Beiträge von Stille Mitleserin

    Hallo plattyplus,


    ich würde das doch gern unterscheiden:


    Für Menschen in Not (echte Aslbewerber nach GG und nach GFK) ist genug Geld da. Das sind nur sehr wenige Menschen. (Anerkennungsquoten Asyl bei max 2% seit 2015). Das können wir uns leisten. Das müssen wir uns leisten. Ich bin übrigens immer noch überzeugt, dass über 95% der Bevölkerung da zustimmen.


    Bei der Migration wäre es möglich, darauf zu achten, dass Menschen zu uns kommen dürfen, die uns "bereichern", im wörtlichen Sinne. Und natürlich sind Fachkräfte und Unternehmer aus aller Welt herzlich bei uns willkommen, zumal sie sofort in die bestehenden Sozialsysteme einzahlen (was wir gut brauchen können).


    Kanada betreibt es so und das zum Vorteil für das Land. Wir müssen hier auch einen Mittelweg finden und das werden wir sicher auch tun.


    Im Übrigen sind im Bundeshaushalt diverse teure Ausgaben drin, die man kritisch beäugen müsste.

    Hallo Frapper,


    da es sich um eine begrenzte Zeit handelt (solange die Babyboomer noch leben), kann ich mir gut vorstellen, dass einige Länder steuerlich eben zuschießen und ausharren. Wir reden hier von etwa 30 Jahren.
    Das Grundproblem ist durchaus die Kopplung der Rente an Arbeitsentgelte. Das ist ein Riesenproblem für Frauen, die Kinder erzogen und sich um ihre Familien gekümmert haben. Wert ist das rententechnisch sehr wenig.


    Aus Gründen der Gerechtigkeit finde ich es erst einmal richtig, dass langjährig Berufstätige auch mit niedrigen Einkommen für ihre Anstrengung eine höhere Rente erhalten als Personen, die nicht berufstätig waren oder nicht für die Gesellschaft gearbeitet haben (Kindererziehung, ehrenamtl. Tätigkeiten, Pflege). In dieser Gerechtigkeitsfrage liegt auch die Krux (die Luther ja auch schon umgetrieben hat) - soll der Arbeitende mehr haben?


    Eine Anrechnung der nichberuflichen Tätigkeiten wäre leider viel zu aufwändig, obwohl sie fair wäre.


    Interessant finde ich das dänische Modell mit der Folkspension und insgesamt 4 Säulen der Vorsorge
    https://www.rechtdaenisch.de/u…orsorge-renten-daenemark/
    Diese richtet sich eben auch nach Wohnverhältnissen und sonstigen Einkommen.
    Grundsätzlich sollten die AG viel stärker an der betrieblichen Vorsorge beteiligt werden - eine betriebliche Altersrente müsste auch bei uns obligatorisch werden.


    Eine perfekte Lösung habe ich leider nicht zur Hand, sonst wäre ich nicht einfach nur Lehrer, sondern säße im Parlament. Ich würde mir aber viel mehr Diskussion über das Thema wünschen, um gute Lösungen zu finden.

    Das Problem am Niveau in der gesetzlichen Rentenversicherung sind nicht die Beamten.
    Es sind die (schleichenden) Kürzungen, die eingeführt worden sind.


    1985 lag das Renetenniveau noch bei 57,4%, da ist es aber bereits abgesenkt worden. Ursprünglich lag es bei über 60%.


    EU-weit liegt das Rentenniveau bei 70,6 Prozent im Durchschnitt, also durchaus dem Niveau, das Beamte bei uns erreichen können.
    Das Problem ist also, dass die AN über Jahrzehnte hinweg Kürzungen stillschweigend akzeptiert haben. Dass diese aber durchaus nicht alternativlos sind, zeigen
    unsere Nachbarländer mit z.T über 100% Rentenniveau. Die Kürzungen wurden ja damit begründet, dass die Leute ab sofort selbst für die Rente sparen sollten. Das funktioniert nur nicht in Zeiten von Nullzinsen, sehr hohen Steuerverpflichtungen und der Überlassung des Problems an eine gewinnorientierte Versicherungs- und Bankenbranche.


    Nun ist der Neid auf die Beamten da. Es wäre viel leichter, sich als Arbeitnehmer politisch zu engagieren, dass das Rentenniveau wieder steigen muss. Eklatant.
    Und bitte komm mir jetzt niemand, dass das unbezahlbar sei. Das ist es nicht, wenn es einen gesellschaftlichen Konsens dafür gibt, dass die Rente Priorität hat vor allem anderen.


