Beiträge von Nettmensch

    Zum Thema möchte ich gerne folgenden Bericht ergänzen: http://www.welt.de/regionales/…der-Angst-an-Schulen.html


    Frau Löhrmann argumentiert im Grunde recht differenziert und betreibt auch keine Lehrerschelte; dann jedoch liest man:


    "Löhrmann machte sich in dem Interview überdies für Ganztagsschulen stark. "Das Modell der professionellen Hausaufgabenbegleitung, gemeinsamer Arbeitsgruppen, kultureller Angebote stützt und stärkt die Kinder", sagte die Grünen-Politikerin. Zudem entlasteten solche Einrichtungen die Elternhäuser. Die in Deutschland bislang verbreiteten Halbtagsschulen nannte Löhrmann dagegen "anachronistisch". Der Bund solle sich stärker für den Ausbau der Ganztagsschulen engagieren."


    Es stärkt die Kinder und entlastet die Eltern (wovon eigentlich?). Damit habe ich auch überhaupt kein Problem.



    Jetzt frage ich mich dennoch ganz unschuldig, wie denn "professionellen Hausaufgabenbegleitung" etc. bis Abends für alle finanziert werden soll, abgesehen von der Aufsicht der Minderjährigen. Im Augenblick ist ja noch nicht einmal die Inklusion Gegenfinanziert - statt dessen sitzen verhaltenskreative Schüler ohne Doppelbesetzung in Regelklassen und bereichern den Schulalltag mit ihren interessanten Herausforderungen. Und in Zeiten der Schuldenbremse stehen ohnehin Kürzungen im Bildungsbereich auf dem Plan (warum nimmt man da nicht lieber die Steuersenkungen auf Kapitalerträge, Körperschaftssteuer, Spitzensteuersatz etc. aus den letzten 15 Jahren zurück? wie auch immer... ).


    Es ist unter diesen Umständen vollkommen unverständlich, dass einige Lehrerverbände - die eben zuerst die Interessen der Lehrer vertreten sollten - der Ganztagsschule noch immer das Wort reden. Auf diese Art treiben sie ihre eigenen Kollegien in den Burn-Out oder die unfreiwillige Teilzeit mit erheblichen Verdienstverlusten. Ich kann mir das nur mit unglaublicher politischer Naivität und hoher Bereitschaft zur Ausbeutung in den Vorständen erklären. Wer solche Vertreter hat, braucht keine Feinde. Jede Forderung nach Inklusion und Ganztagsschule MUSS in jeder Pressemitteilung ganz zentral und in sehr klaren Begriffen formuliert mit der Thematisierung der Gegenfinanzierung verbunden sein.


    Alles andere ist ein absolut unverantwortliches Spiel mit dem (Burn-Out-)Feuer durch die Verbände.

    In der freien Wirtschaft muss man das natürlich differenziert sehen: gerade die Großkonzerne sind i.d.R. fest gewerkschaftlich organisiert und dort wird darauf geachtet, dass (selbst-)ausbeutung begrenzt wird - insbesondere bei den "einfachen" Arbeitern.


    Das Problem im Schulsystem ist die nicht geregelte Arbeitszeit - da niemand 41/46 Stunden vor der Klasse steht, gibt es einen flexiblen Spielraum der auch nicht zeitlich erfasst ist. Daher gibt es aus Sicht des Arbeitgebers (=Politik) ein Interesse aus Kostengründen immer mehr Arbeit auf die Belegschaft zu übertragen und mit Verfügbarkeit dieser nicht erfassten Zeit zu begründen.


    Da hilft im Grunde nur kollektive Aktion analog zur Industrie - d.h. Organisation und Beratung durch Verbände/Gewerkschaften auch IN jeder Einzelschule.

    Ich möchte noch hinzufügen, dass in Berlin gerade sehr viel mehr als 2 Berufsschullehrer gesucht werden, auch als Quereinsteiger (studierte Physiker haben praktisch Einstellungsgarantie) - es dürften aktuell mehr als 200 in allen möglichen Fächern sein. Auch Deutschlehrer mit 2. SE dürften im allgemeinen in Berlin gute Chancen haben.

