hauptschulempfehlung geben. Falls er/sie ans Gymnasium oder die Realschule wechseln möchte, muss er also den Probeunterricht bestehen. Wie hier schon öfters beschrieben wurde, weiß man aber nie, wie sich die Kinder noch entwickeln werden. Vielleicht hätte dieses Kind mit dem 3,0-Schnitt auch problemlos die Realschule durchlaufen.
Andererseits gibt es in jeder 4. Klasse auch Kinder, die sich wahnsinnig schwer tun und ungern lernen. Tut man diesen Kindern einen Gefallen, wenn man ihnen den Übertritt an eine weiterführende Schule wie z.B. in Niedersachsen problemlos ermöglicht? Oder ist der Notenschnitt wie in Bayern nicht doch ein sinnvolles Instrumentarium zur Feststellung der Eignung für eine bestimmte Schulform?
Ich verfolge, soweit es mir möglich ist, auch den Bildungsweg meiner ehemaligen Schüler. Auch ich habe mich in meiner Empfehlung schon getäuscht. Einige mussten das Gymnasium verlassen und haben an die Realschule gewechselt. Viele haben den Sprung von der Hauptschule an den M-Zweig oder die Realschule geschafft oder den besagten Probeunterricht bestanden. Durchlässig ist unser Schulsystem schon und zwar nach beiden Richtungen hin, hier möchte ich Malina widersprechen.
Was mir an dem "freien Elternwillen" wie in Niedersachsen nicht gefällt, ist die m. E. damit geförderte mangelnde Anstrengungsbereitschaft. Denn wenn es egal ist welche Noten man in Deutsch, Mathe und Sachunterricht hat, man kann am Ende der vierten Klasse dennoch an die Schule seiner Wahl - wozu sich dann anstrengen? Dass die Kinder mit einer derartigen Arbeitshaltung am Gymnasium scheitern, eventuell "durchgereicht" werden bis zur Hauptschule und diese sogar "abschlusslos" verlassen, wundert mich ehrlich gesagt nicht. Dass dieses "Durchreichen" auch einem bayerischen Schüler passieren kann, weiß ich allerdings auch. Eine gewisse Arbeitshaltung am Ende der vierten Klasse ist aber m. E. für den weiteren Schulerfolg nicht unerheblich.
Dass das derzeitige Übertrittsverfahren in Bayern aber sicherlich nicht das Nonplusultra ist, möchte in an einem anderen Punkt festmachen. Die Unterschiede, was das Anforderungsniveau an die Schüler betrifft, sind an den Grundschulen ja enorm.
Da gibt es Grundschulen, wo die Kinder am Ende der vierten Klasse keinen einzigen Aufsatz geschrieben haben, in Mathematikarbeiten lediglich die Grundrechenarten
überprüft werden (ohne komplexere Sachaufgaben lösen zu müssen) und in HSU-Arbeiten lediglich rein reproduzierendes Wissen abgefragt wird. Dass in solchen Klassen die Übertrittsquote bei 80% oder mehr liegt, ist logisch.
Dann gibt es Grundschulen, meist mit angeschlossener Hauptschule, wo die Probearbeiten wahnsinnig umfangreich und schwer sind. Hier wechselt nur ein geringer Teil der Kinder an ein Gymnasium oder an eine Realschule, denn für die 5. Klasse der Hauptschule müssen ja genügend Kinder da sein.
Beide Formen finde ich extrem unfair und ungerecht.
Ein schönes Wochenende,
Alex