Eine deiner Kernaufgaben als Lehrer ist es, Themen didaktisch so aufzuarbeiten, dass die Schüler sie verstehen. Häufig sind das abstrakte Themen, und bei der Bewertung, was "abstrakt" ist, ist natürlich auch das Alter der Schüler in die Überlegung mit einzubeziehen: Je jünger die Schüler sind, desto mehr gilt: Alles, was man nicht direkt angucken und erleben kann ist höchst abstrakt.
-> Deswegen gilt, was oben schon geschrieben wurde: Am Anfang eines Themas solltest du idealerweise einen Einstieg schaffen, der erklärt, warum das für die Schüler und ihre Lebenswelt relevant ist. Da jetzt Beispiele aus der Chemie zu geben fällt mir, die ich das Fach zuletzt in der 8. Klasse hatte, etwas schwer. Aber vllt. ginge sowas wie "Reihe zu Mikroplastik -> Zeitungsartikel zu gesundheitsgefährdenden PET-Flaschen oder Wassertieren, die wegen des Plastiksim Bauch verenden verwenden".
Weil man jetzt weiß, dass es sowas wie Mikroplastik gibt und das die geliebten Delfine und Mitmenschen gefährdet, weiß man aber natürlich noch nicht, woraus das Zeug jetzt besteht und was man dagegen tun könnte. Das ist jetzt die Fragestellung, der ihr euch widmet.
Jetzt musst du die immer noch abstrakten, aber (idealerweise) immerhin schonmal (aus Schülersicht) relevanten Inhalte didaktisch reduzieren. Didaktisch reduzieren heißt eigentlich immer auch: vereinfachen, auf das Wesentliche eindämpfen. Du überlegst dir also vor dem Hintergrund deines fachwissenschaftlichen und entwicklungspsychologischen Wissens, was die Schüler von dem Thema eigentlich schon verstehen können, was sie verstehen müssen (!!!) und was für sie noch total irrelevant ist (Wollsockens Fourier-Selbstentfaltung von Infrarotspektren scheint ein Beispiel für Inhalte zu sein, das eben extrem komplex und für Schüler irrelevant ist). Das, was sie verstehen müssen (Lehrplan) brichst du jetzt so weit herunter, dass sie es verstehen können. Man muss dabei natürlich aufpassen, dass man durch die Vereinfachung nicht (zu sehr) verfälscht. Da die richtige Balance zu finden, liegt in deiner Verantwortung als Lehrkraft.
Für gewöhnlich brichst aber nicht du selbst die Theorie herunter, sondern die Schulbuchautoren tun das schon in ihren Texten*. Du schaust nur noch, ob das deiner Ansicht nach so für deine Schüler ausreichend (reduziert und komplex) ist. Anhand der von dir ausgewählten Texte erarbeitet ihr jetzt also die Inhalte (wie diese Erarbeitung abläuft, entscheidest du durch die Auswahl der Methode bzw. Sozialform).
Am Ende der Stunde sind wahrscheinlich einige Schüler in der Lage, dir zu Mirkoplastik das zu sagen, was eben im Text drinsteht. Dadurch haben das aber noch nicht alle verstanden und noch weniger haben sie es alle dauerhaft in Kopf. Um etwas ins Langzeitgedächtnis zu überführen, muss man wiederholen, wiederholen, wiederholen (oder die Inhalte sehr stark mit Emotionen verknüpfen, was in der Schule selten gelingt). Um den Schülern diese Wiederholung zu ermöglichen, sicherst du die zentralen Inhalte. Die Betonung liegt auf DU: Du hast nämlich keine Möglichkeit zu überprüfen, ob Hansi und Laura in der letzten Reihe alles so gut verstanden haben wie Joachim, der sich heute ganz toll beteiligt hat, und wenn du die Schüler einfach aufforderst, die Unterrichtsergebnisse selbstständig zu notieren, haben garantiert am Ende der Stunde einige Leute "Bahnhof" im Heft stehen. Isso. Nur wer wirklich (!) versteht, kann etwas auch (für sich selbst) erlkären. Und die eine Person, die wirklich (!) versteht (was da inhaltlich gesagt wurde und was davon wichtig ist), bist du wegen deines fachlichen Weitblicks.
Daher ist die Sicherung einer der zentralen Schritte in der didaktischen Planung einer Stunde: Die zentralen Ergebnisse (also wenigstens die, die man für die Note "ausreichend" braucht, idealerweise ein paar mehr) müssen so zusammengedampft werden, dass sie in ein Tafelbild überführt werden. Da der Platz an der Tafel begrenzt und die Zeit zum Abschreiben nicht endlos ist, solltest du dir im Zweifel vorher genau überlegen, welches nun die zentralen Lerngegenstände der Stunde sind - im Tafelbild manifestiert sich also deine didaktische Aufarbeitung bzw. didaktische Reduktion. Dein Tafelbild nutzen die (fleißigen) Schüler, um diese wichtigen Inhalte zu wiederholen und so hoffentlich zu verstehen und ins Langzeitgedächtnis (oder wenigstens: Bulimiegedächtnis, das bis zur nächsten Klausur reicht) zu überführen.
Wie dieses Tafelbild aussieht, entscheidest natürlich auch du, das hängt total vom Unterrichtsgegenstand ab. Mal sind das 5 Sätze, die Inhalte zusammenfassen, mal eine grafische Aufarbeitung von Inhalten, mal ein Merksatz (den du ggf. auch mal "nur" diktieren kannst), mal eine Liste mit Aspekten zu einem Thema, ... Du überlegst, was sich anbietet, arbeitest also didaktisch die Inhalte auf.
Diskussionen sind wichtig, wenn sie an der richtigen Stelle einer Unterrichtsreihe stehen, z.B. am Anfang (um Positionen herauszufiltern) oder am Ende (um das Wissen anzuwenden, das sie erworben haben). Aber selbst da bist du in der Verantwortung, die zentralen Inhalte herauszufiltern und für die Schüler zu bündeln. Natürlich sollen die Schüler an der Bündelung mitarbeiten, indem sie reflektieren, was da diskutiert wurde. Aber DU entscheidest, was davon wirklich wichtig ist und sicherst dies für die Schüler.
Edit (/ Fazit): Wenn du also die Sicherung am Ende einer Stunde (alltagstauglicher: eines Stundenthemas) nicht leistest, verhinderst du tatsächlich, dass deine Schüler vernünftig lernen können und ja, das ist dann tatsächlich schlechter (und nicht "schlechter") Unterricht.
Edit 2: * und das tun sie leider nicht immer gut. In einem Sek1-Philosophiebuch war Kants kategorischer Imperativ z.B. mal heruntergebrochen auf die Formel "Was du nicht willst, das man's dir tu, das füg auch keinem andern zu" - das finde ich nicht akzeptabel und habe damit nicht gearbeitet. Denn in der Sek2 sitze ich dann da, und erarbeite mit ihnen genau das Gegenteil, da behandeln wir dann nämlich explizit den Unterschied zwischen der goldenen Regel und Kants Imperativ. Da lasse ich Kant lieber in der Sek1 weg (weil: zu komplex um seine Position vernünftig zu behandeln), als dass ich seine Position so stark reduziere, dass sie einfach komplett verfälscht ist. Und das meine ich mit "fachlichem Verständnis/Hintergrund" bzw. "fachlichem Weitblick" (etwas später im Text oben).