Meiner persönlichen Meinung als ziemlich forsch auftretender Atheist nach, ist der Agnostizismus ziemlich häufig eine Fluchttür zur Vermeidung einer als unangenehm empfundenen gedanklichen Konsequenz.
Da stört mich jetzt ein klein wenig der Eindruck einer gewissen Geringschätzigkeit, die ich in der Formulierung empfinde. Viele Menschen wollen gerne glauben, entweder weil sie es als angenehm empfinden oder weil sie in ihrem Leben spirituelle Erfahrungen gemacht haben, die sicherlich irgendwo als gehirnphysiologischer Prozess erklärbar sind, dennoch aber subjektiv auf ein Mehr als dem Sichtbaren hinweisen.
Andererseits gelingt es aber angesichts der Theodizée-Frage schwerlich, sich einen allmächtigen, konkret in die Welt hineinregierenden Gott zu denken, der darüberhinaus als grenzenlos liebend beschrieben sein soll.
Mir geht es z.B. so. Ich möchte gerne glauben; tue mir aber bisweilen schwer damit und bin für mich vorläufig zu dem Schluss gelangt, dass ich Gott nicht wissen kann und mich deshalb in gewisser Weise dem Agnostizismus innerlich verbunden fühle und das - zumindest nach dem ersten Absatz des Wiki-Artikels dazu - auch darf:
Agnostizismus ist eine Weltanschauung, die insbesondere die prinzipielle Begrenztheit menschlichen Wissens betont. Die Möglichkeit der Existenz transzendenter Wesen oder Prinzipien wird nicht bestritten. Agnostizismus ist sowohl mit Theismus als auch mit Atheismus vereinbar, da der Glaube an Gott möglich ist, selbst wenn man die Möglichkeit der Gewissheit bezüglich seiner Existenz verneint. Die Frage „Gibt es einen Gott?“ beantworten Agnostiker dementsprechend nicht mit „Ja“ oder „Nein“, sondern mit „Ich weiß es nicht“, „Es ist nicht geklärt“, „Es ist nicht beantwortbar“ oder „Es ist nicht relevant.
Lediglich die Formulierung "Es ist nicht relevant" würde ich für mich ablehnen, weil es für mein Leben schon relevant wäre.
Das Schöne an solchen Fragen ist aber doch, dass ich letztlich darin herumeiern darf, wie ich möchte, so lange ich meine Mitmenschen mit meinen Erkenntnissen nicht belästige.
Die spannendere Frage ist aber doch, ob ein Religionslehrer den Missionsauftrag ablehnen darf, oder nicht? Ich finde: ja. Menschen, die sich selbst und ihre Erkenntnisse immer wieder in Frage stellen, sind mir zumindest wesentlich lieber als diejenigen, die für sich die letzte Erkenntnis gewonnen haben. Und Jugendlichen in der Pubertät, der Phase des großen Suchens, irgendwie ja auch näher.