Beiträge von Claudius

    Das stimmt für die meisten konfessionellen Schulen nicht ganz. Ich bin selbst evangelisch (zumindest auf dem Papier^^) und habe an zwei katholischen Schulen gearbeitet (einmal in Bistumsträgerschaft, einmal in Ordensträgerschaft - was ich mir nicht ausgesucht habe, sondern sich einfach so ergeben hat). Das Kollegium war an beiden Schulen recht gemischtkonfessionell. Voraussetzung für die Einstelllung war "nur" die Zugehörigkeit zu einer christlichen Kirche. Soweit ich es mitbekomme, handhaben das so gut wie alle Bistümer so. Allerdings sind Nichtkatholiken von Schulleitungsposten ausgeschlossen. Strenger sind z.B. katholische Stiftungen als Schulträger, wo man im mir bekanten Fall als evangelischer Lehrer zwar befristet arbeiten kann, aber nicht entfristet wird.

    Da frage ich mich allerdings, wie man als evangelischer (oder sogar atheistischer) Lehrer eine katholische Erziehung glaubwürdig vermitteln und vertreten kann, wenn man doch schon durch sein (nicht vorhandenes) Bekenntnis persönlich etwas ganz anderes vertritt. Umgekehrt gilt natürlich dasselbe.



    Zitat von Maylin85

    Problematisch ist für mich allerdings auch der Punkt der öffentlichen Finanzierung und die Schwierigkeiten, die sich ergeben, wenn es vor Ort keine Alternativen zu einer konfessionellen Schule gibt. Alternativlosigkeit dürfte es hierbei eigentlich nicht geben.


    Es ist natürlich wünschenswert, möglichst viele Alternativen zu haben. Auch für katholische Eltern in Brandenburg wäre es wichtig, eine katholische Grundschule in unmittelbarer Wohnortnähe zu haben. Aber das ist natürlich schwierig, wenn man als weltanschauliche Minderheit in einer Region lebt.


    Was die öffentliche Finanzierung betrifft, sollte doch das Prinzip gelten, dass die Finanzierung des Schulwesens aus allgemeinen Steuermitteln erfolgt und alle Schulen dabei gleich behandelt werden. Ich habe bisher noch kein vernünftiges Argument gehört, weshalb nur bekenntnisfreie Schulen aus Steuermitteln finanziert werden sollten und alle anderen Schulen nicht.

    Die Frage ist ja vielmehr, ob Religion überhaupt was in Schulen zu suchen hat. Da lobe ich mir doch die USA und den 1. Verfassungszusatz (sowie den 2.)


    In den USA gibt es auch gar keine Schulpflicht. Da können Eltern ihre Kinder auch selbst unterrichten oder einen Hauslehrer einstellen oder Lerngruppen in der Nachbarschaft organisieren.


    In Deutschland gibt es eine Schulpflicht, dafür fördert der Staat aber immerhin noch eine vielfältige Schullandschaft, damit Eltern wenigstens die Möglichkeit haben zwischen Schulen verschiedener Prägung zu wählen.

    Es sind keine kirchlichen Schulen, die staatliche 'Unterstützung' (von 98%) bekommen, sondern staatliche Schulen, die sich erdreisten, nur katholisches Personal (Mathe/Sachunterricht-Lehrer auch, ...) und bitte nur katholische SchülerInnen oder nur SchülerInnen, die sich katholisch fügen...

    Wenn in bestimmten Regionen nunmal ein entsprechender Bedarf an solchen Schulen besteht?

    Was? Wie? Du musst in Brandenburg oder Mecklenburg unterschreiben, dass du dein Kind religiösen Maßnahmen unterwirfst, die du nicht teilst, ansonsten wird es nicht in die Schule aufgenommen?


