@Nicht_wissen_....
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Original von Nicht_wissen_macht_auch_nic
Wer anderen vorwirft, das Bildungssystem zuförderst ideologisch zu betrachten, sollte einmal die eigene Argumentation überdenken. Die Idee, dass überkommene Strukturen erhalten bzw. zumindest ihre Grundidee für gut geheißen und gepflegt wird, ist eine konservative.
Die Bildungsreformen der 60er und 70er sind ohne Ausnahme gescheitert. Die Idee, sich an den Status zu erinnern, als unser Bildungssystem nachweislich noch hervorragend funktionierte, ist weder konservativ noch progressiv, es ist eine Frage der politischen Vernunft und des gesunden Menschenverstandes.
Woran ist erkennbar, dass die Bildungsreformen der 60er und 70er allesamt gescheitert sind? Hier schlagwortartig eine Zusammenstellung, die keinen Anspruch auf Vollständigkeit erhebt:
PISA bescheinigt dem deutschen Bildungssystem heute höchstens eine mittelmäßige Qualität.
Ca. 20 % der 15-jährigen Jugendlichen gehören zur Risikogruppe. Es sind faktisch funktionale Analphabeten.
80.000 Schulabgänger sind ausbildungsunfähig.
Das Ziel der „Chancengleichheit“ durch die Einführung der Einheitsbildung (stufenorientiertes Bildungswesen auf Basis der Einheitsschule in allen Varianten samt sozialistisch-hedonistischer Klafki-Pädagogik) ist bis heute nicht erreicht worden und es spricht auch nichts dafür, dass dieses Ziel mit dem gewählten Ansatz erreicht werden kann; vgl. Helmut Fend in DIE ZEIT http://www.zeit.de/2008/02/C-Enttäuschung
Die Oberstufenreform - Kollegsystem, Saarbrücker Rahmenvereinbarung 1960 - ist gescheitert und musste in wesentlichen Teilen revidiert werden (Einführung des Kerncurriculums Oberstufe).
Die Stufenorientierung - Aufspaltung der Volksschule in Grund- und Hauptschule, Hamburger Abkommen 1964 - ist gescheitert: Die Hauptschule wird wieder abgeschafft. Die pädagogisch-didaktische Differenz - „Sekundarstufenschock“ - belastet die Eingangsklassen von Realschulen und Gymnasien.
Das hedonistische Leistungsprinzip ist gescheitert. Seit 2004 sollen Bildungsstandards wieder Leistungsmäßstäbe setzen. Das Zentralabitur kommt.
Das Prinzip der Binnendifferenzierung in heterogenen Klassen führt zur Chancenungleichheit der Leistungsstarken (Berliner Grundschulstudie http://www.zeit.de/2008/17/Interview-Lehmann).
Das Prinzip des autoritätslosen Lehrers -„Lehrer als Moderator“ - ist gescheitert. Das soziale Klima an den Schulen ist geprägt durch die Angst der Lehrer vor den Schülern und deren Eltern (Prinzip Rütli-Schule, Potsdamer Belastungsstudie - Burnout-Syndrom).
Die Hochschulreformen sind insgesamt gescheitert. Die Gesamthochschulen wurden allesamt wieder rückgebaut. Allerdings blieb das (destruktive) Managementprinzip der Gruppenuniversität weitgehend erhalten.
Das Ziel der „Produktion“ von mehr gut ausgebildeten Hochschulabsolventen wurde nicht erreicht. Die Studienabbrecherquote beträgt ca. 30%.
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Es kann ja nicht sein, dass die gesellschaftlichen Parameter an didaktische Modelle angepasst werden müssen.
Dieser Feststellung kann ich nur zustimmen. Doch: Die Anpassung der gesellschaftlichen Parameter an - bzw. durch - die egalitäre Einheitsschule samt ihrer didaktischen Konzeption ist genau das erklärte Ziel: Vermeintlich oder wahrhaftig Leistungsschwache kommen, ohne Rücksicht auf Verluste, in den fragwürdigen Genuss immateriellen Sozialtransfers zu Lasten der Leistungsstarken.
Das egalitäre Bildungswesen dient der soziostrukturellen Transformation der Gesellschaft hin zu einer egalitären nach schulischem Vorbild: Der schulische Raum ist der soziale Raum, in dem die (geplante) Gesellschaft von morgen herangezogen und praktiziert wird. Diese antiquierte, linkskonservative bildungsplanwirtschaftliche Idee ist offensichtlich kläglich gescheitert, sowie die Utopie des realen planwirtschaftlichen Sozialismus' wohl insgesamt als gescheitert angesehen werden muss.
Helen