Ne, hinterher, ich wollte gleich noch ein Feedback dazu. Und das war unisono "mehr davon". Sind halt Jugendliche. Nicht ein einziger fand's blöd.
Das finde ich sehr merkwürdig, insbesondere nachdem Du im "Gesichtsschleier"-Thread darüber berichtet hast, dass Du wohl häufiger mit muslimischen Schülerinnen zu tun hast. Meine Klassen sind schon von der sozialen Herkunft teilweise absolut bunt gemischt. Ich habe Schüler aus "Unterschichtfamilien" und Schüler aus gutbürgerlichem Hause, Schüler aus atheistischen und Schüler aus religiösen Elternhäusern. Da treffen teilweise Welten aufeinander. Ich habe Schüler - überwiegend aus "Unterschichtfamilien" - die mit sexueller Vulgärsprache nur so um sich werfen. Möglicherweise läuft dort schon am Nachmittag zuhause im Wohnzimmer der Pornofilm im Fernsehen. Ich habe aber auch Schüler - überwiegend aus wohlbehütetem Hause - denen nicht mal ein Fluch über die Lippen gehen würde. Ich habe Schüler, die sich in der Schule äusserst freizügig kleiden und solche, die sich äusserst züchtig kleiden. Ich habe Schüler, die sich darüber aufregen, dass beim Schwimmunterricht nur Badeanzüge erlaubt sind und sie nicht den neuesten Bikini tragen dürfen, während andere Schüler darauf bestehen nur mit Burkini am Schwimmunterricht teilzunehmen, direkt eine Befreiung beantragen oder sich wöchentlich eine neue Ausrede ausdenken um nicht teilnehmen zu müssen. Ich habe Schüler, die rauchen und am Wochenende "saufen" gehen und solche Schüler, die eine Zigarette nichtmal anfassen würden, Alkohol für eine Sünde halten und am Sonntag in der Früh zur Kirche gehen. Ich könnte da noch schier endlos viele Beispiele nennen.
Daher würde es mich schon sehr stark verwundern, wenn ausgerechnet beim heikelsten Thema "Sexualität" ein Konsens zwischen allen Schülern bestehen würde, zumal es hier auch immer wieder Anträge auf Befreiung von diesem Unterricht gibt. Und rein zufällig sind dann die Schüler, die einen Antrag auf Befreiung gestellt und ihn nicht genehmigt bekommen haben, an den Tagen wo Sexualkunde stattfindet "krank" oder haben unverschiebbare Zahnarzttermien und ähnliches.
Wenn Du behauptest, dass Deine Schüler immer zu 100% begeistert von der Teilnahme an diesem Unterricht waren, kann ich Dir das natürlich nicht absprechen. Aber so recht vorstellen kann ich es mir aus oben genannten Gründen absolut nicht, es sei denn Du hast eine absolut homogene Schülerschaft.
Aber selbst wenn es so gewesen wäre, zum Beispiel bei Jugendlichen, die durch extrem tabuisierende Erziehung zu Hause vorgeschädigt sind: es ist trotzdem notwendig. Die Alternative sind seelische Verletzungen, ungewollte Schwangerschaften, negative Erfahrungen beim Sex und in der Beziehung.
Die Aussage finde ich ziemlich bedenklich. Du unterstellst, dass eine "tabuisierende" Erziehung - was auch immer Du genau darunter verstehen magst - die Kinder "schädigen" würde und diese Kinder dann später alle unglückliche Menschen werden würden.
Als ich mit weit über 20 meine erste Beziehung hatte, wünschte ich mir mehr als einmal, dass wir in der Schule mehr als das gemacht hätten. Wen hätte ich denn sonst fragen können? Meine überängstliche Persönlichkeit hat mich vor Risiken und Problemen bewahrt, aber ernsthaft, wie erklärt man in dem Alter, das man noch nie ein Kondom in der Hand hatte.
Meinst Du denn, es hätte Dir mit "weit über 20" etwas gebracht, wenn Du in der 9. Klasse ein Mal ein Kondom über eine Phallus-Figur gezogen hättest? Der "Lerneffekt" ist doch quasi gleich Null.
Und warum sollte man nicht gegenüber dem Partner dazu stehen können, dass man noch nie ein Kondom in der Hand hatte und erstmal schauen muss, wie das funktioniert? Sollte man jungen Menschen nicht gerade beibringen, dass man sich nicht unter Druck setzen sollte, dass man sich Zeit lassen sollte, dass man nicht "perfekt" sein muss?