Na schön, dann noch einmal ein wenig ausführlicher.
Ich arbeite an einer Schule, die seit über 30 Jahren inklusiv ist: bis vor kurzem als Modellschule mit sehr guter Ausstattung, nun wird es zunehmend schwierig, unser bisheriges, sehr erfolgreiches Konzept aufrecht zu erhalten.
Ich habe an meiner Schule Inklusion als ganz überwiegend sehr gewinnbringend für alle Beteiligten erfahren. Wir hatten aber auch bis jetzt in den inklusiven Klassen in ca. 90% aller Stunden Doppelbesetzung. Einer von zwei Klassenlehrern ist Sonderpädagoge. Das Lehrerteam arbeitet gleichberechtigt und für alle Schüler.
Alle an Inklusion Beteiligten arbeiten bereitwillig so: Die Regelschüler und ihre Eltern können bei der Aufnahme entscheiden, ob sie in eine inklusive Klasse gehen möchten oder nicht. Auch die Kollegen haben Einfluss auf ihren Einsatz.
Die Klassenlehrer arbeiten mit maximaler Transparenz und mit der ganzen Klasse an der Akzeptanz des jeweils anderen und auch an der Einhaltung von für alle verbindlichen Regeln, so dass die I-Kinder überwiegend wirklich gut integriert sind.
Natürlich gibt es auch Ausnahmefälle, in denen Kinder in unserem doch sehr großen System nicht gut aufgehoben sind oder aufgrund ihrer Problematik nicht optimal gefördert werden können. Dann raten auch wir zur Umschulung auf die Förderschule. Hier kann und darf man - im Sinne des Kindeswohls - nicht dogmatisch sein.
Gesamtschulklassen zu unterrichten macht ja grundsätzlich schon mal mehr Arbeit. Wenn ich einen Sonderpädagogen zur Seite habe, ist es daher kein Problem, die I-Kinder mit zu beschulen. (Im Gegenteil: Der Sonderpädagoge kann auch auf Regelschüler mit Problematiken anders eingehen. Zudem profitiert man von der Zusammenarbeit im multiprofessionellen Team auch persönlich: Man kann ja so viel vom Kollegen lernen, der eine andere Ausbildung genossen hat!)
Mein Sohn geht auf eine Grundschule, die nach demselben Konzept arbeitet wie meine Schule und ebenfalls Modellschule war. Auch dort erlebe ich Inklusion als Erfolgsgeschichte. Mein Sohn fühlt sich wohl und ich sehe, dass er gut gefördert wird und die Lehrer sich darum bemühen, ihn in die Klassengemeinschaft zu integrieren (dass das nicht immer optimal klappt, liegt aber an meinem Sohn und nicht am System; solange er zufrieden ist, ist es für mich in Ordnung - zumal ich auch keine für ihn geeignete Förderschule wüsste).
Damit Inklusion klappt, braucht es aber große personelle Ressourcen! Zudem braucht es geeignete bauliche Bedingungen. (Differenzierungsräume, Rückzugsmöglichkeiten für Kinder, die schnell überreizt sind, Pflegeräume, Aufzüge, Rampen, Mikrophone, Sehhilfen, Förderschulmaterial, Schulküchen, Technikräume usw. für lebenspraktischen Unterricht und und und, wenn man, wie wir, alle Förderschwerpunkte berücksichtigen will)
Es braucht ein Konzept! Alle zusammen in einen Raum zu stecken, ist nicht schon Inklusion.
Nicht zuletzt braucht es auch die Bereitschaft aller Beteilgten, sich auf Inklusion einzulassen und - ja - die Komfortzone zu verlassen. Das fällt Gesamtschullehrern vermutlich leichter, die es ja gewohnt sind, heterogene Klassen zu unterrichten.
So, wie es jetzt in NRW allen Schulen mit zu wenig Personal und geringer Erfahrung aufgezwungen wird, kann es nicht funktionieren.
Ich plädiere für inklusive Schwerpunktschulen, an denen die Ressourcen gebündelt werden. Überall ein bisschen geht nicht und schadet allen Beteiligten.