    Du musst in Brandenburg oder Mecklenburg davon ausgehen, dass Du als Katholik dort keine katholische Schule im näheren Umkreis finden wirst. Entweder Du schickst Dein Kind auf eine weiter entfernte Schule Deiner Wahl oder Du schickst Dein Kind in die nächstgelegene Schule, die dann aber wohl nicht Deinen pädagogischen und weltanschaulichen Vorstellungen entsprechen würde.

    Zitat von neleabels

    Du verstehst das Konzept "Steuern" nicht so richtig...


    Inwiefern? Zahlen Katholiken in Deutschland keine Steuern, dass Du es als falsch ansiehst Steuergeld auch für die Finanzierung von katholischen Schulen bereitzustellen?

    Was ja gerade bei Grundschulen auf dem platten Land so unglaublich einfach geht - in der frühkindlichen Erziehung haben kirchliche Schulträger an einigen Orten ein de-facto Monopol.

    Das Problem hast Du auch, wenn Du als Katholik irgendwo in Brandenburg oder Mecklenburg wohnst. Versuche da mal eine katholische Schule für Dein Kind zu finden.


    Zitat von neleabels

    Und wenn man dann noch bedenkt, dass Schulen in kirchlicher Trägerschaft durch den allgemienen Steuerzahler weitgehend vollfinanziert sind, dann werden solche Ansinnen noch einen Tick frecher. Wer die Musik bestimmen will, der soll sie bitteschön auch bezahlen!


    Wer ist denn "der Steuerzahler"? Soweit ich weiss zahlen auch Millionen von Katholiken in Deutschland brav ihre Steuern. Warum sollte es also falsch sein, mit von Katholiken gezahlten Steuergeldern katholische Schulen für die katholischen Bürger zu finanzieren? Es werden schliesslich auch bekenntnisfreie Schulen, Waldorfschulen, Humanistische Gymnasien etc. pp. aus Steuergeldern finanziert.

    Andere Länder, andere Sitten ;) Ich duze ja nicht grundsätzlich jeden Fremden, dem ich begegne. Grundsätzlich erst mal Sie und dann abwarten was passiert ...


    Ja so mache ich das auch. Das "Du" biete ich ausschliesslich Personen an, mit denen ich einen relativ vertraulichen Umgang pflege, der auch über die rein berufliche Zusammenarbeit hinausgeht.


    Auch die Kollegen sieze ich erstmal mit Nachnamen. Zu einigen Kollegen habe ich freundschaftlichen, teilweise auch privaten Kontakt, da duzt man sich mit der Zeit gegenseitig. Zu anderen Kollegen habe ich keinerlei Verbindung, die über die rein beruflich-professionelle Ebene hinausgeht. Die sieze ich natürlich mit Nachnamen. Ich finde das selbstverständlich und höflich.


    Von Schülern erwarte ich grundsätzlich gesiezt und mit Nachnamen angesprochen zu werden. Und denselben Respekt bringe ich auch meinen Schülern der Sek II entgegen. Ich fände ich absolut komisch, wenn ich meinen Schüler "Peter" nenne und er mich mit "Herr X" anspricht. Das ist keine Kommunikation auf Augenhöhe.

    Nein, ist es in der Schweiz tatsächlich nicht. Hier wird viel schneller und viel selbstverständlicher geduzt, als in Deutschland. ;)

    Ich empfinde es als äusserst unhöflich, einen Fremden unaufgefordert zu duzen oder mit Vornamen anzusprechen. Besonders im beruflichen Kontext zeugt so ein Verhalten meiner Meinung nach von mangelnder Professionalität und fehlendem Respekt.


    Selbst im Lehrerkollegium wird nicht grundsätzlich geduzt.

    Ich glaube würde man sie fragen, würden sich die meisten unserer SuS auch duzen lassen.


    Die Schüler sollten aber lernen, dass sie mit 16/17/18 keine Kinder mehr sind, sondern als (junge) Erwachsene mit anderen Erwachsenen auf einer beruflichen/professionellen Ebene kommunizieren. Und da ist das gegenseitige "Sie" die verpflichtende Ansprache.