    Um mal ein bisschen ketzerisch zu sein - ein Argument gegen Quereinsteiger ist in Berlin gerade, dass diese bereits bevor sie ein Referendariat abgeschlossen haben Klassen unterrichten sollen.


    Anstatt sich nun 2 Jahre durch das Ref zu arbeiten wird man in Österreich also einfach so vor die Klasse gestellt? Keine begleitenden Seminare, in denen man pädagogisch wertvolle Unterrichtsmethoden zur täglichen Anwendung eingetrichtert bekommt? tss... das muss erklären, warum Österreich beim letzten Pisa-Test in Mathematik genau 2 Plätze hinter Deutschland lag. Das Ref macht hier den Unterschied :whistling:

    Die Inklusion schreitet voran... da ändern auch Petitionen nichts. Diese kostenlose politische Korrektheit - man könnte sogar fast vermuten, dass durch die aktuell praktizierte Umsetzung der Inklusion sogar Ausgaben gespart werden - ist aus Sicht eines Politikers unschlagbar.



    Das lässt im Übrigen weit blicken in Bezug auf die jetzt angestrebte Umsetzung der "echten" Ganztagsschule, nicht nur in Bayern.



    Sorry, ich meinte die inklusive Ganztagsschule - natürlich kostenneutral inklusive Hausaufgaben- und Ferienbetreuung.

    Ohne die alle Hoffnung zu nehmen:



    du hast leider nicht die besten Karten, um viel abzukürzen. Als Lehrer hast du i.d.R. 2 Fächer - diese musst du auch studiert haben. D.h. falls du auf ein Lehramtsstudium umsatteln möchtest müsstest du dieses 2. Fach nachstudieren. Deine Informatikscheine würden dir sicher anerkannt, du müsstest aber ggf. die Fachdidaktik nachstudieren.


    Musik halte ich dagegen für unrealistisch, sofern du nicht bereits auf sehr hohem Niveau spielst, da du eine nicht gerade einfache Aufnahmeprüfung bestehen musst.




    Eine alternative Option - gerade in Berlin - ist der Direkteinstieg mit berufsbegleitendem Referendariat ohne Lehramtsstudium. Mit Informatik sollte das möglich sein, dafür brauchst du dann den Master. Falls du diesen in 2 Jahren ablegen kannst solltest du noch das Zeitfenster mitbekommen, um als Quereinsteiger eine Chance zu haben. In einem 2. Fach brauchst du dann mindestens 30 ECTS - die kannst du auch parallel sammeln. Außerdem könntest du die Zeit nutzen um Praktika etc. in Schulen zu machen. Mit der Option kannst du falls es nicht klappt auch einfacher auf den normalen Arbeitsmarkt; als Informatiker sieht dieser noch einigermaßen gut aus.

    Was hier gerade diskutiert wird müsst ihr mehr auf die systemische Ebene verlagern. Dabei gibt es nun einmal eine Starke wert-/ideologiegetriebene Komponente. Das meine ich ganz neutral.



    Auf der einen Seite gibt es jene Politik, welche die Hochschulzugangsquote eines Altersjahrgangs deutlich anheben möchte respektive dies auch bereits getan hat. Hier wird gerne mit Fachkräftemangel argumentiert - sei einmal dahingestellt, ob dieser angesichts nicht gerade überdurchschnittlich steigender Reallöhne für Ingenieure existiert. Auf der anderen Seite die Verfechter eines gegliederten vermeintlich leistungsorientierten Schulsystems. Die Debatte darüber, welches System nun zu bevorzugen ist wurde nie formal entschieden - in keinem Parlamentsbeschluß, keiner Volksabstimmung. Statt dessen versuchen die Apologeten der jeweiligen Denkrichtung bei Machtübernahme ihre Vorstellung festigen. Am extremsten sind hier die Unterschiede zwischen NRW und Bayern - das spiegelt nicht zuletzt auch die politischen Mehrheiten.



