Beiträge von Claudius

    Das rechte Bild in Beitrag 5 veranschaulicht sehr schön die Symbiose zwischen Eltern und Kind.


    Ich kenne viele Kinder, die schon Angst haben mit einer bestimmten Noten überhaupt nach Hause zu kommen und die Klassenarbeit ihren Eltern zu zeigen, weil es dann nämlich dort Geschrei und Strafen hagelt. Das bekommen wir Lehrkräfte dann nur nicht mehr mit. Aber ich kenne auch Kollegen, die das ausnutzen um Schüler mit solchen Drohungen unter Druck zu setzen. ("Soll ich wieder deine Eltern anrufen?")


    Im linken Bild von 1969 wird deutlich, wie es früher war. Was die Lehrer gesagt haben war für die Eltern Gesetz. Dem Kind wurde grundsätzlich nicht geglaubt bzw. was das Kind dazu zu sagen hatte war irrelevant und wurde auch nicht erfragt. Meine Grosseltern wurden in der Schule noch von den Lehrkräften gezüchtigt und die Eltern haben das hingenommen mit der Begründung, der Lehrer werde schon seine Gründe gehabt haben bzw. das Kind wird es schon verdient gehabt haben.


    Meine Erfahrungen gehen eher dahin, dass immer mehr Eltern heute die Fehler für Probleme und schlechte Noten nicht mehr ausschliesslich bei den Kindern sehen, sondern auch die Sichtweisen ihrer Kinder annehmen und die Möglichkeit in Betracht ziehen, dass auch die entsprechende Lehrkraft eine Schuld/Mitschuld daran haben könnte.

    Und wer entscheidet das? Was ist denn wirklich OBJEKTIV guter Unterricht? Meiner Meinung nach lässt sich das nicht objektiv messen.


    In einem professionellen Beruf gibt es einheitliche Qualitätsstandards, die objektiv evaluiert werden können. Wenn es das nicht gibt, kann de facto jeder Mitarbeiter nach eigenem Gutdünken arbeiten und das Ergebnis der Arbeit kann nicht überprüft werden. Dann wäre es auch egal, ob man sich im Beruf anstrengt oder nicht, ob man Leistung bringt oder nicht, ob man gute Ergebnisse erzielt oder nicht, denn es überprüft sowieso niemand und einen objektiven Qualitätsbegriff gibt es auch nicht.


    Im Schulwesen finde ich das besonders schlimm, weil wir den Kindern zwar die Pflicht auferlegen eine Schule zu besuchen, ihnen aber gleichzeitig keinen qualitativ hochwertigen Unterricht garantieren.


    Viele Lehrer geben deshalb keine schlechten Noten, weil sie dann ihre Ruhe haben. Wenn es in ihrem Fach keine 5 oder 6 gibt, kommt auch niemand darauf die Qualität ihres Unterrichts zu hinterfragen oder zu überprüfen. Die Schüler sind mit ihren Noten glücklich, es gibt keine Beschwerden, keinen Ärger mit den Eltern, keinen Rechtfertigungsdruck, warum die Klasse so einen schlechten Leistungsstand aufweist.


    Wenn man ständig 'Angst' haben müsste, dass jemand vorbeikommt und den Unterricht anschaut, baut das doch auch einen gewissen Druck auf. Ich finde, dass man mit Druck schlechter arbeitet.


    Entschuldigung, aber das ist doch für unsere Schüler täglich Brot. Sie werden täglich von uns kontrolliert und bewertet. Es wird täglich Leistung von ihnen eingefordert. Und wenn sie ihre Leistung nicht erbringen, hat es die entsprechend negativen Konsequenzen für unsere Schüler. Unsere Schüler "arbeiten" permanent unter diesem Druck. Warum sollte das, was wir unseren Schülern zumuten, für uns Lehrkräfte eine Unzumutbarkeit sein?


    Klar gibt es in der freien Wirtschaft einen enormen Leistungsdruck und viele Lehrer würden in dieser Schwierigkeiten haben. Aber muss denn alles, was in der freien Wirtschaft gemacht wird auch gut sein?


    Wie stellst Du dir denn vor, dass die Qualität des Schulunterrichts gewährleistet werden soll, wenn nicht durch Leistungsdruck und Leistungskontrolle? Wie sollen die schlechten Lehrer von den guten Lehrern unterschieden werden? Wie soll sich Leistung in unserem Beruf auszahlen, wenn nicht durch Kontrolle der Leistung? Wie sollen mangelhafte Leistungen in unserem Beruf erkannt und geahndet werden?