    Deshalb sieze ich grundsätzlich alle Schüler der Sek II mit Nachnamen, ganz genauso wie ich selbst auch von allen Schülern erwarte angesprochen zu werden. Das sage ich auch in allen meinen Kursen zu Beginn der Sek II.

    Die Evolutionstheorie behauptet, dass das Leben und auch der Mensch durch einen rein natürlichen Prozess "von selbst" entstanden sei. Die Existenz eines Gottes, der da irgendwie seine Hände im Spiel hat, widerspricht der Evolutionstheorie.


    Manche Kaholiken vertreten die "theistische Evolution". Demnach habe Gott den Verlauf der Evolution gesteuert. Zum Beispiel habe Gott dafür gesorgt, dass vor Millionen Jahren ein grosser Meteorit auf die Erde stürzte und die Dinosaurier und den Grossteil des Lebens auf der Erde auslöschte, damit dann die Weiterentwicklung der Säugetiere geschehen konnte, aus denen dann irgendwann mal der Mensch entstehen sollte.


    Gott "schöpft" sozusagen durch Evolution. Allerdings widerspricht dieses Konzept in sehr vielen zentralen Aussagen der Bibel, nicht nur der Art und Weise, wie Gott "schöpft.

    ich gebe aber z.b. Meinen sehr gläubigen 5.Klässlern die Möglichkeit ihren Glauben in der Evolution unter zu bringen.


    Und wie genau machst Du das?


    Nach der Bibel ist der Mensch von Gott gezielt nach seinem Ebenbild erschaffen und mit einer Seele ausgestattet. Was antwortest Du den Schülern, wenn sie danach fragen, wenn denn in der Evolution eigentlich der erste Mensch als Ebenbild Gottes entstanden ist und ab wann genau die Seele zum Leib hinzugefügt wurde? Das ist eine häufige Frage meiner Schüler zu diesem Thema.


    Eine andere bewegende Frage vieler Schüler ist: Warum hat Gott eine so grausame Welt erschaffen? Das Prinzip der Evolution ist ja furchtbar grausam und schrecklich. Das "Schwache" und "Kranke" hat Überlebensnachteile und stirbt und geht (häufig qualvoll) zu Grunde und das "Starke" und "Gesunde" hat Überlebensvorteile und setzt sich durch. Tod und Leid sind die Triebfedern der Evolution. Und mit Hilfe dieses grauenhaften Mechanismus soll Gott also nach Milliarden Jahren der Evolutionsgeschichte irgendwann "den Menschen" nach seinem Ebenbild entstehen lassen?


    In der Bibel hingegen steht geschrieben, dass die Schöpfung Gottes am Anfang "sehr gut" war, eine Welt in Harmonie ohne Leid und Tod. Erst durch den Sündenfall des Menschen hat sich das geändert.


    Die Bibel und der christliche Glaube ist voll von Wundern und Eingriffen Gottes in die Welt. Wie erklärst Du den Schülern z.B., dass Jesus durch den Heiligen Geist in Maria gezeugt wurde, dass Jesus über das Wasser gelaufen ist, das Brot vermehrt und den Sturm gebändigt hat, dass er Blinde sehend, Gelähmte gehend und Tote wieder lebendig gemacht hat, am Ende sogar selbst von den Toten auferstanden ist und in den Himmel auffuhr?


    Naturwissenschaftlich alles Dinge der Unmöglichkeit. Wunder eben, aktives Eingreifen Gottes in die Welt, das für uns unerklärlich und unergründlich ist.


    Wenn man alles in der Bibel ablehnt, was den Naturwissenschaften widerspricht, wozu dann überhaupt noch christlicher Glaube?

    Ich bin durchaus der Meinung, dass man sowohl an einen Gott, als auch an die Evolution glauben kann.
    Das 7-Tage-Schöpfungsgedöns der Bibel stammt aus Menschenhand und stellt eine Metapher dar - die nebenbei bemerkt die tatsächliche Abfolge der Evolution recht präzise beschreibt.


