Beiträge von WillG

    Ich lese eigentlich beide Erfahrungen so, dass das Argument, man könne die Arbeitszeit bei Lehrern aufgrund des komplexen Aufgabengebiets und der Überschneidung mit "privater" Zeit nicht richtig erfassen, in jedem Fall hinfällig ist.

    Offenbar ist es auch bei Bürojobs so, dass die Arbeitsbedingungen und die Art der Beschäftigung sehr unterschiedlich sein können und da kann die Arbeitszeit ja auch erfasst werden - was wenig überraschend ist.

    Wir fallen da also in keinster Weise aus dem Raster, wenn man Arbeitszeiterfassung denn ehrlich will.

    Zur Arbeitsverteilung generell:

    Ich fände es sinnvoll, ein allgemein verbindliches Modell zur besseren Austarierung von Belastungen im Kollegium zu haben.

    Vorschlag: Für jede Tätigkeit werden Punkte vergeben. Für eine fünfte Klasse im Fach Mathe bekommt man entsprechend weniger Punkte als für einen Abiturjahrgang Deutsch; für eine Physikklasse mit vielen Versuchsvorbereitungen weniger als für eine Reliklasse. Der IT-Betreuer bekommt eine entsprechende Punktzahl - ihr versteht das System.

    [...]


    (Ok, schimpft mich unrealistisch ^^ )

    So unrealistisch ist das nicht. Funktioniert das Arbeitszeitmodell in Hamburg nicht so ähnlich?

    Ich möchte mich Piksieben hier anschließen. Macht euch mit euren dienstrechtlichen Möglichkeiten vertraut, informiert euch über Mitbestimmungsrechte verschiedener Gremien, formiert euch und geht systematisch und gezielt dagegen vor.


    Zum Thema Überlastungsanzeigen:

    Man muss hier sehr genau aufpassen, dies "richtig" zu tun. Überlastungsanzeigen, die sich gegen Belastungen wenden, die sich direkt und konkret aus rechtlichen Vorgaben ergeben (Stundendeputat; Kursgrößen; Prüfungskorrekturen allgemein), sind formal gesehen keine Überlastungsanzeigen. Sie können also vom Dienstherrn ganz schnell auf Basis eine Formalie abgetan werden.

    Überlastungsanzeigen sind auch per se kein Mittel des Arbeitskampfes, auch wenn sie oft dafür genutzt werden, um Öffentlichkeit zu erzeugen. Vielmehr sind sie dafür gedacht, konkrete Situationen anzuzeigen, in denen man für das eigene Wohlbefinden und für die eigene Arbeit aufgrund der Situation keine Veantwortung mehr übernehmen kann, um sich vor späteren disziplinarischen Maßnahmen zu schützen. Also ergibt sich eine Überlastungsanzeige grundsätzlich aus einer (oder mehreren) konkreten Situation(en) / Anweisung(en), die im konkreten Kontext zu einer momentanen Überlastung führen.

    Eine Überlastungsanzeige ist also wirkungslos, wenn man sich gegen eine dienstrechtliche Verwaltungsvorschrift wehrt, die dich dazu zwingt, bei Wegfall der Prüfungsklassen Vertretungen zu übernehmen. Sie kann aber Wirkung haben, wenn du aufzeigst, dass du im Schuljahr 2023/2024 unter Berücksichtigung deiner Teilzeit von 40% bei zwei Abschlussklassen, die XY Stunden deiner Arbeitszeit binden, nicht zudem noch Aufgaben X, Y und Z übernehmen kannst, ohne deine Arbeitszeit deutlich zu überschreiten. Entsprechend kannst du gemäß §15 und §16 Arbeitsschutzgesetz keine Verantwortung für die Qualität deiner Arbeit übernehmen und siehst die Fürsorgepflicht des Diensthernn gemäß §45 Beamtenstatusgesetz hier verletzt.

    Ich hatte es in einem anderen Thread (- glaube ich -) schon mal geschrieben: In vielen BLs kann sich de GeKo eine eigene Geschäftsordnung geben. Die könnte dann auch Grundsätze (!) für die Anzahl der Konferenzen oder die Dauer festlegen. Auch Redezeiten können limitiert werden.

    Außerdem kann es sinnvoll sein, darauf hinzuweisen, dass Konferenzen per se erstmal Entscheidungsgremien sind, wo also Beschlüsse gefasst werden. Zu reinem Geschwafel sind sie nicht da. Manchmal kann man durch gezielte Anträge zur Tagesordnung (Auslagerung eines TOPs in eine Email oder ViKo) hier Änderungen herbeiführen.

