Der OHP/Laptop/Ipad der Schule fällt auf den Boden und ist defekt. Passiert das einem Lehrer, ist das Risiko über den Dienstherr versichert, passiert das dem Praktikanten greift diese Versicherung nicht und die private Haftpflicht wird einspringen müssen und ggf. Nachfragen stellen müssen.
Schaukelt ein Schüler trotz Ermahungen mit dem Stuhl, fällt hin, bricht sich die Nase/den Hinterkopf/das Genick wird man als reguläre Lehrkraft keine Probleme bekommen, als Praktikant, der unberechtigt Vertretungsunterricht gegeben hat, wahrscheinlich schon.
Bist Du Dir das sicher, dass das auf den Praktikanten zurückfällt?
Ich war gerade Joggen und hatte viel Zeit weiter darüber nachzudenken und versuche es mal selbst mit einer Antwort:
Regel für den Praktikanten, der freiwillig oder unfreiwillig allein mit einer Lerngruppe ist:
1. Warum ist es nicht gewollt, dass der Praktikant ausversehen/um "was gutes zu tun", eine Lerngruppe instruiert?
Der Praktikant ist nicht genügend ausgebildet/nicht zertifiziert, als Autorität zu handeln und (korrekt) zu entscheiden. Daher ist nicht gewährleistet, dass er richtige Entscheidungen trifft. Die Lerngruppe würde einer Gefahr ausgesetzt werden.
2. Der Praktikant ist in der Pflicht, die SchülerInnen über seine Rolle aufzuklären. Warum?
Nun, wenn er mit den LehrInnen mitläuft, so ist die "Gefahr" groß, dass die SchülerInnen ihn fälschlich als grundsätzliche Autoritätsperson interpretieren. Die Schule und die Praktikumsbetreuung durch die Ausbildungsstätte (Uni, Fachhochschule, Schule etc) hat den Praktikanten darüber aufzuklären, dass er KEINE Weisungbefugnisse gegenüber den Schülern hat. Tut der Praktikant so als ob er diese hätte, so ist dies eine Täuschung. Hier kann sich der Praktikant schuldig/strafbar machen.
Wahrscheinlich so ähnlich, als wenn ich mir eine Polizeiuniform anziehe und in der Öffentlichkeit Personen dazu anhalte, irgendwelche Dinge zu tun.
3. Der Praktikant muss nun also GENÜGEND dafür tun, dass die Lerngruppe im Klaren darüber ist, dass der Praktikant nicht weisungsbefugt ist. Am besten, er schreibt dies zusätzlich noch an die Tafel.*
3.a - hier bin ich mir nicht sicher: Eventuell ist der Praktikant in der Pflicht, die Schulleitung zu informieren, dass hier gerade eine Lerngruppe unbeaufsichtigt ist. (In Anlehnung an der Bürgerpflicht, eine Straftat anzuzeigen. Aber ist eine unbeaufsichtige Klasse eine Straftat? I don't know. In jedem Fall ist diese Info für ein gutes Verhältnis zwischen Praktikant und Schule förderlich).
4. Nun kann der Praktikant agieren - als Privatperson. Wenn die SchülerInnen nun mal Bock haben, mit ihm Mathe oder sonst was zu machen (auf eigenes Risiko), dann machen sie das halt. Ganz genauso, wie wenn ich mich in die Fußgängerzone stelle und dort einen Workshop anbiete. Völlig freiwillig, keiner muss mitmachen. Und natürlich gelten die gleichen Regeln wie in der Öffentlichkeit - wenn ich als Praktikant von SchülerInnen beleidigt oder geschlagen werde, so besteht natürlich Rechtsanspruch - ich habe das Recht anzuklagen und entschädigt zu werden. Und auch für Fälle wie die herunterfallende Rigipsplatte...
*Kritisches Hinterfragen:
- Was ist, wenn ein/e SchülerIn es nicht mitbekommt, dass der Praktikant nicht weisungsbefugt ist? Ich sehe das so: wenn der Praktikant es genügend versucht hat, darüber aufzuklären, dann ist er aus dem Schneider. Missverständnisse kann es nun mal immer geben. Auch in anderen rechtichen Situationen ist das so. Fahre ich mit dem Auto mit 50 km/h durch die Ortsschaft und es springt ein Kind auf die Fahrbahn und es kommt zum Unfall, dann zählt auch nur, ob ich mich korrekt verhalten habe. Also bin ich wirklich nur 50 km/h gefahren. Habe ich versucht auszuweichen, versucht zu bremsen? Wenn ja - trotzdem schlimm, aber Schuld trifft mich nicht.
- Ist der Praktikant nicht perse in der Rolle "missbrauchender Scheinautorität" und sollte daher nicht allein agieren? Also ist der/die SchülerIn nicht trotzdem immer in der Not, dem Praktikanten "gefällig zu sein", weil der Praktikant ja "alles weitererzählen" kann? Meine Einschätzung: Dieses Gefühl wird auf Schülerseite wohl durchaus zu finden sein. Im Deutschen Rechtssystem wird aber wohl davon ausgegangen, dass eine Autoritätsperson ihre Autorität außerhalb ihres Dienstes "abgeschaltet" hat. Also treffe ich eine Polizisten privat, so werde ich vielleicht auch das Gefühl haben, mich dann besonders korrekt verhalten zu müssen und sogar seinen Wünschen mehr Gewicht zu verleihen (weil er ja schließlich Polizist ist). Aber formal besteht dieser Anspruch nicht. Und daher ist es nicht so, dass dem Polizist hier vorgeworfen würde, dass er seine dienstlichen Befugnisse auf das Private ausweiten würde - nur weil ich das Gefühl habe, ich müsste ihm gefällig sein.