    Das Problem ist nur, wenn man die biblische Schöpfungsgeschichte als unwahr verwirft, eigentlich auch alle folgenden Berichte und Geschichten der Bibel verworfen werden müssen. Denn die Bibel erzählt die Geschichte der Menschheit vom ersten Menschen Adam bis zu Jesus Christus. Das Neue Testament enthält auch den gesamten Stammbaum von Adam bis Jesus.


    Klassische Fragen meiner Schüler zu dem Thema sind zum Beispiel auch:


    - Wann beginnt in der Evolution der Mensch, der nach Gottes Ebenbild entstanden ist?
    - Wann ist in der Evolution die Seele hinzugefügt worden?
    - Wieso kam laut Bibel der Tod erst durch den Sündenfall der ersten Menschen in die Welt, während der Tod die Triebfeder der Evolution von Anfang an gewesen sein soll?
    - Warum schafft Gott den Menschen mittels Evolution und über solche Umwege, mit Dinosauriern und Co., die er dann mit einem Meteoriten wieder auslöscht etc.
    - Wenn die Schöpfungsgeschichte nicht stimmt, warum sollte man dann überhaupt noch an die Bibel glauben, obwohl die Bibel voll ist mit Wundern Gottes, die alle eigentlich der Naturwissenschaft widersprechen?


    Ein spannendes und immer heiss diskutiertes Thema.


    Die Evolutionstheorie ist keine "Weltanschauung", sondern das sind Fakten. Der religiöse Kram kann im Reliunterricht behandelt werden. Und auch dieser ist nicht zur Missionierung da sondern zur wissenschaftlichen Untersuchung.


    Dass Evolution in der Natur in einem gewissen Maß stattfindet, wird wohl niemand bestreiten. Das kann beobachtet werden und die Mechanismen dieser Evolution werden ja auch in der Tierzucht genutzt, um bestimmte Merkmale "herauszuzüchten".


    Die postulierte Evolutionsgeschichte und die damit verbundenen Erklärungsversuche über die Entstehung der Menschheit halte ich allerdings schon für ein empirisch unbelegtes und auch unbelegbares Gedankenkonstrukt. Natürlich sollten die Schüler im Biologieunterricht dieses Modell kennenlernen, schon alleine weil es nunmal das vorherrschende Modell in der Biologie ist. Ein Modell kennenzulernen bedeutet aber nicht, dieses Modell für sich persönlich als "reine Wahrheit" über die Ursprünge des Lebens und insbesondere des Menschen annehmen und "glauben" zu müssen. Deshalb meine ich, dass dabei kein weltanschaulicher Druck in welcher Form auch immer ausgeübt werden sollte.

    Ich finde, der richtige Ort für diese Frage sind geistes-, gesellschafts- und naturwissenschaftliche Institute an Universitäten. Man kann sowas auch mal in der Schule thematisieren, aber dann im Philosophie- oder vielleicht Religionsunterricht der Oberstufe, wenn Wissenschaftstheorie, Technikphilosophie oder ähnliches auf dem Lehrplan stehen. Nicht im Zusammenhang mit Evolutionstheorie und Kreationsismus.

    Warum nicht auch in dem Zusammenhang? Ich finde es sehr wichtig, dass die Frage erörtert wird, worum es überhaupt in der Naturwissenschaft geht und welchen Anspruch Naturwissenschaft haben kann und haben sollte. Geht es in der Naturwissenschaft darum einen Absolutheitsanspruch auf "Wahrheit" über die Welt zu verkünden oder geht es nur um die Entwicklung von Arbeitshypothesen mit dem Zweck eines praktischen Nutzens für die Menschheit? Es ist ein Unterschied, ob man Naturwissenschaft als allgemeingültige Weltanschauung oder als praktische nutzbare Hypothesensammlung versteht.


    Und natürlich haben verschiedene Sichtweisen über die Entstehung des Menschen auch grossen Einfluss auf das Menschenbild an sich und auch auf die Ethik.


