Alles anzeigenHallo Fossi,
erstmal danke fuer deine Meinung. Ich sehe die ganze Sache leider etwas anders. Ich bin seit 10 Jahre ehrenamtlich bei der Feuerwehr taetig und kenne das Gefuehl einer Taetigkeit, die einen vollends erfuellt. Mein Bestreben ist es genau dieses Gefuehl auch im Beruf zu erreichen. Dafuer bin ich bereit sehr viel zu opfern.
Thema Gehalt:
Ich werde vollkommen ehrlich sein, damit ihr einen realistischen Eindruck der derzeitigen Situation in Ingenieurberufen bekommt. Da meine Freundin mit A12 verbeamtet ist, kann ich einen ganz guten Ueberblick schaffen.
Fuer alle, die keine Details brauchen: Der oeffentliche Dienst ist (stand 2017) besser bezahlt als viele, viele Ingenieurstellen.
Vorab muss man erwaehnen, dass ich nur NRW als Bundesland heranziehen kann. Die Gehaelter im Sueden Deutschlands sind fuer Ingenieure wesentlich (!) besser. Dafuer muss man vorab wissen, warum das so ist. Ich muss hier etwas weiter ausholen, damit ihr versteht, woher das damalige Gehalt kommt und inwieweit es sich geaendert hat.
Also frueher war es in NRW oft so, dass fertige Ingenieure zu den großen IG Metall Firmen gegangen sind (Siemens, Thyssen Krupp etc.). Der IG Metall Tarif wird unter Ingenieuren auch gerne als "Disneyland" bezeichnet. 35h Woche bei ~4200 Brutto (EG 13). Nach oben sind keine Grenzen gesetzt.
Hier aber das große ABER: Die Schwermetallindustrie ist kaputt, politische Sanktionen haben Siemens und MAN viele Auftraege gekostet und seit Jahren werden dutzende Ingenieure verlassen. Eine Stelle in diesen Tarifvertraegen zu ergattern ist nahezu unmoeglich. Jeder der es heutzutage schafft, kann sich sehr gluecklich schaetzen. Sollte nun jemand denken: "Ah der Studienabschluss vom Erwin ist einfach nur zu schlecht." - Hand aufs Herz: Ich habe meinen Master mit 1,4 abgeschlossen und mich bei allen großen Unternehmen beworben, ohne je ein Einstellungsgespraech fuehren zu duerfen. Den Vollzeit Master habe ich neben dem Beruf gemacht, so dass ich ebenfalls 3 Jahre BE neben dem Bachelor vorweisen konnte.
Was verdient nun ein Ingenieur im Regelfall? Zu Zeiten als Bachelor habe ich 3250 Brutto verdient (~2000 Netto SK1).
Mit meinem Master bin ich auf 3500 Brutto aufgestiegen (~2125 Netto SK1).
Nach zwei Jahren in der selben Branche habe ich es auf 3800 Brutto geschafft (~2265 Netto SK1).
Danach kam lange Zeit gar nichts. Ich war unzufrieden in meiner Stelle (Produktentwicklung), da der Sohn vom Chef uebernommen hat und bin in den Brandschutzbereich gegangen, da die Jobchancen in NRW insgesamt sehr viel besser sind.
Jetzt nach 6 Jahren stehe ich wieder bei 3600 Brutto (~2172 Netto SK1). Ueberstunden werden nicht bezahlt, kein Weihnachtsgeld, kein Urlaubsgeld, 40 Stunde / Woche, 28 Tage Urlaub. Das ist die Realitaet.
Warum die Gehaelter so zerstoert wurden? Zeitarbeitsfirmen sprießen wie Pilze aus dem Boden in NRW. Wer mir nicht glaubt, sollte bei der Stellenboerse der Arbeitsagentur einfach mal "Ingenieur Maschinenbau" eingeben. Dort findet ihr kaum eine Stelle, die außerhalb von Zeitarbeit angeboten wird.
Das niedrigste Angebot, das ich von einer Zeitarbeitsfirma angeboten bekommen habe, war als fertiger Master 3250 Brutto. Die Dame war sehr unhoeflich. "Sollte ich kein Interesse haben, findet man mit Sicherheit einen Urkainer, der die Aufgabe fuer dieses Geld macht." VORSICHT: Das war ein Extremfall eines absolut widerlichen Vorstellungsgespraeches.
Ich hoffe euch einen ehrliche Einblick gegeben zu haben!
Danke für den realistischen Beitrag. Ich bekomme auch immer von Kollegen gesagt, dass man in der Wirtschaft ja soviel mehr verdient. Kann aus eigener Erfahrung auch sagen: Man kann mehr verdienen. Aber der junge Durchschnittsakedemiker (auch in MINT-Fächern) wird in seinem Leben eher nicht mehr verdienen als ein verbeamteter A13er. Die Zeiten sind vorbei.
Ich bin sehr zufrieden mit meinem Lehrerberuf. Erfüllt mich um Welten mehr als die Arbeit in der Industrie. Stressig ists auf jeden Fall auch mal. Aber man sieht meist, warum man arbeitet. Es gibt immer ein paar Schüler, bei denen einem klar wird, dass sie sehr viel vom Lehrer gelernt haben... Mir gefällt auch die Autonomie in dem Job. Im Klassenzimmer ist man auf sich selbst gestellt und kann gestalten, wie man will. Das bringt natürlich auch eine große Verantwortung mit sich. Und ja, manchmal läufts auch eher suboptimal. Solange das aber beim nächsten mal ausgebügelt wird, dann passts...