    Im Übrigen wäre ich durchaus dafür, dass es nur eine Rentenkasse gibt, in die alle verpflichtend einzahlen. Wenn man den Menschen genug steuerliche Luft lässt und sichere (staatliche) Investitionsmöglichkeiten schafft (siehe Staatsrentenfonds in Schweden und Norwegen), bringt das durchaus Ruhe ins System. Klar müssten bei den Beamten Anpassungen vorgenommen werden, höhere Bruttolöhne etc. Insgesamt wird das aber teurer für den Staat und daher bewegt sich nichts in diese Richtung.

    Ich empfehle zusätzlich Humor.
    Eben nicht stocksauer sein (das merken die kids auch an der Körperspannung), sondern ruhig bleiben und möglichst wenig Gesumms machen.
    Irgendwann haben sie dich erwischt und etwas in dir ausgelöst. Das macht den Jungs Spaß. Völlig altersgemäß.
    Du musst ihnen den Spaß nehmen.


    Meine Großen bekommen ihre Aufmerksamkeit, die sie oftmals noch brauchen, dann eben humorvoll. Ich frage dann schon mal nach "Brauchen Sie gerade viel Aufmerksamkeit von mir? Fühlen Sie sich vernachlässigt?" Übrigens antworten recht viele Schüler ganz ehrlich mit einem Ja.


    Kinder machen nichts ohne Grund, oft wollen Sie Aufmerksamkeit. Manchen reicht das normale Loben nicht, insbesondere, wenn wenig Lob kommt, weil es nichts zum Loben gibt.
    Entweder du sorgst dafür, dass Grund zum Loben da ist, indem du dich intensiv um die Knaben kümmerst (fachlich), oder du findest einen Weg, sie anders positiv wahrzunehmen. Das kannst du ganz offen kommunizieren.


    Ich würde das Pädagogische voll ausschöpfen, bevor ich die harten Sachen angehe. Die Eltern sollten informiert sein, klar, aber ich möchte meinen Schulkram erstmal alleine lösen. Das ist mein Job. Die Autorität der Eltern nutze ich nur im Sonderfall, wenn es wirklich hart auf hart kommt (gar kein Schulbesuch mehr, Alkoholmissbrauch etc.).

    Lesen ist nett - und wichtig. Meine steile These ist aber, dass es nicht hilft bei der Rechtschreibung.
    Wir lesen als Lesefähige ja nicht mehr nach den Buchstaben aufsammelnd, sondern nach Sinn:


    Beim Lseen ltieest uesnr Gherin Ehalsnretcius. Für das Vsehreten eenis Ttxees köennn die Bshatbucen der ezenlinen Wetörr in biieeegblr Rogilnefehe annereodgt sein. Das eizing Wciighte ist, dsas der etsre und lettze Bcathbuse kroerkt sind. Der Rset knan zulälifg ghemcsit sien, und totderzm kann man den Text noch fast ohne Poermlbe leesn. Klar ist, dass bei znmedehenur Lnäge der Wröter ein krtokrees Vrstheeen iemmr sgweiiehrcr wird.


    Ich habe hier eine echte Leseratte, die Rechtschreibung ist aber so wie im Text oben...


    Übrigens: besonders geübte Leser übersehen besonders gern ihre eigenen Fehler, weil sie ja nicht aufsammelnd lesen.

    Hallo Krabappel,


    die Fälle, in denen Schüler inhaltlich gute Gedanken in grauenhafter Rechtschreibung und Grammatik verfassen, häufen sich.


    Das sind übrigens mitnichten Schüler, die alle früh ein Handy hatten.
    Meine Erklärung: In der Grundschule wird viel weniger geschrieben als vor 30 Jahren, die Kopien machen es möglich. In meiner Schulzeit habe ich viele Texte/Übungen von der Tafel abgeschrieben. Dafür habe ich aber auch die Zeit bekommen. Als es an das Schreiben von Aufsätzen ging, war ich in der RS so sicher, dass ich formuliert habe, aber nicht mehr an die RS denken musste.