    Du verteidigst das hier, nicht ich.

    Wer lesen kann...


    Doch, ich habe die Kernaussage durchaus verstanden. Weil im akutellen System eine bestimme Gruppe durch das Raster fällt, nämlich diejenigen, die knapp über der Fördergrenze liegen und die damit diese Bildungschancen nicht oder nur unter großen Problemen nutzen können, möchtest du es dahingehend ändern, dass noch weniger Schüler diese Bildungschance nutzen können, indem jetzt zwei Gruppen durch das Raster fallen.

    Unter Bildungsgerechtigkeit stelle ich mir etwas anderes vor.

    Überhaupt ist diese Argumentation mit "Whataboutisms" und mit Strohmännern oder extremen Beispielen in keinster Weise zielführend.

    Ich glaube, dass Du die Kernaussage nicht verstanden hast.

    Doch, ich habe die Kernaussage durchaus verstanden. Weil im akutellen System eine bestimme Gruppe durch das Raster fällt, nämlich diejenigen, die knapp über der Fördergrenze liegen und die damit diese Bildungschancen nicht oder nur unter großen Problemen nutzen können, möchtest du es dahingehend ändern, dass noch weniger Schüler diese Bildungschance nutzen können, indem jetzt zwei Gruppen durch das Raster fallen.

    Unter Bildungsgerechtigkeit stelle ich mir etwas anderes vor.

    Überhaupt ist diese Argumentation mit "Whataboutisms" und mit Strohmännern oder extremen Beispielen in keinster Weise zielführend.

    Auch die freiwillige 500-Euro Studienfahrt nach England in der 9. Klasse übernimmt das Amt problemlos, während viele berufstätige Eltern sich das nicht leisten können.

    Ja, das finde ich auch schlimm, dass Kinder aus armen Haushalten Bildungschancen über das Allernötigste hinaus bekommen sollen. Ich meine, lesen, schreiben und rechnen reicht doch. Obwohl, wenn ich so darüber nachdenke, gibt genug Jobs, die können sie auch ausüben, ohne lesen, schreiben oder rechnen zu können. Was da der Staat an solchen Bildungsschmarotzern nicht noch alles sparen könnte. Und dann muss ich mir aber darüber sorgen machen, dass meine Pension vielleicht gekürzt wird.

    Aber die Überlegungen der Kassiererin, die sich Gedanken über Maske tragende Kunden macht, halte ich für singulär. Auch die des Bankangestellten. der mit Sicherheit keine schlaflosen Nächte wegen der Zinsentwicklung hat - höchstens wegen der allgemeinen Entwicklung seines Berufsbildes und der Aussichten, den Job zu behalten.

    Ja, meinetwegen. Aber es geht ja generell darum, dass es eben Arbeitszeit gibt, die erfasst werden kann und bezahlt wird, und Privatleben. Und dass man mal während seines Privatlebens auch über berufliche Dinge nachdenkt, kann eben in allen möglichen Jobs vorkommen. Es ist auch eine Frage der Resilienz, hier Grenzen zu ziehen und dies eben nicht ständig nachts zwischen 2 und 3 Uhr zu machen, wenn man eigentlich schlafen will. Wenn man hingegen Nachtmensch ist und halt zwischen 2 und 3 Uhr auch mal Unterricht vorbereitet oder korrigiert, ist das etwas anderes. Dann ist es klar definierte Arbeitszeit.

    Die Betonung liegt hier übrigens auf "ständig". Wenn ich ständig nachts wach liege und über Schüler nachgrüble, hab ich vermutlich andere Probleme als exakte Arbeitszeiterfassung. Wenn das gelegentlich mal passiert, spielt es für korrekte Arbeitszeiterfassung keine Rolle, da man ja vielleicht auch in den 90 Minuten Freitstunden nicht durchgehend korrigiert hat, sondern auch mal kurz geplaudert hat. Das gleicht sich dann irgendwie schon im Großen und Ganzen aus.

    Das will ich ja gar nicht leugnen. Aber das heißt doch nicht, dass man die Arbeitszeit nicht erfassen kann?

    EDIT: Und was heißt in diesem Kontext eigentlich "both worlds"? Ich habe exepmlarisch vier verschiedene Berufe aufgezählt. Du kennst sie alle aus eigener Erfahrung?

