Ich kann die Kritik der Schülerinnen und Schüler am Mathematik-Abitur durchaus nachvollziehen. Sie können die Missstände leider nur nicht konkret benennen und dann heißt es halt einfach, "Es war zu schwierig.".
Das Einzige, das der Modus der schriftlichen Abiturprüfung in Mathematik mit dem Bildungsplan zu tun hat, ist, dass "zufällig" die gleichen Inhalte abgefragt werden. Im Bildungsplan steht, dass die sich die SuS im Mathematik-Unterricht mit mathematischen Problemstellungen, die sich aus dem Alltag heraus ergeben, handlungsorientiert auseinandersetzen. Wichtig dabei ist die Lösungsoffenheit und die Fähigkeit der SuS sich über diese Problemstellung und ihre selbst erarbeiteten Lösungsmöglichkeiten fachlich austauschen zu können.
Und drei Jahre später sitzen sie dann eben in der Abiturprüfung in der ganz andere Sachen verlangt werden... Die Abiturprüfung ist schriftlich... Wo ist das denn bitte der fachliche Austausch geblieben?! Lösungsoffenheit... Fehlanzeige. Es gibt die eine richtige Lösung und das war's. Der Alltagsbezug fehlt vollständig. Von Handlungsorientierung brauchen wir gar nicht sprechen...
Dass die "älteren" Kollegen teilweise vermeintlich "bessere" Ergebnisse erzielen, liegt meiner Beobachtung nach daran, dass sie von Tag 1 an ausschließlich "teaching for the test" machen. Die Inhalte werden den Schülern lehrerzentriert eingetrichtert und anschließend bis zum Umfallen gepaukt. Der Schwerpunkt liegt dabei auf den Grundlagen. Komplexere Aufgabenstellungen werden oft außen vor gelassen. Nach dem Motto "Wer in den Einserbereich kommen will, muss sich das eben selbst erarbeiten." Trotzdem gibt es meist ein Zeitproblem. Viele dieser KuK werden oft just-in-time mit dem Stoff fertig. Die Möglichkeit, mit den SuS gezielt alte Prüfungsaufgaben zu üben, gibt es oftmals nicht mehr. Auffällig finde ich, dass diese Kolleginnen und Kollegen im Abitur trotzdem oft einen recht passablen Schnitt haben. Das Mittelfeld ist bei ihnen definitiv größer, allerdings sind selten mal Schüler dabei, die über 13 NP hinaus kommen.
In BaWü gilt ab dem kommenden Schuljahr die neue Oberstufe. Das ist meiner Meinung nach ein Schritt in die richtige Richtung. Mathematik muss nicht mehr verpflichtend schriftliches Prüfungsfach sein. Die Schüler können stattdessen eine mündliche Prüfung ablegen. In bestimmten Fächerkombinationen muss in Mathematik sogar gar keine Prüfung mehr abgelegt werden. Ich bin gespannt, welche Vorgaben es für die mündliche Prüfung geben wird. Wenn es so ist, wie ich es mir erhoffe, werden die allermeisten meiner Schüler sich für eine mündliche Prüfung entscheiden. In die schriftliche Prüfung werden die ein, zwei, drei Überflieger gehen, die sowieso in jeder Klausur 15NP absahnen. Und gar keine Prüfung werden hoffentlich diejenigen SuS machen, die schon ab Mitte Klasse 11 kein Land mehr sehen.