    Die Idee, dass ein fehlerhafter Text so oft abgeschrieben wird, bis er fehlerfrei ist, hat die Primarlehrerin meines Sohnes angewandt. Er hat das natürlich zu Hause erledigen müssen. Manche Texte hat er fünf oder sechs Mal abschreiben müssen. Und eher mehr Fehler gemacht. Heute hasst er das Schreiben.


    Den Schülern ist übrigens sehr wohl bewusst, dass eine schlechte Rechtschreibung dümmlich wirkt. Ich nutze gern Originaleinträge aus Foren (von Jugendlichen/Azubis) und der erste Kommentar ist meist: Sollte sich einen Duden kaufen. Meine Schüler können es aber oft nicht besser und sind so damit beschäftigt, gute Gedanken zu formulieren, dass die Schreibung auf der Strecke bleibt. Die Regeln können sie auch, aber sie haben keine Kapazität, sie anzuwenden.


    Für mich folgt: Erst Schreibung automatisieren, dann erst Aufsätze schreiben. Notfalls später. Das reicht auch noch in Klasse 5 oder 6.

    Nutzt du Supervision? Hast du jemanden zum Sprechen?


    Beim 2. Burnout bietet es sich vielleicht an, an die Wurzeln zu gehen.
    Natürlich kenne ich deine Situation nicht genau und es ist immer leicht zu sagen, dass das mit 10 Stunden hinhauen müsste.
    Aber eben nicht für dich. Punkt.
    Ich denke aber, dass die Probleme tiefer liegen, vielleicht in einem Perfektionismus oder dem Gefühl, es allen recht machen zu müssen und nicht alle Fronten gleichzeitig bedienen zu können.


    Insofern: Such dir jemand, der qualifiziert ist und dir hilft, damit du gesund wirst/bleibst und wieder Lebensqualität erreichst.


    Kannst du mit weniger Stunden anfangem? BEM mit 6 Stunden? Gibt es das bei euch?

    Liebe/r Micky,


    es tut mir leid, dass es dir nicht gut geht.


    Ich denke, ich kenne die Situation: 2 Kinder, die das ihre fordern, einen Haushalt und alles drumrum an der Backe.


    Ich bereite die Reihen in den Ferien vor, komplett mit Klassenarbeit. Damit hangele ich mich von Ferien zu Ferien, habe aber unter der Schulwoche nur die normale Orga und Korrekturen auf dem Schirm. Damit sind zwar die Ferien voll, aber ich stehe nicht so unter Druck, wenn an einem normalen Donnerstagnachmittag etwas Unvorhergesehenes passiert (Radpanne oder/und Verletzung des Kindes, Kind kränkelt) und ich noch nicht zum Vorbereiten gekommen bin.


    In diesem Jahr habe ich nur Klassen mit neuen Bildungsplänen. Das kostet mich definitiv mehr Zeit, ich sichte aber immer, ob von den alten Sachen noch gute Stunden dabei sind, die thematisch passen können. Zumindest vom Material her (Quellen, Texte etc) ist das immer wieder der Fall.


    Das Unterrichten mit Lernsituationen muss ich in den allgemeinbildenden Fächern nicht betreiben, insofern bist du in der schwierigeren Situation. Viele Fachkollegen wechseln aber ab: Mal eine passende Lernsituation, zwischendrin gemeinsame Erarbeitungen auch mit Frontalunterricht.


    Viele profitieren von Fortbildungen, bei denen sie Material bekommen haben, das anwendbar ist. Gibt es solche Fobis bei dir?
    Wir teilen das Fobimaterial, so dass nicht jeder Kollege auf eine Fobi muss. Alles wird kopiert und in der Lehrerbib eingestellt, darauf hat jeder Kollege Zugriff.


    Bei den Lernsituationen gibt es eine interne Plattform, auf der Lernsituationen aller Kollegen geteilt werden. Nicht jeder muss das Rad neu erfinden.


    Bei den fitten Klassen mache ich viel selber, bei den schwächeren gibt es auch Lehrwerksammlungen, in Deutsch greife ich für die Berufsschule z.B. mal auf ein paar Stunden von Raabits (darf ich das schreiben) zurück, die passend sind. Das entlastet mich und die Schüler finden das Material kleinschrittig und gut verstehbar.


    Gibt es solche Sammlungen oder Loseblattwerke auch für deine Fächer? Bei uns hat sie die Fachschaft abonniert.


