Beiträge von Jule13

    In NRW hat ein Kind mit festgestellten Förderbedarf ein Recht auf eine bestimmte Anzahl von Stunden mit einem Förderschullehrer. Da müsste dann jemand abgeordnet werden, der diese Stunden leistet, indem er entweder mit dem Kind arbeitet oder ihm Material aufbereitet oder aber auch die Regelschullehrer coacht.
    Bei Förderschwerpunkt Lernen sind das aber himmelschreiend wenige, weshalb es Sinn hat, mehrere Kinder mit Förderbedarf in einer Klasse oder einer Schule zu bündeln, um ihnen ein höheres Maß an Förderschullehrer-Stunden zu ermöglichen.

    Zitat

    Teamteaching und Hospitation beim einzelnen Kollegen, der unterrichtet, ist schon etwas anderes, und im überwiegenden Maße unterrichtet an den meisten Schulen erst einmal jede/r für sich selbst.

    Ja, das ist etwas anderes. Schon deshalb, weil Team Teaching in jeder Stunde des betreffenden Unterrichts stattfindet. Es verliert schnell das Besondere und man selbst legt schnell die Unsicherheit vor dem Kollegen ab. Eine einmalige Hospitation ist dagegen wie ein Unterrichtsbesuch im Ref: Man will sich keine Blöße geben und bereitet die Stunde viel, viel gründlicher vor als sonst. Das kann man aber nicht in jeder Stunde machen, so dass der Teamkollege zwangsläufig Deinen Alltag zu Gesicht bekommt - inklusive der schwellendidaktischen Stunden aufgrund zeitlicher Engpässe, die jeder von uns hin und wieder hat, weil zu Hause Kind krank oder Oma ins Heim zieht etc.
    Wenn das Team gut zusammenpasst, kann sich ein großes gegenseitiges Vertrauen aufbauen, von dem man viel mehr profitieren kann als von einer einmalige Sondersituation mit einer unvertrauten Person.


    Zitat

    Die besten Chancen auf Nutzen hat eine Hospitation, wenn jemand bei sich selbst ein Problem sieht, sich damit einem Kollegen/einer Kollegin anvertraut und besuchen lässt, und die beiden dann ganz für sich besprechen, ob es am Unterricht oder etwas anderem liegen könnte.


    Naja, aber an Schulen mit einem missgünstigen Klima wird das niemand tun, weil er fürchten muss, dass ihm das als Inkompetenz ausgelegt wird, wenn es bekannt wird.
    Ich fürchte, dass von oben verordnete Kollegiale Hospitation in solchen Fällen auch zu nichts führt. Man muss erst an Klima und Kultur arbeiten. (Was, wenn das Kollegium seit Jahrzehnten geschlossen ist, vmtl. aber kaum möglich sein wird.)

    Wäre bei uns vermutlich ein überflüssiges Unterfangen, da fast jeder von uns in mind. einer inklusiven Klasse unterrichtet, in der man ohnehin Team Teaching betreibt (oder zumindest einen mehr oder weniger erwachsenen Schulbegleiter sitzen hat, der auch schon mal seine two Cents dazugibt).
    Wir haben auch oft die Türen offen stehen, weil einige Schüler in Grüppchen auf dem Gang sitzen, während sie arbeiten.
    Wir stellen selbstverständlich unser Material im Jahrgangsteam allen zur Verfügung und/oder erarbeiten es auch gemeinsam (und brennen eine CD für unsere Nachfolger, wenn wir der Meinung sind, dass sich das Programm bewährt hat).
    Wir haben ein Klassenleitungsteam. Daher werden die meisten Elterngespräche von beiden Klassenlehrern geführt, so dass man auch die Gesprächstechnik des Kollegen kennenlernt.
    Bei uns ist Transparenz also unumgänglich und ganz normal. Und ich muss sagen, dass ich davon enorm profitiere, immer wieder über den Tellerrand schauen zu können.


    Ich weiß aber, dass an vielen Schulen eine ganz andere Kultur herrscht. Dann wird eine kollegiale Hospitation durchaus als übergriffig empfunden.

    Zum einen scheint Grammatik (und auch Rechtschreibung) keine großen Stellenwert mehr zu haben. Alles wird der Textproduktion untergeordnet und wird nur nebenher angerissen. Grammatik um ihrer selbst Willen soll der modernen Didaktik nach nicht stattfinden. (Mir ist schleierhaft, wie das gehen soll. Aber wer fragt schon mich?)


