Das sind alles schöne Ideen, die natürlich ihren Platz in einem Buchclub haben.
Ich möchte - zusätzlich, nicht als "Gegenprogramm" - aber mal eine Lanze für das Lesen als Selbstzweck brechen. Als Lehrer, vor allem Deutschlehrer (zu denen ich ja auch gehöre), neigen wir häufig dazu, immer sofort eine Art "Zusatzprogramm" zum Lesen zu planen. Das geht mit der Beschäftigung im Unterricht los, die ja im Lehrplan gefordert ist (Analyse und Interpretation) bis hin zu außerunterrichtlichen Events wie eben Lesenächte oder die schöne Idee einer Lesewanderung von Joker13
Was dabei fast immer zu kurz kommt, ist die Stellung, die Lesen im Alltag fast aller lesenden Menschen hat: Als eigene Beschäftigung, die keine Zusatzevents benötigt. Ich würde deshalb in jedem Fall in so einem Buchclub auch viel, sehr viel, Freiraum lassen, in dem einfach gelesen wird. Dafür kann man Bücherkisten mitbringen, in denen die Schüler einfach schmökern, so ganz ohne Arbeitsauftrag, ohne Lesezettel oder Plakat, das erstellt wird. Man kann auch in die örtliche Bibliothek gehen und die Kinder dort einfach mal eine Stunde für sich lassen. Also, man erfüllt seine Aufsichtspflicht, aber ohne Kontrolle, ob die Zeit sinnvoll genutzt wird. Die Idee ist sozusagen, dem Lesen den Imperativ zu nehmen, im Sinne Daniel Pennacs:
ZitatAlles anzeigenDas Verb "lesen" duldet keinen Imperativ. Eine Abneigung, die es mit ein paar anderen teilt: dem Verb "lieben", dem Verb "träumen"...Man kann es natürlich trotzdem versuchen. Probieren Sie es mal: "Liebe mich!" "Träume!" "Lies! Jetzt lies doch, zum Teufel, ich befehle dir zu lesen!" "Geh in dein Zimmer und lies!" Ergebnis? Null. Er ist über seinem Buch eingeschlafen. Das Fenster, ungeheuer weit offen, schien ihm plötzlich auf etwas Beneidenswertes hinauszugehen. Dorthin ist er entflogen. Um dem Buch zu entgehen. aber es ist ein wachsamer Schlaf: Das Buch liegt aufgeschlagen vor ihm. Wenn wir seine Zimmertür auch nur ein bißchen aufmachen, können wir ihn brav lesend an seinem Schreibtisch sitzen sehen. Selbst wenn wir uns auf Zehenspitzen
angeschlichen haben, hört er uns durch seinen oberflächlichen Schlaf kommen.
"Na, gefällt's dir?"
Er antwortet nicht mit Nein, das wäre ja eine Majestätsbeleidigung. Das Buch ist heilig, wie kann
man ein Buch nicht mögen? Nein, er sagt, die Beschreibungen wären zu lang. Beruhigt setzen wir
uns wieder vor unseren Fernsehapparat. Es kann sogar sein, daß diese Bemerkung eine
leidenschaftliche Diskussion zwischen uns und den Unrigen auslöst. "Er findet die Beschreibungen
zu lang. Man muß ihn verstehen, wir leben im Jahrhundert des Audiovisuellen, natürlich, die
Romanciers des 19. Jahrhunderts mußten alles beschreiben..."
"Das ist noch lange kein Grund, daß er die Hälfte der Seiten überspringt!"
Bemühen wir uns nicht weiter, er ist wieder eingeschlafen.
(Quelle: Daniel Pennac: "Wie ein Roman"; http://www.buecherlei.de/fab/autor/np/pennac1.htm)
Ich habe schöne Erfahrungen gemacht mit ganzen Schulklassen, die sich an schönen Sommertagen irgendwo auf dem Schulgeländer verteilt und einfach nur gelesen haben. Ein paar seilen sich immer ab, aber der Großteil hatte tatsächlich meistens einfach nur Freude am ziellosen Lesen. Ich finde, darum muss es doch gehen. Und wenn am Ende nur ein oder zwei Schüler sich das Buch, in dem sie geblättert haben, ausleihen wollen, ist der päd. Auftrag voll erfüllt.
Auch ansonsten würde ich versuchen, in so einen Buchclub das Lesen möglichst von der Institution Schule abzulösen, da ich mir davon mehr Nachhaltigkeit versprechen würde. Also, Besuche von Bibliotheken und Buchhandlungen. Oder altersangemessene Lesungen. Theater. Solche Dinge. Wenn Lektüre und Lesen immer nur als Teil der Schule wahrgenommen wird, entwickeln Kinder nie eine Lesekultur.
Entsprechend würde ich neben dem Aufbau einer Schulbibliothek auch die Implementierung eines offenen Bücherschranks empfehlen, bei dem Schüler sich einfach Bücher mitnehmen und behalten dürfren, und natürlich auch eigene Bücher einstellen sollen, die sie nicht mehr brauchen oder wollen. Vielleicht gibt es so etwas schon als Initiative im Ort, dann könnte der Buchclub eine Kooperation planen, damit so ein Bücherschrank auf dem Schulgelände aufgestellt wird.
Ansonsten schau doch mal, ob eure örtliche Bibliothek nicht bereits Erfahrungen in der Kooperation mit Schulen hat und entsprechende Angebote machen kann. Oft gibt es Bücherkoffer etc.
Es gibt im November immer den internationalen Vorlesetag. Hier könnte man mit einer örtlichen Grundschule oder Kita kooperieren, dass der Buchclub hinhgeht und dort vorliest. Achtung: Altenheime haben häufig wenig Verwendung für die tollen Ideen von Lehrkräften und sind von solchen Angeboten eher entnervt.