    Ich kann auch mal eine Doppelstunde nur mit einem Schaubild verbringen, da nehme ich ein aktuelles, wir suchen Werte heraus und besprechen die Hauptaussagen und dann wird die Schaubildanalyse schriftlich formuliert. Ich habe eine Methodenblattsammlung, die ich immer wieder verwenden kann (tw. auch aus Fobis oder von Kollegen), die erhalten die Klassen und damit wird gearbeitet. Ich kann so eine Doppelstunde mit einem DinA5-Blatt füllen und notiere mir nur, welche Erkenntnisschritte wir gehen werden. Um das Ganze aufzulockern, baue ich Darstellungen ein, Schüler sollen eine Karikatur nachstellen/zu Ende führen, um den Knackpunkt herauszubekommen. Danach wird natürlich geschrieben. Das ganze geht natürlich auch mit Standbildern, ich will gerne die Meinung meiner Schüler zu einem Thema wissen und bitte, sich entlang einer Meinungslinie aufzustellen und dann kommen wir ins Gespräch (im Stehen), wir machen Talkshows (da lege ich nur die Rollen fest) oder spielen Gerichtsurteile, oder singen ein Gedicht in eigener Vertonung oder zeichnen die Situation einer Dramenszene mit den passenden Farben, finden Fimmusik zu einer Romanszene oder oder. Ich brauche oft nur die Idee, die Umsetzung ist dann nicht arbeitsintensiv.


    Ich halte gerade diese Stunden des Übens oder Vertiefens für sehr wichtig, die Schüler schätzen sie und ich habe wenig Aufwand damit.


    Ganz liebe Grüße


    Stille Mitleserin

    Es gibt ja auch noch andere Wege, z.B. das Selbstlernen zu Hause oder eben eine staatliche Lehrkraft, die nach Hause kommt. Hier in BW wäre für die Primarstuf das Schulamt zuständig.
    Dann lassen sich natürlich auch Mathe und Deutsch beurteilen, was ohne Teilnahme aber sicher nicht möglich ist.


    Mich wundert die Schulteilnahme ab 13 Uhr - was macht das Kind am Vormittag? Muss es so lange schlafen oder gibt es andere Anpassungsprobleme?
    Oder hat Mama keine Zeit, mit in den Unterricht zu kommen?

    Die Beruflichen Schulen betreiben seit jeher Inklusion. In den letzten Jahren verstärkt sich das, weil auch junge Menschen mit Behinderungen viel eher eine normale Ausbildungsstelle finden (was ich toll finde). Junge Leute mit Körperbehinderungen, Lernstörungen oder ADHS gehen ganz selbstverständlich in die Berufsschule. Unser Job ist es, sie zu unterstützen: jeder Sonderpädagoge ist da herzlich willkommen und ein echter Gewinn für uns.

    Hallo Kiggie,


    eine kleine Einschränkung: das Besondere an den Beruflichen Schulen ist sicher, dass nicht nur ein paar wenige Kollegen mit der Abschlussprüfung nur eines Jahrgangs befasst sind, sondern dass vom schriftlichen Abi an alle Schularten eine Abschlussprüfung machen, die sich bis zwei Wochen vor dem Schuljahesende hinziehen.


    Das zweite Halbjahr ist also jedes Jahr ein Prüfungshalbjahr, in das quasi fast alle Kollegen eingebunden sind, selbst wenn sie keine Prüfungsklasse haben (Aufsichten, Protokolle, Zweitkorrekturen). Für die Kollegen vom Gym ist das zunächst einmal gewöhnungsbedürftig.

    Ich würde gern noch zwei Gründe anführen, warum "es so wenig Grundschullehrer gibt".


    Viele Kolleginnen arbeiten in Teizeit, die Männer häufiger in Vollzeit. Der hohe Frauenanteil im Primarbereich führt zu einer sehr hohen Teilzeitquote. Das kann man auch an den beruflichen Schulen ablesen: an den hauswirtschaftlichen Schulen herrscht ein Frauenüberschuss, was grundsätzlich dazu führt, dass diese Schulen stets größere Kollegien haben als vergleichbare gewerbliche Schulen mit hohem Männeranteil im Kollegium.


    Bei ländlichen Schulen mit Lehrermangel kommt hinzu, dass die Damen sich immer noch früher binden als die Männer und daher bei Einstellung nicht mehr so flexibel sind - der Arbeitsort des oft besserverdienenden Gatten gibt den Ausschlag.


