Silicium, Schüler, die Stühle durch den Raum werfen und Kaugummi in die Haare schmieren, sind aber noch "sehr normal".
Nein! Schüler, die Stühle durch den Raum werfen oder ihren Mitschülern Kaugummi in die Haare schmieren, sind alles mögliche: gewalttätig, verzogen, respektlos, renitent, ... .Dieses beobachtbare Verhalten hat natürlich irgendwelche Hintergründe, die zumeist in einer Verkettung unglücklicher Zusammenhänge stehen, in deren Mitte sowas wie "partnerschaftliche Erziehung" und "ich begegne meinem Kind auf Augenhöhe" steht. Aber es ist, soll, darf nie "normal" sein, sebst wenn es erklärbar und vielleicht auch therapierbar ist.
Die Schule ist hier gefordert, ganz klare Grenzen zu setzen und ja, ein Schüler, der mehrmals solches Verhalten an den Tag lehnt, ist nicht beschulbar und muss nach einer Verwarnung zunächst zeitweise und schließlich ganz vom Unterricht ausgeschlossen werden. Was denn sonst?
Ich bin ehrlich verwundert, wie sehr man hier bereit ist, Forderungen, die in der Praxis tatsächlich gar nicht so häufig zu finden sind (Differenzierung/Individualisierung --> Vorbereitungsaufwand!) als das Selbstverständlichste hinzustellen, nur um das studentische Großmaul (sic!) als unerfahrenen Deppen abzukanzeln. Prof. Wiater (Uni Augsburg) sagt dazu: Die Forderung nach Individualisierung in einer Klasse mit 30 und mehr Schülern führt zwangsweise zur totalen Überforderung der Lehrkraft.
Was mich an unseren Schulen schon lange stört: Der Lehrer verbringt häufig 90% seiner Zeit damit, 10% der Schüler zur Disziplin anzuhalten, um irgendwie sowas Ähnliches wie Lernatmosphäre zu schaffen. Dabei vergisst er aber die 90% der Schüler, die eigentlich gerne lernen wollen und denen von den Chaoten die Möglichkeit und Zeit dafür gestohlen wird. Ich bin - an einer weiterführenden Schule - nicht bereit, das zu akzeptieren. Und bevor mich jetzt irgendjemand in eine Hardliner-Ecke stellen will: Alle unsere Schüler, gerade die weniger Begabten, die mit familiären Problemen, global: die "Schwächeren" bekommen alle Unterstützung, die sie sich wünschen: Förderunterrichte, Einzelberatung, Unterstützung durch Sozialpädagogen, Vermittlung von Nachhilfe, und und und. Das sind viele, viele Stunden, die Klassleiter, Fachlehrer, Schulleitung, Beratungslehrer, Schulpsychologe, Sozialpädagogen, Schulseelsorger und alle anderen hier in die Zukunft unserer Kinder investieren. Und das ist auch gut so und richtig so.
Wenn sich aber ein Schüler nachhaltig nicht helfen lassen will und durch z.B. andauernd aggressives Verhalten das Recht seiner Mitschüler auf Lernen gefährdet, dann kann er sich gerne bei mir persönlich sein Abmeldeformular abholen. Ich helfe dann auch beim Ausfüllen. Wir sind eine Schule und keine geschlossene kinderpsychiatrische Anstalt. Wir können nicht therapieren, dafür fehlt uns das Wissen, die Zeit und die Mittel.
Und nochwas: An einer Schule, an der es normal ist, dass Kinder Stühle durch die Gegend werfen, würde ich auch nicht unterrichten wollen. Ich bin gerne (auch) Erzieher, aber eben auch Lehrer, der den Kindern und Jugendlichen etwas über die Dinge beibringen will, die ich für so wichtig halte, dass ich mich in einem langen Studium intensiv damit vertraut gemacht habe. Hätte ich diesen Anspruch nicht, sondern wollte ich schwer erziehbaren Kindern (neudeutsch: verhaltensoriginellen Kindern) beibringen, wie man mit Messer und Gabel ist, wäre ich Sonderpädagoge geworden.