Beiträge von Lorz

    Anbei: Warum interessiert mich das?


    Den einen Grund habe ich schon genannt - ich mag keine Schwammigkeiten bei rechtlichen Sachen. Der Praktikant sollte genau wiessen, welche Möglchkeiten und Grenzen/Risiken ihn erwarten. Und die Dynamik der realen Schule muss hier bedacht werden.


    Der zweite Grund ist - ich mochte es, Unterricht zu vertreten als Praktikant. Das habe ich so zweidrei Mal gemacht, es ergab sich spontan.
    Der Vertretungsunterricht hat seinen Reiz, denn der Praktikant hat niemanden "im Nacken", der ihn für sein Verhalten kritisiert. Und man fühlt sich gut, weil man etwas gutes tut - in dem Sinne, dass die SchülerInnen ja sonst Ausfall hätten. Das entspannt einen dolle, man kann also nix kaputt machen/Zeit verschwenden, wenn der Unterricht(sversuch) nicht klappt. Ich habe in diesen Stunden für mich wertvolle Erfahrungen sammeln können. Ich konnte ganz ich selbst sein. Und ich konnte genau in diesen Stunden gut für mich abschätzen, ob ich den Lehrerberuf mag oder nicht.
    Daher würde ich Praktikanten nicht davon abraten, solche "Pseudo"-Vertretungsstunden zu machen. Ich würde einfach nur auf die Grenzen hinweisen, a la "tu bitte nicht vor den SchülerInnen so, als ob die weisungsbefugt bist. Ja mache ihnen sogar ausdrücklich klar, dass Du es nicht bist. Letzteres gern auf eine charmante/gewinnende Art. Und sei Dir bewusst, dass eine Gruppe von Menschen gefährliche Dynamiken entwickeln kann - bist Du fähig, diese zu erkennen und auszusteigen? Wenn nicht, dann lass es lieber. Letzteres kann allerdings bedeuten, dass der Lehrerberuf generell für Dich (noch) nicht geeignet ist.".

    Der OHP/Laptop/Ipad der Schule fällt auf den Boden und ist defekt. Passiert das einem Lehrer, ist das Risiko über den Dienstherr versichert, passiert das dem Praktikanten greift diese Versicherung nicht und die private Haftpflicht wird einspringen müssen und ggf. Nachfragen stellen müssen.

    Schaukelt ein Schüler trotz Ermahungen mit dem Stuhl, fällt hin, bricht sich die Nase/den Hinterkopf/das Genick wird man als reguläre Lehrkraft keine Probleme bekommen, als Praktikant, der unberechtigt Vertretungsunterricht gegeben hat, wahrscheinlich schon.

    Bist Du Dir das sicher, dass das auf den Praktikanten zurückfällt?

    Ich war gerade Joggen und hatte viel Zeit weiter darüber nachzudenken und versuche es mal selbst mit einer Antwort:


    Regel für den Praktikanten, der freiwillig oder unfreiwillig allein mit einer Lerngruppe ist:
    1. Warum ist es nicht gewollt, dass der Praktikant ausversehen/um "was gutes zu tun", eine Lerngruppe instruiert?
    Der Praktikant ist nicht genügend ausgebildet/nicht zertifiziert, als Autorität zu handeln und (korrekt) zu entscheiden. Daher ist nicht gewährleistet, dass er richtige Entscheidungen trifft. Die Lerngruppe würde einer Gefahr ausgesetzt werden.


    2. Der Praktikant ist in der Pflicht, die SchülerInnen über seine Rolle aufzuklären. Warum?

    Nun, wenn er mit den LehrInnen mitläuft, so ist die "Gefahr" groß, dass die SchülerInnen ihn fälschlich als grundsätzliche Autoritätsperson interpretieren. Die Schule und die Praktikumsbetreuung durch die Ausbildungsstätte (Uni, Fachhochschule, Schule etc) hat den Praktikanten darüber aufzuklären, dass er KEINE Weisungbefugnisse gegenüber den Schülern hat. Tut der Praktikant so als ob er diese hätte, so ist dies eine Täuschung. Hier kann sich der Praktikant schuldig/strafbar machen.
    Wahrscheinlich so ähnlich, als wenn ich mir eine Polizeiuniform anziehe und in der Öffentlichkeit Personen dazu anhalte, irgendwelche Dinge zu tun.


