Meiner Erfahrung nach sind Korrekturzeiten von 1h+ für Oberstufenklausuren in sprachlichen Fächern (in meinem Fall: Englisch) absolut normal. Niemand aus meiner Fachschaft, mit dem ich je darüber gesprochen habe, würde dem widersprechen.
Rahmenbedingungen:
- EF (Klasse 10, erstes Oberstufenjahr, Klausurlänge: 90 Minuten; durchschnittliche Kursstärke: 25)
- Q1+Q2 (Klasse 11, zweites Oberstufenjahr, Klausurlänge: 135 Minuten im GK, 180 Minuten im LK; durchschnittliche Kursstärke im GK: 25, im LK: 22)
- Vorabiklausuren: Abiturbedingungen (zwei Themen zur Auswahl, Klausurlänge ab 2021 [habe dieses Jahr keinen Abikurs, weiß die Vorgaben daher nicht]: GK 240 Minuten, LK 270 Minuten)
- Aufgabenformate sind vorgeschrieben (nix: "stell korrekturfreundliche Aufgaben" - Textanalysen im Fließtext sind angesagt!)
- Korrekturvorgaben: Erwartungshorizont (wie im Abi), vollständige Positivkorrektur (also nix nur Fehler anstreichen und Korrekturzeichen setzen). Hinzu kommen schulinterne Vorgaben, bei uns z.B.: Klausuren mit Note 4 oder schlechter noch mit Hinweisen zur individuellen Förderung versehen, sprich: sprachlicher Kommentar zu Fehlerschwerpunkten und Aufarbeitungsstrategien.
Eine sehr gute Klausur in der EF ist vllt. in 30-40 Minuten schaffbar. Davon gibt es mit Glück zwei pro Kurs.
Ab der Qualifikationsphase ist auch das kaum noch leistbar (und im GK sind "sehr gute" Klausuren leider weitestgehend auch Wunschdenken) - natürlich unter der Prämisse, dass man Vorgabenkonform korrigiert. 1-1,5h sind mein Durchschnitt, je nachdem wie gut oder schlecht die Klausur ist: Dann habe ich den EWH ausgefüllt und alles positiv korrigiert, sowie den Kommentar bei Noten 4 und schlechter geschrieben. Das alles in einem Lesedurchgang (genau wie CatelynStark es in #81 beschreibt) und am PC, sodass ich z.B. das Datum nicht mehr von Hand schreiben muss, sondern es einfach direkt als Teil des EWH ausdrucke - Kleinvieh macht auch Mist... Weiter optimieren kann ich nicht mehr, ohne von den Vorgaben abzuweichen. Wer von 15 Minuten pro Klausur spricht, hat schlicht und ergreifend keinerlei Ahnung.
Zum Ausgangsthema: Nimm dir Zeit für deine Dates! Ja, wenn die Klausur dann am Dienstag statt am Montag zurückgibst, maulen die SuS rum - lass sie maulen. Wenn du sie doch am Montag zurückgeben würdest, würden sie es dir umgekehrt aber eh nicht danken. Und gegenüber dem Dienstherren bist du nicht nur zu einer zügigen Korrektur verpflichtet, sondern auch zur Wahrung deiner Gesundheit. Also nimm dir die Zeit für soziale Aktivitäten, die dir wichtig sind. Das sichert deine psychische Gesundheit und mag dich irgendwann vor einem Burnout retten.
Wenn du von den Korrekturen so überwältigt wirst wie momentan, denk wirklich einmal über eine Überlastungsanzeige nach. Lieber "Schwäche zeigen" (obwohl es keine Schwäche ist, sondern eine objektiv nachvollziehbare Überbelastung!) und dann hoffen können, dass künftig bei der Unterrichtsverteilung etwas mehr Rücksicht genommen und versucht wird, solche Arbeitsspitzen zu vermeiden. Außerdem bist du dann abgesichert, sollte jemand meckern wegen einer Überschreitung der vorgegebenen (Soll-) Korrekturzeit. Mit ganz großem Glück springen sogar 1-2 Korrekturtage heraus (zugegeben unwahrscheinlich, das hat es bei uns an der Schule nur ein einziges Mal gegeben - tatsächlich für eine Geographiekollegin, die zeitgleich einen Geo-LK, einen Geo-bili-GK, und zwei Englisch-GK-Vorabi-Kurse korrigieren musste; diese Verteilung hatte sich durch ausfallende KollegInnen ergeben, deren Kurse die Kollegin übernommen hatte ).