    Doch gehört dazu auch, wenn ich nachts zwischen 2 und 3 Uhr darüber nachdenke, wie ich auf die Provokation von Jeanette-Marie vom Vortag reagieren soll - und welche Maßnahmen am effektivsten dazu führen, dass der nächste Vormittag konfliktfrei über die Bühne geht?

    Wie ist das denn bei anderen Berufstätigen, die Probleme haben, sich von ihrer Arbeit abzugrenzen?

    Wenn der Bankberater sich nachts zwischen 2 und 3 Uhr angesichts der geänderten Zinslage überlegt, was er seinen Kunden noch raten soll.

    Wenn der Anwalt sich nachts zwischen 2 und 3 Uhr überlegt, wie er mit einem besonders kniffligen Fall umgehen soll.

    Wenn die Kassiererin sich nachts zwischen 2 und 3 Uhr überlegt, wie sie während der Pandemie mit Kunden umgehen soll, die keine Maske tragen.

    Wenn der Dezernent sich nachts zwischen 2 und 3 Uhr wie er mit einer Schule mit besonders schwieriger SL umgehen soll?


    Ja, das sind Probleme bei der Arbeitszeiterfassung. Aber keine Probleme, die nur Lehrer betreffen. Wir müssen wirklich, wirklich aufhören so zu tun als wäre unser Beruf so sehr anders als alles andere, was es gibt. Er ist es nicht. Es ist ein Beruf. Wir sind Profis. Wir bekommen einen Betrag X für eine Arbeitszeit Y. Ja, wir arbeiten nicht mit Akten oder produzieren Gegenstände, wir unterrichten junge Menschen. Ärztre pflegen kranke Menschen, Psychothearapeuten behandeln Menschen, so viele andere Berufe behandeln Menschen und würden niemals in Frage stellen, dass sie klare Arbeitszeiten haben.

    Alternativ würde man eben sehr langsam arbeiten, aber dann schafft man seine Arbeit nicht - und der/die Leidtragende ist man früher oder später selbst.

    Ich weiß, was du meinst, aber letztendlich hängt das auch vom persönlichen Anspruch ab.

    Im Prinzip müsste man es theoretisch nur aushalten, wenn die Qualität der Arbeit leidet und wenn Dinge halt eben nicht funktionieren.

    Eine Arbeit ist nicht nach zwei oder drei Wochen fertig? Dann dauert sie halt sechs Wochen, meine Arbeitszeit hat es nicht anders hergegeben.

    Nach fünf Wochen steht schon die nächste Arbeit an? Dann muss die halt verschoben werden, meine Arbeitszeit hat es nicht anders hergegeben. Oder der Dienstherr schafft mir Erleichertung an anderer Stelle, damit ich den Termin einhalten kann.

    Die Arbeitszeit reicht zum Ende des Monats nicht mehr für die Konferenz / den Elternsprechtag / die Exkursion? Der Dienstherr muss einen Weg finden, dass dies in meiner Arbeitszeit bleibt.


    Ich übertreibe, aber nicht mal so besonders viel. So habe ich das durchaus damals im Rahmen meiner Abordnung ins Amt erlebt. Dinge bleiben liegen, Leute warten länger und wenn etwas wirklich wichtig ist, wird das priorisiert. Manchmal kommt es vor, dass man Überstunden macht, um die Prios rechtzeitig abzuarbeiten, was dann dazu führt, dass man diese an anderer Stelle abhängt, wodurch nicht-priorisierte Aufgaben eben nochmal länger brauchen.

    Im Amt war das, zumindest in meinem Aufgabenbereich, immer gefühlt nicht so schlimm, da die meisten "Fälle" doch eher anonyme Akten waren. In der Schule fühlt sich das anders an, da man die "Fälle" persönlich kennt und auch eine Beziehung zu ihnen hat. Aber das ist ein scheinbarer Unterschied - hinter den Akten haben ja auch Personen mit Bedürfnissen und echten Problemen gesteckt.

    chilipaprika

    Also, ich sehe es so: Ein gesetzlicher Feiertag ist erstmal ein gesetzlicher Feiertag. Niemand kann allein durch ungeschickte (oder absichtlich schlechte) Terminierung von Fahrten einen Anspruch auf diesen Feiertag aushebeln. Wenn nun also ein dienstlicher Termin so liegt, dass dieser Feiertag darin liegt, ich also per Dienstanweisung gezwungen werde, an diesem Tag zu arbeiten, dann muss der Dienstherr entsprechenden Ausgleich schaffen.

