Ich komme aus Baden-Württemberg - ich meine, schon öfters mal über solche Möglichkeiten der Verkürzung gelesen zu haben, insbesondere bei Abitur und höherem Bildungsabschluss.
Du sagst, es werden in Deutsch und Englisch in der Berufsschule andere Inhalte unterrichtet, als ich das aus Studium oder Schulzeit kennen würde, nichtsdestotrotz wird mir gleichzeitig hier geraten, ich solle anstelle der allg. Gymnasien eher berufliche Schulen anpeilen? Für's Referendariat und spätere Unterrichten machen mir diese "anderen Inhalte in Deutsch und Englisch" dann anscheinend keine Probleme, wohl aber in einer Azubi-Berufsschulklasse, deren Unterricht ich sogesehen fast schon selbst schmeißen könnte, allenfalls zumindest schonmal Vertretungsunterricht?? Das erschließt sich mir jetzt doch nicht so ganz.
Wenn ich jetzt irgendein Hochschulstudium hätte und seit der eigenen Schulzeit nichts mehr mit Deutsch und Englisch am Hut gehabt hätte, würde ich das noch nachvollziehen können, aber nachdem ich sogar selbst diese Fächer aufs höchste Lehramt studiert habe??
Wenn der Betrieb mitmacht, kannst du die Ausbildung um ein halbes bis ein ganzes Jahr verkürzen. Du steigst dann entweder direkt ins zweite Ausbildungsjahr ein oder machst am Ende der Ausbildung eine vorgezogene Prüfung. Das würde ich dir auch sehr ans Herz legen, denn du wirst (zumindest beim schulischen Teil der Ausbildung) gnadenlos unterfordert sein. Du musst dir den Stoff vom ersten Ausbildungsjahr bzw. vom letzten halben Ausbildungsjahr dann zwar selbständig erarbeiten, aber das wird zeitlich "nebenher" gut klappen weil beim heutigen Leistungsvermögen der Schülerinnen und Schüler der Unterrichtsfortschritt sehr oft mehr als zu wünschen übrig lässt.
Es kommt aber sehr auf den Betrieb an, ob er überhaupt Interesse an einer Ausbildungsverkürzung hat. Azubis sind für manche Betriebe einfach billige Arbeitskräfte. Da werden sie den Teufel tun und das Ausbildungsverhältnis verkürzen. Andere Betriebe brauchen dringend vollwertige Arbeitskräfte. Da wäre man sicher eher bereit, die Ausbildung zu verkürzen.
Als Abiturient kannst du dich von Deutsch und Gemeinschaftskunde befreien lassen; vom Religionsunterricht kannst du dich abmelden. Englisch wirst du machen müssen, weil es berufsbezogen unterrichtet wird und vielfach einfach zum Lernfeld gehört. (Ich habe in meinen Klassen mehrere native speaker. Auch die müssen ganz normal in den Englisch-Unterricht kommen.) Nur: Viel bringen wird dir die Befreiung von Deutsch, Gemeinschaftskunde, Religion leider nicht. Ich hab jetzt einfach mal bei meiner Nutzfahrzeuge-Klasse geschaut. Dienstag, 1.+2. Stunde BFK (Berufsfachliche Kompetenz), 3. Stunde Reli, 4.+5. Stunde Gemeinschaftskunde, 6. Stunde Englisch, Mittagspause, Hohlstunde, 8.+9. Stunde BFK. D.h du hättest Unterricht 8-9.30 Uhr / 12.15-13 Uhr / 14.30-16 Uhr, hockst also knapp 4,5 Zeitstunden an der Schule rum und hast nur knapp 4 Zeitstunden Unterricht. Mittwoch das gleiche Problem: 3.+4. Std Deutsch, 5. Std. Gemeinschaftskunde, danach aber Unterricht bis einschließlich 9. Stunde. Die dritte Deutsch-Stunde liegt Freitag, 5. Std. Naja, zumindest da könntest du ne dreiviertel Stunde früher nach Hause.
Die Schulen legen das zum Teil extra so, dass sich möglichst wenige Schüler von den Fächern befreien lassen. Bzw. fürchten eben den Effekt, dass die Schüler sich reihenweise von D, Gm, Reli abmelden, wenn sie diese Fächer in Randstunden legen. Jetzt fragst du dich vielleicht, welche Vorteile der Schule entstehen, wenn sich möglichst wenig Schüler abmelden. Da geht es einfach um die Versorgung der Kollegen mit Stunden. Wenn sich in einer Klasse von 20 Schülern jeweils nur 5 Abiturienten von D, Gm, Reli abmelden, kann man jeweils zwei Klassen zusammenlegen. Damit wäre dann ein Kollege weniger versorgt.
In der Praxis melden sich die Abiturienten deshalb auch eher selten ab. Weil sie eh nur rumhocken würden und zweitens ist es für jeden Abiturient eine lockere 1 in diesen Fächern. Das nimmt man doch gerne mit.
Wie dem auch sei: In der Praxis würde ich sowieso dual vorgehen. Fürs Ref auf jeden Fall anmelden; Abmelden kannst du dich (ohne Konsequenz) immer noch... Und parallel halt dann ein Ausbildungsverhältnis suchen. Die Bewerbungsverfahren für August 2021 sind tatsächlich schon gelaufen, aber es gibt (vor allem wenn man örtlich flexibel ist) immer noch spätere Möglichkeiten. (Bei uns werden teilweise Azubis noch nach Schuljahresbeginn nachgemeldet und beginnen ihre Ausbildung dann erst 1. September oder 1. Oktober.)
Mein Mann lässt übrigens ausrichten, dass du dich gerne darauf vorbereiten darfst, dass deine potentiellen Arbeitgeber einige Fragen zu deinem bisherigen Bildungsweg haben werden. Da solltest du sehr reflektiert, selbstkritisch und überlegt auftreten. Sonst könnte es schwierig werden. Das nur als Tipp.