Eine umfassende Anaylse, die die Probleme deutlich benennt. Zu viel, um auf jeden Punkt genau einzugehen, deswegen nehme ich mal eine Aussage konkret heraus:
Im Jahr 2025 erlebe ich eine Kulmination aus alten Fehlern und einer hinsichtlich der langfristigen Perspektiven blinden „weiter so“-Politik in Deutschland und in Europa, die sich aktuell noch nicht tiefgreifend auf den Frieden und den Wohlstand in unserem Lande wie in Europa auswirkt – mir scheint, dass es nur eine Frage der Zeit sein wird, bis wir die Konsequenzen nachhaltig spüren werden.
Das ist zweifellos richtig, ist aber paradoxerweise auch der Punkt, der mir ein wenig Hoffnung gibt. Fehler der Vergangenheit sind eben genau das, aus der Vergangenheit. Man muss sie nicht weiterlaufen lassen oder wiederholen. Oder, um es mit Brecht zu sagen: "Wer A sagt, muss nicht auch B sagen, er kann auch erkennen, dass A ein Fehler gewesen ist."
Ich verspürde die - vielleicht optimistische - Hoffnung, dass der Schock, der durch das Jahr 2025 entsteht, zu einem Umdenken führt:
Europa lernt vielleicht, dass es stärker zusammenrücken muss und grundsätzlich etwas verändern muss.
Die deutschen Parteien der Mitte lernen vielleicht, dass sie endlich Inhaltspolitik betreiben müssen, nicht Symbolpolitik und nicht über sich selbst, sondern über Inhalte reden müssen.
Die Gutmenschen, zu denen ich mich selbst zähle, lernen vielleicht, dass eine inhaltliche Auseinandersetzung mit Migration und Integration nicht automatisch fremdenfeindlich und populistisch sein muss, und dass klare Regeln benötigt werden. Ich glaube immer noch an ein "Wir schaffen das", aber etwas zu schaffen muss nicht heißen, es einfach laufen zu lassen, ohne zu steuern.
Die frustrierten Protestwähler lernen vielleicht, dass ein Kreuz bei der AfD nicht einfach nur eine konsequenzfreie "message" an die Regierung ist, von der man sich im Stich gelassen fühlt. Brext, Trump 2.0 mit Agenda2025 und andere drastische Konsequenzen aus Protestwahl zeigen uns deutlich, wie sehr das nach hinten losgehen kann.
Dem steht natürlich eine Kluft innerhalb der Gesellschaft entgegen, eine toxische Diskurskultur, in der Andersdenkende von beiden Seiten schnell in ideologieverseuchte Schubladen gesteckt werden und die Gefahr, dass die potentiellen Regierungskonstellationen nach der Wahl nächste Woche kaum dafür geeignet sein dürften, schnell konstruktive Lösungen zu finden. Aber ich hoffe weiter. Ich hoffe auch, dass unsere Vergangenheit in dieser Gemengenlage nicht so sehr als "Jetzt ist aber auch mal gut" abgetan wird, sondern vielleicht bei einem signifikanten Anteil der Wählerschaft doch genug Entsetzen verursachen kann, um nicht leichtfertig den gleichen Weg zu gehen wie die USA und andere genannte Länder.
Was deine Prognose für deine Kinder angeht, ertappe ich mich dabei, ähnlich zu denken, in meinem Fall allerdings ehrlicherweise mit einer gewissen Erleichterung darüber, dass ich keine Kinder habe, um die ich mir diesbezüglich Sorgen machen muss. Und dabei hast du den Klimawandel nicht mal angesprochen, der natürlich damit zusammenhängen wird. Die Migrationsproblematik wird sich in 20/30 Jahren eher verschlimmern, wennn Klimaflüchtlinge vor unseren Grenzen stehen, die ihre Heimat verlassen musste, u.a. weil sie Opfer von Klimakonsequenzen aus Globalisierungsprozessen geworden sind, von denen wir massiv profitiert haben. Sich dann hinzustellen und zu sagen: "Ne, geht mal lieber wieder zurück und verbrennt und ertrinkt, aber achtet dabei darauf, dass Ali Express und Temu uns weiter mit Billigramsch versorgen können" erscheint mir ethisch nicht möglich.