    Ich würde mir so eine Anweisung schriftlich geben lassen, evtl. würde ich mit einem vorfomulierten Schreiben schon auftreten: "Ich erteile Frau Chilipaprika die dienstliche Anweisung eine Studienfahrt vom 31. Februar bis zum 35. Mai zu begleiten. Ich weise sie darüber hinaus an, ihren dienstlichen Aufgaben im Zusammenhang mit der Studienfahrt auch an dem gesetzlichen Feiertag, der in diesen Zeitraum fällt, den Sanktnimmerleinstag am 31. April. uneingeschränkt nachzukommen."

    Das soll er dann unterschreiben und mit Schulstempel versehen. Vielleicht wird ihm dann bewusst, was er eigentlich einfordert, wenn er Klassenfahrten so teriminiert. Im nächsten Schritt könnte man dann über den Freizeitausgleich reden.

    Aber, natürlich ist es ätzend, über solche Selbstverständlichkeiten streiten zu müssen.


    Djino

    Das Ziel soll ja eben nicht in erster Linie der Freizeitausgleich sein, sondern die Unart, Fahrten einfach so übers Wochenende oder über Feiertage einzudämmen.

    Ich denke, die Frage kann nur jeder subjektiv beantworten. Will man a14/a15/a16 anstreben, dann muss man sich etwas mehr anstrengen und Aufgaben außerhalb des Unterrichts erfüllen.


    Ist man mit a13 und „nur“ Unterrichten zufrieden, auch ok. Und ich finde man muss auch keine extra Aufgaben machen.


    Geht es aber um eine Anstrengung das Schulsystem bzw. die eigene Schule zu reformieren, dann lohnt sich die Anstrengung nicht.

    Zu Frage der Verpflichtung, "Extraaufgaben" zu übernehmen, haben sich andere schon geäußert. Es ist ein schwieriges Feld, denn natürlich haben Seph und chilipaprika mit Blick auf die Dienstordnungen der einzelnen Länder Recht, andererseits ist das Rechenbeispiel von chemikus08 auch nicht verkehrt und zeigt eben, dass wir endlich eine ordentliche Arbeitszeiterfassung brauchen.


    Ich würde aber die Frage nicht so schwarz/weiß sehen wollen, wie du sie in deinem Post beschreibst, MrInc12

    Zwischen "nur" Unterrichten und Karriereambitionen oder der Utopie, das Schulsystem zu reformieren gibt es halt doch noch viele Zwischenebenen. Ich habe es oben schon mal geschriebeb: Seit ich mich aktiv und an bewusst gewählten Stellen in die Schulentwicklung einbringe, seit ich rechtsicherer geworden bin und die Stellschrauben kenne, an denen einzelne Kollegen oder Gremien das schulische Umfeld aktiv mitgestalten können und seit ich Konferenzen nicht mehr als sinnlose Zeitverschwendung oder schlimmstenfalls inhaltsleere Gängelei der Schulleitung begreife, sondern als Mitbestimmungsgremien, die z.T. sehr viel Macht und Entscheidungskompetenz haben, seitdem erfahre ich mehr Selbstwirksamkeit, fühle ich mich den Bedingungen nicht mehr so hilflos ausgeliefert und bin ganz generell sehr viel zufriedener und auch handlungssicherer geworden.

    Jetzt sehen mich vielleicht manche als so einen "Konferenzlaberer", wie sie hier oft abfällig bezeichnet werden, andere scheinen aber - so zumindest mein Eindruck - zu wertschätzen, dass sich jemand aktiv einsetzt und auch mal konstruktiv versucht, Missstände zu benennen und dagegen anzugehen. Oft bringt das nichts, manchmal aber schon, und zur Jobzufriedenheit lohnt sich diese Anstrengung allemal.


    Love it, change it, or leave it.

    die Lehrerkonferenz sagt nicht "es wird über Feiertag gefahren", aber die Fahrtenwoche ist zufällig über den 3. Oktober oder nimmt praktischerweise einen Teil von Pfingsten ein. Unterrichtsausfall und so.