    Es ist eben himmelweiter ein Unterschied, ob der Mensch in einem planvollen Schöpfungsakt von einem personalen, liebenden Gott nach seinem Ebenbild erschaffen, mit einer Seele ausgestattet und zu einem bestimmten Leben berufen wurde, oder ob der Mensch eine seelenlose, durch Mutation und Selektion zufällig aus der Tierwelt hervorgegangene "Trockennasenaffenart" ist. Das Unterschiede dieser Menschenbilder gehört doch selbstverständlich auch in die Schule.


    Ich finde es deshalb sinnvoll, wenn man das Thema Evolution/Schöpfung auch parallel in verschiedenen Fächern behandelt. In Biologie sollte die Evolutionstheorie vorgestellt werden, ohne dabei weltanschaulichen Druck auszuüben. In Religion und Philosophie können parallel dazu Themen wie Schöpfung, Menschenbilder, ethische Gebote im Zusammenhand mit der Frage Evolution/Schöpfung, Erkenntnistheorien etc. behandelt werden. Und im Geschichtsunterricht könnte man zum Beispiel den Einfluss der Evolutionstheorie auf die Politik des 19. und 20. Jahrhunderts thematisieren.

    Aha? Welche begründete Kritik gibt es denn? Sowas wie "ein Auge ist so kompliziert, das kann nur von Gott erschaffen sein"?

    Naja, zumindest ist die Entstehung eines Auges durch evolutionäre Prozesse bisher nicht empirisch beobachtet worden, wie eben so viele Hypothesen der Evolutionstheorie empirisch nie beobachtet wurden und auch gar nicht empirisch untersucht werden können, sondern eher - nach meiner persönlichen Meinung - ein naturphilosophisches Gedankenspiel sind.


    Ich finde es generell wichtig, dass man den methodischen Naturalismus vom ontologischen Naturalismus in der Lehre strikt trennt und auch eine generelle Diskussion darüber führt, was eigentlich Sinn und Zweck von Naturwissenschaft ist. Dafür ist die Schule der richtige Ort und da finde ich es auch wichtig fächerübergreifend an einem Strang zu ziehen, was ich auch mit den meisten Kollegen aus der Biologie so handhabe.

    Als Religionslehrer behandle ich das Thema recht häufig, auch begleitend zum Biologieunterricht meiner Kollegen. Ich persönlich finde es richtig, dass die Schüler die Evolutionstheorie im Biologieunterricht kennenlernen und wissen, was diese Theorie besagt und worauf sie sich stützt. Allerdings gehört meiner Meinung nach dann auch die begründete Kritik an dieser Theorie dazu. Und natürlich sollte die Evolutionstheorie keinesfalls als die ultimative, von allen Schülern zwingend anzunehmende und zu vertretende "Wahrheit" dargestellt werden. Es ist halt nur eine biologische Arbeitshypothese und keine verpflichtende Weltanschauung. Man kann und darf sehr gerne auch eine andere Weltanschauung haben, als die naturalistische.


    Ich behandle im Unterricht dann z.B. auch das Thema, inwiefern Evolutionstheorie und Bibel miteinander vereinbar sind mit Pro und Contra. Oder welche verschiedenen Menschenbilder und ethische Gebote sich aus den verschiedenen Erklärungsansätzen Evolution und biblische Schöpfung ergeben.

    Ja, in manchen religiösen Gruppierungen ist das normal. "Nicht gerade ein guter Umgang" heißt dann schon mal schlicht "kein Zeuge Jehovas" oder "evangelisch". In Deinem Bundesland "Sek. I und II" scheinen mir solche Eltern aber geradezu endemisch aufzutreten. Das kenne ich ja nicht mal aus Bayern.

    Es sind überwiegend muslimische Familien, die ihre Töchter nicht ausserhalb des Elternhauses übernachten lassen wollen. Und davon habe ich in fast jeder Klasse so um die fünf Familien. Eigentlich ziemlich normal in westdeutschen Städten.