    Man muss sich vor Augen führen, dass heute ca. 50% eines Jahrgangs die (Fach-)Hochschulreife erhalten. Sicherlich ist vor 20 Jahren mit einer halb so großen Quote ein Teil der abiturfähigen Arbeiterkinder durch Vorurteile von Seiten der Schulen und Eltern nicht auf dem Gymnasium gelandet. Ein Verdopplung der Quote ist ohne zusätzliche Mittelausstattung aber nun einmal nicht ohne eine deutliche Absenkung des Leistungsniveaus zu erreichen. Das müssen auch die Anhänger eines "Abitur für alle" anerkennen; auch wenn es politisches Gift ist, so etwas offen zuzugeben - das läuft dann eher verdeckt im Hintergrund durch Verordnungen oder persönlichen Druck der Schulaufsicht auf die Leitungen.



    Das bedeutet nicht ein gesamtgesellschaftlich schlechteres Ergebnis. Die Innovationskraft und Wettbewerbsfähigkeit wurde schon immer von einer eher kleinen Elite an Forschern und Ingenieuren getragen (die aus heutiger Sicht extremen realen Wachstumsraten bis Anfang der 80er Jahre ergaben sich mit einer Arbeitnehmerschaft mit sehr geringem Akademikeranteil). Es schadet uns in Zeiten automatisierten Fabriken also nicht. Dafür ist davon auszugehen, dass sich zumindest der Horizont von einem Großteil der Schülerschaft erweitert, auch falls das Niveau sinkt. Die Genies von früher wird es trotzdem genauso geben.



    Ich stimme aber zu, dass es aus Gründen der Fairnis eine Vergleichbarkeit von Noten geben muss. Durch die Massen an Abiturienten gibt es fast in jedem Fach einen NC. Da ist es kritisch, falls auf magische Art das Schulsystem eines Bundeslandes eine doppelt so hohe 1er-Abi-Quote an einem Geburtsjahrgang produziert wie ein anderes Land. Auf Medizin etc. bewirbt man sich eben in ganz Deutschland. Daher ist es schade, dass NRW und andere Länder die Einführung eines bundeseinheitlichen Zentralabiturs ablehnen. Zumindest im MINT-Bereich sollte ein Durchführung auch ohne großen Interpretationsspielraum seitens der Korrekturlehrer und damit eine Vergleichbarkeit möglich sein.




    In den USA ist man da konsequent: jeder soll angestrebt seinen High-School-Abschluß bekommen (absoluter Bildungskommunismus). Dann kommt der SAT und da die Unis ebenfalls unterschiedliche Ansprüche stellen der GRE für das post-Bachelor-Studium.

    @threadstarter:


    kann es sein, dass du als Theoretiker aktiv gewesen bist? Falls man sich in diese mathe-bezogenen Spähren hinein gesteigert hat kann ich zumindest nachvollziehen, falls dir das Level und der Experimentalbezug der Schulphysik nicht zusagt. Aber was hat dich denn ursprünglich in die Physik getrieben? Es muss doch einen recht phänomenologischen Anstoß gegeben haben (Faszination der Kosmologie, Quantenphysik etc.). Falls du wirklich für dein Fach "brennst" sollte es auch für dich einigermaßen motivierend sein zu versuchen einfach das Interesse an diesen Themen zu wecken.