    Als Personalrat haben wir einen Antrag in die GeKo (und dann weiter ins Schulforum, so heißt hier die Schulkonferenz) eingebracht, dass Fahrten in der Regel fünf Tage sind, von Montag bis Freitag gehen, und dass den Lehrkräften grundsätzlich ein Freizeitausgleich zusteht, wenn Feiertage oder Wochenendtage betroffen sind.

    Ich wollte auch nicht andeuten, dass ihr selbst schuld seid. Eine Geschäftsordnung für die Gesamtkonferenz zu erstellen, ist ein ziemlich dickes Brett, da man ziemlich viele Sachzwänge (dienstrechtliche Regelungen) sowie Interessen und Befindlichkeiten unter einen Hut bringen muss. Das geht nicht mal so eben mit einem schnellen Antrag, den man unvorbereitet in die GeKo wirft.

    Und, klar, wenn das bei euch gar nicht rechtlich vorgesehen ist, ist es sowieso keine Option.

    Konferenzen leitet bei uns der SL, wenn er das ineffizient macht: Pech gehabt.

    In manchen Bundesländern kann sich dei Gesamtkonferenz eine eigene Geschäftsordnung geben. Dort könnte bspw. auch festgelegt werden, wer die Konferenzen bzw. bestimmte TOPs moderiert. Auch zumindest Grundsätze zu Länge und Häufigkeit von Konferenzen könnten in so einer Geschäftsordnung festgelegt werden. Weiß aber nicht, ob das für dein BL auch geht, bzw. weiß ich nicht, in welchem BL du arbeitest.

    Wer er für Bayern gerne nachlesen möchte, hier bitte:

    Beurteilungsrichtlinien des bayerischen Kultusministeriums

    https://www.km.bayern.de/download/3629_2030.2.3uk618.pdf (EDIT: Link reparaiert)


    GEW Bayern Handreichnung

    https://www.gew-bayern.de/inde…eurteilung_Broschuere.pdf


    Natürlich gibt es klar definierte Kriterien für die Beurteilung, gleichzeitig weiß ich von meiner SL, dass intern die Erwartung dahingehend formuliert wird, dass die Beurteilungsnoten der Normalverteilung folgen sollen. Ist dies nicht der Fall, kommen die SL wohl bei den Ministerialbeauftragten (so heißen die Dezernenten) in Erklärungsnot.

    Der Beurteilungszeitraum geht über vier Jahre, in denen der SL dreimal unangekündigt den Unterricht der Lehrkraft besucht, am Gymnasium müssen dabei beide Fächer und Unter-, Mittel- und Oberstufe abgedeckt werden. In der Praxis grenzt der SL oft die Besuchzeiträume etwas ein, in etwa "Von jetzt bis zu den Weihnachtsferien werde ich bei jedem einmal vorbeikommen."


    Es gibt sieben Notenstufen. Generell werden die gleichen Kriterien für alle Lehrkräfte der gleichen Besoldungsstufe angewandt. D.h. der Berufsanfänger, der gerade mal zwei Jahre auf Lebenszeit verbeamtet ist und der arrivierte StR, der nach 10 Jahren kurz vor der Regelbeförderung auf A14 steht, werden nach den gleichen Maßstäben betrachtet. Für uns Lehrkräfte ist das oft schwer nachvollziehbar, da wir natürlich Schülerinnern und Schüler gemäß ihrer Schulerfahrung ("Jahrgangsstufe") unterschiedlich bewerten. Das führt in der Praxis dazu, dass in der Regel die Erstbeurteilung einer Lehrkraft von den sieben Notenstufen nicht besser als 3 ist, eher sogar 4 oder 5, wobei 5 bedeutet, dass die Lehrkraft ihren Unterricht ordentlich und ohne Probleme macht und auch anderen Dienstpflichten ordentlich und ohne Probleme nachkommt. Für viele KuK ist das natürlich frustrierend.


    Konsequenzen aus der Regelbeurteilung:

    Es gibt keine eigenen Beurteilungen bei Bewerbung um Funktionsstellen; vielmehr werden die letzten beiden Regelbeurteilungen herangezogen. Wichtig ist dabei auch die sog. "Verwendungseignung", die in der Beurteilung formuliert sein solllte, wenn man Interesse an bestimmten Funktionen hat.

    Die Regelbeurteilung ist ein Grundlage für die Regelbeförderung auf A14 im Gymnasialbereich. Unter bestimmten, eng definierten Umständen kann die Regelbeförderung auf A14 durch besonders schlechte Beurteilungen zumindest verzögert werden.