    In Berlin kommt hinzu, dass dort lange nicht verbeamtet wurde.


    Hier in Bawü wurden die Studienzeiten Primar und SBBZ heraufgesetzt - also kommt da jeweils ein Jahrgang komplett ohne Absolventen. Und bei schlechtem Forcast tut das dann auch mal weh.


    Viel Glück in Berlin. Als Berufsschulkollege würde ich mir da keine Sorgen machen, ich denke, wir sind für alle Fälle gewappnet. Zumindest kann kein Allgemeinbildner behaupten, so viele schwere Jungs (mit Knasterfahrung) unterrichtet zu haben wie ein Berufler.

    Äh, als Kind bin ich jetzt nicht betroffen. Als Frau durchaus. Öfter mal. Auch im Unterricht. Geht den Kolleginnen übrigens ähnlich, der honeymoon ist nun mal vorbei. Wenn alles harmonisch läuft - prima. Bei Konflikten reagieren viele der jungen Männer auch schon mal offen aggressiv, wenn sie nicht bekommen, was sie wollen. Zum Beispiel Noten. Oder Anwesenheitsbescheinigungen (bei Abwesenheit). Ist einfach eine kulturelle Geschichte, ein echter Mann muss sich in der patriarchalischen Gesellschaft durchsetzen, sonst verliert er das Gesicht.


    Das mit der Protestwahl hast du schon verstanden? Ich habe übrigens nicht geschrieben, dass ich die Haltung des Jugendfreundes gut finde.

    Hallo Krabappel,


    du hast Recht, wenn du sagst, dass meine libanesischen Schüler und andere Flüchtlinge und Migranten mit den Problemen nichts zu tun haben.


    Man soll eigentlich nicht den Einzelfall beschreiben, um daraus abstrakte Schlüsse zu ziehen, ich versuche es trotzdem:


    Die Mutter eines Jugendfreundes hat sich vor zwei Jahren mit starken Kopfschmerzen an ihren Hausarzt gewandt. Der verschrieb Migränetabletten. Sie kam regelmäßig wieder, die Tabletten halfen nicht. Der Arzt stufte sie schließlich als hysterische Frau in den späten Wechseljahren ein. Erst als ihr Mann sie nach mehreren Monaten begleitete, weil sie den Alltag kaum noch bewältigte, leitete der Arzt Untersuchungen ein. 4 Monate später ist sie an ihrem Hirntumor verstorben.
    Meinen Freund, gut verdienend und gut gestellt, hat das sehr verbittert. Als Berichte darüber kamen, dass osteuropäische Flüchtlinge das Asylrecht in Deutschland dazu nutzten, sich hier kostenlos ärztlich behandeln zu lassen, hat ihn das dazu veranlasst, die AFD zu wählen. Er hält unser "System" für marode und ungerecht, die etablierten Parteien für nicht regierungsfähig und selbstgerecht. Er ist kein Nazi und arbeitete stes mit Ausländern zusammen, unter denen er auch viele Freunde hat. Er wollte mit seiner Wahl seinen Protest zeigen, weil er der Meinung ist, dass sich in unserem Staat viel ändern müsse. Die Flüchtlingspolitik interessiert ihn dabei nur ganz am Rand.


    Ich will das jetzt nicht beurteilen. Ich will damit nur zeigen, dass es m.E. nach eine ganze Menge AFD-Wähler gibt, die die AFD aus Protest gewählt haben. Nichtwählen hat ja bei uns keine Auswirkungen (außer, dass ich in GK die Politikverdrossenheit behandle) und für die Gruppe der Unzufriedenen hat sich nun eine Chance ergeben, ihren Unmut so zu zeigen, dass es wahrgenommen wird und auch weh tut. Und das tut es ja. Dem Jugendfreund ist übrigens völlig klar, dass von der AFD keine Lösungen zu erwarten sind, das Personal der Partei findet er nicht gut.


    Im Übrigen denke ich, dass diese öffentliche Sicherheit (siehe Hobbes) ein Thema ist, das wirklich mit den Urängsten der Menschen spielt. Die Bedrohung ist eben nicht mehr nur diffus nach Fällen wie in Kandel oder Freiburg. Und es trifft Frauen und Kinder besonders häufig, die Wehrlosen also. Da verstehen die Leute keinen Spaß.