    In Bezug auf die Seminare ist es tatsächlich so, dass es ein mixed bag ist. Es gibt fast 800.000 Lehrer. D.h. fast alles das es an Charakteren in der Bevölkerung gibt muss vertreten sein. Es gibt lockere und verborte Lehrer; sehr reflektierte und ignorante; Pragmatiker und Ideologen. Jetzt wähle per Zufallsalgorithmus Seminarleiter aus. Das große Manko am Referendariat ist eben, dass die Forderungen und Ausgestaltung so sehr von der Person/Persönlichkeit des Ausbilders abhängt, statt das es einen vorrangig wissenschaftliche Hintergrund bzgl. der Methodik gibt (vor Hattie gab es ja auch kaum umfassende empirische Ergebnisanalysen). Eine Promotion in Didaktik/Pädagogik ist nun einmal keine Voraussetzung für diese Posten, so dass jeder Ausbilder zunächst erst einmal nur seine eigene Praxis kennt - und dann hoffentlich auch einmal hinterfragt und nicht denkt die Weisheit mit Löffeln gegessen zu haben.




    Falls dich die Methoden des Seminars nerven - sei einfach selbst pragmatisch, aber auch (mit der nötigen persönlichen Distanzierung) selbstkritisch und reflektiert. Falls es Bockmist ist, dann denk dir deinen Teil, setzt die Methode ab und zu bei 2, 3 deiner Kurse ein und versuch die Lehrproben auf diese Klassen zu legen. Sei Profi und nimm Kritik nur auf professioneller Eben an und fass es nicht persönlich auf. Versuch dir trotz des berufsbegleitendem Referendariats ein Hobby aufrecht zu erhalten, damit du ein Leben außerhalb der Schule hast.


    Tipps aus einem Kollegium das zu über 30% aus Quereinsteigern besteht...

    Hallo,



    bei uns findet der Unterricht nur in 90-Minuten Blöcken statt. Das führt v.a. in den jüngeren Klassen (= 11. Klasse) zu gewissen Konzentrationsproblemen am späteren Tag. Hat jemand vielleicht Erfahrung wie man (außer mit Top-motivierendem Unterricht) die Schüler hier bei der Stange halten kann? Ein Kollege z.B. meditiert zwischendurch kurz mit der Klasse, was mir persönlich aber zu esoterisch ist. Ich bin bislang ein Anhänger der "Fenster-auf-und-5-Minuten-Pause"-Advokaten, was aber Wetterbedingt nicht immer möglich ist. Gibt es noch andere Methoden?

    ein neuer Ansatz:


    http://www.welt.de/print/welt_…Abschluss-kann-jeder.html



    eine Privatschule für unterprivilegierte Kinder in einem Berliner Brennpunkt. 3 (drei) Lehrer in Kernfächern in der Klasse, jeder Schüler trifft sich jede Woche für 30 Minuten mit seinem Vertrauenslehrer. Ein berufsorientierendes Unterrichtsfach. Insgesamt 4 Lehrkräfte + Honorarlehrer für eine Klasse von 26 Schülern.


    Interessant.


    Ich bitte um kosten-neutrale flächendeckende Einführung des Konzepts.

    Ohne deine Erfahrung in Abrede stellen zu wollen vermute ich doch, dass dies eher nicht die Regel ist - also das einen das Land nach Ausbildung und Dienst für Sek.2 auf einmal gegen Protest zur dauerhaften Tätigkeit in Sek.1 umsetzt. Das mag aber für Beamte noch anders als für Angestellte sein.

    Ein ernst gemeinter Vorschlag:



    käme es für einige der sehr belasteten Foristen vielleicht in Betracht zu einer Berufsschule mit integrierter Oberstufe zu wechseln? Falls das in der Nähe möglich ist.


    Mein Eindruck (der sich zugegeben auf 2 Schulen beschränkt und ohne unmittelbaren Vergleich zum Gymnasium/Realschule) ist zumindest der, dass vieles hier sehr pragmatisch gehandhabt wird. Ein Grund ist sicher die fehlende Elternarbeit, zu einem gewissen Maß vielleicht auch das Kollegium, der stellvertretene Leiter an meinem OSZ ist z.B. Ingenieur.