    Ich meine, dass die Regelbeförderung auf A14 durch besonders gute Beurteilungen auch beschleunigt werden kann, müsste das aber nochmal nachlesen.


    Noch mehr aus dem Nähkästchen geplaudert: Da die Beurteilungsnoten für Beförderungen auf A14 und für Bewerbungen auf Funktionsstellen mittelfristig (bis zu acht Jahre, also zwei Beurteilungszeiträume in die Zukunft) relevant sind und gleichzeitig die inoffizielle Vorgabe der Normalverteilung gilt, sind die Unterrichtsbesuche für die Beurteilungsnote oftmals eher sekundär bis völlig irrelevant. Viele SL nutzen die Beurteilung, um KuK in die richtige Position zur Beförderung oder zur Bewerbung zu bringen (- oder sie davon fernzuhalten -), so dass die besseren Beurteilungsnoten eher "strategisch" vergeben werden. Entsprechend müssen aber auch genügend schlechtere Beurteilungsnoten vergeben werden, die dann oft die KuK bekommen, bei denen es für die eigene Laufbahn erstmal keinen Unterschied macht. So kann man bei solch taktierenden SL die eigene Beurteilungsnote eigentlich schon ermitteln, bevor überhaupt ein Unterrichtsbesuch stattgefunden hat. Das macht den ganzen Prozess natürlich absurd, sorgt aber bspw. an meiner Schule dafür, dass überdurchschnittlich viele KuK mit A15 in Pension gehen, da mein SL einen sehr genauen Blick darauf hat, wer wann in welche Aufgabe geschoben werden muss, um die KuK bestmöglich zu fördern. (In Bayern gibt es sehr viel mehr A15-Funktionen als in anderen Bundesländern, bspw. auch für die Fachsprecher "großer" Fächer, für Unter-, Mittel- und Oberstufenbetreuung, für den Beratungslehrer, für den IT Adim etc.; diese A15 werden in aller Regel schulintern besetzt, so dass der SL hier langfristig planen kann und viel freie Hand hat.).

    Dennoch führen die Beurteilungs- und Besuchzeiträume bei den KuK regelmäßig zu Stress, obwohl eben die minimale Auswirkung auf die Beurteilung und die minimale Relevanz der Beurteilungsnote im Alltag allseits bekannt ist. Das liegt meiner Meinung nach daran, dass man hier mal jemanden im Unterricht sitzen hat, der zumindest zum Teil auch ein qualifiziertes Feedback geben kann, so dass die meisten doch gerne zeigen wollen, was sie können. Klar kann man auch eine Stunde mit "Buch Seite 27, Aufgaben 4 bis 13" füllen und es ist vermutlich egal, aber die meisten wollen doch gerne auch ein wenig Lob hören. Das führt vielleicht dazu, dass man den eigenen Unterricht zumindest in diesen Situationen etwas reflektiert, was ja vielleicht auch nicht ganz schlecht ist.


    Langer Rede kurzer Sinn: Die Regelbeurteilung ist insgesamt eigentlich eher eine Farce, zumindest durch die Art und Weise, wie sie reglementiert ist. Da sie aber am Gym zur Beibehaltung der Regelbeförderung dient, den Bewerbungsprozess auf A15 vereinfacht und insg. auch mal zur Selbstreflektion anhält, kann ich persönlich damit leben. Auch nett ist, dass man als bay. Lehrkraft denjenigen, die immer behaupten, Lehrer würden nach der Verbeamtung nie wieder kontrolliert, etwas entgegen halten kann.

    [E]r rät mir dazu, mich mit der Dezernentin in Verbindung zu setzen. Da bin ich unsicher, ob dies eine so gute Idee ist.

    Nur sprechenden Menschen kann geholfen werden. Ich würde hier jede Hemmung ablegen und ganz offen reden. Auch mit deinem Schulleiter übrigens.

    Deine Gründe (Wunsch nach Veränderung) sind nachvollziehbar und überhaupt nicht ungewöhnlich, die meisten jungen Lehrkräfte wollen irgendwann mal etwas anderes sehen. Dein Schulleiter und vor allem die Dezernetin kennen das schon. Wenn du mit allen offen sprichst, kann eine Lösung gefunden werden, die für alle (ins. für dich) gut ist. Wenn du lange alle im Dunkeln hältst und sie nur ihre eigenen Erwartungen kennen, kann es am Ende problematisch werden, deine Wünsche zu erfüllen.

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