    Frau Müller unterrichtet die 8a und die 8b parallel. Beide Klassen erreichen ein unterschiedliches Leistungsniveau. Das Nur-EIN-Wirkungsfaktor-Modell (Lehrer als einziger Wirkungsfaktor) versagt hier also als Erklärung. Nur mal so aus der Wirklichkeit geplaudert.


    Ich habe auch nicht behauptet, dass es nur eine einzige Erklärung für das niedrige Leistungsniveau der Klasse geben kann. Es ist aber eine naheliegende Erklärung, dass Frau Müller einen schlechten und ineffizienten Unterricht hält. Und diese Möglichkeit muss dann zumindest in Betracht gezogen und scharf kontrolliert werden, z.B. mit häufigeren, unangekündigten Unterrichtsbesuchen.


    Ich erlebe es immer wieder, dass ich Klassen übernehme, die in der Breite extreme Defizite in meinem Fach aufweisen, die ich dann mit den Schülern erstmal aufarbeiten muss, bevor ich mich überhaupt dem eigentlichen Stoff der Jahrgangstufe widmen kann. Und das betrifft dann nicht nur zwei bis drei Faulpelze, sondern die gesamte Klasse. Da frage ich mich dann schon, was mein Vorgänger in diesem Fach während der letzten Jahre eigentlich gemacht hat, dass die Schüler so desaströse Wissens- und Verständnislücken aufweisen.


    Viele Kollegen würden in der freien Wirtschaft kein Jahr überleben, weil ihre mangelhafte berufliche Leistung sofort auffallen und Konsequenzen nach sich ziehen würde. Im Schulwesen macht es de facto keinen Unterschied, ob man als Lehrkraft gute oder schlechte Leistung abliefert. Es wird leider nicht kontrolliert und hat auch keine Konsequezen.

    Aber nur, wenn die dann extern und anonymisiert korrigiert werden.


    Natürlich, sonst würde das Ganze auch keinen Sinn machen. Und wenn dann z.B. Klasse 8a von Frau Müller im Fach X einen deutlich schlechteren Leistungsstand aufweist als Klasse 8b von Frau Maier, dann wäre den Ursachen für diese Leistungsdifferenz auf den Grund zu gehen. Die Annahme, dass die Schüler der 8a einfach von Natur aus weniger fleissig oder weniger intelligent seien als die Schüler der 8b kann jedenfalls nicht als hinreichende Erklärung vorausgesetzt werden. Es muss dann auch in Betracht gezogen werden, dass Frau Müller einen schlechteren und weniger effizienten Unterricht erbringt als Maier und die Leistungsunterschiede der beiden Klassen genau darauf zurückzuführen sind. Da müsste dann eben geprüft und überwacht werden. So stehen dann eben auch Lehrkräfte unter einem konkreten und objektiv messbaren Leistungs- und Erfolgsdruck.

    ich sag' nicht, dass ich diese praxis grundsätzlich ganz dolle finde. es hat auch was von überwachungs- und obrigkeitsstaat und in finnland vertraut man den lehrern angeblich deutlich mehr als hierzulande.


    Schule ist ein Ort der Kontrolle und Überwachung von Leistung. Unsere Schüler müssen sich täglich von uns Lehrkräften kontrollieren, messen, überpüfen und bewerten lassen. Also warum sollten wir Lehrkräfte nicht auch einer kontinuierlichen Kontrolle und Bewertung unserer beruflichen Leistung unterliegen? Das ist doch auch zum Zweck einer effektiven Qualitätssicherung sehr sinnvoll.


    Ich wäre z.B. dafür, einmal im Halbjahr eine einheitliche Klausur pro Fach schreiben zu lassen. Dann hat man Vergleichmöglichkeiten der Leistungsfähigkeit von verschiedenen Klassen und Kursen, die von bestimmten Lehrern unterrichtet werden.

    Natürlich fällt es auf, wenn die eigene Klasse total schlechte Noten hat, man schließt daraus, dass die Schüler dies nicht verstanden haben und man es schlecht erklährt hat.


    Auf den Gedanken, dass schlechte Noten nicht zwingend nur auf ein individuelles Versagen von Schülern zurückzuführen sind, sondern ebenso auf einen ineffizienten Unterricht des Lehrers, kommen viele Kollegen aber scheinbar nicht. Ich habe einige Kollegen, die regelmässig ihre Klassen zusammenstauchen, weil sie mal wieder eine Klassenarbeit wegen der vielen schlechten Noten beim Direktor genehmigen lassen mussten. Manche Kollegen konzipieren ihre Klassenarbeiten inzwischen auch absichtlich so leicht, dass nur ein ordentlicher Notenspiegel dabei herausspringen kann.

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