    3. Der Praktikant muss nun also GENÜGEND dafür tun, dass die Lerngruppe im Klaren darüber ist, dass der Praktikant nicht weisungsbefugt ist. Am besten, er schreibt dies zusätzlich noch an die Tafel.*

    3.a - hier bin ich mir nicht sicher: Eventuell ist der Praktikant in der Pflicht, die Schulleitung zu informieren, dass hier gerade eine Lerngruppe unbeaufsichtigt ist. (In Anlehnung an der Bürgerpflicht, eine Straftat anzuzeigen. Aber ist eine unbeaufsichtige Klasse eine Straftat? I don't know. In jedem Fall ist diese Info für ein gutes Verhältnis zwischen Praktikant und Schule förderlich).


    4. Nun kann der Praktikant agieren - als Privatperson. Wenn die SchülerInnen nun mal Bock haben, mit ihm Mathe oder sonst was zu machen (auf eigenes Risiko), dann machen sie das halt. Ganz genauso, wie wenn ich mich in die Fußgängerzone stelle und dort einen Workshop anbiete. Völlig freiwillig, keiner muss mitmachen. Und natürlich gelten die gleichen Regeln wie in der Öffentlichkeit - wenn ich als Praktikant von SchülerInnen beleidigt oder geschlagen werde, so besteht natürlich Rechtsanspruch - ich habe das Recht anzuklagen und entschädigt zu werden. Und auch für Fälle wie die herunterfallende Rigipsplatte...


    *Kritisches Hinterfragen:

    - Was ist, wenn ein/e SchülerIn es nicht mitbekommt, dass der Praktikant nicht weisungsbefugt ist? Ich sehe das so: wenn der Praktikant es genügend versucht hat, darüber aufzuklären, dann ist er aus dem Schneider. Missverständnisse kann es nun mal immer geben. Auch in anderen rechtichen Situationen ist das so. Fahre ich mit dem Auto mit 50 km/h durch die Ortsschaft und es springt ein Kind auf die Fahrbahn und es kommt zum Unfall, dann zählt auch nur, ob ich mich korrekt verhalten habe. Also bin ich wirklich nur 50 km/h gefahren. Habe ich versucht auszuweichen, versucht zu bremsen? Wenn ja - trotzdem schlimm, aber Schuld trifft mich nicht.

    - Ist der Praktikant nicht perse in der Rolle "missbrauchender Scheinautorität" und sollte daher nicht allein agieren? Also ist der/die SchülerIn nicht trotzdem immer in der Not, dem Praktikanten "gefällig zu sein", weil der Praktikant ja "alles weitererzählen" kann? Meine Einschätzung: Dieses Gefühl wird auf Schülerseite wohl durchaus zu finden sein. Im Deutschen Rechtssystem wird aber wohl davon ausgegangen, dass eine Autoritätsperson ihre Autorität außerhalb ihres Dienstes "abgeschaltet" hat. Also treffe ich eine Polizisten privat, so werde ich vielleicht auch das Gefühl haben, mich dann besonders korrekt verhalten zu müssen und sogar seinen Wünschen mehr Gewicht zu verleihen (weil er ja schließlich Polizist ist). Aber formal besteht dieser Anspruch nicht. Und daher ist es nicht so, dass dem Polizist hier vorgeworfen würde, dass er seine dienstlichen Befugnisse auf das Private ausweiten würde - nur weil ich das Gefühl habe, ich müsste ihm gefällig sein.

    @reinerte

    Ja, danke, genau diesen Klärungsbedarf sehe ich eben auch.

    Schulen haben nur natürlich in gewisser Hinsicht ein Interesse, "kostenlose Pseudo"-Aufsicht für eine Klasse zu haben. Gerade, wenn mittendrin, also so 3. und/oder 4. Stde auf einmal eine Lehrkraft ausfällt. Zack, Praktikant rein und zumindest aus "SchülerInnensicht" ergibt sich der Anschein, dass sie beaufsichtigt sind und der Stundenplaner hat die Situation erst mal scheinbar "gelöst". Aber genau diese klare Fälle finde ich gar nicht interessiert zu thematisieren - da hat der Praktikant ja noch Zeit zu reagieren und Nein zu sagen und das Vergehen liegt ganz klar bei der Schulleitung.


