Vor meinem Leben als Lehrer war ich mehrere Jahre im Projektmanagement, kenne also beides.
Als anstrengender empfinde ich:
- man hört den Antworten der Schüler im UG zu und versucht, die Schülerantworten in sinnvoller Weise an die Tafel zu schreiben, gleichzeitig unterbindet man Gespräche oder Störungen, bekommt mit, was nebenher läuft (Handy), bewertet die Schülerantworten (weil man ja auch mündliche Noten machen muss) und weiß immer, was als Nächstes kommt. Nach 8 Stunden Unterricht bin ich total erledigt. Im Büro ist das nicht vonnöten, es ist auch nicht vergleichbar mit Vorträgen vor Erwachsenen.
- es gibt kaum Rückzugsräume. Man ist 30 Augenpaaren ausgesetzt und die jungen Erwachsenen beobachten einen sehr aufmerksam. In den Pausen führe ich oft Gespräche mit Schülern, während des Unterrichts gehe ich ungern auf die Toilette, ich trinke viel zu wenig (weil ich es vergesse) und komme selten zum Essen. Im Büro war das ganz anders, selbst auf Geschäftsreisen war ich freier, meinen Bedürfnissen nachzukommen. In der Schule taktet das der Unterricht. Besonders stark merke ich das, wenn ich krank bin: im Büro konnte ich mich vor meinen Rechner verkrümeln und auch mal langsamer werkeln, in der Schule geht das nicht. In der Schule ist man fremdbestimmter.
- Der Orgaaufwand ist schon recht groß - man muss ständig vorausdenken. Montag habe ich Nachschreiber in einer Klasse, ich brauche eine Arbeit, drei freie Räume, muss die betroffenen Kollegen informieren, dass die SuS später zum Unterricht kommen und das auch noch eintragen. In der nächsten Klasse sollte ich Geld einsammeln, brauche Wechselgeld dafür und haben alle den Elternbrief bekommen? In den Stunden darauf sollte ich darauf achten, ob der Schüler x heute da ist, ich habe noch keine mündliche Note von ihm, weil er oft fehlt, ich sehe die Klasse aber nur noch ein Mal vor der Notenabgabe. Und ich muss seine Entschuldigungen prüfen, ob ein Attest vorliegt, wenn er heute fehlt, weil die Klasse in der 3 und 4 Stunde eine KA beim Kollegen schreibt und ich die Klassenlehrerin bin.
- In den beruflichen Schulen läutet das Abitur einen Prüfungsreigen ein, der bis zum letzten Schultag geht. Für die Allgemeinbildner ist das strange, aber bei uns dauern die 18 Ausbidlungsgänge an der Schule zwischen 1 und 3 Jahren, dann gehen die Leute in die Prüfung. Und auch, wenn man nicht selbst prüft, ist man als Zweitprüfer oder Prüfungsaufsicht eingeteilt. Die Abstände zwischen den Prüfungsterminen werden immer enger, oft hat man wenige Tage für große Mengen, hält aber weiter Unterricht. In diesem Jahr prüfe ich in drei Schularten schriftlich und mündlich in Erst- und Zweitkorrektur, für 183 Prüfungsarbeiten in der BS habe ich 9 Tage Zeit, bis die Abi-Zweitkorrektur eintrudelt. Die Belastung im Prüfungshalbjahr ist hoch und steigt stetig.
- Es gibt auch Positives zu berichten: Meine Schüler sind in der Regel nett und willig und man nimmt ein Stück am Leben der jungen Leute teil. Auch bei schwachen Klassen läuft es in der Regel gut, wenn man das Vertrauen der Klasse erworben hat. Wichtig ist Respekt und gute Orga (s.o.), das danken die Schüler. Klar gibt es auch Probleme, mit einer aktiven SL und einem guten Kollegium geht das aber.
Ich liebe meinen Beruf, aber zur Wahrheit gehört auch, dass ich am Beginn jeder Sommerferien sehr müde und zerschlagen bin und faktisch eine Woche Schlaf und Ruhe brauche, um überhaupt in den Urlaub fahren zu können.