Wann und woran kann man in nächster Zeit festmachen, dass wir mehr oder weniger (eher mehr als weniger) über den Berg sind?
Ich weiß, dass Ostern (also die Zeit um 9. und 10. April) entscheidend ist. Und ich weiß es (theoretisch) geht um r kleiner 1. Aber könnte mir das jemand nochmal runterbrechen: Also bis 9./.10. müssen es x Neuinfizierte sein, dann sind wir über den Berg?
Da gibt es keine einfache Antwort drauf. Bzw. gleich mehrere, je nach Standpunkt
Ganz grob könnte sagen, dass wir über den Berg sind, wenn die Zahl der Neuerkrankungen im Mittel konstant bleibt. Das entspricht genau dem Fall r=1. (streng definitorisch gesehen ist das auch falsch, da r eine Konstante ist, die sich eigentlich auf die Krankheitsausbreitung ohne Dämpfung bezieht, eigentlich ist r=3 konstant, man bräuchte also einen Mitigationsfaktor von 1/3, so dass zwei von drei theoretischen Infektionen verhindert werden)
Wenn die Zahl der Neuinfektionen konstant bleibt, heißt das, dass jeder Infizierte im Schnitt noch eine weitere Person infiziert.
Es gab in den letzten zwei Wochen Phasen, in denen ich persönlich die Hoffnung hatte, dass wir langsam an diesem Punkt sind, zuletzt bei 4000. Frau Merkel hat gestern davon gesprochen, dass wir auf eine "Verdopplung, alle 12-14 Tage kommen müssten", das würde aktuell etwa 3000 Neuinfektionen pro Tag entsprechen. Die Formulierung von Frau Merkel finde ich aber nicht gut, weil sie nach wie vor ein exponentielles Wachstum impliziert, was wir dann nicht mehr hätten, sie gilt nur als Momentaufnahme.
Dieser Zustand wäre ein Signal, dass die medizinische Katastrophe in Deutschland ausbleibt, weil der Zu- und Abgang von Intensivpatienten sich nach ein paar Tagen ausgleichen würde.
Allerdings wären wir dann noch nicht über den Berg, was die weiter Entwicklung der Maßnahmen angeht. Wenn die Zahl der Neuinfektionen "nur" konstant bleibt, kommt eine Lockerung natürlich nicht in Frage, weil sie danach naturgemäß wieder ansteigen würde. Dafür bräuchte es einen nachhaltigen Rückgang. Meine subjektive Einschätzung: Über den Berg im Sinne von "man kann die Maßnahmen lockern" sind wir dann, wenn die Neuinfektionen Richtung 1000 pro Tag gehen. Eine Überlastung der Intensivbetten wäre da erst mal vom Tisch und es wäre eine Größenordnung, in der man mit Testung und begrenzten Maßnahmen für einzelne Regionen und Altersgruppen die Ausbreitung unter Kontrolle halten könnte und noch genug Zeit hätte zu reagieren, wenn man merkt, dass in bestimmten Regionen die Infektionen wieder ansteigen.
Ich halte es nach wie vor für möglich, dass der letzte Anstieg auf um die 6000 nur ein Aufhellungseffekt ist, weil mehr getestet wird und wir den ersten beschrieben Fall mehr oder weniger bereits erreicht haben. Das kann man Montag/Dienstag vielleicht besser beurteilen, da gab es in der letzten Woche noch mal einen sprunghaften Anstieg. Hoffentlich fällt der diese Woche kleiner aus.