Mit praktischen Arbeiten meinst du die Arbeit an Experimenten, oder? Tut mir leid, aber ich bin mit deinen Fächern weniger vertraut. Ich vermute mal, dass es auch hier fachliche Anforderungen gibt und dann kannst du anhand passender Kriterien überprüfen, ob der Schüler (m/w/d) diese im Rahmen der praktischen Arbeit erfüllt.
Ich zitiere mal aus den Fachanforderungen Chemie in Schleswig-Holstein:
"Entwicklung von Kompetenzen im Bereich Kommunikation in der Sekundarstufe I
Die Schülerinnen und Schüler können … [ ]
argumentieren
∙ Argumente sammeln und ordnen.
∙ passende Argumente auswählen.
∙ eigene Argumente entwickeln.
∙ einen Argumentationsprozess strukturieren.
∙ die Qualität von Argumenten beurteilen.
∙ in Diskussionen über naturwissenschaftliche Fragestellungen auf Argumente anderer eingehen
und diese einordnen."
Wenn wie in meinem vorherigen Beitrag die Aufgabenstellung lautet sich zu einem fachlichen Thema auszutauschen (z.B. wenn die SuS als HA etwas zu recherchieren hatten und darüber diskutieren sollen) und ich dann von einem Störenfried höre, dass er in der Gruppe über das Computerspiel "Fortnite" spricht, dann zeigt er eindeutig, dass er die hier zitierten Kompetenzen nicht hat.
Weder sind seine Aussprüche passende Argumente, noch diskutiert er über naturwissenschaftliche Fragestellungen und geht dabei auf die Argumente anderer ein.
Ganz klar, jegliche Unterrichtsstörung ist in sich schon das Zuschaustellen, dass man die Aufgabe nicht löst.
Lehrer stellt der Klasse den Arbeitsauftrag: "Ermittelt die Verhältnisformen der angegeben Ionenverbindungen: Magnesiumnitrat...."
Die Arbeitsphase beginnt, es tönt von Schüler/in XY klar hörbar "yo, wallah, gestern bei Fortnite habe ich richtig rasiert"
Lehrer vergleicht die Aussage mit den erwarteten Verhältnisformeln und stellt fest, die Aussage ist falsch! Die Verhältnisformel hätte "Mg(NO_3)_2" heißen müssen und nicht "yo, wallah......". Der Lehrer weist den Schüler auf den Fehler hin und notiert eine schlechte Note, die Antwort, die er seinem Nachbarn mitgeteilt hat, ist völlig falsch. Der Schüler scheint das Prinzip Verhältnisformeln aufzustellen noch nicht verstanden zu haben.
Kann ja sein, dass er es im Test oder so doch irgenwie kann (gibt es selten auch mal, ja!), doch das, was der Schüler zu der gegebenen Aufgabe zu gegebenem Zeitpunkt von sich gibt ist die falsche Antwort für die Aufgabenstellung und damit eine bewertbare Leistung.
Und klar, wenn der Schüler sich berappelt und dann doch die Aufgaben löst kann man ja noch eine weitere Leistung notieren.
Natürlich ganz klar in der Praxis, ich mache das nicht bei jeder Störung oder bei jedem Nebengespräch so. Ein bisschen "Puffer" hat jeder, das ist ja logisch. Aber bei Leuten die extrem stören, herumalbern oder nur Nebengespräche führen mache ich das genauso. Ich nehme ihre Äußerungen als Antwort zur gegebenen Aufgabenstellung als bewertbare Leistung.
Und ja, ich schaue natürlich auch ins Heft dann. Sollten da ganz überraschend die Aufgaben schon fertig und richtig bearbeitet sein, dann bewerte ich das natürlich auch positiv. Zu 95 % hat der Störenfried aber die Aufgaben nicht oder nicht vollständig, wie denn auch, er ist ja nur am Stören und Ablenken.
So habe ich dann dokumentiert, dass er die Aufgaben nicht hat.
Ihr müsst euch doch mal bewusst machen, in dem Moment (in dem Zeitraum) wo jemand herumalbert, ablenkt, stört... kann er doch gerade gar nicht die Aufgabe lösen und zeigt doch also ganz offensichtlich, dass die Kompetenz (in genau diesem Moment!) nicht da ist.
Wir bewerten doch keine Potentiale sondern messbare, beobachtbare Dinge.
Ein "jaaaa, wenn XY nicht die ganze Zeit herumalbern wüüüüürde, dann kööööönte er ja vielleicht die Aufgabe lösen" ist doch vollkommen egal.
Die aktuelle Aufgabe lautet "Ermittle die Verhältnisformeln" und da zeigt er / sie doch gerade, dass die Lösung falsch ist. Wer gar nicht erst an der Aufgabe arbeitet kann es doch nicht richtig haben.
WEnn ein Schüler eine leere Klausur abgibt schreibe ich doch auch 0 Punkte hin und argumentiere nicht "ja das ist sein Verhalten, der hat halt aus dem Fenster geschaut, aber er hat nichts geschrieben, das sagt doch gar nichts aus, ob er es nicht vielleicht doch könnte".
Genauso muss man jede Störung sehen.
Und mich wundert es, wie man das anders sehen kann. Ganz ernsthaft.