Hallo,
da hast du ein weites Feld aufgemacht! Zu diesem Thema gibt es sehr viel zu schreiben. Aber zunächst zu deinen Fragen:
1. Wie berücksichtigt ihr das Prinzip der Handlungsorietierung im Unterricht?
Nahezu durchgängig. Ich versuche, komplexe, uneindeutige Probleme zu konstruieren, die ich meinen Sch zur Lösung vorlege. Erarbeitung immer selbständig, ich werde nur aktiv bei der Einführung des Problems, der Hypothesenbildung und am Ende bei der Auswertung und Vertiefung. Ich versuche auch, meinen Sch die Lerneinträge selbst gestalten zu lassen, so dass das jeder nach seinen eigenen Bedürfnissen unter Berücksichtigung seines Vorwissens machen kann.
Wir an der Berufsschule arbeiten nach dem Lernfeldkonzept, wo alles möglichst betriebsnah gestaltet werden soll. Ich verwende im Unterricht eine Musterfirma, in der sich alles abspielt und zwar durchgängig. Das heißt, wenn gestern ein Mitarbeiter entlassen wurde, kann er morgen nicht wieder der Abteilungsleiter sein. Oder wenn wir einen Artikel aus dem Sortiment genommen haben, muss auch die Artikelliste angepasst werden. Die Probleme, die ich den Sch zur Lösung vorlege, sind immer im Zusammenhang mit dem, was vorher gelaufen ist und auch mit dem, was in anderen Fächern läuft. Das ist zwar aufwändig vorzubereiten, aber sehr befriedigen.
2. Wie oft macht ihr im Unterricht a) Experimente b)Lernzirkel c) Rollenspiele d) Gruppenpuzzle/-arbeit?
Lernzirkel mache ich eigentlich nur als Übungszirkel, da ein komplexes Problem als Lernzirkel doch arg auseinandergerissen wird.
Rollenspiele ca. 3x im Jahr pro Klasse, Gruppenpuzzle relativ oft, da das der Problemlösung sehr entgegen kommt. Experiment nie, liegt aber wohl an meiner Fächerkombination
3. Wie reagieren die Schüler auf die in Frage 2 genannten Unterrichtselemente? (z.B. sind sie konzentrierter/unkonzentierter, lernen sie besser/schlechter, haben sie mehr/weniger Spaß,...)
Das ist schwer pauschal zu beantworten. Wichtig ist halt, dass man die Sch nicht ins kalte Wasser wirft, sondern peu a peu das selbständige und selbstorganisierte Arbeiten einführt und stark reflektiert mit Hilfe von Fragebögen zur Arbeit in der Gruppe bzw. zur Arbeit an Problemen.
Wenn man das alles berücksichtigt, funktioniert so ein Unterricht wesentlich besser als die Lehrersteuerung. Disziplinprobleme verabschieden sich fast gänzlich. Ich könnte gar nicht mehr anders unterrichten.
Allerdings kommt es stark auf die Aufgabe an, die man den Sch gibt. Die muss anspruchsvoll, komplex und knifflig sein, sonst ist die Motivation gering, sich reinzuhängen. Langweilige Probleme bringen meiner Erfahrung nach auch langweiliges Arbeiten in der Gruppe raus.
Die meisten Probleme entstehen aber dadurch, dass man die Sch unvorbereitet in ein handlungsorientiertes Szenario reinwirft, die dann überfordert sind, keiner dabei Spaß hat und der Lehrer frustriert ist.... und es nie wieder macht...
Zu den Ergebnissen: Ich stelle fest (übereinstimmend mit meinen Sch), dass sie den Stoff wesentlich intensiver durchdringen, als wenn sie nur zuhören. Damit kannst du in ganz neue Niveaustufen vordringen. Das macht dann allen Beteiligten mehr Spaß.
4. Welche Probleme entstehen bei der Planung und Durchführung eines solchen Unterrichts?
siehe oben
Hauptproblem: Die Vorbereitungszeit ist sehr lang, komplexe Materialien zu erstellen ist sehr aufwändig, lohnt sich aber letztendlich sehr.
Als Begründung für diese Art des Unterrichts kann ich zwei Bücher sehr empfehlen, die mich selbst sehr weit gebracht haben:
Herrmann: Neurodidaktik
und
Peter Stuck: Die 15 Gebote des Lernens
Viel Erfolg!
Gela