Ich habe den Seiteneinstieg über das OBAS-Verfahren in NRW gemacht und möchte hier mal meine Erfahrungen posten. Das Ganze ist natürlich subjektiv, jeder empfindet Stress anders. Ich möchte auch niemandem auf die Füße treten.
Zu meinem Background:
Ich habe vor dem Seiteneinstieg 12 Jahre als IT-Berater gearbeitet, war viel in ganz Europa unterwegs und habe nahezu jeden DAX-Konzern von innen gesehen.
Meine Situation in der "freien Wirtschaft": 70-Stunden-Wochen und nicht unerhebliche Reisezeit waren die Regel. Ich war als Externer in vielen Projekten, die meistens "brannten". Die Projekte wurden vor Ort beim Kunden durchgeführt und ich habe die Woche über im Hotelzimmer verbracht. Insgesamt würde ich den Stresspegel als ziemlich hoch einstufen, mit allen negativen Begleiterscheinungen wie Bluthochdruck, Schlafstörungen etc.
Die OBAS-Zeit fand ich im Vergleich zu meinem vorherigen Job schon deutlich entspannter. Die Arbeitsbelastung war hier zwar auch relativ hoch, allerdings habe ich direkt die freie Zeiteinteilung, geregeltere Arbeitszeiten und die Möglichkeit überhaupt wieder soetwas wie ein Privatleben zu haben, sehr zu schätzen gewusst. Es hat auch nicht lange gedauert, bis sich der Blutdruck wieder auf ein normales Niveau eingependelt hat. Das haben auch andere Personen so wahrgenommen. Die Schulleiterin meinte beispielsweise zu mir, ich wäre der Erste, den sie gesehen hätte, der im Referendariat entspannter geworden wäre, als er reingegangen sei.
Nach erfolgreich bestandener UPP, wurde es dann noch entspannter. Es gibt zwischendurch zwar auch "Peaks" in der Arbeitsbelastung, aber auch Zeiten, in denen ich eher weniger zu tun habe. Was mich "stresst" sind v.a. Konferenzen jeglicher Art. Da wird bei uns einfach jede Menge Zeit mit Blablabla und Mimimi verschwendet, ohne irgendein Mindestmaß an Lösungsorientierung an den Tag zu legen. Das habe ich in der freien Wirtschaft anders empfunden. Insgesamt würde ich empfehlen den Lehrerberuf als Beruf sehen und nicht als Berufung. Viele versuchen einem einzureden, idealistische Motiven wären die Grundvoraussetzung, um als Lehrer arbeiten zu können. Das sind dann auch meistens diejenigen, die in Richtung burn-out zu driften drohen.
Da wir hier im Forum schon mehrere Gehaltsdiskussionen hatten, auch noch meine 2ct dazu. Insgesamt empfinde ich den Lehrerjob in meiner Konstellation (BK, A13z) als gut bezahlt. Dadurch, dass ich viel rumgekommen bin kann ich sagen, dass die meisten Akademiker mit vergleichbaren Arbeitsbedingungen - auch in den begehrten MINT-Berufen - da nur mit viel Glück an denselben Nettobetrag rankommen. Klar gibt es auch einige Leute, die mehr verdienen. Die "gehören" dann dem Unternehmen aber auch 24/7 - und das sind dann eben keine vergleichbaren Bedingungen mehr.
Was ich am jetzigen Job besser finde:
- Gute Planbarkeit
- Familienfreundlichkeit
- geregelte Arbeitszeiten
- freiere Zeiteinteilung (ca. 50% Home-Office-Anteil)
- Gute Work-Life-Balance
- Faire bis gute Bezahlung
Was ich am vorherigen Job besser fand:
- Abwechslungsreiche Projekte
- Aktuellere Technologien
- Stärker ausgeprägte Lösungsorientierung