    Es geht mir um Fälle, wie oben mit der Prügelei erklärt, wo ein Praktikant aus versehen in den Verantwortung gerät/geraten könnte.
    Wenn nun jemand, wie ein Dozent in der Uni, der hier DIFFERENZIERT beraten können sollte, so einen schwammigen Spruch ablässt "mach keinen Vertretungsunterricht, denn Du bist nicht versichert", macht mich das wütend. Denn er leugnet damit die Realität in den Schulen. Tut so, als ob das nicht aus versehen passieren kann. Tut so, als jeder, der in diese Situation kommt, ja selbst schuld sei, denn er (der Dozent) hat ja einen ganzen klaren Ratschlag "lass es sein" gegeben. Das ist der Grund, warum mich diese Schwammigkeit ärgert und traurig macht. Sie impliziert, dass es solche Dynamiken in Schule nicht gebe. Und die Praktikanten, die nun mal an einer Brennpunktschule landen (was sie sich noch mal ausgesucht haben müssen), stehen im Regen.

    Hallo!

    Eine Freundin von mir macht bald ein Praktikum an einer Schule im Rahmen ihres Lehramtsstudiums.

    Ich selbst bin seit mittlerweile 12 Jahren Lehrer und erinnere mich daran, dass ich während das ASP (Allgemeines Schulpraktikum = Anfängerpraktikum) Unterricht vertreten habe und mir war damals klar, dass das eigentlich so nicht sein sollte, also dass ich dort allein drin bin.


    Nun wird den StudentInnen - zumindest an der Uni meiner Freundin - dringend davon abgeraten Vertretungsunterricht zu machen, weil sie "nicht versichert" wären.

    Dass das Vertretungsunterricht-machen rechtlich wohl nicht "sauber" ist, das ist mir zwar klar. Aber ich finde die Aussage "ihr seid während dessen nicht abgesichert" zu schwammig.


    Mich interessiert, was genau daran nicht abgesichert ist. ZB erscheint es mir unlogisch, dass StudentInnen, denen während des Vertretungsunterrichtes zB eine Rigipsplatte auf den Kopf fällt, dann selbst für den Schaden verantwortlich wären, absurd. Ebenso, wenn ich als Student still in der Ecke sitze und von SchülerInnen attackiert werde.
    Es scheint doch eher um Situationen zu gehen, in denen die StudenInnen etwas anleiern, was dann eskaliert und man ihnen nachträglich vorwerfen kann, sie hätten ihre "Schein-Autorität" missbraucht, um Dinge in der Lerngruppe zu instruieren, die sie - aus Mangel an Kompetenz - nicht verantworten/steuern können. Also sprich, wenn ein Schaden entsteht und sie vorher aktiv geworden sind.

    (Dass man das nicht immer so planen kann, nicht aktiv zu werden und deshalb die Situation Vertretungsunterricht grundsätzlich vermeidet, das steht auf einem anderen Blatt. Das will ich hier gar nicht diskutieren. Denn auch wenn man diese Regel beherzigt, kann es auch "aus versehen" passieren, dass ich als Student in diese Situation komme, Beispiel: Die Lehrkraft geht plötzlich raus (zB weil auf dem Flur eine Prügelei ist) und kommt erst mal nicht mehr wieder und ich bin dann auf einmal allein in der Klasse.)

    Also ich wäre da sehr an einer aufklärenden Differenzierung für dieses "ihr seid da nicht versichert" interessiert.

    Du sagst es. Zumal du dir gleich Gesamturteile über ihre Persönlichkeit anmaßt. :weg: Keiner hat hier eine Ahnung, welche der wenigen gezeigten Szenen aus einem halben Jahr filmen gezeigt wurden. Ich glaube niemandem, der hier postuliert, jede pubertierende Klasse mit "Mimik und Gestik" 100% der Zeit totenstill und arbeitsam zu halten, und mich ärgert die Arroganz in deinem ersten (!) Beitrag. Hast du dich zur Selbsterhöhung hier angemeldet?


    Ich urteile mal frech aus den anonymen Tiefen des Internets, dass du mit deinen 30 Jahren einfach die aus langer beruflicher Erfahrung stammende Ausgewogenheit, weiteren Horizont und freundliche Akzeptanz verschiedener Menschen- bzw. Lehrertypen noch nicht gelernt hast und dich selbst für das Gelbe vom Ei hältst...
    Das Prinzensyndrom ist ein am Berufsanfang sehr verbreitetes. Und kommt nicht gut - weder bei Schülern, noch bei Kollegen.