    Thomas Hobbes schreibt im Leviathan: „Die Verpflichtung der Bürger gegen den Oberherrn kann nur so lange dauern, als derselbe imstande ist, die Bürger zu schützen; denn das natürliche Recht der Menschen, sich selbst zu schützen, im Fall dies kein anderer tun kann, wird durch keinen Vertrag vernichtet.“


    Krabappel, das ist, denke ich, der Kernpunkt der Reaktionen in Chemnitz. Der Staat hält sichtbar und nachweisbar ein Versprechen nicht ein. Die Menschen fühlen sich ungeschützt, zumal die wenigsten von uns ja Waffen besitzen. Mussten wir ja nicht haben, das haben andere für uns getan. Insofern passt sogar der Spruch "Die Straßen gehören uns" gut, was ich in dem Zusammenhang gar nicht so schlimm fand: Die (friedliche) Mehrheit will es mit friedlichen Menschen zu tun haben.


    Ich beziehe mich dabei aber wirklich nicht auf die Ausschreitungen und Hitlergrüße, die indiskutabel sind und schmerzhaft korrigiert gehören.


    Der große wunde Punkt ist aus meiner Sicht die reformierte Rente: man hat vielen Menschen mit den Rentenreduzierungen und mit dem Heraufsetzen des Rentenalters ein Versprechen auf ein Auskommen im Alter genommen (wenigen hier im Forum). Die Riesterverträge lohnen sich nur für die Versicherungswirtschaft, bei einer Nullzinspolitik muss man ein gutes Aktiennäschen haben, um sein Geld gewinnbringend anzulegen. Das war alles handwerklich sehr schlecht gemacht und hat die Rentenversicherung als gesellschaftlichen Kitt nachhaltig beschädigt.


    In Schweden und Norwegen gibt es jeweils einen staatlich aufgelegten Fond, in den die Bürger freiwillig einzahlen können und der mit minimalem Aufwand (und Kosten) gemanagt wird und sehr ertragreich ist. Viele legen ihr Geld dort an, es gibt auch Garantien des jeweiligen Staates dazu. Das baut Vertrauen auf.


    Ein Staat, der wie der unsere fast alles privatisiert hat, auch Themen wie die Gesundheit, übersieht, dass Märkte und Gewinnorientierung eben nicht sozial sind. Damit hat unser Land ganz viel Vertrauen verspielt. Unterfinanzierte Bildung und eine unterfinanzierte Polizei tun ein Übriges - die Kernthemen, die eben noch nicht privatisiert wurden und auf denen der Staat punkten könnte. Tut er aber nicht.


    Hohe Mieten und hohe Energiepreise sowie die höchsten Steuern europaweit tragen nicht dazu bei, dass die Menschen mit ihrem Staat zufriedener sind.

    Hallo krabappel,


    ich sehe es genau anders herum:
    Ich halte die Bundesrepublik für eine stabile Demokratie, auch, wenn es definitiv eine Gruppe Unbelehrbarer gibt und immer gab. Ich sehe auch momentan ein Auseinanderdriften der Gesellschaft und das hat keineswegs nur mit der Flüchtlingspolitik und rechts und links zu tun: Ich sehe eher ein Problem zwischen arm und reich, das sich nun an einem Problem deutlich zeigt. Pluralismus wurde hierzulande immer groß geschrieben, und dazu gehören auch nationalkonservative Ideen (nein, rechte Schläger gehören nicht dazu).


    Die "diffusen Ängste" sehe ich keineswegs als diffus an: Die bereits gescheiterte Integration von libanesischen Clans zeigt einen Weg, der mir nicht gefällt. Ich sehe auch bei der Integration vorherrschend junger Männer aus patriarchalisch geprägten Gesellschaften Probleme, die ich im schulischen Alltag immer wieder bemerke. Ich habe auch große Zweifel, ob wirklich so viele der Analphabeten und schlecht Gebildeten in meiner Vorbereitungsklasse einen guten Beruf ausüben werden - ich sehe sie in einer unbefriedigenden Position als Hilfsarbeiter + HartzIV ihr Leben fristen. Und darin liegt ein sozialer Sprengstoff, der sich in der nächsten Wirtschaftsflaute noch deutlicher zeigen wird als bisher. Ob die Sozialkassen den Andrang dann noch aushalten, wird man sehen.


    Im Übrigen: wenn die Regierung eine gut gemachte Asylpolitik macht, hat sich Problem 1 ganz schnell erledigt.

