Was ich lustig finde, ist, dass JEDE Diskussion über die Aufgaben der Schule hier sofort kippt und in eine Diskussion über das Versagen der Eltern übersetzt wird. Das ist natürlich bequem, aber es ist wahrscheinlich eher Teil des Problems als der Lösung. Vor allem entlastet es davon, über den eigenen Unterricht und seine Folgen nachdenken zu müssen. Egal ob der Tafelanschrieb chaotisch ist, die Hausaufgaben nicht richtig erklärt werden, nicht genug Übungsphasen existieren, über die Köpfe der Schüler hinweg oder vielleicht überhaupt nicht unterrichtet wird - dass die Kinder nichts lernen, MUSS an ihrem Zuhause liegen.
Das Ausgangsproblem war, dass Mara die Situation ihrer Tochter aufgeworfen hat, bei der offensichtlich vermittelt worden ist, die Eltern müssten zuhause überhaupt nicht mehr üben und die Vorbereitung auf eine Arbeit würde komplett in den Unterricht verlagert. Verbunden mit der Frage, ob dieses nicht grundsätzlich sinnvoll wäre, weil ein Verlangen häuslicher Arbeit automatisch immer zur Benachteiligung der Schüler führt, bei denen die häuslichen Voraussetzungen nicht stimmen.
Das hat nix mit chaotischem Tafelanschrieb, schlechtern Phasierung des Unterrichts oder schlecht unterrichtenden Lehrern zu tun (was es zweifellos alles gibt). Was ich so langsam nicht mehr lustig finde ist der Reflex vieler Bildungspolitiker und inzwischen auch Lehrer, die bei allen gesellschaftlichen Problemen mit Schlagworten wie Binnendifferenzierung um sich zu werfen und zu glauben, die Schule könnte alles reparieren, was gesellschaftlich schief geht. Sich damit ernsthaft auseinander zu setzen ist im übrigen alles andere als bequem, denn das heißt, dass man im Erstfall Erartungen und Mängel gegenüber Eltern klar ausdrücken und auch mal einen Konflikt aushalten muss. Ganz nebenbei: bei den Problemfällen handelt es sich um eine ganz verschwindend geringe Minderheit von Eltern, die Mehrheit der Eltern hat durchaus ein gutes Maß dafür, wo und wieviel Unterstützung angemessen ist. Um so weniger ist es gerechtfertigt, dass man die alle mit ausbremsen soll, nur weil es 5% nicht auf die Kette kriegen.
die Eltern sollen vielleicht hier und da unterstützen, den Kindern Frühstück einpacken und ihnen ein positives Schulbild vermitteln - aber nicht selbst die Arbeit der Schule übernehmen.
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wenn selbst gut situierte und ausgebildete Eltern wie Mara mit ihren Kindern intensiv üben müssen, damit es in der Schule klappt, und wenn das als völlig selbstverständlich (!) gilt, ist das imho schon ein Problem
Von "intensiv" war nie die Rede, sondern von "gar nicht mehr". Und ja, dass Eltern bei einem Grundschulkind mal einen Blick auf die Hausarbeiten werfen oder sich am Wochenende 15 Minuten Zeit für ein Übungsdiktat nehmen ist eine Selbstverständlichkeit, Elternarbeit ist nicht mit dem Mitgeben des Frühstücks erledigt. Und wer im wohlmeinendem Harmoniebedürfnis als Lehrer anderes erzählt macht es sich selbst erst mal ganz bequem, weil die Eltern natürlich gerne hören werden, dass die Schule in zukunft ein Rundum-Sorglos-Paket anbietet, er betreibt damit aber letztlich Augenwischerei, den die Kinder spätestens beim Wechsel an die weiterführende Schule ausbaden müssen.