    Bei der Schülerschaft kommt es natürlich drauf an wo man landet. Bei einigen Schulen gibt es Berufsbilder die eher "kompliziertes" Klientel anziehen. Kaufleute und Informatiker sind aber tendenziell ein dankbares Publikum und die meiste Zeit ist man je nach Fach u.U. in der FOS/BOS/Fachgymnasium. Berufsschulen bieten zudem auch langfristig eine bestimmte Immunität gegen Mehrbelastung durch Inklusion und Ganztagsschulen (Hausaufgaben-/Ferienbetreuung, Aufsichten entfallen). Und zumindest bei uns ist für jeden "Studenten" das erste Halbjahr Probezeit, auch in den Gymnasialklassen.


    Als Deutsch-/Englischlehrer kommt das durch die Nur-Oberstufenbelastung aber vorr. nicht in Betracht.

    Unglaublich. Das man in MINT-Fächern und beruflichen Fächern Quereinsteiger braucht leuchtet mir ein. Das jetzt aber fast alle Fächer für Quereinsteiger, auch von der FH und ohne 2. Fach geöffnet sind... ist das tatsächlich ernst gemeint oder blinder Aktionismus Seitens des Senats?


    Und da rede noch einer von einem angeblichen Überschuss an Deutschlehrern.

    Bedenklich.


    https://www.gew.de/Lehreraussp…in_Daenemark_beendet.html


    Ich zitiere: "In Dänemark werden Lehrerinnen und Lehrer jetzt gezwungen, länger
    zu arbeiten und Verschlechterungen ihrer Arbeitsbedingungen zu
    akzeptieren. Dies, weil die sozialdemokratisch geführte Regierung unter
    Ministerpräsidentin Helle Thorning-Schmidt eine Schulreform plant, die
    die Einführung von Ganztagsschulen vorsieht und kostenneutral umgesetzt
    werden soll."


    "Per Eilbeschluss hatte das dänische Parlament vergangene Woche ein
    Sondergesetz verabschiedet, das die Aussperrung ab heute beendet und
    erhebliche Verschlechterungen der Arbeitsbedingungen für Lehrkräfte
    vorsieht. Deren Arbeitszeit wird verlängert und flexibilisiert.
    Schulleitungen können künftig darüber bestimmen, wie viel Arbeitszeit
    ein Lehrer für Vor- und Nachbereitung und wie viel er für den Unterricht
    aufzuwenden hat. Bisherige Schutzregelungen, die eine verringerte
    Stundenzahl für ältere Lehrkräfte über sechzig Jahre vorsahen,
    entfallen."




    Der in einem anderen Threat angesprochene Plan, die Ganztagsschule in Bayern (und absehbar auch den anderen Ländern) verbindlich an allen Schulen einzuführen erscheint damit in einem anderen Licht. Ich denke die Annahme einiger Lehrer, dass die Zusatzbelastung durch Hausaufgabenbetreuung und Aufsichten an anderer Stelle ausgeglichen wird, kann ob des adjektivs "kostenneutral" als naiv bezeichnet werden (siehe die Umsetzung der Inklusion). Zur Not wird die Vor-/Nachbereitungszeit einfach wegdefiniert.


    Es ist natürlich bezeichnend, dass in einer unglaublichen Naivität die GEW selbst leider der größten Kämpfer für die Ganztagsschule und die Inklusion ist. Habe dort bereits diverse Beschlüsse und Mitteilungen gefunden, welche die Länder zur Einführung der Ganztagsschule aufrufen, in denen entweder gar nicht oder nur ganz am Rande der Ausgleich der Mehrbelastung angesprochen ist. Dort dominieren dann jene, welche Schule als Berufung statt "nur" einen verantwortungsvollen Arbeitsplatz ansehen und für die jeder Lehrer, dessen Lebensinhalt nicht nur um die Schule rotiert, eine Fehlbesetzung ist. In die gleiche Kerbe zielen ja auch der Herr Großpietsch und die Bildungsökonomen.