    Daneben weiß ich noch aus eigener Schulzeit, dass ich Grammatik im Deutschunterricht auch hochmütigerweise für überflüssig hielt. ("Wozu brauche ich das? Ich kann doch Deutsch!") Im Lateinunterricht war der Stellenwert sofort klar, so dass ich mich anders darauf eingelassen habe. Aber da mag ich nicht von mir auf den Großteil aller Schüler schließen. Das wäre wohl vermessen.

    Ich könnte Euch jetzt hier einen Vortrag hinschreiben über den Sinn, Zweck und Vorteile des Lateinlernens, weil ich das einmal im Jahr sowieso tue, aber mit der Überzeugungskraft ist es in dieser Beziehung wie mit der Befürwortung oder Ablehnung von staatlichem Religionsunterricht: Diejenigen, die ich damit überzeuge, waren schon vorher überzeugt, und die anderen sind durch Argumente ohnehin nicht zu erreichen. ;)

    Nach dem Pisa-Schock erlebte Latein eine wahre Renaissance, inzwischen hat sich die aber wohl etwas abgekühlt. Während des Latein-Booms gingen auch eine Menge Lateinlehrer in Pension, so dass es erst einmal nicht genug Nachschub gab. Deshalb bestreitet ein großer Teil von Quereinsteigern den Fachunterricht und besetzt die entsprechenden Stellen. Leider wurde zeitgleich in der Studienberatung Latein als gesuchtes Mangelfach derartig massiv beworben, dass sich die altertumskundlichen Institute zeitweise vor Studienanfängern nicht retten konnte. Zwar haben viele davon ihr Lateinstudium wieder abgebrochen, weil man dafür - Überraschung! - Latein können musste, aber diejenigen, die durchgekommen sind, stehen nun vielfach ohne Stelle da, weil ja die Quereinsteiger die Stellen besetzen.
    Da hat der Schweinezyklus voll zugeschlagen.


    In meiner Gegend ist Latein übrigens auch an Gesamtschulen fest etabliert. Ich fürchte nicht um die Zukunft des Faches.

    Konfessionell muss der Religionsunterricht für meinen Geschmack auch gar nicht sein. Aber ich bleibe dabei: Staatlich kontrollierter Religionsunterricht ist für mich auch Radikalisierungs- und Missbrauchsprävention. Wer die Lehre der großen Kirchen nicht kennt, erkennt auch gefährliche Sekten nicht.
    (Im Übrigen kann man Kinder in beide Richtungen überwältigen: Eltern können Kindern eine dezidiert ablehnende, vorurteilsbehaftete Haltung gegenüber Kirche und Religiosität anerziehen, die sie ebenso kaum wieder loswerden.)
    Daneben ist die christliche Lehre eben auch Kulturgrundlage der sog. westl. Gesellschaften. Ohne deren Kenntnis ist ein großer Teil aller medialen Kunst für den Betrachter nicht erschließbar. Und das sage ich als jemand, der da deutliche Kenntnislücken hat, die immer mehr auffallen.


    Meine Kolleginnen und Kollegen, die Religion (ev. oder kath.) unterrichten, haben übrigens alle eine sehr reflektierte Einstellung. Von keinem von ihnen sehe ich eine irgendwie geartete Gefahr ausgehen. Aber vielleicht liegt das auch nur daran, dass speziell wir ein ziemlich linker Haufen sind. ;)

    Ein Mitschüler von mir hatte den Wunsch, Indologie zu studieren. Hat er auch gemacht.
    Ach. Was sagt ihr? Brotlose Geisteswissenschaft? Und dann auch noch Orchideenfach? Taxifahrer? Pizzabäcker? Paketbote? -
    Universitätsprofessor. Hochdotiert, überaus erfolgreich und wohlhabend.