    Manchmal sind es auch freikirchliche oder katholische Familien, hin und wieder auch Eltern ohne religiösen Hintergrund, die einen grossen Wert darauf legen, dass ihre Kinder einen guten sozialen Umgang haben.

    Ich weiß, aber gerade trotz dieser "Vorfälle" habe ich kein Verständnis dafür, wenn Eltern das nicht wollen. "Mein Kind konnte nicht schlafen, deswegen darf es nicht mit auf die nächste Klassenfahrt". Oder es hat jemand geraucht. Also sorry, das sind so derartige Banalitäten, was glauben die Eltern denn? Wollen die ihr Kind zuhause einsperren? Es geht ja nicht um Messerstechereien, Alkohol- und Drogenexzesse, sondern um absolute Banalitäten.


    Das Kind konnte nicht schlafen, weil sich wohl fast jede Nacht Personen des anderen Geschlechts im Zimmer aufgehalten haben. Und in diesem Zusammenhang soll es auch zu irgendwelchen Obszönitäten gekommen sein, die da in diesem Zimmer vorstatten gingen. Deshalb konnte das Kind sich nicht umzuziehen und nicht zu Bett gehen und schlafen.


    Bei dem anderen Kind haben Mitschüler nachts im Zimmer geraucht und Alkohol getrunken, d.h. das betroffen Kind war gezwungen passiv mitzurauchen. Aber den Eltern ging es in ihrer Beschwerde wohl hauptsächtlich darum, dass ihr Kind unfreiwillig die Nächte mit saufenden und rauchenden Mitschülern verbringen musste, was nach Meinung der Eltern ein "schlechter Umgang" für ihr Kind ist.


    Es sind halt Regelverstösse, die wir Lehrer nicht mitbekommen haben. Und das sind wohl noch vergleichweise die harmloseren Dinge. Trotzdem war es schon schwer diesen Eltern dafür Rede und Antwort zu stehen, wie es dazu kommen konnte.


    Was sollte man den Eltern dann erst sagen, wenn deren Kind z.B. auf der Klassenfahrt von den Mitschülern mit Alkohol abgefüllt und im Suff geschwängert wurde?

    Ist die Frage, ob jemand bei einer Schwangerschaft überhaupt "haftet" bzw. "haften muss". Und Aufsichtspflicht bedeutet nicht, dass man Schüler 24/7 im Auge haben muss.

    Ich habe immer wieder Gespräche mit Eltern, die ihre Kinder nicht mit auf Klassenfahrt lassen wollen. Sie wollen nicht, dass ihr Kind über Nacht von zuhause wegbleibt, schon gar nicht in einer Gruppe mit anderen Kindern/Jugendlichen, von denen so manche nicht gerade ein "guter Umgang" sind.


    Diese Eltern versuche ich zu beruhigen und ihre Sorgen auszuräumen. Obwohl ich natürlich genau weiss, dass man nicht 24/7 Aufsicht führen kann.


    Und ich hatte es dann auch schon ein paar Mal, dass Eltern sich später bei mir beschwert haben, weil während der Klassenfahrt Dinge vorgefallen sind, von denen ich nichts mitbekommen habe und sie daher nicht verhindern konnte. Das waren bisher immer noch vergleichweise "harmlosere" Dinge, zum Beispiel dass Schüler geraucht haben oder dass ein Kind nicht schlafen konnte, weil sich die ganze Nacht Mitschüler des anderen Geschlechts im Zimmer aufgehalten haben, oder weil in Gegenwart des Kindes irgendwelche anrüchigen Dinge geschehen sind.


    Zum Glück sind mir folgenschwerere Dinge wie Schwangerschaften oder Alkoholvergiftungen bislang noch noch vorgekommen. Aber ich habe mittlerweile ein sehr gutes Verständnis dafür, weshalb Eltern es nicht wollen.

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