    Ich habe das als positiv bezeichnete Beispiel der Entlassung von 74 Lehrern in den USA mal nachgelesen:


    https://www.wsws.org/en/articles/2010/05/cent-m19.html
    http://abcnews.go.com/WN/rhode…teachers/story?id=9911693


    Situation:


    Die Schule liegt in einem "Problemviertel", aka einem kleinen Ort, 65% der Schüler kommen aus hispanischen Zuwanderfamilien, 14% sind afroamerikanischer Herkunft. 30% der Bevölkerung leben unterhalb der Armutsschwelle (die in den USA bekanntlich ohnehin noch deutlich unter der deutschen liegt). 96% (in Worten sechsundneunzig) qualifizieren sich für kostenfreie oder kostenreduzierte Schulspeisung. Es zwar nicht ganz Neukölln, aber für amerikanische Verhältnisse nahe dran.


    In der High School haben nur 48% ihr Diploma erreicht (sehr großzügig ausgedrückt: ihr Abitur oder erweiterten Realschulabschluß gemacht). Daraufhin wollte die Schulbehörde z.T. schlechter bezahlte, z.T. unbezahlte dauerhafte Mehrarbeit für eine Art Hausaufgabenbetreuung einführen und bis zu 10 Sommerferientage für zusätzliche Fortbildung vorschreiben.


    Als die Lehrer und die Gewerkschaft das ablehnten, wurde die gesamte Belegschaft durch den Schulrat gefeuert mit der Begründung, dass die Schule einen "turnaround" brauche. Dafür gibt es eine eigenen Gesetzgebung, nach der Schulen die in einem "turnaround"-Programm sind alle ihre Lehrer entlassen und nicht mehr als die Hälfte neu einstellen dürfen. In Reaktion hat die Gewerkschaft nachgegeben und alle Bedingungen wurden akzeptiert im Gegenzug zur Wiedereinstellung aller Lehrer.




    Was sagt uns das? Offenbar zeichnen sich schlechte Lehrer dadurch aus, dass viele Leute ihr Abitur nicht schaffen. Seltsamerweise arbeiten all diese schlechten Lehrer in sozialen Brennpunkten. Ob es am Ende vielleicht nicht (nur) an den Lehrern lag? Man muss natürlich hinzufügen, dass sich das ganze in der Wirtschaftskrise ereignete und die Lehrer durch das Marktumfeld schlechte Karten haben. In Deutschland würde ein solches Szenario vorr. zu einem Massenexodus von MINT-Lehrern aus dem Bundesland führen, d.h. bei einer Neueinstellung der gefeuerten müsste der Unterricht ohne Mathe, Physik, Chemie statt finden. Es zeigt aber auch, dass der Staat so er die Möglichkeit hat, seine Verhandlungsmacht voll ausnutzt und Dinge wie Fairniss nicht selbstverständlich sind.



    Da kann man als angestellter Lehrer - wie alle neuen in Berlin - nur froh sein, dass es bei uns das Kündigungsschutzgesetz gibt. Einen Tarifvertrag gibt es ja für die angestellten Lehrer nicht. Ich verstehe natürlich, dass man unfähige Ausnahmefälle bei Lehrern (sicher nicht 50%), entfernen können muss. Aber bei bestimmten Ideen (besser Wunschvorstellungen) die aktuell durch die Medien geistern - auch lanciert durch "Bildungsökonomen" und einige Schulleiter - kann man nur den Kopf schütteln. Das würde oft auf ein spezielles Lehrerarbeitsrecht hinauslaufen, bei denen das für normale Angestellte gültige Kündigungsschutzgesetz außer Kraft gesetzt wird. Falls das überhaupt verfassungskonform ist. Und falls ihnen nicht dann alle Mathe-/Physiklehrer davon laufen. Einem Schulleiter oder Professor, der es sich in seiner Verbeamtung bequem gemacht hat kommen solche Forderungen sicher leicht über die Lippen. Dann möchte ich aber auch, dass diese Leute anbieten bei einer Umsetzung in ein Angestelltenverhältnis zu wechseln, neu in eine "Problem-Uni" wechseln und sich nach gleichem Maßstäben beurteilen und ggf. feuern lassen.

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