    Die jungen Kollegen machen auch vieles richtig. Sie haben eine grundsätzlich den Schülern zugewandte Haltung, sie fragen nach feedback (wird erfahrungsgemäß aus gutem Grund wie die Pest vor allem von den Kollegen vermieden, die glauben, sie wären das Zentrum des Lehreruniversums) und sie haben einen Anspruch nicht nur an die Schüler, sondern auch an sich selbst. Sie halten sich selbst nicht für Gott und haben Lust auf ihren Beruf. Sie wollen sich verbessern und glauben nicht, schon perfekt zu sein.
    Alles andere wird wachsen, mit wachsender Erfahrung. Ich finde mit den beiden nichts grundlegend verkehrt, auch wenn ich selbst an einigen Stellen anders reagiert hätte und manche Dinge anders handhabe. Funktioniert halt für MICH und für meine Schüler. Aber da ich mich nicht für die Sonne des Lehreruniversums halte, kann ich damit leben, dass andere andere Schwerpunkte setzen und deren Arbeit achten...

    ..liebe Meike,
    Du hast es geschafft, mich zu 0% richtig zu beschreiben.. ich halte mich nicht für das "Gelbe vom Ei" und strebe es auch nicht an, ein Streber zu sein. Vielmehr mag ich einen freundschaftlichen Umgang im Kollegium als Wichtigtuerei und ein Geifern nach Anerkennung. Von mir aus kann auch der ganze Quatsch von wegen Qualitätskontrolle - wie er in der Doku vorgeschlagen wird - weiterhin wegbleiben, meiner Ansicht nach muss beim Lehrerjob nun mal die Motivation von innen kommen, denn wir arbeiten ja auch sonst eigenverantwortlich. Insofern sehe ich keinen Sinn darin, meine Kollegen zu bewerten - mal einen Tipp bekommen, ist OK - und sehe mich auch nicht als besonders qualifiziert an für solch eine Beurteilungsaufgabe.
    Ich stimme Dir zu, dass unser Job nicht einfach ist, Patentrezeptlösungen sind da wohl ein eher lächerlicher Ansatz. Aber.. bei beiden Charakteren in der Doku erschienen mir einige Verhaltensweisen sehr sehr offensichtlich "ungünstig" zu sein - da Du jedoch anderer Meinung bist, gilt jenes Verhalten wohl doch nicht allgemein als ungünstig, das ist bei mir angekommen. Dennoch - die beiden haben sich nun mal in die Offentlichkeit gestellt und repräsentieren mich bzw. meinen Beruf und deswegen darf ich auch Stellung nehmen. Und ich halte die Stellung, interpretiere da so viel Narzissmus hinein, wie Du willst, das ist widerrum Dein gutes Recht.

    ..habe die Doku tatsächlich bis zum Ende geschaut, obwohl sie mir schon nach den ersten 5 Min. nicht gefiel..


    Die beiden Lehrer (Frau Kober und Herr Puderbach), die hier begleitet wurden, scheinen mir eher schwache Persönlichkeiten zu sein. Dass die beiden mit Disziplinschwierigkeiten kämpfen, wundert mich überhaupt nicht - im Hereinkommen "Guten Morgen" sagen, Schülerermahnung ständig wiederholen anstatt Konsequenzen folgen zu lassen und ein Gebaren, das eher hilflos als imposant wirkt. Insbesondere Frau Kober scheint jede Störung als Anlass zu nehmen, ihren Unterricht zu unterbrechen, anstatt kraftsparend und effizient mit Mimik und Gestik Disziplin einzufordern. In den Interviews wirken ihre Statements wie aus einem (Populärliteratur kompatiblen) Pädagogikbuch auswendiggelernt. Dass Frau Kober und Herr Puderbach ein eigenes Berufsverständnis hätten, kann ich aus zwischen den Zeilen hingegen nicht entnehmen.
    Natürlich ist es unfair, dass ich die beiden - die sich haben filmen und auf den Präsentierteller legen lassen - feige aus der Anonymität des Internets kritisiere. Aber man hätte ja andere, z.B. ältere, erfahrene Lehrer rekrutieren können, aber wahrscheinlich passt dies mit der ZDF-Zielgruppe nicht. (Anm.: Ich selbst bin Junglehrer, 30 Jahre alt - also nicht, dass jemand denkt, ich kritisiere aus Eifersucht auf die jungen Kollegen).

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