Nochmal EDIT: Sorry, das ist total OT und geht vom eigentlichen Zweck des Threads total weg. Vielleicht kann man meinen und Vulgos Beitrag einfach löschen oder zumindest auslagern?
Das stimmt. Das bayerische Schulsystem ist perfekt - hier gibt es keine Probleme, da die Erlasse des bayersichen Kultusministerium, ja der gesamten bayerischen Staatsregierung, direkte göttliche Eingebungen sind. Das hat schon Ludwig Thoma in "Ein Münchner im Himmel" schlüssig dargelegt. Deshalb ist ja ein Abitur in einem bayerischen Leistungskursfach in vielen Bundesländern auch dem zweiten Staatsexamen im entsprechenden Fach gleichgesetzt. Und jedes außerbayerische Schulamt schmeißt eine Party, wenn es durch das Ländertauschverfahren einen bayerischen Studienrat bekommen kann.
Mein Gott, komm mal runter. Ich bin jetzt seit sieben Jahren im bay. Schuldienst. Vorher habe ich in Hessen und NRW gearbeitet. Die kochen hier auch nur mit Wasser, besonders viel toller ist das hier nicht.
Es gibt meiner Meinung nach zwei Gründe, warum das bay. Schulsystem sich selbst so toll findet und von außen oftmals auch so verklärt wird. Beide sind aber bestenfalls ambivalent:
1.) Das bayerische Schulsystem ist sehr stark auf Selektion ausgelegt. Dadurch sind die Lerngruppen homogener, wodurch natürlich zum Teil zumindest auf dem Gymnasium auf höherem Niveau gearbeitet werden kann. Das ist aber eine Frage des Menschenbilds. Wer schon mal in einer bayerischen Notenkonferenz gesessen hat und mitbekommen, mit welcher Rhetorik und welcher Arroganz hier z.T. Schüler an "untere" Schulformen "abgeschoben" werden, kann das schon mal in Frage stellen. Ich habe, seit ich in Bayern bin, keinen einzigen Förderplan mehr geschrieben. An zwei meiner Schulen hier wurden Ergebnisse in Beratungsgesprächen mit Schülern oder Eltern als Erfolg gefeiert, wenn man seinen eigenen Willen durchgesetzt hat. Ich bin Befürworter des dreigliedrigen Schulsystems, aber das setzt eine Aufwertung der Schulformen jeneseits des Gymnasiums voraus. Und es muss mehr und bessere Möglichkeiten geben, die Schulform auch "nach oben" zu wechseln. Die Möglichkeiten, bspw. einen guten Realschüler ans Gymnasium zu holen, sind ein absoluter Witz.
2.) Das bayerische Schulsystem hat sehr davon profitiert, dass die Regierung hier im Prinzip nie gewechselt hat. Seit Generationen regiert hier die CSU. Von der kann man halten, was man will, aber wenigstens gab es nicht den Aktionismus, der in anderen Bundesländern bei jedem Regierungswechsel Einzug hält - verbunden mit entsprechenden Reformen, die sich teilweise selbst wieder aufheben: Hin zum dreigliedrigen Schulsystem, weg vom dreigliedrigen Schulsystem, doch wieder hin...
Ein Resultat ist aber, dass das bay. Schulsystem zum Teil sehr verkrustete Strukturen hat. Wandel ist eben auch manchmal gut. Gleichzeitig ist mit dem spontanen Wechsel hin zu G8 quasi über Nacht (- drei Monate im Schuljahr wurde damals beschlossen, dass die aktuelle 5. Jahrgangsstufe jetzt doch schon der erste G8-Jahrgang ist; über den brandaktuellen neuen G9-Lehrplan für diese Jahrgangsstufe hieß es dann lapidar, der könne auch für das G8 gelten) eine neue Kultur der übereilten, undurchdachten Reformen eingezogen: Flexijahr; Mittelstufe plus; Lehrplan plus; Bayerisches Schulgesetz. Die Verkrustungen brechen dadurch zum Teil auf, werden aber durch unausgegorene Konzepte ersetzt, die oftmals nach zwei Jahren wieder kassiert werden. Bayern braucht also keinen regelmäßigen Regierungswechsel, um den gleichen negativen Effekt zu erreichen. Hurra!
Ich bin gerne hier und hier läuft vieles richtig. Aber die Mär vom einzigartig tollen bayerischen Schulsystem ist im höchsten Maße albern.
EDIT: Vulgo, in wie vielen Bundesländern hast du denn schon als fertig ausgebildeter Lehrer unterrichtet, wenn du solche Urteile fassen kannst?