    Auch wenn das Problem natürlich etwas anders gelagert ist, muss ich leider sagen, dass meinen Schülern völlig egal ist wie die Aussichten oder reellen Arbeitsvoraussetzungen sind. Sie haben sich aus ihren Vorstellungen eigene Realitäten zusammen gebastelt und halten daran fest. Aufklärung und Beratungen sind nutzlos ;(

    Das ist aber auch bei Schülern mit FOR oder Abitur so. Gerade bei unseren Abiturienten habe ich das Gefühl, dass sie (wie im übrigen meine Generation auch) nach dem Abschluss noch gar nicht so recht wissen, in welche Richtung es gehen soll. Finde ich aber auch nicht schlimm. Aus uns ist auch etwas geworden.

    Fortbildungen? Ich lese immer "Fortbildungen.
    Sogar meine DaZ-Kollegen waren damit überfordert, ein Kind in einer Sprache zu alphabetisieren, die es nicht spricht. Hatten sie nicht gelernt, und es gab auch kein Material. Wir haben das alles so aus dem Bauch heraus gemacht. Ich selbst konnte von Glück sagen, dass ich gerade meine eigenen Kinder in der 1. und 2. Klasse habe, so dass ich immerhin wusste, wie heute aktuell alphabetisiert wird.

    Spannend. Aber da die Fälle derart unterschiedlich sind, wäre es vermutlich ertragreicher, wenn auch ungleich aufwändiger, Interviews zu führen oder zu hospitieren.
    (Z.B. unterrichte ich in meiner Klasse einen Flüchtling, der mit seinen 13 Jahren noch nie eine Schule besucht hat und weder lesen noch schreiben in irgendeiner Sprache gelernt hat, während in der Parallelklasse ein Flüchtling sitzt, der sogar Englisch kann.)

    Naja, wenn Du so argumentierst, dass die anderen Kinder ja noch gar nicht geschlechtsreif seien, reichst Du das Problem an die Sekundarstufe weiter. So unterstützt Du doch deren Ansicht, dass die Teilnahme an der Klassenfahrt für das Mädchen potenzielle Gefahren birgt.
    Wenn Du sicher bist, dass der Grund nicht vorgeschoben ist, und dahinter ein Fluchttrauma mit Verlustängsten steckt:
    Habt Ihr einen Schulvertrag, in dem alle Beteiligten unterschreiben, dass keine Unternehmung verweigert wird? Manche Schulen haben so etwas. Kann sich die Schulleitung einschalten und klar machen, dass das eine verpflichtende Schulveranstaltung ist?
    Wenn die Familie erst seit kurzem in Deutschland ist, könnte man ihr auch erklären, dass es hier einfach üblich und eine Art Tradition ist, dass Kinder gemeinsam auf Klassenfahrt fahren - und dabei selbstverständlich nach Geschlechtern getrennte Zimmer belegen, so dass nix passieren kann.

    Es gibt Eltern, denen es einfach zu weh tut, anzuerkennen, dass ihr Kind eine Verhaltensstörung hat. Deshalb sind immer alle anderen schuld. Das fühlt sich einfach besser an. Habe Verständnis dafür, denn ändern kannst Du es nicht.
    Gib der Mutter nie das Gefühl, dass Du ihr Vorwürfe machst. - Dann geht sie in Opposition.
    Frage, wie sich das Kind fühlt. Zeige Deine Besorgnis darüber, dass das Kind wegen seines unberechenbaren Verhaltens von den anderen Kindern ausgegrenzt wird. Gib der Mutter zu verstehen, dass Ihr beide dasselbe Ziel habt: dass das Kind glücklich ist und Erfolg in der Schule hat.


    Wenn die Einsicht nicht kommen will: Da das Kind ja offensichtlich fremdgefährdend ist, kannst Du aber auch einiges machen, wogegen sich die Eltern nicht wehren können. Fremdgefährdung ist ein Grund, das Kind vom Unterricht zu suspendieren. Also: Wenn es gewalttätig wird: Eltern anrufen, Kind abholen lassen. Das stört den Alltag dermaßen, dass die Eltern in den Zugzwang geraten, zu handeln.
    Ihr könntet dann zum Beispiel vorschlagen, ein AOSF (Schwerpunkt ES) einzuleiten, und/oder einen Schulbegleiter zu beantragen, der ihn im Notfall aus der Situation nimmt und moderierend eingreifen kann.


    Was mir auffällt: Du fragst das Kind, warum es gekrazt hat, und wunderst Dich darüber, dass es Dir dann ebendas erklärt.
    Frage anders: Was ist jetzt falsch gelaufen? Wie könntest Du besser reagieren?

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