Ah, hatte ich gestern noch ganz vergessern. Nunja, eins nach dem anderen. Ach ja, lest I forget. Ich bemerke übrigens sehr wohl, dass du hier immer wieder neue Themenfelder ausmachst, und meine Antworten nicht diskutierst. Ich kann ja das verstehen, weil du lieber möchtest, weil du damit peinliche Denkfehler wie in #122 überspielst, aber glaube mir, das wirft kein sonderlich gutes Licht auf deine Diskussionskompetenzen...
Erstens hast du mich da oben handwerklich fehlerhaft zitiert, da in dem Zitat zwei Teilaussagen von mir vermengt werden, die zwar zusammenhängen, aber nicht identisch sind. 1. Die Unbedingtheit des Korans als Wort Gottes, 2. Der islamische Fundamentalismus inklusive Niqab als konsequentester ideologischer Ausdruck dieses Konzepts.
Zweitens sehe ich in deiner Antwort doch gewisse Kenntnisschwächen, was die islamische Theologie angeht. Dass der Koran in der arabischen Sprache das dem Propheten geoffenbarte bzw. vom Erzengel Gabriel diktierte Wort Gottes ist, steht nach muslimischen Verständnis völlig außer Zweifel; das wird im Koran auch wieder und wieder verkündet, z.B. im ersten Satz der Sure von der Kuh. Deswegen wird ja auch von gläubiger Seite immer wieder betont, dass nur in Arabisch der Koran überhaupt verständlich sei. Offenkundig kollidieren religiöse Vorstellungen hier wie immer mit der Realität und der Texttheorie; man kann nur konstatieren, dass die muslimische Theologie diesen Widerspruch irgendwie durch Überwindung der Vernunft aushält.
Ebenfalls hast du anscheinend den Koran nicht so sonderlich genau gelesen, sonst wüsstest du, dass diese Verkündung eine als umfassend verstandene Gesellschaftskonstruktion genau so enthält, wie den Anspruch auf ein Rechtssystem, die Scharia als religiöses Recht; das ist das, was die Umma definiert. Wie umfassend der Anspruch des Korans sowohl in seinen Forderungen für die Realität als auch als Endzeitprophezeiung ist, entfaltet sich nur aus der Gesamtlektüre. Ich kann immer wieder nur empfehlen die sogenannten "heiligen Schriften" tatsächlich zu lesen, wenn man eine Religion wirklich verstehen will. Das wird leider oft nicht gemacht, hier im Lehrerforum findet man gerade bei Religionslehrerinnen im Primarbereich sehr oft, dass man sich aus Trägheit und Desinteresse die Mühe mit der Bibel nicht machen will und sich mit geskriptetem Hörensagen zufrieden gibt.
Führt man die Ansprüche des Koran mit extremer Konsequenz zu Ende, ergibt sich schlüssig eine Unvereinbarkeit der durch Mohammed gezeichneten Umma mit einem von Gleichberechtigung zwischen Geschlechtern und der Religion und Freiheit des Individuums geprägten Rechtssystem wie unserem aus. Schon die bloße Tatsache, dass das Grundgesetz die Todesstrafe verbietet steht in unüberwindbarem Widerspruch zum Koran! Für den fundamentalistischen Muslim kann deshalb keine Verfassungstreue gegeben sein. Der salafistische Prediger Volkan Baran drückt das in klaren Worten aus, wie in einem Zeitungsartikel der "WAZ" zitiert:
Ein Niqab ist das Symbol nach außen, dass diese Auffassung des Islam geteilt wird. Man darf die Frauen die sich nach einer strengen Auslegung des Islam verhüllen, durchaus glauben, dass sie davon überzeugt sind, was sie nach außen zeigen! (Außer natürlich sie von ihren strenggläubigen Männern mit Gewalt gezwungen.) Daraus ergeben sich dann natürlich praktische Konsequenzen:
Hast du dir das von salafistischen Straßenpredigern erzählen lassen? Du hast im Laufe der Diskussion ja schon eine gewisse kindliche Naivität gezeigt, aber ich bitte dich, bloß, weil dir Leute irgendwas erzählen muss das doch nicht stimmen. Für diese Fundamentalisten sind wir "Kaffir". Die verachten uns und ganz bestimmt fühlen sie sich uns gegenüber nicht zur Wahrhaftigkeit verpflichtet. Natürlich kann man einer Frau in Vollverschleierung nicht in den Kopf schauen, genau so wenig wie den Salafisten, die in den Innenstädten Bibeln [sic! richtig ist natürlich "Korane", N.A. ] verteilen. Das braucht man aber auch gar nicht, denn wir haben in der Welt genügend Beispiele, was passiert, wenn fundamentalistische Muslime die Diskurshoheit erringen - seien es in Ägypten die Muslimbrüder, sei es im wahhabitischen Saudi-Arabien, sei es in Afghanistan, sei es im Machtbereich von Boko Haram, sei es seit jünger Zeit im Islamischen Staat, der ja bekannterweise aus den Reihen deutscher Fundamentalmuslime mit einem Strom nützlicher Idioten versorgt wird.
Willst du mir im Ernst erzählen, dass in diesen konkreten Ausformungen fundamental muslimischer Staatlichkeit eine Vielfalt von Überzeugungen und Weltvorstellung in freiem Spiel um die staatliche Ordnung herrscht? Ausnahmslos sind westliche Freiheitsideale und ihre Vertreter das erste, was in diesen Staaten brutal niedergemacht wird.
Die Schlussfolgerung ist klar: dass der Niqab eine harmlose kulturelle Variante von Kleidung ist, glaubt nur, wer sich die Hose mit der Zange anzieht, mit Scheuklappen durch die Welt geht und sich nicht informiert.
Jaja, alles schon mal gehört. Ich habe die Sure "Das Licht" auch gelesen - die kann man ganz nach Belieben bis hin zur Burka verstehen. Dass du das nicht tust, ändert aber nichts daran, dass die Vollverschleierung für Frauen Zwang wird, wenn die Männer mit den Fusselbärten die Macht in die Hand bekommen.
Nele