    Hallo Dead poet,


    das freie Europa ist übrigens auch nur für Arbeitsmigration frei. Oder wenn man genug Geld hat, seinen Aufenthalt selbst berappen zu können.


    Für soziale Hilfen sind auch in der heutigen EU die Herkunftsländer verantwortlich. Und solange wir keinen EU-Sozialtopf oder zumindest eine Angleichung der Geldwerte und Preise haben, sehe ich da auch keine Änderung.


    So kannst du eben nicht nach Südfrankreich ziehen, als arbeitsloser poet leben und aufs Amt gehen und Gelder beantragen.

    Ein Staat sollte wissen, wer sich im Inland aufhält. Das ist sein Job. Wenn meine Familie in den Schwarwald auf den Bauernhof fährt, müssen wir von uns allen die Ausweisnummern angeben. Und wie gesagt, wir halten uns im Inland auf.


    Neben der Strafverfolgung in einem Rechtsstaat gibt es auch noch eine Prävention von Kriminalität. Und dazu gehört einerseites eine gute Integrationsarbeit für Neubürger, Bildung und Erziehung aller hier Lebenden (z.B. in den Schulen) zum Thema Zusammenleben und eine leidlich gute Versorgung aller Bürger, damit diese nicht aus Not in die Kriminalität gedrängt werden.


    Alle diese Dinge stehen weder Touristen noch sich hier illegal Aufhaltenden zur Verfügung. Wir kommen also gar nicht präventiv an diese Leute heran. Bei Touris ist das auch nicht schlimm.
    Die gehen ja wieder. Die Illegalen gehen nur zu einem kleinen Teil wieder, viele tauchen ab (übrigens auch viele meiner Schüler, die die Schule abgebrochen haben und von denen einige illegal als Tagelöhner tätig sind). Ich halte das für keinen dauerhaft gangbaren Weg, weder für die öffentliche Sicherheit noch für die Gesellschaft an sich.


    Ausländer raus-Geschwafel ist natürlich Quatsch, aber ich wäre sehr dafür, an rechtsstaatlichen Lösungen zu arbeiten. Und kein Rechtsstaat ist verpflichtet, Illegale im Land zu dulden.

    Hallo Deadpoet,
    die Uno sieht ganz selbstverständlich vor, dass vor Krieg Flüchtende in den Nachbarstaaten unterkommen, da dort die eigene Sprache idr verstanden wird und man sich auch kulturell nahe steht. Diese Länder sollen durch die Gemeinschaft der Völker finanziell unterstützt werden (woran es hapert).


    Hallo kleiner grüner Frosch, ich bitte dich doch sehr, einen Unterschied zu machen zwischen Menschen mit einem Aufenthaltsstatus und Menschen, die sich hier illegal aufhalten.
    Und es macht einen Unterschied, ob ein Mitbürger (mit legalem Aufenthalt) einen Mord begeht oder jemand, der gar nicht hier sein dürfte.


    Die Sicherheit der Bürger ist der Job des Staates, der Staat hat das Gewaltmonopol, wir nicht. Wir lassen uns schützen. Das ist der deal. Und der ist gut.
    Wenn der Staat dem Job nicht mehr ausreichend nachkommt, wird der Bürger anfangen, sich selbst zu schützen und sich bewaffnen.


    Solche Verhältnisse (die man in jedem failing state beobachten kann) möchte ich nicht hierzulande haben. Ich mag auch nicht überlegen müssen, ob ich ein Spray oder ein Messer auf einen Spaziergang mitnehmen muss.

    Ich finde es für die Kinder sehr verwirrend, zunächst die Druckschrift zu erlernen, um dann recht flink auf eine Schreibschrift umzusteigen.


    Die meisten meiner (fast erwachsenen) Schüler haben eine Druckschrift mit Verbindungen. Die reinen Schreibschriftschreiber haben oft eine grausame Schrift.


    Besonderen Wert würde ich aus Muttersicht darauf legen, dass die Kinder aus der Primarstufe eine eigene Schrift mitnehmen. An der Schule meiner Kinder wurde eisern auf die Schreibschrift bestanden, mit dem Großen werde ich jetzt in Klasse 8 versuchen, eine eigene Schrift zu entwickeln, da er eisern Schreibschrift schreibt, die aber niemand lesen kann. Aber schnell ist er...

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